Einzelbild herunterladen
 

Ausschluß aus der Partei bedroht, während Wirth an- kündigt, daß er in diesem Fall und auf alle Fälle die A n- Hänger des Zentrums mobil machen werde. In diesem Ringen ist für den Augenblick Marx der stärkere, weil er die Waffe der P a r t e i d t s z i p l i n in der Hand hat. Gegen ihn aber ficht Wirth mit der Waffe einer Idee, der die Zu- kunft gehört. Marx ist der offizielle Führer der Partei, Wirth ist die stärkere Persönlichkeit. Seine Schwäche hat Marx nicht zum erstenmal bewiesen. Das hat er getan, als er, der Kandidat des Volksblocks bei der letzten Reichspräsidentenwahl, die Führung der Bürger- blockregierung übernahm. Für ihn hat damals Wirth leiden- schaftlich gestritten, und heute kann gesagt werden, daß Marx damals alskleineres UebeT der Arbeiterschaft nur deshalb annehmbar war, weil Wirth hinter ihm stand. Ohne Wirth hätte Marx niemals die Millionenzahl an Stimmen erreicht, die sich damals auf Ihn vereinigt hat. Jetzt stehen die beiden Männer gegeneinander in bitterster Fehde. Warum? Weil Marx den Weg, den er damals ging, verlassen hat, während Wirth sich selber treu geblieben ist. Da liegen die Wurzeln des Konflikts, der durch den Hin- weis auf die Parteidisziplin höchstens formal zu erledigen ist. Diese formale Erledigung kann ihn sachlich nicht beenden. Wirth ist der Worfführcr jener Zentrumswähler, die der Entwicklung, die ihre Partei im Reich genommen hat, fassungs- los gegenüberstehen. Wie groß oder wie klein ihre Zahl ist, läßt sich nicht feststellen, aber sie sind da. Wenn sich auch kein anderer so weit vorwagt wie er, so ist Wirth doch kein Ein- gänger. Weil Marx gegenüber den Deutschnationalen schwach ist, will er gegenüber Wirth stark sein. Er ist bereit, den Freund auf dem Altar des Bürgerblocks zu opfern. Wirth hat die Annahme des Gesetzes zum Schutz der Republik durch die Deuffchnationalen eineGefinnungs- lumperei" genannt. Kann man sich darüber wundem? Wirth war der Kanzler des Zentrums, der dieses Gesetz einbrachte, und es gegen die D e u t s ch n a t i o n a l e n durchsetzte. Er hat es be­gründet mit dem berühmten Wort:Der Feind st e h t rechts!" Er hat als führender Mann des Reiches und als führender Mann des Zentrums all die leidenschaftdurchtvbten Kämpfe erlebt, die diesem Gesetzentwurs vorangingen und seine Gesetzwerdung begleiteten. Wenn er jetzt sieht, daß �ie Geltungsdauer dieses Gesetzes mit den Stimmen der Deutschnationalen verlängert worden ist wen wundert es. daß ein Wort der Verachtung über fein« Lippen gleitet? Und darum will inan ihm jetzt den Prozeß machen? Das erscheint menschlich als ungeheuerlich. Aber politisch ist es nur konsequent. Es ist die Konsequenz der Bürgerblock- Politik. Sie hat ein Zentrum geschaffen, in dem kein Platz mehr ist für einen Wirth! Die Sitzung des Zentrumsvorstandes am Freitag ist in der Tat soweit Hot dieGermania " recht nicht wegen des Falles Marx-Wirth einberufen. Sie sollte sich vielmehr mit den Verhandlungen beschäftigen, die mit der Bayeri- schen Volkspartei wegen eines gemeinsamen Vor- gehens mit dem Ziel der Einigung geführt worden sind. Aber der Fall Marx-Wirth wird sich ganz von selber auf die Tagesordnung drängen, und so wird dieKreuzzettung" recht behalten. Die Sißunq wird nicht so gemächlich verlaufen, wie man dachte, als sie einberufen wurde. Denn jetzt brennt es.

