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Spionage/ Umsturzpropaganöa.

Das Anklagematerial Baldwins.

coadon, 25. Mai. (MTB.) Baldwin brachte in seiner Rede u. a. folgende Einzelheiten über die chaussuchung bei der Areas. Ansang dieses Jahres wurde ein in der Luftstreitmacht beschästigter britischer Untertan überführt, zwei militärisch wichtige Dokumente gestohlen zu haben. Die Dokumente wurden wiedererlangt und die Persönlich- keit verbüßt jetzt eine Gefängnisstrafe. Die Gcheimorgoni- sation, für die er die Dokumente erhallen hatte, und ihre Per- b i n d u n g mit einer ähnlichen russischen Organisation ist aus- gedeckt worden. Ein weiteres Dokument amtlichen und hochver- traulichen Charakters, das auch so bezeichnet war. wurde kürzlich als nicht mehr vorhanden festgestellt und durch Jnsormatio- nen, die gesichert und durch dokumentarisches Beweismateriol be- kräftigt wurden, wurde es klar, daß dieses Dokument zum Sowjethaus gebracht und dort mittels eines photographischen Apparates r e v x o d u- ziert worden ist. Auf Grund dieser Insonnotionen fand die Durchsuchung statt. Dabei wurde in einem verschlossenen Zimmer ein Mann ertappt, der eilix> Schriftstücke verbrannt. Es war ein gewisser E o o l i n g, der in einem Dokument näher bezeichnet war, das unter den geheimen Personalakten in, einem anderen Räume gefunden wurde. Dieses Dokument war in russischer Sprache, datiert vom 23. De- zember 1926 und unterzeichnet von I u l i n s k y, der bis zu seiner kürzlich erfolgten Rückkehr noch Rußland die Arbeit eines Chefs dex Rechnungsobteilung für das Personal mit der des ersten Spionage- und geheimen Propagandaagenten für Europa verband. Dieses Dokument bestand aus einer Empfehlung für Cooling und enthiell eine Schilderung seiner bisherigen Tätigkeit. Es besagt«, daß Cooling früher damit beschäftigt war, ungesetzlich« kommunistische Agitation als Mitglied der Roten Seemanns-Union zu betreiben und besagt serner, daß er be- teiligt war an der Uebermittlung geheimer Mitteilungen ins Ausland. Zu seinen Aufgaben gehört« es, die diplomatische Post zwischen der Sowjetbotschoft in London und dem Arcosgebäude zu befördern. Im Besitze Coolings wurde eine Anzahl gefchlosiener Briefumschläge gefunden, die die Adressen bekannter kommunistischer Personen und Organisationen in England und Amerika trug. Die Umschläge enchielten Instruktionen und Weisungen von der roten Internationale an die kommunistischen Organisationen in England und den Vereinigten Staaten . Ein Per- gleich dieser Briefe mit der Liste von noch näher zu erwähnenden Adressen zeigt, daß die Bureaus der Areas und der Handelsdelegation gewohnheitsmäßig als Clearinghaus für umstürzle- rische Korrespondenz dieser Art verwendet wurde. Weiteres interessantes Licht auf diese besondere Seite der Sowjellätigkeit wird geworfen durch einen Brief vom 23. November 1926 an Gilinski, in dem Vorkehrungen für die Ausbildung von kommunistischen Agitatoren auf Arcos- Schiffen gefordert wurden, die die Aufgabe erhielten, revolutionäre Propogandaschriften unter den Besatzungen bri- tischer Schisse zu verteilen." Die Sowjetregierung kann sich der Verantwortung für die Betätigung der Handelsdelegation und des Mißbrauchs der ihr ge- währten Erleichterung nicht entziehen. Das ist aber nicht alles. Es war schwer, zu glauben, daß ein Organ der Sowjetregierung, die Handelsdelegation, in dieser Weise eine feierliche Verpslichung bricht und daß gleichzeitig das andere Organ dieler Regierung, die Sowjetbotschaft in London und die Sowjetregierung selbst an diesen Handlungen keinen Anteil hätten. Aber das Material gegen sie beruht nicht auf Schlußfolgerungen. Im Besitz der Regierung befindet sich aber ein Telegramm vom 12. November 1926, gesandt von dem Kommissariat für auswärtige Angelegenheiten an den Sowjetoertreter in Peking . Der Wortlaut ist:Ich teile hierdurch die Entscheidung des Departements mit, die Sie auszu- führen haben. 1. Solange eine Sowjetvertretung in Peking besteht, hat Kamerad Vorodin seine Befehle direkt au» Bioskau entgegen­zunehmen. 2. Das Bureau für den Fernen Osten (offenbar im Moskauer Außen- Ministerium. D. Red.) ist zu verständigen, daß über all« seine Eni-

