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Abendausgabe

Nr. 22944. Jahrgang Ausgabe B Nr. 113

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Vorwärts

Berliner   Volksblaff

10 Pfennig

Montag

16. Mai 1927

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Republikschutzgesetz im Reichstag.

Heute nachmittag Sitzung. Konservativer Protest gegen die Deutschnationalen.

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Heute nachmittag wird im Reichstag   die Verlängerung Gleichzeitig teilt die den Alt- Konservativen nahestehende des Republikschuhgesezes beschlossen werden. Zu Presse mit, daß infolge ihrer Agitation bereits eine große dem Antrag der Regierungsparteien wird für die Sozial- 3ahl von Ortsgruppen ihrer Partei gegründet demokratie Genosse Otto Landsberg   sprechen, während worden ist. der Rechtsblock seine Parteivertreter nur zu furzen Erklärun­gen vorschiden will. Gespannt fann man darauf sein, wie Deutsch   nationalen ihren Umfall begründen werden. Diese haben es schwer, fich des Proteststurms zu erwehren, der aus den Reihen ihrer Mitglieder der Partei­

die

zentrale entgegenwogt. Hat doch in letter Stunde der Partei­vorsitzende der Deutschkonservativen Partei, Graf Seidlig Sandreczki folgende Kundgeburg erlassen:

Die Formel, mit der die Deutschnationalen ihren Um­fall beginnen wollen, hat der Professor Martin Spahn   in einer Rede in Saarbrücken   angedeutet. Er sagte nach TU.: Eben erst sei eine Spannung wegen des Republikschußgefeßes überwunden worden. Die Deutschnationalen hätten dieses Gesez seinerzeit als ausdrüdlich gegen ihre Partei gerichtet empfunden. Es habe einer starken Selbstzucht bedurft, in diesem Augenblick zu der Berlängerung der heit erst noch einegerziert werden müsse.

Das Agrarprogramm.

Seine programmatische, politische und ökonomische. Bedeutung.

Von H. Krüger- Lüneburg.

Das Agrarprogramm, das auf dem diesjährigen Parteitag zur Beratung steht, soll nicht nur den Parteige­noffen Richtlinien geben. Es soll vielmehr zugleich der Landbevölkerung, soweit sie der Sozialdemokratie nicht angehört, zeigen, wie die Partei über die Landwirtschaft denkt und was sie zugunsten der arbeitenden Schichten auf dem Lande tun will. Auch dies ist sehr wichtig angesichts der Lügen märchen, die unsere Gegner auf dem Lande über die Absichten der Partei noch heute verbreiten. wirtschaftspolitischen, die sich mit der Hebung der Von den Abschnitten des Programms haben die rein deutschen   Nahrungsmittelerzeugung und der Verbesserung zum beschäftigen,

Die Regierungsparteien stehen im Begriff, mit dem Gesetz zum Geltungsdauer des Gesetzes ja zu sagen, weil die neue Mehr feine ernsthafte Kritik gefunden. Anders steht es dagegen

Schutze der Republik   ein ausdrücklich gegen die Rechte gerichtetes Ausnahmegesez zu verlängern, einschließlich der würdelosen Bestimmung, die bei deutschen   Fürsten   die persön­liche Freiheit im gegenwärtigen Freistaat beschränkt. Uns Ron­fervativen zeigt dies, wie notwendig unser jetzt überall lebhaft begonnener Zusammenschluß ist. Die Freunde im Lande fordere ich auf, in voller Erkenntnis vom Ernst der Stunde auf dem so aussichtsreich begonnenen Wege mit verdoppeltem Eifer weiterzuschreiten. D. Graf Seidlik Sandreczki.

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Wahlfieg in der Stadt Brandenburg  . Die Sozialdemokratie gewinnt die Hälfte der Stadtverordnetenmandate.

