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Sonntag 22. Mat 1927
Äus öer
Aufgaben öer Silöerportage. Don Dr. Herbert Feld. Das Dielgestirn von Wochenschauen, die durch die deutschen  Filmtheater laufen, spiegeln treffend die Misere des deutschen   Films. Die gleiche Oberflächlichkeit, die gleiche Einfallsarmut, die gleiche engstirnige Tendenz tritt in der heutigen Bildreportage in Erschei- nung, wie sie auch in betrüblicher Weise die Mentalität des deutschen  Spielfilms von wenigen Ausnahmen abgesehen charakterisiert. Die deutschen   Wochenschauen kranken an dem Uebel, daß sie, anstatt interessant, buntfarbig, ausklärend zu sein, langweilig, gestrig und ollzuhäufig abgeschmackt wirken. Spießbürgerlichkeit und Talent- losigkeit macht sich in ihnen in verheerender Weise breit. Aber es nimmt auch nicht wunder, daß die deutsche Wochenschau weite Kreise der Theaterbesucher unzufrieden stimmt, wenn man sich vor Augen hält, wie wenig ihren Unternehmern die Ausgaben der Bild- reportage bewußt geworden sind. Da dreht man Militärparaden, zeigt den Stapellauf eines amerikanischen   oder deutschen   Kreuzers, läßt keine Dentmalsent- hüllung aus und führt echt« Pariser Moden vor und vergißt, daß die Well sich um ganz andere Ding« kümmert und lenkt sein Augen- merk immer mehr vom eigentlichen Objekt der Berichterstattung ab. Wenn dennoch die Hersteller der deutschen   Wochenschauen trotz vieler ablehnender Urteile und heftiger Angriff« seitens der Presse un- beirrt an ihrer schlecht fundierten Organisation festhalten, so mag das nicht zum geringsten auf den Umstand zurückzuführen sein, daß ihnen der Rahmen der Wochenschau am geeignetsten dünkt, ihrer politischen Gesinnung hinter den repartierten Ereignissen Ausdruck zu geben. Mit anderen Worten: die Wochenschauen sollen politisch beeinflussen. Daß sie das auch tun, steht außer Frage, da in den meisten Lichtspieltheatern auch in der Provinz Wochenschauen zur Dorführung gelangen. Wir dürfen es unverhohlen aussprechen, Bildreportage geht niemals ohne Tendenz ab, ob ich nun durch die Aufnahme eines Fußballmeetings für den Fußballsport Reklame, durch die Einfügung Schweizer   Landschaftsbilder für deren herrliche Natur oder durch das Erscheinen zylindergeschmückter Äriegerverein- ker für deren verschrobene Gesinnung werben will. Tendenz jeden. falls steckt in jedem Bilde, nicht immer muß es eine anstößige sein, aber der reine Genuß mancher wirklich gelungener Aufnahmen wird durch die abstoßende Aufdringlichkeit gar nicht interessierender Ve- gebenheiten gründlich zerstört. Es muß darum die Forderung er- hoben werden, daß alles, was einer parteipolitisch begrenzten Ge- sinnung entspringt, aus den Wochenschauen verschwindet, es muß des weiteren die Forderung erhoben werden, daß sich die unbe- kümmert und so völlig verantwortungslos arbeitenden Bildreporter in Zukunft etwas mehr der Dinge annehmen, die zu sehen das or- beitende Volk verlangt. Warum zeigt man niemals Bilder bedeu- tender Persönlichkeiten, die sich um die Entwicklung und den Fort- schritt wohlverdient gemacht haben? Warum bringt man nicht in jeder Wochenschau Aufnahmen von großen Wisienschaftlern, Kunst- lern und Philantropen? Warum enthält man dem Publikum einen Einblick in die Arbeitsstätte des Wertschaffenden, die Fabrik und die Grube vor? Fürchtet man, daß sich das Publikum der Sorgen des Arbeiters mehr annehmen, daß es der Durchdrückung berechtigter Arbeiterforderungen seine Zustimmung geben könnte? Vielleicht ist es tatsächlich so und nur der Leichtgläubige wird an solchen Er- wägungen vorübergehen können. Man sollte einen praktischen An- schauungsunterricht von den katastrophalen Folgen der Tuberkulose geben, um so das Verständnis zu wecken für die dringliche Forde- rung nach guten und gesunden Wohnungen, man sollt« auch das Wohnungselend demonstrieren, und ich glaube nicht, daß es an grotesken Beispielen mangelt. Eine Fülle von Ausgaben, alle ak- tuell, alle auf das stärkste Interesse abgestimmt, harrt der Findigkeit der Bildreporter. Um es noch einmal knapp zu präzisieren: die Wochenschauen müssen eine soziale Note erhallen, müssen auf die Abstellung so- zialer Mängel wirken und die Nützlichkeit sozialer Einrichtungen demonstrieren. Daß sie das heute nicht tun, weiß jeder aus Er- fahrung. Aber es ist töricht, die durch die Wochenschauen erzielte weitere Derdummung des Volkes tatenlos geschehen zu lassen. Wie wäre es, wenn sich freiheitlich gesonnene Männer und verantwor- tungsbewußte Charaktere zusammenfänden, um die erst« wahre Bildreportage ins Leben zu rufen? Geht die Wurstelei so weiter, so dürft««» bald an der Zeit sein, die Trommeln zu rühren.
