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nicht zurückzustehen brauchen. Der Großbetrieb bietet besonders Gelegenheit zur Arbeitsteilung, zur Ver- Wendung landwirtschaftlicher Maschinen, kann auch besser gebildete Betriebsleiter beschäftigen. Aber durch die vom Entwurf verlangte Förderung des Genossenschaftswesens, durch die bessere Ausbildung der kleineren Landwirte und ihrer Angehörigen, endlich durch eine bessere Kreditorgani- sation kann es auch den Mittel- und Kleinbetrieben ermög- licht werden, rationell zu wirtschaften. Sie haben anderer- seits vor den Großbetrieben eine Arbeitsoerfassung voraus, die alle Arbeitenden im Ertrage ihrer Arbeit so stark interessiert, wie das die Löhnungsmethoden bei ihren'Arbeitern nicht erreichen können. Wenn daher heute die Großbetriebe bei uns im allgemeinen im Getreidebau mehr leisten als die Klein- und Mittelbetriebe, letztere da- gegen den Großbetrieben in der Viehzucht, im Garten- und Obstbau, im Weinbau und im Gemüsebau nicht selten über- lege» sind, so dürfte in Zukunft eher zu erwarten sein, daß die Leistungen der Klein- und Mittelbetriebe sich weiter st e i g e r n"l a s s e n als die der Großbetriebe. Es kommt aber nicht allein auf die privatwirtschaftlichen Erfolge der einzelnen Betriebsformen an, sondern auch auf ihre volkswirtschaftliche Bedeutung, d. h. darauf, was sie durch Erzeugung und Verbrauch für die gesamte Volkswirt- schaft bedeuten. Und da kann niemand bestreiten, daß die kleineren und mittleren Betriebe, infolge ihres Verhältnis- mäßig hohen lebenden und toten Inventars und ihrer größeren Menge an Menschen, die sie beschäftigen, auf den Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche erheblich mehr in- duftrielle Produkte verbrauchen als die Großbetriebe mit ihrer verhältnismäßig geringen Arbeiterzahl, zumal, wenn sie viel ausländische Wanderarbeiter beschäftigen. Soll der inländische Markt aufnahmefähiger für unsere Jndu st rieerzeug nisse werden, so ist dazu die Stärkungund Förderung der klein- und mittelbäuerlichen Betriebe eines der b e st e n Mitte l. Gerade dieser Zusammenhang ist für die Industriearbeiter besonders wichtig. Es ist daher durchaus unrichtig, wenn gelegentlich behauptet worden ist, daß die Durchführung des Agrarprogramms die Leistungsfähigkeit der gesamten Volkswirtschaft hemmen würde. Endlich sind die kleinen und mittleren Betriebe der Ent- faltung kulturellen Lebens auf dem Lande keineswegs hindcr- lich. Niemand wird behaupten wollen, daß in Hinterpommern, lvo der Großgrundbesitz mit fremden Wanderarbeitern ar- beitet, das kulturelle Leben auf dem Lande stärker entwickelt sei als z. B. in Westfalen   oder Hannover  , wo sich eine streb- same und intelligente klein- und mittelbäuerliche Bevölkerung mit Erfolg bemüht, die allgemeine und berufliche Bildung zu bessern und die Frau in der Landwirtschaft zu entlasten. Ein Blick über Deutschlands   Grenzen zeigt uns außerdem, daß in kaum einem Lande der allgemeine Kulturzustand der länd- lichen Bevölkerung so hoch ist wie in D ä n e m a r k mit seinen vorwiegend herrschenden Mittel- und Kleinbetrieben. Die klein- und mittelbäuerliche Betriebsform und das bäuerliche Eigentum sind daher kein Hemmnis des Wirtschaft- lichen und kulturellen Fortschritts. Sie sind vielmehr in weiten Teilen Deutschlands   heute die notwendige Grund- läge für eine gedeihliche Weiterentwicklung. Außerdem hat das bäuerliche Eigentum einen ganz anderen Ehgrakter als das Großgrundcigentum. Dieses sichert seinem Eigentümer eine wirtschaftliche, soziale und politische Vor- zugsstellung auf Kosten der Landarbeiter und Bauern. Das Eigentum des Klein- und Mittelbauern sichert dem Bauern lediglich den Ertrag seiner Arbeit, ohne daß er andere aus- beutet. Das Arbeitseigentum des Bauern auf Kosten des Herreneigentums der Latifundienbesitzer zu fördern, ist da- her kein Verstoß gegen die Grundsätze des Sozialismus, dessen Kampf seit dem Kommunistischen Manifest auch zur Zeit des Erfurter Programms nur dem kapitalistischen   Eigen- tum gegolten hat und noch heute gilt.
