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sein Werk ,, bis zur Stunde von vielen Kreisen unseres Volkes noch nicht genügend erkannt und gewürdigt worden. Und doch war Kolping einer der Größten des ver gangenen Jahrhunderts! Er lebt in seinem Werke fort und die katholischen Gesellenvereine in allen Weltstädten und Weltteilen fünden seinen Ruhm."

Das ist der Rückfall in eine Schwäche, über die, wie die Haltung der Westdeutschen Arbeiter- Zeitung" im Falle Ketteler zeigt, die katholischen Arbeiter sich mit Erfolg hinaus­zuwachsen bemühen. So gewaltig steht's mit dem Berdienst und dem Ruhm des Gesellenvaters nun doch nicht. Kolping hatte als Handwerksgeselle das Elend der Wanderburschen, namentlich die Gefahren und Schäden gesundheitlicher und fittlicher Art in den damaligen Herbergen, Bennen und sonsti­gen Unterkünften kennen gelernt. Geistlicher geworden, ge= dachte er seiner Brüder auf der Landstraße und widmete sich, nachdem in Elberfeld   der erste Gesellenverein, ohne Mit­wirtung Kolpings, entstanden war, von Köln   aus der weiteren Verbreitung dieser Vereine und insbesondere der Errichtung von Gesellenhäusern, die gewiß in der damaligen Zeit ihr Gutes hatten, weil sie einen, wenn auch nur geringen Teil der Arbeiter eine gute und billige Gelegenheit zur Unter­funft auf der Wanderung und zur Erholung unter Gleich gesinnten verschafften. Das war gewiß ein verdienstliches Wert, und Kolping war dabei erfolgreicher, als Bischof Ketteler mit seinen Arbeiterproduktivassoziationen, die der Mainzer   Bischof errichten wollte: ohne Staatshilfe, nur mit Mitteln, die die christliche Liebe" gewährt, und auch nicht für jedereinen, sondern nur brave christliche Arbeiter" follten aufgenommen und nur die fittlich braven" unter ihnen am Gewinn beteiligt werden. Der Gedanke ist nicht über den Satzungsentwurf hinausgekommen. Vater Kolpings Werk hat demgegenüber in den 400 Gesellenhäusern, die es heute gibt, einen sichtbaren Erfolg aufzuweisen, und an diesem praktischen Ergebnis gemeffen, steht Rolping über Ketteler. Im übrigen war, ist und bleibt der Gesellenverein ein Veilchen, das im Verborgenen blüht, und das gepflanzt und gehegt zu haben wahrhaftig nicht zum Anspruch auf den Titel eines der Größten des vergangenen Jahrhunderts" berechtigt.

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Natürlich sehlt es in den Aeußerungen der fatholischen Breffe nicht an Hindeutungen auf die Sozialdemokratie. Säßchen wie bei André: ,, Karl Marr hat gewaltige Massen­bewegungen ausgelöst und trotzdem steht heute sein System und mit ihm der Sozialismus als Versager da," und pro­phetische Anwandlungen der Westdeutschen Arbeiter- Bei­tung" hinsichtlich der Frage, wem die Zukunft gehöre: der ,, revolutionären Sozialdemokratie" oder dem christlich­fonservativen" Ketteler wollen wir abtun mit dem Hin­weis auf ein Säßchen, das Kaplan Kremer in seinem Bei­trage in dem M.- Gladbacher Blatt spendet: Seitdem der große soziale Bischof im Jahre 1877 ins Grab sant, hat der Sozialismus einen un aufhaltsamen Siegeszug angetreten." Das genügt uns!

Rheinisches Zentrum zum Konflikt. ,, Keine Märtyrerkrone zu Schleuderpreisen." Zu dem Konflikt im 3entrum, der durch den Briefwechsel zwischen Marr und Wirth entstanden ist, schreibt das führende Organ des rheinischen Zentrums, die Köl­nische Volkszeitung":

Mit einer etwas auffälligen Sorge betrachten die anderen Parteien die Stellung des Herrn Wirth zur Zentrumspartei  . Die Sorge um diese Stellung fönnen sie ruhig der 3entrumspartei überlassen, in der man ohne fonderliche Aufregung die. Abwicklung der neuen Affäre Birth abwartet. Kein Mensch in der Zentrumspartei   regt sich über die besondere Haltung des Abg. Wirth gegenüber der Reichsregierung auf, der dieser Abgeordnete von An­

Bilder vom Krieg.