Brandenburg   a. d. H., 16. Mai.  ( Eigener Drahtbericht.) In Brandenburg   a. d. H. wurden am Sonntag die Wahlen zum Stadtparlament vorgenommen. Als sich feinerzeit anläßlich der Oberbürgermeisterwahl ein Kommunist von der bürgerlichen Partei födern ließ und damit die anfängliche Linksmehrheit von 22 gegen 21 Stimmen der bürgerlichen Fraktion verloren ging, legten fowohl die Sozialdemokraten und später auch die kommunisten geschloffen ihre Mandate nieder. Die Folge war, daß die Stadtverordneten­versammlung arbeitsunfähig wurde und aufgelöst werden mußte. Die am Sonntag erfolgten Wahlen brachten der SPD  . einen vollen Erfolg. Von den 21 Sigen der Linken besaß die SPD  . bisher 16 während die Kommunisten nur 5 Mandate hatten. Am Sonntag fieigerte die brandenburgische Sozialdemokratie ihren Befihstand auf 22 Mandate und brachte dem Bürgerblock so eine schwere Niederlage bei. Bon seinen 21 Sigen blieben ihm nur 14. Die Kommunisten hielten ihren Befihstand; auf die Lifte der Mitte( Demokraten  ) ent­

fielen 2 Sige.

Es ist also der erfreuliche Tatbestand feftzuffellen, daß die Sozial­demokratie in Brandenburg   jetzt allein die Hälfte der Stadtver­ordnetenmandate( 22 von 44) besitzt und sowohl mit den Kom­munisten wie mit den Demokraten jederzeit eine Mehrheit bilden fann.

Briand   in London  .

Doumergue beim englischen König.- Deutschland soll

lieber nichts von den Besprechungen erwarten. London   16. Mai.  ( Eigener Drahtbericht.) Der französische  Staatspräsident trifft heute nachmittag 3 Uhr in Begieitung des Außenministers Briand   in London   zum Besuch des englischen Königs und der englischen   Regierung ein. 3m Verlauf dieses Befuches werden eine Reihe Besprechungen über das fran­3öfifch- englische Verhältnis stattfinden. Observer" weiß dazu zu melden, daß ein Hauptgegenstand der Besprechungen die Position sein werde, in die Strejemann anläßlich der weiteren Be­sehung der Rheinlande gelangt jei. Die einzige Antwort, die er erhalten habe und erhalten werde, fei, weiterhin Geduld zu bewahren.

Wider den Anschluß Deutsch  - Oesterreichs  .

Beschluß der Kleinen Entente  .

Prag  , 16. Mai.  ( Eigener Drahtbericht.) Die Konferenz der Kleinen Entente   in Joachimsthal   ist nach dreitägiger Berhandlungs­dauer am Sonntag mittag beendet worden. Die Ergebnisse der Konferenz werden von zuständiger Stelle in 6 Punkten zu­jammengefaßt, die folgendes befagen:

Es scheint zum festen Bestandteil des deutschnationalen Bürgerblock- Erergierreglements zu gehören, daß die Reat tion für Bollforruption, Beamtenvetternwirtschaft und Ministersessel alle die Ideale" preisgeben muß, mit denen sie ihre Wähler eingefangen hat. Sie pariert dem Kom­mando des Zentrums um selbst den Ton anzu geben, wenn die sozialreaktionäre Steuer-, Zoll- und Finanzpolitik durchgeführt werden soll.

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Sinnesänderung abgewartet werden müßten, ehe die Idee eines Cocarno an der Donau   verwirklicht werden könnte. 6. Die kleine Entente müsse die wirtschaftliche Annähe­rung erst unter sich durchführen und sollte die Wirtschaftsbeziehungen zu den Nachbarn erst später regeln.

Noch immer Dokumentensuche. Die Polizei im Londoner   Sowjethans. London  , 16. Mai.  ( Eigener Drahtbericht.) Die Besetzung und Durchsuchung des Londoner Sowjethauses ist auch am Sonntag fortgesetzt worden. Der Innenminister dürfte über das bis herige Ergebnis der Untersuchung heute im Unterhaus eine Er­flärung abgeben.

Im Namen des Generalrates der Gewerkschaften hat der Ge­Im Namen des Generalrates der Gewerkschaften hat der Ge­neralsekretär des britischen Gewerkschaftstongresses an den englischen Ministerpräsidenten einen Brief gerichtet, in dem gegen die Polizeiüberfälle auf das Sowjethaus protestiert und festgestellt wird, es sei schwer, sich vorzustellen, daß die Vertreter irgendeines anderen großen Staates in der gleichen Art und Weise behandelt werden könnten, wie die Russen.