polnischer 6esuch in Serlin. Eine«nniihe Polemik gegen eine nützliche Idee. Ein Teil der Warschauer   Presse fühlt sich bemüßigt, gegen einen seit längerer Zeit geplanten Besuch polnischer Sejmabgeord- neter in Berlin   zu polemisieren. DerlinksdemokratischeKurjer Poranny" hält den gegenwärtigen Zeitpunkt,gute Beziehungen zwischen dem Reichstag   und denarbeitslosen" Abgeordneten des Sejm   herzustellen", nicht für geeignet. Dienationaldemokratische" cSazeta Warszawska" wendet sich entschieden gegen olle,die eine Kompromittierung des Sejm durch einen solchen Ausslug erstreben; die öffentliche Meinung Polens   werde wachen, um unzeitgemäße Entgleisungen zu verhindern". Wie ein Zusatz des WTB. zu diesen Warschauer Unfreundlich- leiten erkennen läßt, gibt es auch in Berlin   planmäßige Bcstrebun- gen, die eine polnisch-dcutsche Annäherung durch Parlamentarier- befuche vereiteln möchten. Soweit diese Bestrebungen� a m t l i che n E.,arakter haben, ist zu bemerken, daß es sich eben um den Besuch von Parlamentariern handelt; diese werden, ebenso wie die Interparlamentarische Union   das tut, gut daran tun, ihre stetige V.,,töndigungsarbeit durch wechselnde Regierungskoalitionen nicht stören zu lassen. Es wäre zu wünschen, daß der, unseres Wissens in Polen   mindestens ebenso früh wie in Deutschland   entstandene Gedanke eines Parlamentarierbesuches in Deutschland  , bald zur Ausführung kommt. Wie die Zwischenfälle der jüngsten Zeit gezeigt haben, ist es sehr nötig, den in Locarno   mit Polen   abgeschlossenen Schiedsvertrag über die friedliche Beilegung oller Konslittc tiefer in das Bewußtsein der beiden Nachbarvölker eindringen zu lassen; persönliche Fühlungnahme von Politikern'beider Länder ist der richtige Weg dazu._
Der Zoll Golümann- Dietz. Schwere Anklagen gegen den Untersuchungsrichter HofiuS. Im Bunde mit dem Alldeutschen Elast? Im vorigen Frühjahr hat die preußische Regierung durch um- fassende Haussuchungen die Hochocrratspläne des Alldeutschen Dr. C l a ß und die verfassungsfcindlichen Treibereien gewisser Wehrverbändc wie Wiking und Olympia   aufgedeckt. Die bloßgestellten Verschwörer haben von ihren Verbrechen durch eine wüste Hetze gegen den Assessor Dr. D i e tz in Elberfeld   abzulenken gesucht von dem sie vermuteten, daß er der Informator der preußi- schen Polizei gewesen wäre. Der Reichsanwalt lieh Dr. D i e tz und seinen Freund Dr. G o l d m a n n wegen Landesverrats in Untersuchungshaft setzen, und erst vor wenigen Tagen sind die beiden wieder in Freiheit gesetzt worden. Di« Anklage ist zu- s a m in c n g c b r o ch« n, der Versuch, die gefährlichen Zeugen un- schädlich z� machen, ist mißglückt. Einer der beiden unschuldig Verhafteten, Studienassessor Dr. G o l d m a n n hat über seine Erfahrungen während der Unter- suchungshost eine Beschwerdeschrist an den preußischen Iustizminister gerichtet. Am 2. September 1926 wurde Dr. G o ld m a n n in Warten- bürg in Ostpreußen   aus der Straße verhaftet, ins Gerichts- gefängnis eingeliefert und nach Elberfeld   transportiert, ohne daß man ihm erlaubte, von seinen Familienangehörigen auch nur mit einem Wort Abschied zu nehmen. Vom 2. September bis 17. Oktober saß er in Elberfeld   in Untersuchungshaft, ohne überhaupt ver- nommcn zu werden. Infolge der unerhörten Behandlung in der Unter- suchungshaft erkrankte Dr. Goldmann an Venenentzündung und lag vom 25. November bis 30. Dezember 19Ü6 hiltlös in der Verbrecherzelle. Der Antrag auf Ueberführuna ins Lazarett oder Krankenhaus wurde abgelehnt. Auch als sich im Februar �1927 eine Gallenblasencntzündung einstellte, blieb es dabei: der Untersuctzungs- richter erklärte ihm, daß nur bei unmittelbarer Lebensgefahr«ine Ueberfllhrung ins Krankenhaus in Frage käme. Dr. Goldmann ver- sichert glaubhaft, daß er schwere innere Kämpfe hat durchmachen müssen, um den trotz seiner Unschuld immer wieder andrängenden Gedanken an Selbstmord zu überwinden. Er glaubt aber zu wissen, daß In einer Anzahl anderer Fälle in Elberfeld   weniger charakter-