Von Hermann Schüßinger.

In Berlin   hat sich dieser Tage mitten im Geschäftsviertel des Westens eine Ausstellung mit dem stolzen Titel Der deutsche Frontkämpfer" aufgetan, die eine Sammlung von Bilddoku menten des. Weltkrieges" verheißt. Nach dem Gesetz der Trägheit wird das neue nationale" Unternehmen in furzer Zeit seine Filia­len in der Provinz errichten und den neuesten Trick der geistigen " Wehrhaftmachung" nach dem Verbrauch der Fridericus"- und der Weltkrieg"-Filme dort heimisch machen. Darum beizeiten ein fräf­

tiges Wort gegen die Verkitschung des Weltkriegs durch Kriegs­retouchen und Salonschüßengrabenklegerei!

Wenn man mit einiger Lebensgefahr den Straßendamm an der Gedächtniskirche überquert, um zum 300 zu gelangen, steht man vor dem buntbewimpelten Portal V, das den Bilddokumenten" gewidmet ist, sieht ein Schock Fahnen, unter denen das Reichsbanner durch Abwesenheit glänzt, und entdeckt endlich an der schwarzweiß roten Giebelfläche eine kleine schwarzrotgoldene Gösch, die so winzig ist, daß ihr Flächeninhalt zwischen der Größe eines Taschentuchs und einem Zehnmartschein zu liegen scheint.

Im Zeichen dieser winzigen Gösch, des Feigenblatts für Hugen­bergs Kriegshetze im Kunstausstellungsformat, steht mun das ganze Bilddokumentenpanoptikum. Aber erst beim Verlassen der Halle übersieht man sämtliche Hintergründe der neuesten Frontkämpfer". Attraktion: Der Kyffhäuserbund" der unentwegten Kriegerverein. ler, dessen Propagandatempel ganz versteckt hinten in der Ecke steht, tut sich mit dem fattsam bekannten Potsdamer Reichsarchiv  ", der Marineleitung" des Reichswehrministeriums und etlichen von der Bertitschung des Weltkrieges lebenden Kunstmalern zusammen und arrangiert eine Art Kunstausstellung mit dem Motivo: Zurück zum Militärstaat und zur Schüßengrabenherrlichkeit!

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Das macht man folgendermaßen: Das Reichsarchiv   liefert das photographische Bildmaterial". Das Reichswehrministerium stiftet etliche, unter Glasstürzen stehende Schiffsmodellchen dazu. Aeroflub" leiht einige Flugzeugmodelle aus. Den Rest schafft ein Dugend Kriegsmaler" aus den verstaubten Kriegsmappen heran. Und dann läßt man eine Orgie blutrünstiger Farbenklere auf den Beschauer los.

Bunächst der Kitsch! Er sieht folgendermaßen aus: Blaurote Farbentupfen in Essig und Del. Ein tolles Gewirr von Armen, Beinen, Gewehren, Bäumen. Darunter: Erstürmung der franzö­fischen Schützengräben bei Bailly durch das 24. Infan­terieregiment. Kommandeur Prinz von Buchau. Die Franzosen wurden am Flußabhang samt und sonders niedergemacht. 3weitens: Einnahme des Schlosses." Ein piffeines Louis- Seize  - Zimmer. Ein Rudel deutscher Soldaten steht schuß bereit vor einer Franzosenleiche, die sich am Boden in ihrem Blute wälzt. Links Feuersbrunft. Rechts der Dampf der abgeschoffenen Gewehre. Fehlt nur noch die besiegte Gräfin, die den Eroberer"

mit offenen Armen empfängt.