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die Alme   öer Woche. ,Vas Volk üer schwarzen Zeltes (ZNozart-SaaL) Ein« ganze Völkerwanderung zieht vor unseren Augen vorüber und zwar keine gestellt«, sondern eine aus dem wirklichen Leben, aus dem Leben nomadisierender Perser, die zu Tausenden im Ge- folge von Hunderttausenden von Tieren eine weite beschwerliche Reise antreten, um neu« Weideplätze zu finden. All« Jahre müssen sie zweimal diese gefahrvolle Tour vollenden, um ihren Schafen und Ziegen und Kühen und Pferden da? Futter zu schassen. Vor Tausenden von Jahren mag sich das Leben dort und in anderen Nomadenbezirken bereits ganz ähnlich abgespielt haben. Wenn wir den prachtvollen Bildern dieses F la h e r t y- Filmes fosgen, so er- leben wir nicht nur ein Stück Gegenwart, sondern tun auch einen Blick zurück in weite historische Perspektiven. Ein« menschliche Kul- turstufe, die vielleicht eine allgemeine Durchgangsstufe war, wird hier mit größter Anschaulichkeit vorgeführt. Als Einleitung dient die Reiseschilderung von Angora über den Libanon durch Mesopo- tamien nach Persien   mit interessanten Episoden. Aber all das ver- blaßt, wenn wir nun zu dem Hirtenvolk kommen, es bei der Arbeit und seinen spärlichen Vergnügungen beobachten und dann den«nd- losen Zug Männer, Weiber und Kinder mit all ihrer Habe durch Wüste und Wildnis, durch rauhes Gebirge und über eisbedeckte Höhen mitmachen, bis jenseits der Berg« das ersehnte weite Para­dies sich ausbreitet. Von höckister dramatischer Kraft ist der Ueber- gang von Menschen und Tieren, schwimmend und auf Flößen, die auf aufgeblasenen Ziegenfellen ruhen, über eine wilden G«>lrgs- fluß. Schier endlos ist das Gewoge der Tiere und Menschen, die unter Lebensgesahr sich der reißenden Strömung anvertrauen und nach glücklich verbrachter Fahrt dos steile Ufer erklimmen. Die Bil- der sind merkwürdig sauber und klar. Kaum je sind Natur und Menschen in so innigem Kontakt gezeigt worden, wie in diesem Film, der«ine Komeraleistung ersten Ranges ist. Freilich sind die Bilder in voller epischer Breite aufgenommen, manchmal möchte man etwas mehr Abwechselung haben und mehr Einzelheiten au» dem Leben und Treiben der Nomaden«rsahren. Voraus ging der Usa  -FilmAcht Maler und ein Mo- d e l l", worin Alwin Steinitz recht lebendig zeigt, wie acht ver-
schieden« Maler von Liebermann bis Zille dieselbe Filmschauspielerin auf ihre verschieden« charakteristische Weise zeichnend wiedergeben, v.