feste Untersuchuno-gi-sangsne diesen letzten Verzweiflungsschritk getan haben. Die Schuld an dieser unerhörten Mißhandlung schreibt Dr. Gold- mann ausschließlich dem Untersuchungs-richter, Land- g e r i ch t s r a t H o f i u s, zu. Er behauptet, daß dieser f a n a- tisch völkisch eingestellt sei und führt für seine Einstellung eine Reihe charakteristischer Aeußcrungen an: So soll Hofius bei wieder- holten Gelegenheiten erklärt haben, Marx und W i r t h hätten zehn- bis zwölfmal täglich die Entcntevertreter betrogen. Auch soll Hofius keinen Zweifel darüber gelassen haben, daß er im Grunde genommen die BestrebungenvonClaßdurch- aus nicht mißbilligt, aber jede Maßnahme gegen seine Hoch- verratspläne als ein Verbrechen ansehe. Er soll sich ganz in die Aufgabe verbissen haben, zum Schutze von Claß Dr. Dietz und Dr. Goldmann um jeden Preis hereinzulegen. Aus dieser Ge- sinnnung heraus schreibt er in einem Bericht an den Oberreichs- anmalt:Leider hat die Vernehmung in B. nichts Belastendes ergeben; ich hoffe aber von der Vernehmung in W. Erfolg." Erst sehr spät scheint der Untersuchungsrichter eingesehen zu haben, daß man einen Landesverrat nicht feststellen kann, wo keine Spur eines solchen ist. Er hat dann nach den Angaben des Dr. Goldmann bei diesem um gut Wetter gebeten und ihm wiederholt die Frage vorgelegt, ob er nach einer etwaigen Entlassung aus der Untersuchungshaft schweigen würde. Als Goldmonn das ablehnte, hat sich der Untersuchungsrichter, Landgericht-rat Hofius, nach dessen Angaben mit den Worten getröstet:Na, was kann mir denn pas ieren! Ich bin als Richter unabsctz- bar, es kann also nur ein kleines Disziplinarvcr- fahren geben." Dieses Disziplinverfahren wird nun, wie das preußische Justiz- minsterium in den letzten Tagen erklärt, in Gang kommen.
Sie schweigen. Was die Kommunisten nicht erfahren dürfe«. DieRote Fahne" hat über die Rüpelei zwischen dem Links- kommunisten Schlagewerth und dem Zentralekommunisten Pfeiffer im Reichstag nicht ein einziges Wort veröffentlicht. DieRote Fahne am Montag" schweigt sich über den Bries des Kommunisten Liese, des ehemaligen verantwortlichen Redakteurs derRoten Fahne" nach ollen Tonarten aus. Die Leser derRoten Fahne" dürfen nicht erfahren, wie ein Arbeiter von der kommunistischen   Zentrale als Werkzeug gebraucht und dann wie eine ausgequetschte Zitrone weggeworfen wurde. * Herr Wilhelm Liese   bittet uns um Veröffentlichung folgender Zuschrift:In der Nummer 228, AI. Jahrgang vom 15. Mai 1927, verwenden Sie unter der UeberschriftEin Opfer der kommunistischen Zentrale", einen Brief vom 8. Mai. zu dem ich Sie dringend ersuche, folgende Feststellungen zu treffen: 1. Dieser Bries ist absolut nicht für die Oesfentlichkeit bestimmt gewesen und betraf nur meine eigenen Angelegenheiten, soweit sie den Empfänger des Briefes angingen. 2. Weder ich noch irgendeiner meiner Freunde haben das geringste unter- nommen, um die Veröffentlichung des Schreibens im Vorwärts" zu e r m ö g l i ch e n. 3. Ich selber und meine Freunde, die von dem Inhalt des Briefes Kenntnis haben, mißbilligen die Veröffentlichung des Briefes imVorwärts" auf das Allerentschiedenste."