scheidungen und Maßnahmen betreffend Fragen allgemeiner Politik des Kuomintang in China und militärischer und politischer Tätigkeit ein Einvernehmen mit Kamerad Borod in hergestellt werden muß. Falls sich in diesen Fragen Meinungsverschiedenheiten ergeben, müssen sie Moskau zur Prüfung unterbreitet werden. Bo- rodin und das Bureau für den Fernen Osten müssen die Vertreter Moskaus in Peking über alle ihre Entscheidungen und Schritte in diesen Fragen informiert halten." Die Ableugnung jeder Verantwortlichkeit für Borodins Betätigung, die der Sowjetgeschäftsträger in London und Litwinoff in Moskau vorgenommen hotten, war somit unwahr und lediglich in der Erwartung erfolgt, die britische Regierung und die britische Oeffem- l'chkeit zu täuschen, während unter ihrem Schutzmantel Borodin tat- sächlich eine auslandfeindliche und enalandfeindliche Tätigkeit als ermächtigter Agent der Sowjetregierung und auf ihre Befehl« hin betrieb. Diese gesetzwidrig« Tätigkeit beschränkte sich nicht auf China . In dem Besitz der britischen Regierung ist ein Telegramm des Sowjet- geschäftsträgers in England an das Kommissariat für auswärtige Angelegenheiten in Moskau gelangt, datiert vom 1. April, d. h. etwa fünf Wochen nach der feierlichen Warnung in unserer Note vom 23. Februar. Es besagt:Abschrift nach Berlin für Tomsky. Eines der Haupt- Hindernisse gegen die Führung einer Protesttampägne gegen britische Gewalllätigteiten in China ist die schwierige Beschaffung von Nachrichten und die Art und Weise, in der breite Arbesterkreise irregeführt werden. Es ist notwendig: 1. Telegraphisch die samt- liehen Berichte der nationalen Regierung über die Ereignisse in Nanking herzusenden, besonders Tatsachen, die die von Chamberlain am 39. März im Parlament gegebenen Informationen betrestend Nanking ableugnen. Kopien sind zu senden an die(englische) llnabhängige Arbeiterpartei und an denDaily Herald". (Große Heiterkeit.) 2. Eine Botschaft der verschiedenen G e w e r t> schaffen von Schanghai an den Präsidenten des General- rats des Gewerkschaftskongresses, H i ck s, worin die Lage geschildert wird und besonders betont wird, daß infolge der britischen Be- schießung von Nanking eine große Anzahl Gewerkschafts- Mitglieder das Leben einbüßten. Wenn möglich, wäre es wünschenswert, eine Anzahl Beispiel« anzuführen und britische Unterdrückungsmaßnahmen gegen chinesische Gewerkschaften zu betonen." Das Haus wolle beachten, daß der Sowjetvertreter Jnfor- mationen zum Zwecke eines politischen Feldzuges in Eng- land und den Inhalt der Meldungen zu haben wünschte, die er als Neuigkeiten aus China übersandt zu sehen wünschte. Schließlich hat am Tll. April der Sowjetgeschäftsträger an das Kommissariat für auswärtige Angelegenheiten in Moskau folgendes telegraphiert: Ich zweifle s«hr an der Möglichkeit einer Razzia gegen unsere Gesellschaft. Ich würde es aber für eine sehr nütz- liche Vorsichtsmaßnahme hallen, für einige Zeit die Beförderung von Dokumenten vonFreunden und Nachbarn usw." per Post von London nach Moskau und umgekehrt einzustellen." Es ist unnötig, über das Wesen der Dokument« Mutmaßungen anzu- stellen, wegen deren solche Behutsamkeit gezeigt wurde. Angesichts dieser Verletzungen des Handelsabkommens und der internationalen Höflichkeit hat die Regierung«ine Geduld und eine Aus- d a u« r gezeigt, die wahrscheinlich in internationaler Beziehung ihresgleichen nicht hat. Diplomatische Beziehungen, wenn sie so in überlegter Weise und systematisch mißbraucht wurden, sind in sich selbst eine Gefahr für den Frieden und die britische Regierung hat daher beschlossen, daß sie, außer wenn das Unterhaus am Donners­tag sich nicht damit zufrieden erklärt, das Handelsabkommen be­enden, die Zurückziehung der Handelsdelegation und der Sowjet- Mission aus London fordern und die hritische Mission aus Moskau abberufen wird. Der gesetzmäßige Gebrauch der Arcos wird durch diese Entscheidungen nicht berührt und die Regierung ist bereit, während sie den Vorrechten gemäß Artikel 4, S und 6 des Handels- abkommen? ein Ende macht, alle notwendigen Vorkehrungen für gewöhnliche Handelserleichterungen zwischen den beiden Ländern. zu treffen.