der sprechende flffe. (phoebusPalask.) Mit diesem Film ist ein gewisies Wagnis gelungen, ein ersolg- reid)«s Bühnenwerk wurde zu einem vollgültigen Film. Das Manuskript ist so gehalten, daß selbst ein abgenutztes Rezept noch neue Reize gewährt. Das Publikum wird durch aste Schauer einer Kinoromantik gejagt, die gern gesehene Milieuschilderungen aus dem Zirkusleben bringt und die Geschichte eines mißgestalteten Artisten erzählt, der, als Affe oerkleidet, zu einer schöne» Artistin in Liebe entbrennt. Im Kampf mit einem wirtlichen Assen rettet er die Geliebte, stirbt aber während der Vorstellung an den er- littenen Verletzungen. Es ist also die alte Bajazzo-Tragödie, die sich diesmal nicht unterm Flitterkleid, sondern unterm Asfenpelz abspielt. Der Film entstammt der Fox-Produktion, die ihn Raoul W a l s h' Regie anvertraute. Der Regisseur schuf ein Wert, da» auch nicht einen ernsthaften Schritt vorwärts aufweist, kein Der- sprechen für die Zukunft enthält, aber niemals den Elementargrund- satz außer acht läßt:Der Film hat seine eigene Welt." So gelingt einem Vollblut-Filmmenschen eine beachtliche Leistung. Jacques L e r n« r s sprechender Asse ist ein Zeugnis für starke Begabung in der Nachahmung echt tierischer Bewegungen. Don A l v a e d o gefiel als fein Dompteur durch vorteilhastes Aussehen und elegantes Auftreten. Die Damen Olive Borden   und Mancolm Waite waren die üblichen Filmschönheiten schlanker Linie. Ferner läuft der Tom-Mix-FilmDer Kampf im Puloer- t u r m". Hufeisen und Lasso, sie sind nachgerade für etliche Film- besucher Wahrzeichen der Freiheit geworden. Dieser Film strotzt nur so von Sonderausregungen aller möglichen Arten. Munition wird in Massen verbraucht, ohne Schaden anzurichten. Ferner gibt es in Massen frei gollopierende Pferde in natürlicher Schön- heit, während die schwarze Tony die Hauptroll« spielt in völlig verzerrten Pferdemanieren. Wenn man das Thema schauspielerische Begabung bei Tieren behandeln wollte, könnte man über diese Tony ein ganzes Buch schreiben. Sie ist wirklich ein völlig ver- menschlichter tierischer Darsteller. e. b.
Wettlauf ums Leben." (Ufa  , Ariedrichslrajje.) Man denkt angestrengt darüber nach, warum dies« wenig auf- regende Magazinafsäre mit einem derart pathetischen Titel behastet wurde. Allerdings gibt es da einen Handsesten, cholerischen Kapitän, der in dämonisch-olkoholischem Auqenrollen eine würdige Konkurrenz suchen kann. Er setzt mit imponierender Selbstverständlichkeit sein Kind in Alaska   aus. Selbstoerständlid) erblüht das Baby unter dem Schutz eines wackeren Matrosen, der den urweltlichen Kapitän beinahe erschlagen hätte, zu einem holden, amerikanischen Girl mit Zuckerbäckchen und teusd) umpanzerter Erotik, die sich gegen einen hübschen, amerikanischen Leutnant austobt. Im letzten Moment, als die zarte Jungfrau ihrem eigentlichen Vater, der ohne innere Motivierung nach Iahren in Alaska   aufgetaucht ist, folgen, will, hält sie der Leutnant zurück. Der Vater setzt ein intrigantisches Dämonenlächeln auf. Und das glückliche Ende ist da. Hinzu kommen Episoden aus dem Koldgräberleben. Die Problem« der Mischlingsehe werden zart gestreist, und Schneestürme, Eisberg  « und ähnlich notwendige Requisiten anständiger, nördlicher Regionen helfen eine dürre Handlung auspolstern. Leider merkt man den männermordenden Orkanen und Eisbergen an, daß sie nur in den Filmateliers toben, und daß sie keineswegs ein Schiff erschüttern können. Der Film ist nach einem gleichgültigen, amerikanischen Roman gearbeitet worden, und der deutsche Zuschauer kann die Beruhigung mit noch Hause nehmen, daß es in Amerika   um die Romanproduktion nicht bester steht als in Europa  . Don Regie ist wenig zu merken. George Hill kapriziert sich aus Zerdehnung, läßt die Schauspieler spielen, wie sie gerade Lust haben. Marceline
vettage des vorwärts