Die Sowjetunion   droht mit wirtschaftlichem Boykott. Riga  , 16. Mai.  ( Eigener Drahtbericht.) In den größeren russischen   Städten wurden am Sonnabend und Sonntag gegen die Aktion der englischen   Regierung Protesttundgebungen ver­anstaltet. Es wurde überall eine in Moskau   formulierte Ent­schließung angenommen, in der es heißt, daß die Sowjetregierung volle Genugtuung fordern müffe. Falls England dem nicht Rechnung tragen sollte, bleibe der Sowjetregierung nichts anderes übrig, als ihre bisher in England gemachten Handelsgeschäfte in andere Länder zu verlegen, die für eine normale Ent­wicklung der internationalen Handelsbeziehungen die notwendige Gewähr bieten.

Neuer reaktionärer Anschlag!

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mit dem Abschnitt I( Bodenreform), der vom sozialistischen  Standpunkt aus besonders wichtig ist, da er die leber­windung des privaten Bodenmonopols be= handelt. Der Entwurf geht hierbei von der nach den deut­ schen   Verhältnissen einzig möglichen Annahme aus, daß Großbetriebe und bäuerliche Betriebe nebeneinander bestehen werden. Er will daher sowohl für die Landarbeiter auf den großen Gütern wie für die kleinen und mittleren Bauern sorgen. Er sagt dem Latifundienbesitz den schärfften Kampf an, will die klein- und mittelbäuerlichen Be­triebe schützen und stärken, der Landnot durch eine energische Siedlungspolitik abhelfen und den bestehenden bäuerlichen Betrieben ihr Eigentum sichern. Wenn der Entwurf so auch mit der Aufteilung von einem Teil der großen Güter rechnet, so denkt er doch nicht daran das sei nochmals ausdrücklich festgestellt, alle Großbetriebe zu beseitigen. Ein großer Teil wird erhalten bleiben. Für sie ist vor allem der Abschnitt VI wichtig. Sie sollen eine Arbeitsverfassung erhalten, die den Arbeiter dem Arbeitgeber gleichberechtigt gegenüberstellt.

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Wie nach der bisherigen Behandlung der Agrarfragen in der Partei nicht anders zu erwarten war, ist dieser Stand­punkt des Entwurfs inzwischen start angegriffen, und zwar besonders aus Sachsen  . Verschiedene Artikel in der Partei­preffe haben ausgeführt, daß der Entwurf hier das fozia­listische Prinzip verlasse, das die Aufhebung des Privateigen­tums an Grund und Boden fordere, daß er ferner eine technisch rückschrittliche Betriebsform begünstige und daß er die Verbreitung höherer Kultur auf dem Lande hindere, da die kleinen und mittleren Betriebe sich nur halten könnten durch übermäßige Arbeit des Bauern und seiner Familie. durch übermäßige Arbeit des Bauern und seiner Familie. kommt, droht den alten Streit um Groß- oder Kleinbetrieb, Diese Kritik, die aus rein industriell orientierten Bezirken der nach einmütiger Auffassung aller Sachkenner, z. B. von Hilferding   und Baade, völlig nebensächlich geworden ist, wieder heraufzubeschwören. Sie verkennt die besonderen Breslauer Parteitag 1894 in seiner bekannten Resolution Geseze der Landwirtschaft, deren Bestehen der ausdrücklich anerkannt hat. Hätte sie Erfolg, so würde das Programm wertlos sein, da es einen großen Teil der Land­bevölkerung, an die wir uns wenden müssen und wollen, von vornherein abstoßen müßte.

Das Agrarprogramm darf sich gewiß nicht von den Grundsägen des wissenschaftlichen Sozialismus entfernen, die Marr und Engels entwickelt haben. Diese Grundsäße be= sagen aber richtig verstanden keineswegs, daß der Kleinbetrieb überall dem Großbetrieb Plaz zu machen habe, und daß jede Art von Eigentum an den Produktionsmitteln zu einem Hemmnis der gesellschaftlichen Entwicklung werden muß. Diese Säge gelten zwar für einen großen Teil der Industrie. Sie können aber nicht unbesehen auf die Land­wirtschaft übertragen werden. Ein derartiger Dogmatis­mus wäre das gerade Gegenteil von dem wissen­schaftlichen Sozialismus, als dessen Hüter die Kritiker des Entwurfes sich zu fühlen scheinen. Wer mit solcher Einstellung an die landwirtschaftlichen Fragen heran­tritt, ist auf dem besten Wege, den Sozialismus von der Wissenschaft zur Utopie zurückzuführen.