Der Reichslaqsausschuß für Dcamtenanaelegenheiten beichloß bei der dritten Lesung der Reichsdicnststrasordnung entsprechend einem Antrag des Abgeordneten Dr. R o s c n s e l d(Soz.), daß der Angeklagte, wenn er bei der Urteilsverkündung anwesend ist, über die Einlegung des zulässigen Rechtsmittel» und über die Form und Frist der Einlegung des Rechtsmittels und der Begründung belehrt werden muß. Da» Urteil soll schristlich mit Gründen ver» schen niedergelegt werden und die Unterichristen sämtlicher mit- wirkenden Mitglieder der Rcichsdienststraftammer tragen.

Stegerwalö unü öie Sozialdemokratie. Unnötige Besorgnisse. Der frühere Ministerpräsident Preußens und Zentrums- führer S t e g e r w a l d hat in einer vielbeachteten Ver- sammlunosrede in Höxter das Ergebnis des Kieler Partei- tages uno die politische Stellung der Sozialdemokratie einer Kritik unterzogen. Ueber die preußische Regierungstoalition führte er dabei nach derGermania " aus: Sozialdemokratie und Demokraten fühlen sich bis zu den nächsten Wahlen bei dem gegenwärtigen Zustand, bei dem dl« Zentrums- Partei im Reiche die Garantie bietet, daß große außen» und inner- potttische Rückschläge nicht«intreten, während sie sich unterdessen In Preußen behaglich einrichten können, sehr wohl. Aufgabe der preußischen Zentrumsfraktion wird e» sein, diese Behaglichkeit nicht auf Kosten der Gesamt-Zentrumspartei zum sozialistisch- demokratischen Paradies anwachsen zu lassen. Vor einigen Jahren hat die Bayerische Votkspartei erklärt, daß sie sich In Bayern nicht in eine Ltnkskoalition einließe. Do» hat dahin g«> führt, daß die Rechtspartelen fast unausstehlich anspruchsvoll wur­den. In Preußen gibt es Zentrumsleute, die aussprechen, daß sie sich umgekehrt auf keine Rechtskoalition einliehen; da» darf nicht dahin führen, daß die preußische Zentrumspartei zum G«. f a n g e n e n der sozialistisch-demokratischen Koalitionsmehrheit wird. Die foziallstlsch-demokratlsch« Mehrheit de» Preußentabinett» sucht in neuerer Zeit die Reichspolitik auf dem Wege über den Reichsrat mit sachlichen Verbrämungen planmäßig zu durchkreuzen. S a ch- liche Vorwände lassen sich bei Kompromihgesetzen, die alle verwundbare Stellen ausweisin. Immer leicht finden. Hier ist Achtsamkeit angebracht. Die Zcntrumspartei ist nicht dafür da, um im Reiche sozialistische Torheiten einzurenken und sich zum Danke dafür von Preußen her sozialistisch-demokratische Knüppel zwischen die Beine werfen zu lassen. Welchen Eindruck diese» Gegeneinanderreglepen Im Auslande macht, da» für das deutsche Zuviel- und Nebeneinanderregieren ohnehin kein Verständnis aufbringt, und daß mit diesem Schauspiel die Revision des Dawes-PIanes nicht erleichtert wird, liegt auf der Hand. Etegerwald scheint sich schon sehr weit von den Pro- blemen der praktischen Politik Preußens entfernt zu haben; sonst würde er nicht die Sache so darstellen, wie er es tut. Der Preußentag des Zentrums hat jedenfalls gezeigt, daß seine Besorgnisse von seinen engsten Parteifreunden nicht geteilt werden.

Entlarvte Demagogie. Tie reaktionären Angriffe gegen das Reichsbanner in Bayern zusammengebrochen! München , 31. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Di« von den Deutsch - nationalen im Bayerischen Landtag versuchte Jnsamierung des Reichsbanner» hat mit einer schweren Blamage für die Reaktionär« aller Schattierungen, insbesondere für die Deutschnatio- nalen, geendet. Da mit den verleumderischen Angrissen auf das Reichsbanner vor ollem auch die Sozialdemokratie getroffen werden sollte, war für den soziakdemokratischen Redner Dr. Högner aller Anlaß gegeben, mit den deutschnationalen Drahtziehern in Bayern aus das gründlichste abzurechnen. Cr konnte dabei einwandfrei nachweisen, daß die deutschnationalen Führer in ihren söge- nannten vaterländischen Verbänden seit Wochen die schlimmste Bnmnenvergistung getrieben haben, dieselben Leute, die im Jahr« 1922 und 1923 die Millionrnbeträg» de» französischen Obersten Richard zu vaterländischen Zwecken in München verwindet hoben und deren Schützling« von damals und von heute die Devise gegen die Arbeiter ausgegeben haben:Blut muß stießen, Blut und noch- mals Blut!" Die Folge davon war: daß in der kurzen Zeit von sechs Monaren nicht weniger als vier sozialdemokratisch« Arbeiter von rechtsradikalen Gegnern hinge- mordet wurden. Gegen die bayerisch« Regierung erhob Högner den Vorwurf der Schwäch« und der Angst vor dem rechtsradikalen Terror, wodurch aufs neue der Wog für Ereignisse des Jahres 1923 geebnet und die oerfasiungstreue Bevölkerung brutal unter- drückt wurde.