Day ist teilweise neckisch, teilweise von süß lieblichem Tränen- konsum, Norman Kerry   sieht wie eine Miniaturausgabe von Manjou aus und gibt allerdings alles Verführerische sehr unglaub» sich. Den schlimmen Kapitän spielt Lyonel Barrymore mit ver- wüstetem Hohnlächeln und mit prachtvollen intriganten Mundfalten. Warum aber importiert Deutschland   derartige verunglückte ameri- konische Produkte?_ F. S. die Königin üer Nacht." (llfa-Theater, Kurfürsken dämm.) Das Kalifornien   der Goldgräberzeit. Die eindringenden Pan- tees bringen die eingesessenen spanischen   Kolonisten um die wertvollen Bodenschätze. Haß steht zwischen beiden. Aber die Tochter des ver- armten stolzen Spaniers verliebt sich in den blonden Amerikaner, der die ihrem Vater entwendete Mine ausbeutet. Ganz hübsch wer. den die Gegensätze zwischen den beiden Rassen gezeigt. Gut ist auch das wilde Leben in dem damals emporschießenden San Francisco  geschildert, wo jede Gewalttat durch die stets alarmbereite Bürger- wehr sofort mit dem Tode bestraft wird. Der Kamps um die Mine und ihre rechtmäßige Erbin, die schöne Spanierin, bildet den In- halt des unsäglich kitschigen Filmes, der eine Wildweft-Romantit ältester Schule auftischt. Der Registeur Paul Bern   scheint hier nur für Amerikaner gearbeitet zu haben, und wir fragen mit Schrecken, warum alle diese minderwertigen amerikanischen   Filme unsere Thea- ter entvölkern. Trotzdem Pola N e g r i die Hauptrolle spielt, die schöne Spanierin mit dem wilden Blut, die leidenschaftlich tanzt, mitten im Tingeltangelbetrieb ihre Tugend bewahrt, zwei Männer gegeneinander in den Kampf hetzt mit obligater Schießerei und dem Tod des einen, immer katzengeschmeidig, sprunghast und wild. aber auch nie vom Regisseur gebändigt und in die richtige Bahn geleitet. Der Liebhaber Poucca Troubetzkoy kommt nicht recht zur Geltung neben der Negri. Chamkteristifcher wirkt schon Warner O h l a n d._ r. fln öer Weser". (Primus- Palast.) Mündchen aufmachen, freundlich lächeln, Zähne zeigen, um die Anmut der Weser zu beweisen", nach einem derartigen Motto etwa dirigierte Siegsried Philipp! sein« Schauspieler und stellte sie und alles Geschehen in die Gegend um Minden   in Westfalen  . Sieg- fried Philipp! er schrieb auch das Manuskript dachte offenbar, das Filmpublikum hat mit Begeisterung aktelang sein Herz in Heidel- berg verloren, folglich wird es auch widerspruchslos filmkilometer- lang an der Weser   sitzen. Um einen Sänger für das Weserlied zu bekommen, wird prompt ein Student erfunden, dessen Liebst« ihn verrät. Daher will er die Personen müssen sich recht nerven- schwach gebärden, damit der Regisseur in Sentimentalitäten schwelgen kann Selbstmord begehen. Doch er wird gerettet von einem ebenfalls verschmähten Freund. Schließlich aber bekommt der Student, nachdem er in Amt und Würden hineingeraten ist, sein« Lisa doch, weil deren Gatte sich als Schwindler erweist. Es laufen noch viele Personen durch den Film, teils als Füllsel, teils um für Stemhägcr und westfälischen Schinken Reklame zu machen. Der Film ist ein Rückschritt. Das Bestreben, durch Gesangseinlagen Wirkung zu erzielen, muß ein für allemal als überwundener Stand» punkt gelten. Mit Ausnahme dieser unfilmischen-Untaten war der Film Schablonenarbeit. Leider hatten auch die liebenden männlichen Darsteller Schablonengesichter. Kunst ist konzentriertes Gefühl, be- dauerlicherweis« hatte man hier jedoch das künstterische Können von Grete Reinwald  , Frieda Richard  , Camilla Spiro, Eduard von Win- terstein, Charles Willy Kaiser usw. einer Gefühlsduselei zunutze gemacht....... e. b. die?agö nach öer braut." (veba-palast Altrium.) Von seiner Weltreise nach schönen Bildern hat Georg Ja» c o b y als letztes Uebcrblcibsel diesen Film assortiert. Soweit die Bilder sich mit der Weltreise beschäftigen, find sie gewiß ganz sehenswert. Wer möchte nicht gern mal wieder die großen Pyra- miden, Palmen am Nil oder auch intime Straßenbilder aus Ceylon
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