Drittens: Die Schüßengrabenidylle. Der Muschkote steht, ein Dugend Weinflaschen und fünf Bigarrenfisten unter dem Arm, vor seinem Leutnant ftramm und meldet: Mehr war nicht da, Herr Leutnant!"

fang an Mißtrauen befundet hat. Schließlich ist es auch das gute Recht des Herrn Wirth, einem Menschen oder einer Partei oder einer Regierung seine Sympathie vorzuenthalten. Die Form, in der dies bei ihm zum Ausdruck fommt, ist bei ihm immer etwas temperamentvoll und liegt immer abfeits vom üblichen Gleife. Daran und an noch einiges andere hat man sich in der Zentrumspartei  gewöhnt. Ein Unterschied nur gegen früher war festzustellen. Es gab eine Zeit, da die besondere Art des Herrn Wirth, Politik zu machen, für viele außerordentlichen Reiz hatte. Dies ist nun wirklich nicht mehr der Fall und so dürfen alle jene, die mit hochgezogenen Augenbrauen und voll Sensationsluft den neuen Fall Wirth betrachten, schnell erfahren, daß in den Reihen der Zentrums­ partei  Luft besteht, eine Märtyrertrone zu Schleuderpreisen abzugeben.

keine

Wir tennen die Tage nicht, zu der die Zentrumspartei  heute Märtyrerkronen verleiht. Das Interesse des Volks außerhalb des Zentrums am Fall Wirth wird jedenfalls mit derartigen wißig sein wollenden Bemerkungen nicht be­schwichtigt werden. Die republikanischen Volksmassen inner­halb und außerhalb des Zentrums wissen, daß Wirth mit einem Leibe in die Bresche gefprungen ist, als putschisti­fcher Mordwahn die Regierung des Reiches unmöglich machen wollte. Niemand aus diesen Kreisen wird es je vergessen, was Josef Wirth   nach der Ermordung Rathenaus für den deutschen   Boltsstaat getan hat. Die Erinnerung daran hätte auch das Zentrumsblatt davon abhalten sollen, höhnisch von einer Märtyrerfrone" für ihn zu sprechen.

Ein vergessener Brief.

Obwohl bekannt ist, daß der Reichstanzler Marr an sein Vor­leben und an das seiner neuen Koalitionsfreunde nicht gern erinnert sein will, läßt sich doch eine Reminiszenz nicht unterdrücken. Es war Mitte April 1925. Für die endgültige Wahl des Reichspräsi­ denten   war der damalige preußische Ministerpräsident Marg als Kandidat der Republikaner   aufgestellt. Das Zen­trum saß mit den Deutschnationalen in der Reichsregie­seffel für die späteren Rechtsblockminister vorwärmten. Reichskanzler war Dr. Luther. Längst ehe der Wahlkampf auf dem Höhepunkt an­gelangt war, wo schließlich die Hize des Gefechts manches entschuld­bar macht, schrieb die Kreuzzeitung  ", das Organ des Grafen Westarp, die folgenden lichtvollen Zeilen:

rung, wo damals die Herren Schiele und Neuhaus die Minister­

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Herr Marr, der Nuhnießer des widerlichen Kuhhandels zwischen Zentrum und Sozialdemokratie, ist Reichstanzler gewesen und hat verjagt, ist preußischer Ministerpräsi dent und hat sich blamiert. Er hat sich so blamiert, daß er eigentlich für immer abgetan sein sollte. Herr Marg hat sich wählen lassen und hat die Wahl angenommen, hat ein Kabinett gebildet und ist mit schönen Reden von Stetigkeit der Verwaltung vor Staatsrat und Landtag getreten, ohne auch nur eine Minute lang die Absicht zu haben, das Amt ernsthaft zu führen. Größere Gewiffenlosigkeit ist nicht denkbar! Wilhelm Marg übertrifft alle republikanischen Barteiführer an innerer unwahrhaftigteit. Die Herren Braun und Marg gehören auf eine Platte mit der Unterschrift: Eine Hand wäscht die andere." Seitlich würden sich Sinnbilder der Heuchelei und Lüge und oben rote Fahnen und Davidsstern gut ausnehmen, für das Kreuz aber wäre auf dem Doppelbild ein Blaz

Herr

So schrieb das Organ des deutschnationalen Parteiführers Westarp. Uns ist nicht befannt, daß es dafür von dem Reichs­tanzler Dr. Luther zur Ordnung gerufen worden wäre. niemand hat an die Parteileitung der Deutschnationalen einen Brief gerichtet. 1 m

Heute schreibt derselbe Wilhelm Marg Briefe und Beschwerden im Auftrage derfelben Deutschnationalen, die ihn damals mit Dred beworfen, gegen Republikaner  , die das mals zu ihm standen.