Die Dorfe nach üem Sturm. Dos Geschäft an der Börse war am heutigen Wochenanfang begreiflicherweise still, die Tendenz aber w«it«r beruhigt und freundlicher. Sowohl das Depositenkossenpublikum wie auch die Provinz und erst recht die Spekulation zeigen größte Zurückhaltung. Vor allem will man die heutig« Sitzung der Groß- bankvertreter abwarten, die sich noch einmal mit den Gründen und den bekannten Widersprüchen hinsichtlich des Prolongations- geldbcschlusses befassen werden. Die Kurse liegen, besonders in den Spezialitäten, fast sämtlich über den besten Kursen des Sonnabends.
MussorgskpsrufsischesLieöerspiel Von K u rt Singer. Unter den phantastischen Novellen Gogols findet sich auch die kleinrussische Bouerngeschichte vomJahrmarkt i n.S o r o t- s ch i n tz i", eine Plauderei, lustig und derb, kurzweilige Erzählung am'Abendauf dem Weiler bei Dikanka". Da geht die Legende vomroten Kittel", der dem Teufel gestohlen wurde. An dem Ort dieses fest verbürgten Teufelsspuks kann kein Geschäft zustande- kommen: so predigen es Bauern und Zigeuner. Und ab und zu meldet sich der Höllensohn in der gespenstischen Form von Schweins- rüssel». Das Dorf zittert in dem Gedanken an solche Szenen. In jedem Stuhlknarren hören sie das Grunzen der Schweine, in jedem Lufthauch spüre» sie das Nahen des Teufels in diesem Jahr, da wieder Markt ist in Sorotschingi. Ein überschlauer, gewitzter Zigeuner nutzt die Situation aus und bereitet den Dörflern in ihrer Betrunkenheit das Schauspiel der durch das Fenster schauenden Schweine, entdeckt einem Säuser und Ehetrotlel, wie seine Frau ihn mit einem Blödian betrügt, macht ein Geschäft dabei, befreit das Volk von der Sorge um denroten Kittel" und führt zwei Liebende zusammen. Ein Bierulk, eine Burleske, eine kleine Volks- komödie. Sehr derb in der Sprache und sehr naiv im Thema. Auf der Bühne klingt alles um lOtl Praz. gröber, dicker, ordinärer. Man ichlägt sich da in die liebliche Fresse, man tituliert den Ehepartner mit Mistvieh, Hündin, man bewirst sich mit Dreck, man säust und saulenzt. Eine leicht anrüchige Atmosphäre, deren ivesentlichster Weist Spiritus heißt. Kaum, daß einer einmal gerade auf den Beinen steht. Die eine Parle! des Volkes ist in dieser Derbheit einseitig gefärbt, die andere nicht weniger einseitig in Mondscheinlyrik g» taucht, und der Rest klatscht in die Hände und tanzt. Je mehr sich die Leute torkelnd oder tanzend bewegen, um so stiller steht das Stück. Es hat in dieser Bllhnentranskription durch M u s s o r g s k y eigentlich nur einen Mittellaut. Nähme man vom ersten bloß die kleine Episode des Liebespaares, kürzte den 2. Akt und ließe sofort daran den Volkstanz anschließen, so hätte man einen Einakter von einer Stunde Dauer fest und sicher und im Augenblickswitz wirksam. So aber redet jeder Akt eine andere Sprache, und keine ist von zwangloser Natürlichkeit. Dieser Mangel an Uebersicht, der den Literaten Modest Mussorgsky   naiv die"Prosa der Novelle unver- arbeitet auf die Bühne zerren läßt, schadet auch dem Komponisten Muss.-ngsky. Wie viel stanimt von ihm, wie viel von seinem Vollender und Instrumentator Tjcherepuim? Wir hören in seiner, stiller, durch kecke Witze persönlich werden- der.Orchestersprache Musik der Lustigkeit und Beschaulichkeit, des nationalen Tanzes und des lyrischen Verweilen?, Töne der schwer- blüttgen russischen Seele und einer melancholisch weiten Landschaft. wir hören zu zweifelhaften Texten Volkslied und immer wieder Voltslied. Das ist die musikalische Basis, unwandelbar und schön und tonangebend. Mit bescheidenen, einfachen Strichen ist das Ge- riist der Duette, der Monologe, der balladesken Elemente hinge- zeichnet. Die Motioik ist gesund, einfach, ehrlich, ohne Prätension, aber sie läßt in ihrer fertigen Struktur keine �Entwicklung zu. So kommt ein Potpourri zustande, ein komisches Sing- und Liederspiel, kein« komische Oper. Allein die Szene zwischen dem hajenbangen