Nicht erinnern... Ter Reichskanzler über die Politik des Rechtsblocks. Reichskanzler Dr. Marx hat anläßlich seiner Reise zur Beethoven-Feier in Bonn eine politische Rede vor seinen Bonner Parteifreunden gehalten. Die Art, wie er die Arbeit des Zentrums für den Rechtsblock rechtfertigte, ist nach�nehr als einer Richtung hin interessant. Marx behauptete, etz sei nicht Schuld des Zentrums, wenn die Sozialdemokratie heute außerhalb der Reichsregierung steht. Er sei ihr in den Fragen der Heeresreform weiter entgegengekommen, als sie es selbst erwartete. Uns ist nichts davon bekannt, daß der Reichs- kanzler Marx die notwendigen persönlichen Garan- t: e n für eine Republikanisicrung der Reichswehr je angeboten hat. Die Haltung des Zentrums bei der Der- obschiedung des Heeresetats läßt auch nicht das geringste Ent- gegenkommen an den sozialdemokratischen Standpunkt er- kennen. Der Reichskanzler scheint sich also seiner früheren Haltung zur Reichswehrreform nicht mehr mit jener Klarheit zu erinnern, die man von einem führenden Staatsmann ver- langen muß. Wenn Marx der Meinung ist, das Zentrum fei in der Rechtsblockregierung seinen alten Grundsätzen treu geblieben, so denken schon heute die Zentrums arbeite? anders. Die entscheidende Antwort wird er bei den nächsten Wahlen er- halten. Aber der Optimismus des Reichskanzlers geht noch weiter: sagte er doch: Ich habe die feste Ueberzeugung, daß wir mit der heutigen Regierungskoalition ein gutes Stück weiterkommen auf dem Wege unserer Politik. Die Verlängerung des Republik- s ch u tz g e s e tz e s ist der beste Beweis für die fortschreitende Ein- s i ch t aus feiten der Rechten in den großen Fragen des Volks- staates. Daß die Rcichspolitit so fortgesetzt wird, wie es bei der Regierungsbildung beabsichtigt war, dafür bürge ich mit meiner Person. An dem Tage, an dem im Kabinett etwas geschähe, was gegen den V o l k s st a a t oder die kuklturellen Grund- sätze des Zentrums gerichtet ist, erfolgt mein Gang zum Reichs- Präsidenten mit dem Gesuch meiner Entlassung aus dem Amte. Wir hoffen, den Reichskanzler später nicht an seine persönliche Bürgschaft für den Volksstaat«rinnern zu müssen. Freilich ist er kein Freund solcher Erinnerungen, wenn es sich um deutschnationale Praktiken handelt. Wir müssen Verständnis haben für die seelische Lage der Deutschnationalen. Sie finden nicht so schnell den Weg zum Staat von Weimar , wie manche Temperamentvolle unter uns wünschen. Es ist auch nicht zu billigen, wenn die Deutsch - nationalen heut« immer wieder an frühere Aussprüche ihrer Führer erinnert werden, die unter ganz anderen Verhältnissen und Umständen gesprochen wurden. Es muß genügen, wenn wir Tatsachen vor uns sehen, die der sozialdemokratische Redner bei der Verabschiedung des Republikschutzgesetzes mit den Worten kennzeichnete: Jetzt besteht der ganze Reichstag aus solchen Par- teien, die die republikanische Staatsform wünschen. Wie sehr die Deutschnationalen die republikanische Staatsform wünschen, hat Graf W« st a r p den Zweiflern schon gesagt. Sie wünschen sie überhaupt nicht, sie� be­nutzen sie nur als Mittel zur Erringung der Macht. Daß sie sich in diesem Sinne mit der Republik abgefunden haben, das hat unser Redner im Reichstag mit Recht gegeißelt. Und es wird für immer«in Beispiel politischer Doppelzüngigkeit bleiben, wie die Deutschnationalen im Lande monarchistische Propaganda treiben, während sie im Parlament dem Schutz der Republik vor dieser Propaganda zustimmen. Doch auch das gehört wohl zu den Dingen, an