Es war bezeichnend, daß auf die schweren Anklagen von sograt. demokratischer Seit« der verantwortliche Innenminister mit keinem Worte antwortete. Wie ein geschlagener Hund wehrte er sich lodiglich gegen einige schüchterne deukschnationale Bor- würfe wegen Verfagens der Polizei bei dem schworen Zu- sammenstoh; aber auch die Deutschnationalen gaben ihre schwere Abfuhr, die sie erlitten hatten, offen zu. denn sie fanden nicht einmal den Mut, in der Besprechung ihrer Interpellation das Wort zu nehmen, ihre verleumderische und heuchlerische Haltung zu recht- jertigen._

Reichstagung üer /lrbeiterwohlfahrt. Zeitsragc« der Jugendwohlfahrt. kiel . 51. Mal.(Eigener Bericht.) Unter starker Beteiligung au» allen Bezirken de» Reiches sand im Anschluß an den Parteitag in Kiel die Tagung de» Hauptausschusse» für Arbeiierwohlfahrt statt. die sich als Thema die Behandlung der.Lettfragen der Jugendwohlfahrt" gestellt hatte. Als erster Redner sprach der Kieler Bürgermeister Dr. H e i m e- r! ch überIugendwohlsahrt und sozialistische Weltanschauung", Iugendwohlfahrtspslege sei eine Erziehuirgsangelegenheit und daher nicht denkbar ohne weltanschauliche Grundlag«. Er wandte sich gegen die Versuche der katholischenKaritas", der Tätigkeit der Arbeiterwohlfahrt Grenzen ziehen und sie festlegen zu wollen für Personen oyne religiöses Bekenntnis, mit sozialistischer Welianschau- ung. Sogar das Recht, als interkonsefsionclle Organisation ange­sprochen zu werden, wollte man der Arbeiterwohlfahrt versagen. Der preußisch« Wohlsahrtsminister mußte schließlich selbst in einem besonderen Erlaß die Auffassung derKaritas" als abwegig be- zeichnen. Während sich die Sozialdemokratie nie mit Freidenkerlum identifiziert, sondern stets den Grundsatz der Erklärung der Religion zur Privatsache vertreten hat, versuchen die Gegner immer noch mit der Auffassung von der christentumsseindlichen, gottesleugneri- ilben Sozialdemokratie vorzugehen. Der Redner erklärte demgegen- über, die Vertreter der Konsessionen müßten sich daran gewöhnen. daß die Arbeiterwohlfahrt keine Konfession ist, daß die sozio- listische Weltanschauung auf einer anderen Linie liegt. Der Gegen- satz zu den Konfessionen rührt, wie der Redner unterstrich, von ihrer Verbindung mit der kapitalistisch-bürgerlichen Auffassung, von der Tatsach«, daß sich die Kirchen im polltischen Kamps a u f d i e S e i t e der Unterdrücker, der Renktlon stellen. Als das Entschei- den de für die Aufgaben in der Iugendwohlfahrtspslege bezeichnet« er die Erziehung zur gesellschaftlichen Tüchtigkeit, die Bildung eine» neuen Blenschcatyps durch geistige Loslösung des Kindes au» der alten Welt des Kaplta- lismu». Dieser Kamps werde sich vor allem auf dem Gebiete der Schul« abspielen. Daneben gelte es, eigen« Heime und Anstalten zu errichten. Der Redner schloß seine Ausführungen mit der Frag« an die Konsessionen: Wie steht ihr zum Sozialismus? Er schloß unter'stürmischem Beifall, indem er dem Wunsche Ausdruck gab, daß im Kampf für eine neue Kultur, für die Wohlfahrt aller in einer tlasienlosen Gesellschaft aus den Gegnern von heute An« Hänger vor mongen werden. Um da» Einverständnis mit den grundsätzlichen Ausführungen des Redners zum Ausdruck zu bringen, wurde von einer Aussprach« obgesehen. Darauf sprach Genossin Regicrungsrat Dr. Spindler- Wiesboden überGrenzen der Familienfürsorge tn derIugendfürsorge. Fürsorge, so erklärte die Rednerin, sei nicht Selbstzweck. Ihre Ausgabe sei vielmehr, sich selbst überflüssig zumachen. Einstweilen könnte allerdings weder die behördlich« noch die private Fürsorge entbehrt werden. Maß- gebend für die Fürsorgetätigkeit sei, ob sie die