Der Bäckereiarbeiterschutz soll fallen! 60 stündige Arbeitszeit und Aufhebung der Sonntagsruhe. Die Regierungsparteien haben im Reichstag einen Gefehentwurf zur Abänderung der Verordnung über die Ar. beitszeit in den Bäckereien und Konditoreien eingebracht. Danach darf die regelmäßige Arbeitszeit der Gefellen, Gehilfen Denn die wissenschaftlichen Feststellungen der letzten und Lehrlinge, ausschließlich der Pausen, acht Stunden nicht Jahrzehnte zeigen, daß in der Landwirtschaft die Großbetriebe überschreiten. Jedoch kann der an einzelnen Werktagen eintretende die Kleinbetriebe keineswegs durch Konkurrenz zum Erliegen Ausfall von Arbeitsstunden durch mehrarbeit an anderen Tagen bringen und sie dann aufsaugen wie in der Industrie. Biel­ausgeglichen werden. In Betrieben, in denen zum erheblichen Teil mehr erhalten sich die klein- und mittelbäuerlichen Betriebe 1. Rumänien   übernimmt als halbständiges Mitglied des Völker Arbeitsbereitschaft" vorliegt, fann eine abweichende Rege- durchaus neben den Großbetrieben. Das gilt nicht nur für bundsrates die Pflicht, die Intereffen der kleinen Entente lung getroffen werden; jedoch darf die Arbeitszeit, einschließlich der Deutschland  , obwohl hier Gesetzgebung und Verwaltung für den Fall des Anschlusses Desterreichs an Deutsch  - Arbeitsbereitschaft, 60 Stunden wöchentlich nicht über Jahrhunderte lang einseitig die Interessen des Großgrund­land wahrzunehmen. Wirtschaftliche Verträge fönnten die Cage fchreiten. An Sonn. und Fest tagen ist nur" während eigentums wahrgenommen haben. Es gilt auch für das Desterreichs beffern, das aber prinzipiell lebensfähig" sei. 2. Die kleine Entente ist bei Prüfung der Lage, fofern teine 3ei Stunden die Herstellung leicht verderblicher Konditor- Ausland, insbesondere für Gebiete mit hoher landwirtschaft­waren erlaubt. Ferner dürfen nach 6 Uhr abends wählicher Kultur wie z. B. Flandern und Dänemark  . Diese Borbehalte bestehen, geneigt, in die Aufhebung der interalliier­rend einer Stunde Arbeiten vorgenommen werden, die zur grundlegenden Tatsachen muß das Agrarprogramm der ten Militär kontrolle in Bulgarien   einzuwilligen. Wiederaufnahme des regelmäßigen Betriebes am folgenden Wert- Sozialdemokratie anerkennen und daraus seine Folgerungen tag notwendig find. ziehen. Hilferding   hat kürzlich in der Gesellschaft" mit Recht gesagt: Gerade die Anwendung der Marrschen Me­thode zeigt, daß das Konzentrationsgesetz für die Landwirt­schaft teine Geltung hat."

3. Jugoslawien   bemüht sich, um die Sprengung der Kleinen Entente   zu verhindern, eine baldige Beilegung des Konflikts mit 3talien anzubahnen.( Dieser Punkt wurde durch den jugo­flawischen Außenminister Marinkowitsch persönlich bestätigt.)

4. In der Anerkennung der Sowjetunion   haben alle Staaten freie Hand, zumal es sich um eine Frage der Oppor­tunität des Augenblicks" handelt.

5. Ungarn   habe nicht immer den Willen zur Beachtung der Friedensverträge gezeigt, fo daß erit Beweise einer endgültigen

Allein schon die Tatsache, daß die Bürgerblockparteien es wagen an die Verschlechterung der Bädereiverord­nung heranzugehen, zeigt deutlicher als alles andere die Linie, auf der sich ihre Art Sozialpolitik bewegen soll. Der Arbeiterschuh soll abgebaut und selbst die Sonntagsruhe wieder beseitigt werden.

Daß die Klein- und Mittelbetriebe sich so behaupten, ist fein Wunder. Denn die landwirtschaftliche Wissenschaft, vor allem Sering und Aereboe  , hat flar nachgewiesen, daß die privatwirtschaftlichen Leistungen der Klein­und Mittelbetriebe hinter denen der Großbetriebe