die die Regierungsparteien nicht gern erinnert fein wollen ein Grund mehr, es ihnen überall mit aller Deutlichkeit zu sagen! Aber vielleicht ist trotz aller verständlichen Besorgnis des Bürgerblockkanzlers doch eine Erinnerung am Platze. Als die Deutschnotionalen vor noch nicht drei Jahren auf den großen Wählerfang ausgingen, erließen sie einen Auf- ruf, in dem es hieß: Unsere Ziele bei der Regierungsbildung werden wir jetzt im weiteren verfechten: die Reinigung des politischen Lebens von dem Novembergeist, der damals Wort und Eide brach und bis heute nicht Wort zu hätten gelernt hat! Die Reinigung von dem E r ll u n g s g e i st, der sich im Ausland dem würdelosen Pazifismus unterwirft, aber den nationalen Kreisen mit Ausnahmegesetzen und organisierter Ge- wall entgegentritt. Unsere Partei bleibt wie sie war. Monarchisch und völkisch, christlich und sozial." Ein anderer deutschnationaler Aufruf aus der früheren Zeit erklärte: Jetzt naht der Großkampftag, der über Schwarz- weißrot oder Schwarzrotgelb entscheidet. Wir kämpfen für schwarzweißrot!" Und das Ende des Großkampftages? Die Deutsch - nationalen sind in der Regierung. Sie haben den Eid auf Schwarzrotgold geleistet. Sie haben unter- schriftlich versichert, daß sie nicht mehr das WortSchwarz- rotgelb" gebrauchen wollen. " Man begreift bei dieser Erinnerung, daß sie ver- schiedenen Leuten peinlich ist. Man begreift, warum heute die deutschnatwnale Presse von der Gefahr der Ver- leugnung ihrer Partei redet, während Republikaner von Marx Zurechtweisungen erhalten, wenn sie das- selbe tun. Und man behält das Gefühl, daß die Deutsch- najionalen noch öfter das Gegenteil von dem tun werden, was sie ihren Wählern sagen. Aber daß die übrigen dazu schweigen sollen, das ist doch wohl keine sehr bedachte Zumutung.

Erst üer Zoll, dann der Kaiser! Der käufliche Monarchismus. In derP» m m e r schen Tag esp»st" wird die Zustimmung der Deutschnationalen zu Republikschutzgesetz und Koiserparagraph mit einem Argument verteidigt, das den Vorzug der Ehrlichkeit hat. Es wird die Frage gestellt: was dann, wenn wir abgelehnt hätten, und die Antwort erteilt: Run, dann wären die notwendigen wirtschaftlichen Gesetze, eine Verbesserung des Zollsystems zum Besten der Landwirtschaft unmöglich geworden."- Jesus wurde für 39 Silberlinge vertaust, Wilhelm für ein paar Mark Getreidezoll! Die höchsten monarchistischen Ideal« komm«n ins Rutschen, wenn die Deutschnationalen den Silberblick der Zollstlber» Unge oo« weitem sehen.____

Neue Niederlage des Rechtsblocks. Der Reichsrat erhebt gegen das Jugendschutzgcsetz Einspruch. Der Rechtsblock hat eine neue Niederlage erlitten. Die Der- tretung der Landesregierungen, der Reichsrot, hat gestern mit starker Mehrheit das Gesetzzum Schutz der Jugend bei Lustbarkeiten" abgelehnt und beschlossen, von dem ihm zustehenden Recht de- Einspruchs gegen die Gesetze?verkündung Gebrauch zu machen. Das Gesetz muß also noch einmal dem Reichstag vorgelegt werden, der dann das Gesetz im Sinne der Reichsratsbeschlüsse abändern oder für seinen Standpunkt eine Zweidrittelmehrheit aufbringen muß. Andernfalls tritt das Gesetz nicht in Kraft, es sei denn, daß der Reichspräsident darüber einen Volksentscheid anordnet. Der Rechtsblock hat sich mit seiner überhasteten Kulturgesetzfabri- kation eine neue Niederlage zugezogen. Die ursprünglich noch von Külz verantwortete Vor- löge der Regierung hatte die Billigung des Reichsrats, wie das bei allen Gesetzen ist, die dem Reichstag vorgelegt werden. Nun hat