Liebhaber und der resoluten Frau Hot bei aller gesährlichcn Zu­spitzung zur Operelte einen saftigen, lustigen, in der Komik originalen Grund'ton. lind mehr als hier noch ist im orchestralen Vorspiel zum 3. Akt eine Gekonntheit, ein Schwelgen und Aufbauen in Melodie, eine Trunkenheit und ein Feuer kontrastreicher Rhythmik, daß über den Eindruck dieses urechten Musikantenstücks seine Unvereinbarkeit mit Vorher»nd Nachher vergessen wird. Das ist Rußland  , das ist russische Musik ohne Gelehrsamkeit, ohne Grammatik, ohne atodemi- schen Formalismus, schön und ausschwingend und fesselnd. Man nehme dieses Stück(das sicher aus einer anderen Oper stammt) als Ouvertüre und kürze dos Wert in der angegebenen Art. So rettet man ein« Oper, die in der Langotmigkeit holbkomischer Szenen viel an Schlagtraft einbüßt, vor dem Halberfolg: so befreit man den Nichtdramatiker Mussorgsky von dem berechtigten Vorwurf, daß er auch primitiv Volkstümliches zu schwerblütig und wichtig nahm, Liedartiges zu scharf Ins Bühnenlicht rückte. D e n o i s hatte prächtige Bilder entworfen, Dobrowen unterstützt« die Groteske bis zur bequemen Ausnützung allzu deutlichen Poffeneffekte, Zweig dirigierte mst Schwung. Aeußerft witzig, breit und lachend Eduard K a n d l in vielseitiger Verwendung seiner originellen Komik, spitzig und zuckrig der Popensohn Harry E t e i e r s, derb, handgreiflich echt die mäßig singende Schnlz-Dornburg  , famos durchgearbeitet der auch stimmlich gut« Gevatter P e ch n e r s, der schwelgende Lieb- habcr V ö t e l, der charakteristische Z a d v r. Frau Maltin» glänzend disponiert m den Proben, sagte wegen Krankheit ab. Frl. M i r r o w konnte sie, an den großen Raum nicht gewöhnt, niit halber Stimme nur halb ersetzen.
,Cin Sommernachtstraum.' DerS o m m e r n a ch i s t r a u m", Shakespeares zaries Zauberspiel, weckt immer freundliche Thealererinncrungen. Unver- gessen bleibt Max Reinhardts Inszenierung im Theater am Schiff- bauerdamm, das damals Neues Theater hieß. Das ehemalige Neue Theater gehört nunmehr der Volksbühne und ihr Direktor, F r! tz Holl, schenkt seinen Gästen im großen Theater am B ü l o w- platz einen gewisienhaft und sorgsam vorbereireten Märchenabend. Es ist gewiß kein Mangel, wenn sich Holl, bewußt oder unbewußt an Reinhardts Regiekünste anlehnt. Auch er versucht die Poesie der Landschaft auf die Bühne zu verpflanzen und benutzt die Drehbühne. Sein Bühnenbild ist düsterer, versponnener, gespenstischer als bei Reinhardt,«ine Auffassung, die sich für den sommerlichen Waldes- zauber wohl vertreten läßt. Holl hat manche lustige Regieeinfälle. Die biederen Handwerker, die ihrkurz-langweiliges" Spiel von Pyramus   und Thisbe im Walde probieren, torkeln unbeholfen auf die Bühne, ersteigen eine groteske Felsenanhöhe und flitzen auf einer spaßigen Rutschbahn in den Bordergrund. Bei der Hochzeit des Theseus kommen die Hornisten aus dem Zuschauerraum und lassen ihre Klänge als Trabanten des Herzcgspaares von der Bühne her ertönen. Die beiden Liebhaberpaare, denen Schicksal und Faun- Übermut einen Streich spielt, deren Zuneigung verwechselt wird, tragen gleichfarbige Kostüm«. Es handelt sich nur um Paare und doch ist die Verwirrung die konfuseste, die man sich denken kann, bis endlich Lyfander feine Hermia und Demetrius feine Helena bekommt.___