Die Zeiten ändern sich eben, und die Menschen mit ihnen. Aber Marg und seine heutigen Freunde irren, wenn sie glauben, daß diefer Wechsel der Fronten und der Gesinnungen im Lande nicht ver­standen wird.

Nach dem Kitsch die Schönfärberei: Burgen und Städte brennen. Fahnen wehen. Kosaten reiten. Flattanonen schießen. Scheinwerfer leuchten. Motorgeschüße recken die Mäuler. Minen werfer schmeißen. Batterien galoppieren. Batterien galoppieren. Estadrons attackieren.

Ein Bild: Räumung von Mey." Im Nebel der Dom. Ein Strom voll grüner Kleckse soll wohl die rückmarschierende In­fanterie bedeuten, etliche schwarze Balken die aus Meg längst ab­fervierten Festungsgeschütze. Nervosität zittert in dicken Schwaden um die Kathedrale herum. Jedes militärische Greenhorn denkt fich: Wie romantisch muß doch so eine Räumung sein!

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Oder: Beisetzung des Feldmarschalls von der Golz in Konstantinopel  ." Menschen, Pferde, Wagen, Schwadronen, Batterien, Minaretts, Moscheen. Fehlen nur noch Elefanten und Kamele!

Zum Schluß überkommt den, der das wahre Gesicht des Krieges fennt, ein unüberwindlicher Efel.

Gewiß: Es gibt ein paar Bilder, die sind in ihrer Auffassung nicht fitschig- verlogen wie die Masse der Ausstellungsobjekte. Da hat Bertold Ehrenwerth zwei Verwundete gemalt, die hocken mit verbundenen Köpfen beisammen und lehnen sich aneinander, damit fie nicht kraftlos zu Boden fallen. Einen sterbenden Russen"! Der reckt seinen Hals steif vor Schmerz zum Himmel auf und aus feinen erlöschenden Augen flackert ein wilder Jammer hervor. Eine Szene: Todesnachricht"! Die Mutter empfängt mit Sohn und Tochter die Nachricht vom Tod des Vaters. Die Kinder decken die Hände vor die Gesichter und fallen in ie Knie. Die Mutter aber schreit. Schreit! Schreit, fit im Stuhl wie festgenagelt und daß die ganze Ausstellung erzittert samt ihrer Frontsoldaten" Klererei!

Das eine Bild schlägt der ganzen Ausstellung ins Gesicht! Man sollte Otto Dixens Ruhende Kompagnie" aus seinem Radierwerf " Der Krieg" daneben hängen: Ein Häuflein vor Ermattung und Seelennot zusammengebrochener Soldaten, voll Schlamm und Blut, den Rücken vom Tornister zerquält, die Augen zum Himmel ge richtet. Und über ihnen wie eine riesige Wand die Nacht Ehrenwerts schreiende Mutter und Direns sterbende Kompagnie nebeneinander und der Kyffhäuserbund" fann stempeln

gehen!

Das Jubiläum der Kunstakademie in Kaffel. Aus Anlaß des 150jährigen Jubiläums der Staatlichen Akademie der bildenden Künste   in Kaffel fand Mittwoch vormittag in der Aula der Kunstakademie ein Festakt statt. Die Festrede hielt der Direktor der Akademie, Professor Witte. Sodann sprach der preußische Kultusminister Be der. Er gedachte zunächst der großen Bergangenheit der Akademie und der Raffeler Künstlerfamilien: der Architekten du Ry, der Malerbynastie der Tischbein, der älteren und jüngeren Glieder der Bildhauerfamilie Nahl. Hierauf ging er auf das historische und kunstpolitische Pro­blem der Akademien überhaupt ein. Die Akademien vor unfruchtbarer Isolierung dem Leben gegenüber zu bewahren, fie in den Zusammenhang der neuen pädagogischen Ideen und Reformen zu ziehen, darin sieht die Kunstverwaltung ihre Pflicht. Unsere Kunstakademien werden Daseinsberechtigung haben, wenn sie den Ruf des Lebens vor ihren Türen nicht überhören sie werden den Künstler von morgen nur bilden, wenn sie dem Menschen von heute dienen,

Alldeutsche Ohrfeigen.

Für die deutschnationalen Pazifisten.