aber der Rechtsblock zwei Aenderungen vorgenommen, die der Reichsrat nicht mitmachen will. Während die erste Fassung des Gesetzes im§ 1 es durch eine sogenannte Kann Vorschrift den Behörden freistellte. Minderjährige von bestimmten Lustbarkeiten, Schaustellungen u. dgl. auszuschließen und ihnen den Besuch zu untersagen, hat die Kutturreaktion an Stelle dieser Ermächtigung ein bindendes Verbot gesetzt. Aus praktischen und finan- ziellen Bedenken lehnt der Reichsrat die Fassung als nahezu undurch- fühlbar ab. Ebens» undurchführbar«mpfindet der Reichsrat die Vor- schrift, die den Jugendlichen bei der Herstellung von Filmausnahmen die Mitwirkung gestattet, bei ernsten Theaterstücken jedoch nicht. Darin sieht der Reichsrat eine Privilegierung des Film- gewerbes zum Nachteil anderer Darbietungen. Der Einspruch des Reichsrats erfolgt mit großer Mehrheit. Dem Rechtsblock ist also attestiert, daß er ein j u r i st i s ch u n- zulängliches Gesetz zustandegebracht hat Das ist eine schöne Zurechtweisung aber sie ist ehrlich verdient, und sie sollte auch den Regierungsfreunden zu denken geben, daß mit reaktionärerTüchtigkeit" allein Gesetze nicht gewacht werden können.

Kundgebung für den Parteitag. Die Kieler Genossen und das Reichsbanner grüßen die Delegierten. Siel, 23. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Di« Kieler Parteigenossen hatten den Parteitag für heute nachmittag zu einer Dampferfahrt nach Eckernförde eingeladen. Was die Delegierten bei dieser Veranstaltung erlebten, wird in ihnen sicher unauslöschbar im Gedächtnis hasten bleiben. Gegen �2 Uhr setzten sich drei, mit roten Fahnen und Wimpeln festlich geschmückte Dampfer in Bewegung. Bei trübem Wetter mit gelegentlichen Regenschauern fuhren sie die-Kieler Förde entlang, um nach etwa zweieinhalbstündiger Fahrt i n Eckernförde anzulangen. Hier wurden sie von den Eckernförder Parteigenossen festlich empfangen. Ein stattlicher Zug setzte sich durch die Stadt in Bewegung. Gegen 7 Uhr abends wurde wieder die Heimfahrt angetreten. Als dl« drei Dampfer in die Kieler Förde«inliefen, bot sich ihnen von beiden Seiten der User«in außerordentlich eindrucks- v olles Bild. Das Reichsbanner hatte die einzelnen Orts- gruppen aufgeboten. Zu vielen Hunderten bildeten sie beideneinzelnenOrtenmitderFackelSpolier. Es flammten bengalisch« Feuer auf, die weithin die Delegierten des Par- teitages begrüßten. Die Reichsbonnerkameraden von Mönckebcrg hatten eine besondere Ueberraschung vorbereitet, indem fi« eine große Pyramide mit Fackelträgern aufstellten, die weithin über dos Wasser zu sehen war. Als die Dampfer schließlich in der Röhe des Aus- flugsort«s Bellevue angelangt waren, erblickten sie am Ufer«inen langen Zug fackeltragender Reichsbannertamero- d e n, die sich nicht zuletzt deshalb tn großer Zahl eingefunden hatten, um den Bundesvorsitzenden H ö r s i n g, der an der Fahrt teilgenom- men hotte, zu begrüßen. Die Fackelträger bildeten dann ein Spalier, durch das die von ihrer kleinen Seefahrt zurückgekehrten Delegierten ihren Weg, von Musik begleitet, nehmen mußten. Ein geselliges Beisammensein schloß die Veranstaltung ab. Die Parteitagsdelegierten hatten, wie kaum auf einem anderen Parteitag, das Gefühl, daß ihnen die gastgebende Stadt keine Festlichkeit geben wollt«, um ihnen damit die Zeit zu oeitreibcn, sondern um damit der Bevölkerung zu zeigen, mit welcher treuen Anhänglichkeit, mit weichem starken Solidaritäts- gefühl die arbeitenden Volksschichten hinter der Sozialdemokratie stehen..,__.*' j