Fürsorgerinnen aus kapitalistischer oder sozialistischer Weltanschauung leisten. Die best« Grundlage sei die Familienfürsoroe, da» Ziel der idealen Fürsorge. Demgegenüber sei die Spezialfursorge aus ein Mindestmaß zu beschränken. In der Duqendsürsorg? kreuzen und verbinden sich geiundhellllchc, wlrtschaslllche und Erzlehuugssür- Sorgen. Insolgedefsen gehören Säuglings- und Kleinkinderfürsorg». Zslegekinderaussicht. Schulpfleg« und Erholunasfürsorgc in die Hand der Familiensürsovgerin, wobei da» Schwergewicht auf die gesund- heitlickie Fürsorge zu legen ist. Eine Ergänzung bedürfe die«inbeit- liche Fürsorge in Einzelfällen der Gesundheitsfürsorge(chronisch« Tuberkulose, Trinkersüffonge. Geschlechtskrankenfürsorge). In der Gefährdetenfürsorge ist die Ergänzung regelmäßig eine Notwcndiq- keit. Schutzaufsicht. Poilzeiftirsorge, Pslegeamtsarbeii, Jugend- gerichtshilfe usw. ist durch F a ch h i l f e zu ergänzen. Die Rednenrt faßte ihre Ausführungen dahin zusammen: Gute und beste Arbeit

Das Werk See öuchkünftler. Internationale Luchkunstausstellung Leipzig 1K?7. Am Sonnabend fand in Leipzig die Eröffnung der vom Verein Deutscher Buchkllnsiler in Gemeinschaft mit den Künstlervcrbünden von zwanzig Nationen organisierten Ausstellung moderner Buch- tunst statt. Der Präsident der Ausstellung, Professor Hugo Steiner , Prag, betonte in seiner Eröffnungsansprache die verbindende Kraft, die im gemeinsamen Wirken der internationalen Künstlerorganisationen zwischen den Kulturvölkern der Welt wirtsam werde, und gab mit wannen Worten seinem Danke an die werktätigen Männer an Setzkasten, Druckpresse und Buchbinderlade Auedruck, mit denen die Künstlerschaft in unzertrennbarer Arbeitsgemeinschaft voll gegen- seitigen Verständnisses wirkt. Nach den Begrüßungsreden der Regierungsvertreter und einem Bortrage Gerhart Hauptmanns , der gemeinsam mit Adolf von Harnack und Max Liebermann das Protektorat der Ausstellung führt, sand ein Rundgang durch die in den Räumen de» Städtischen Museums aufgestellte Sammlung statt. In mehr als 40 Räumen haben rund 1190 Künstler, nach Nationen geordnet, ihre Werte ausgestellt. Eingangs empfängt den Besucher die von Karl Hobrecker zusammengestellte Sammlung Das Kinderbuch aller Völker". Schon hier wird, ebenso wie in fast allen anderen Teilen der Ausstellung, es klar effichtlich, daß dem internationalen Kunstschaffen mehr gemeinsames al» unter- scheidendes anhaftet. Besonders wichtig sind hier die Arbeiten S l« v o g t s sowie die Werke der russischen Buchkunst, die als Nutznießer einer voraussctzungslos neugeschaffenen Kultur mit absolut neuartigen Mitteln um die Wirkung ringen kann. Die an­schließenden Räume bergen Zusamenstellungen deutschen Schaffen«. Keiner der großen Buchkünstler wird hier vermißt. Marcus Behmer , E. R. Weih. F. H. Ehmke, Walter T i e m a n n, S-t e I n e r, Prag . Georg M a t h y sind mit Kollektivausstellungen vertreten. Ein Hauptsaal ist den Werken Gerhart Haupt- mann» gewidmet, während die Wände Porträts und Karikaturen auf ihn zieren. Daß auch die Ehrenzeichen des Dichters als Mittel- punkt der Sammlung Aufftellung finden durften, scheint etwas zu- viel des Guten. Erfrischend ist es deshalb, im nächsten Räume Rudolf Kochs tief im Handwerklichen verwurzelte Kunst begrüßen zu können. Was hier von ihm und seinen Schülern in inniger Hingabe an daS Objekt geleistet worden ist, hat Anspruch auf vollst« Beachtung. Die bibliophile Sammlung Dr. Klingspors bietet sich hier in der engen Auswohl des beschränkten Raumes al» eine Zusammen- stellung kostbarer Bucheinbände, zu der fast jeder unserer bedeutenden Eülkxmdmeister seinen Teil beigesteuert hat.