Die Deutsche Zeitung" veröffentlicht eine Zuschrift aus Reval  : Eine Gruppe deutscher   Gelehrter kommt nach Lettland  , um Vorträge halten. Prof. zu Führer: Zentrumsabgeordneter Schreiber. Deshalb Protest. Zwar habe man im vorigen Jahre von der Gelehrtengruppe des Herrn Prof. Schreiber sehr interessante Dinge zu hören bekommen, aber trotzdem: Protest! Ein guter Deutschstämmling aus dem Baltenlande sete sich nun einmal nicht an einen Tisch mit Demokraten, Pazifisten und ähnlichem Gelichter, Zu der Gelehrtengruppe wird diesmal Prof. Hoesch ge hören. Prof. Hoeksch hat das Glüd, Mitglied der deutschs nationalen Reichstagsfraktion zu sein. Ganz etwas anderes also als so ein pazifistisch verseuchter Zentrumsjünger. Und fo fährt denn die Zuschrift aus Reval   mit einer Freudenträne im Auge fort... Aber nein, die Freudenträne bleibt aus, die Stirn gerunzelt und Herr Hoeksch bekommt folgendes ausgewischt:

Wir wissen aber, daß er einst ein fanatischer Freund Rußlands  und deshalb uns Balten nicht freundlich gesinnt war. Es ist uns bekannt, daß er auch den anderen deutschen  Minderheiten nicht wohlwollend gegenübersteht und daß er deshalb z. B. von den Sudetendeutschen   abgelehnt wird. Wir wissen aus seiner schriftstellerischen und parlamentarischen Tätigkeit, daß er in der deutschen   Politik Wege geht, die wir be­dauern und daß er ein Anhänger von Dawes, Locarno  und Genf   ist.

Ergo: auch Herr Hoesch ist unser Feind, seine Teilnahme eine Attrappe, eine Täuschung der weniger Unterrichteten. Stoß feufzer aus tieffter Seele:

Gibt es wirklich im heutigen Deutschland  , auch unter einer deutschnationalen Regierung, feine Hoffnung auf eine wahrhaft nationale Behandlung der Angelegenheiten der deutschen   Minderheiten im Auslande?

Die Herren Deutschstämmlinge aus dem Baltenlande können lange warten. Die Deutschnationalen sind heute alle Hoezsche. Ist ihnen schon des Kaisers Bart um einen Schutzoll feil, so werden sie sich um der lieben Vettern aus Dingsda willen ficherlich nicht in Unkosten stürzen.

Beratung der Reichsdienststrafordnung. Der Bürgerblock für weitere Verschlechterungen. In der fortgesetzten Beratung des 14. Reichstagsausschusses über die Reichsdienst strafordnung bestand die übliche Berschlechterung darin, daß die Regierungsparteien im§ 59 aus der Muß- Vorschrift über die Anhörung des Beschuldigten vor der Bereidigung von Zeugen und Sachverständigen eine Soll­vorschrift machen. Ferner lehnten sie den Antrag des Genossen Dr. Rosenfeld ab, den§ 245 der Strafprozeßordnung auch im Dienststrafverfahren für anwendbar zu erklären. Dieser Paragraph, den Genosse Dr. Rosenfeld sehr richtig das Fundamentalrecht Jeder Verteidigung nannte, bestimmt, daß in der Hauptver handlung auch Zeugen und Sachverständige ver nommen und Beweismittel zugelassen werden müssen, die erst während der Verhandlung herbeigeholt worden find. Dies Recht hat man den Beamten verweigert. Dagegen wurde entsprechend einem Antrage Dr. Rosenfelds der§ 239 der Strafprozeßordnung( Kreuzverhör) für das Dienftstrafverfahren zu gelassen. Auch gelang es dem Genossen Dr. Rosenfeld, die unmög liche Bestimmung zu beseitigen, nach der auch dem Verteidiger die Bulaffung zur Hauptverhandlung verweigert werden konnte, wenn der Beschuldigte es ablehnte, persönlich vor dem Dienſtſtrafgericht it zu erscheinen. Ein anderer fozialdemokratischer Borstoß, die Wieder aufnahme eines Verfahrens auch zuzulassen, wenn das Urteil nur m auf Geldstrafe lautet und den unschuldig verurteilten Beamten zu entschädigen, hatte feinen Erfolg. Es ist anzunehmen, daß die Ausschußberatungen heute zu Ende gehen.