Fritz Holl bringt im ganzen nicht die sprudelnde Theaterlust auf, die denSommernachstraum" zu erlesenem Genuß werden läßt. Holl ist zu gewisienhaft, sein Rausch ist ohne Trunkenheit. Am feinsten treffen den Ton der traumhaften Sommernacht die beiden Liebespaare Ernst Karchow  , Hans Rehmann  , Paula Baß er und Ilse Bärwold. Die Zartheit der Ilse Bärwald würde gewinnen, wenn sie sich besser schminken lernte. Di« Elfen- tönigin Titania der S y b i l P e a ch hat zwar das Elfenfigürchen und Elsenstimmchen, aber nicht den Märchcnausdruck, den man von der Figur erwartet. Sie leiert ihre Rolle wie ein Gedicht herunter. Antonie Straßmann   und Paul Lange spielen das Herzogspaar in schönem deklamatorischen Pathos. Wie immer haben den größten Heiterkeitserfolg die Rüpelfzenen der fchauspielendcn Handwerker. Prächtig, wie Leonhard Stecke! hilflos die Worte herunterleiert, wie er finnlose, von Verlegenheit diktierte ziehende Handbewegung macht, erschütternd komisch der Worte ver- drehende Paul Linde als Weber Zettel. Für die verunglückle Agnes Straub   sprang in letzter Stunde Peter I   h l e ein. der den Oberon sicher und mit Anstand verkörperte. Alexander G r a n a ch ist ein draufgängerischer und zu allen losen Streichen aufgelegter Puck, dem man seinen Uebermut aufs Wort glaubt. Bewunderungswürdig ist die Leistung des Kapellmeisters Wolfgang Zeller  , dein der Hauptanteil am Erfolg dieses Märchenabends gebührt. Er dirigierte die unsterbliche Mendels- sohnsche Musik mit Umsicht und Grazie. Der Beifall des Publikums hätte herzlicher fein können. Dgr.
Tanzsommer in den Londoner   Parks. Die Verwaltuno der städtischen Parks in London   hat soeben ihr Programm für diesen Sommer vorgelegt. Neben einer beträchtlichen Ausdehnung der öffentlichen Spiel- und Sportplätze ist zum ersten Male eine starke Verücksichligung des modernen Tanzes vorgesehen. Eine Reihe von Jazzkapellen ist oerpflichtet worden, in den Londoner   Parks regel- mäßig zu spielen, und man beabsichtigt, neben den bestehenden Lo- kalen' noch Tanzböden unter freiem Himmel zu errichten.
»Turandol- mit.l-tzreilen. Für die Sommerinoimle wird die Oper .Tuilindot' in der Städtischen Oper mit den biMaen-Preisen gegeben. Die nsl» Vorstellung mit H-Preifcn findet am!g. Mai statt. vi««vastellvng van Silbern de» Holsiäller» Kbolf Victrlch in der Galerie Reumann-Nierendorf, Lützowslr. 22, wird um 8 Tage verlängert Die russische Ardeitsschul-Vusstellung wird!m Zentrallnstitut für Er- ziebung und Unterricht vom 24. Mai bi« td. Juni gezeigt werden. Zum Katalog hat LunatscharSkt eine cinleilende Dartlevung der Entwicklung de» je(>!gcn Stande» und der fflnrligen Ziele beigesteuert. Für die geplanten Führungen stehen russische Lehrlrästc zur Verfügung. Di« Große Engiisch« Photo-Auislellung. In der Zeit vom 12. Juli bi» zum 8. Oktober findet in London   die 72.?iujstellung der..Roval Obotagraxbio Society of Great Britnin"(Britische   Photograpbische Gc- sellschast) sialt. Die Beteiligung an der Ausstellung ist für alle Länder offen. (bin jüdische» konv«rsatIoi'».Lnfiko« gelangt jetzt nach achtjähriger vor- bereitender Arbeit im Jüdischen Veriap. Berlin  , in denischcr Sprache zur O Ausgabe. Sie besteht aus vier starken Bänden in Lexikonjormat und wird von Dr. Georg Herlitz und Dr. Bruno K i r j ch n e r(Berlin  ) heraus- gegeben.