Sind diese Wunderwerk» der Einbandkunst naturgemäß nur wenigen Begüterten zugänglich, so daß die allgemein-kulturelle Be- deutung dieser Schöpfungen nur in ihrem Wirken als Vorbild ge- sehen werden darf, so ist mit Freude festzustellen, daß die beiden anderen Tätigkeitsgebiet« de» Buchkünstler«, I l l u st r a t i o n und S a tz g e st a l t u n g, sich in verstärktem Maß« dem Wirken auf «ine breitere Oeffentlichteit, der Tätigkeit für das Gebrauchsbuch zugewendet haben.Dem würdigen Buche die würdige Form!" ist heute eine Parole, die vom bibliophilen Luxusdruck ausgehend schon bi» zum Reklamehest und Inselbuch vorgedrungen«st. Dem- entsprechend ist die gewählte Illustrationetechnit Mit Rücksicht aus die Vervielfältigungsmöglichkeit meistens der Holzschnitt, dessen Meister wir wohl in M a s e r e e l erblicken können. Bezeichnend ist es, daß die anderen Künstler, die mit ihm in der Belgischen Abteilung oereint auegestellt sind, alle Bedeutendes auszuweisen haben. England zeigt sich al« bewährter Hüter alter Tradition. Wesent- lich ist seine Kollektivausstellung des Werkes von Charles R i q u e t t s. Polen, Ungarn , Holland , Rußland , Oesterreich, die Schweiz und die nordischen Staaten, Spanien , Italien , selbst Japan und Amerika haben die Spitzenleistungen ihres Könnens nach Leipzig gesandt. In Anlehnung an die 1914 veranstaltete Luchkunstausstellung ist hier nur das Schaffen der Zwischenzeit vcrsammcll worden. Es ist erfreulich, daß auch w diesen Schöpfungen sturmbewegter Jahre vieles enthalten ist, wo» würdig erscheint, in die Reihe klassischen. Kunstschaffens aufgenommen zu werden. Bedeutungsvoll als Vorbildersammlung für da» graphische Gewerbe verdient diese Ausstellung die Beachtung aller kulturell interefsterien Kreise. Das bisher so in der Ausbildung vernach- lässtgie Aug« gewinnt allmählich für den modernen Menschen er- höhte Bedeutung. Wie es unserem Ohr angenehm wird, sich Dichtungen mit einer schrill tönenden Stimme vortragen zu lassen, so reagiert unser Auge widerwillig aus ein in häßlichen und un- passenden Typen gedrucktes Werk. Die Erziehung breiter Massen zu kulturbewußten Lesern ver­langt die Beherrschung der Formen moderner Buchkunst auch bei all denen, die derartigeAeußerlichkeiten" mit einem leichten Achselzucken glauben abtun zu können. Hermann Meyer.