Ein Generalffabschef hingerichtet. In Kowno   ist der frühere Generalstabschef Aleschtschinski hingerichtet worden. Er soll vom Jahre 1925 an dem russischen Gesandten Militärgeheimnisse verkauft haben. Ein Gnadengesuch hatte der Staatspräsident abgelehnt.

Mittags folgte die Eröffnung der Jubiläumsausstellung der Kunstakademie im Orangerieschloß  . Sie gibt neben einer rüd­schauenden Abteilung Kaffeler Künstler einen Ueberblick über das gesamte deutsche   Kunstschaffen der Gegenwart.

Der deutsche   Sprachatlas. Nach langer Vorbereitungsarbeit gibt die Marburger   Bentraistelle für den Sprachatlas des Deutschen Reiches und deutsche   Mundartenforschung jetzt in der Elwertschen Berlagsbuchhandlung die erste Lieferung des Sprachatlas heraus. Jährlich sind zwei Lieferungen vorgesehen. Luxemburg   ist in diese dialektgeographische Aufnahme Deutschlands   mit einbezogen; auf verschiedenen anderen Gebieten des Auslandsdeutschtums wird eben­falls nach den Marburger   Grundsägen gearbeitet. Als Grundlage für die Benußung und Interpretation der Karten find gleichzeitig Deutsche Sprachlandschaften" von den Assistenten an der Zentral stelle, Prof. Rurt Wagner, im Drud. Das wissenschaftliche Ergebnis der Forschungen sieht deren Leiter, Prof. Ferd. Wrede, in der Er­tenntnis, daß die Lautgesetze, die man einst für ausnahmslos geltend angesehen hat, nur Arbeitshypothesen nach naturwissenschaftlichem Vorbild find. Oft bilden sich Sprachformen durch zusammentreffende Einwirkungen der Nachbargebiete, andere werden fertig übernommen. Maßgebend sind vor allem historische, besonders Verkehrsverhältnisse. Nicht naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeit, sondern die Buntheit des geschichtlichen Lebens entscheidet über die Veränderungen der Mund­

arten.

Ein neuer Fernsehverfuch geglückt. Nachdem in Amerika   vor einiger Zeit ein teilweise geglückter Versuch unternommen worden ist, das sogenannte Fernsehen zu ermöglichen, hat man ein ähn liches Experiment foeben mit bestem Erfolg auch in England durch geführt. Der Ingenieur Baird hat einen Apparat fonstruiert, der mun nicht drahtlos, sondern durch Drahtleitung funktioniert und auf zwei verschiedenen Leitungen die Stimme und das Bild eines Menschen überträgt. Der Versuch wurde zunächst zwischen Lona don und Glasgow   ausgeführt. Sehen Sie mich?" fragte Baird, der vor seinem Apparat in London   stand, nachdem man die Verbindung hergestellt hatte. Ja, ganz deutlich", wurde telepho­nisch aus Glasgow   geantwortet, wo man im gleichen Augenblick nicht nur die Stimme des Londoner Ingenieurs hörte, sondern diesen selbst erblickte, seine Mundbewegungen erkannte und bemerkte, wie er einige Gegenstände berührte. Damit ist ein mefentlicher Fortschritt auf dem Wege gemacht worden, der zur endgültigen Lösung des vorläufig noch problematischen Fernsehens führen wird.

Eine fowjelruffische Buchausstellung ist in den Räumen der ,, Sniga" Buchhandlung, Kurfürstenstr. 79, zu sehen, die die Werke der sowjet­ruifischen Verlage, insbesondere aus den Gebieten der Kunst und der schönen Literatur, vorführt. Eintritt frei.

Die Jahresschau deutscher Arbeit Das Papier  " wurde am Mittwoch in Dresden   eröffnet. Durch die energische Mitarbeit aller beteiligten Streise ist eine Ausstellung geschaffen worden, die der großen deutschen   Papier  

induſtrie würdig ift.

Der Sommer ist da! Mit der gleichen Pünktlichkeit, mit der uns vor 3 Monaten, am 1. März, der meteorologische Frühlingsbeginn warmes und schönes Wetter beschert hatte, stellt sich unter rapidem Anstieg des Thermo­meters nun auch der Sommer ein, der meteorologisch am 1. Juni beginnt. Hoffentlich bleibt aber das warme Better nicht nur, wie im Frühling, auf den ersten Sommermonat beschränkt.