Staalsaper:»Ver Troubadour". Der.Troubadour " ist unter den Werken Verdis, die Weltruhm haben, wohl das un- erträglichste. Die Schwungkraft der Melodie bleibt äußerlich zwar zu bewundern, und das Temperament, das den Stimmen anvertraut scheint, reißt das Ohr mit. Auf der Streck« aber bleibt ein un- wahres, ganz verlogenes, ganz unglaubwürdiges Theaterstück der Zusäll«. der Geheimnisse, der Irrtümer. Selbst das Problem der Mutterliebe wird mit schiesen psychologischen Mitteln ongesaßt, und das Anreißerische im Gesühlsproduzieren macht auch den Eisersuchts- kämpf um Leonore zur Farce. Wenn in der S t a a t» o p e r von diesem an Moritaten reichen Bilderbuch ein starker Eindruck ans-

ging, so ist das vor allem ein Erfolg des Kapellmeister» Blech. der mit unerhörter Sicherheit das Werk beherrschte und zusammen- riß, der einem italienischen Urrhyihmus Leben gab, der die Solisten auf Schönheit und Einheit der Stimmen hin erzog. Auch H ö r t h, der Regisseur, hatte die Wirkung ins Künstlerische gehoben. Zwar wurde die Treppen- und Balkonsituation dem Gesungenen gefährlich, aber das Zigeunerlager, das Ruhen und Bewegen der Soldateska. das Spiel der Dunkelheit mit dem Licht, die silhoueitenhasic Zeich­nung d«r Massen, die hochgereckte Ausnutzung des Raumes in den klaren Dispositionen der Pirchanschen Dekoration zeigte gerade das Gegenteil vom Anreißerischen der Theatralik. Ein Zwiespalt zwischen Gewolltem und Gekonnten offenbarte sich dennoch auf der Bühne. Maria Remeth ist eine rassig« leidenschaftliche Leonore mit einem in der Sterbeszene elementar aufbrausenden Tempera- ment, doch ist die Enge und die Schärse ihre» Soprans aller Liebes- lyrik zuwider, und ihr Kampf gegen Rhythmus und Synkopierungen ist verwirrend. P a t t i e r a. übermüdet oder aus gesanglichem Irr» weg, braucht seinen ganzen Muskelapporat, um hohen und höchsten Tönen Schmelz zu verleihen. Spielerisch bleibt er in einer un- erlebten, gut vorbereiteten Attitüde stecken. Karin Branzels tief sonorer Alt hat sich gewandelt. Auch hier ein Hauch von amerikanischer Ileberanftrengling, der aber in großartiger Gest« und visionärer Leidenschaft verschwindet. Schlußnus singt schöner denn je, und es wächst auch sein Mut zur persönlichen Darstellung. Hier war kein Makel. Die R ü d e l s ch e n Chöre gaben dem Düsteren und dem Asfektbetonten beste Basis. So wurde immer wieder die Stimmung hochgerissen, und oftmals schwelgte man in den seligsten Gefilden einer Klangorgi«, an der das Orchester nicht den letzten Anteil hatte. K. S. Filmarchiv und Filmbibliolhet. Die Filmentwicklung geht immer noch mir solcher Debemenz vor sich, daß sie keine Zeit hat, rückwärts zu schauen, sich zu überschauen und zu sammeln. Selbst die wichtigsten Urkunden des Films, die Filme selbst, lverden nicht sorgsam bewahrt und aufgehoben. Hier herrscht noch«in Stück der modernen Barbarei, die dem ganzen Film ursprünglich anhasteie. Da ist es dankbar zu begrüßen, daß der Verlag derLichtbild- Bühne"(Berlin , Friedrichstr. 225) eine wohlgeordnete Bibliothek und ein Filmarchiv aufgestellt hat, das allen Interessenten zur Ver- fügung steht. 1357 Bände zählt die Fachbibliothef, die in 13 Grup­pen eingeteilt Ist(darunter eine der ungednickien Dissertationen). Daneben werden 172 Fachorgane der ganzen Welt ausbewahrt. Ein Filmphoto- Archiv weist bereits LOWE Photos aus den wichtigsten Filmen«ms, alle hervorragenden Persönlichkeiten des Films ssnd weiter darin vertreten. Eine im Werden begriffene Kartothek wird alle Personalien sammeln. Das älteste Meteor. Wie m der letzten Sitzung der Pariser Akademie der Wissenschaft mitgeteilt wurde, wird demnächst im Naiurgeschichtlichcn Mussum von Paris ein riesiger Meteorstein auf- gestellt werden, der aus der Tamentil-Oase in der Wüste Tuat stammt. Dieser Meteorstein läßt sich noch authentischen Zeugnissen bis ins 14. Jahrhundert zurückdatieren und ist demnach das älteste bekannte Meteor. Da die Eingeborenen ihm übernatürliche Kräfte zuschreiben, war sein« Erwerbung mit großen Schwierigkeiten verknüpft.