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Deutschnatwnale Quertreibereien. Illusionspolitik der..Richtlinien". Angriffe auf die Außenpolitik. Während der einstige republikanische Präsidentschasts- kandidat und jetzige Reichskanzler Dr. Wilhelm Marx auf deutschnationalen Befehl den Rechtsblock gegen die Kritik der Republikaner verteidigt, benutzen feine Freunde von der Rechten die Zeit, um die Regierung noch mehr zu unter- minieren. Sie tun es zu dem Zweck, um das Zentrum und die Volkspartci ganz auf die Linie der nationalistischen Po- litik abzudrängen. Nur aus derartigen Absichten sittd die Ausfuhrungen zu erklären, die der deutschnationale Reichs- -agsabgeordnete G o k auf einer Hamburger Tagung seiner Parteifreunde machte. Gok sagte: Ich stelle fest, daß alles, was wir gegen die Illusions- Politik der letzten Jahre vorgebracht, und alle Voraus- jagen, die wir gemacht haben, auf Heller und Pfennig eingetrosten Jind. Das gilt sowohl hinsichtlich der Unmöglichkeit der Erfüllung des Londoner Abkommens, wie auch in bezug der Ereignisse der söge- nannten Locarnopolitik. Das Fiasko dieser Politik ist in den letzten Tagen offenkundig geworden. Ich hätte ge- wünscht, daß dieser mit Sicherheit vorauszusehende Zusammenbruch einer dazu von vornherein verurteilten Jllusionspolitik eingetreten wäre, ehe die Beteiligung unserer Partei an der Regierung sich mit dem Anschein derMitverantwortung belastet hätte. Daß diese Machtverhältnisse so bestehen, wie sie sind, daß insbesondere das Zentrum die Möglichkeit hat, immer wieder durch die Drohung, sich mit der Linken zusammenzutun, seinen Willen durchzusetzen, liegt in allererster Linie daran, daß die Deutsche Volkspartei unter ihrer gegenwärtigen Führung immer mehr aus einer Rechtspartei, wie sie ursprünglich sein sollte und zu sein vorgab, und die sie nach der irrtümlichen Meinung vieler ihrer Anhänger noch heute ist, zu einer Partei der Mitte geworden ist, und besonders in ihrer obersten Spitze ausgesprochene Lintstendenzen verfolgt.' Die Deutschnationalen haben bekanntlich in den berühm- tenRichtlinie n" die Locarnopolitik anerkannt. Kaum haben sie dafür die ersten Minister» und Beamten- stellungen erhalten, so geht auch schon die alte Hetze los, und zwar richtet sie sich mit aller Deutlichkeit gegen den Reichs- außenminifter Dr. Strefemann. Die Deutschnationalm brauchen nicht zu befürchten, daß Dr. Marx sie an ihre Schwurfinger erinnert. Der hat besseres zu tun: er ver- teidigt mit freundlicher Gemütsruhe diese Gesinnungslumperei gegen unbequeme republikanische Kritik. Gr verteidigt sie gegen diejenigen, die sich auch durch die Tatsache des Rechtsblocks nicht davon abhalten lassen, eine vernünf- tige Außenpolitik zu fördern.

Geringe tzanüelsvertragsaussichten. Roch Leine Annäherung zwischen Deutschland und Polen . Die Besprechungen über die Wiederaufnahme der deutsch -polnischen Handelsvertragsverhandlun- gen, die von deutscher Seite durch den Gesandten Rauscher in Warschau geführt werden, haben bisher in den entscheidenden Fragen zu keiner Annäherung der Parteien geführt. Man hat den Eindruck, daß beide Partner die gebotene Nachgiebigkeit vermissen lassen. So verlangen z. B. die Polen die unbeschränkte Ein- und D u r ch f u hr von lebendem Vieh und Fleisch. Hier könnte Deutschland ohne Zweifel Polen in weitem Ausmaß ent« gegenkommen. Vorläufig geschieht das infolg« des Widerstandes der deutschen Agrarier nicht. Auf polnischer Seite wird die erfolg- reiche Wiederaufnahme der Handclsvertragsverhandlungen dadurch erschwert, daß Polen eine Regelung der handelspolitischen Be- Ziehungen mit Deutschland erstrebt, die in wichtigen Punkten durch- aus auf die innenpolnische Gesetzgebung zugeschnitten ist. So will Polen , im Gegensatz zu internationalen Handels- politischen Gepflogenheiten, deutschen Arbeitern und Angestellten unte keinen Umständen das Niederlassungsrecht gewähren und dieses nur für eingetragene Kaufleute zugestehen. Das gleiche gilt mich für die polnische Stellung gegenüber der Schiedcgerichtsfrage. Polen will hier die Tätigkeit der Schieds- gerichtc ganz allgemein auf Typenfälle beschränken und sich keiner z w i s ch e n st a a t l i ch c n Instanz unterwerfen. Unter diesen Umständen sind die Aussichten für den Ab- schluß eines deutsch -polnischen Handelsoertrages sehr gering. Inzwischen aber geht der Handelskrieg weiter. Seine ganze Un- sinnigkeit wird dadurch charakterisiert, daß nach den letzten Aus- weisen die deutsche Ausfuhr nach Polen an erster Stelle steht und Deutschland für den polnischen Handel der beste Kund« ist.

Zortsthritte üer??rbeiterwohlfahrt. Abschluß den Rcichstagung in Kiel. kiel, 1. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Am 2. Derhandlungs- tage sprach in geschlossener Sitzung die Geschästssührerin des Haupt- ausschusses, Genossin Buchrucker, überWeg und Ziel der Arbeiterwohlfahrt'. In Anlehnung an den gedruckt vorliegenden Geschäftsbericht gab sie einen Ueberblick über die bisherige Tätigkeit der Arboiterwohlfahrt und Anregungen für die künftige Arbeit. Erfreulich ist die überall festzustellende Zunahme der Helfer bei der Arbeiterwohlfahrt: auch die Einrichtungen und die zur Der- sllgung stehenden Mittel haben sich vermehrt. Mangelhaft ist dagegen die Abführung der Pflichtbeiträge. In 1914 Ortsausschüssen der öffentlichen Fürsorg« stellt die Arbeiter- Wohlfahrt über 15» M0 Helfer zur Verfügung. Die Rednerin lehnte die Veranstaltung von Wohltätigkcitsfesten oder Blumentagen ab und warnte vor der Errichtung von Anstalten, was grundsätzlich Aufgabe der allgemeinen Verwaltung ist. Sie protestierte ferner dagegen, daß die Behörden, einschließlich des Reichsarbeits- Ministeriums, als Maßstab für die Verteilung von Mitteln die Bettenzahl zugrunde legen; dieser sogenannte..Bettenschlüsiel' bedeute eine völlige Verkenmmg der Ausgaben der freien Wohl- iahrtspflege. Die Rcfcrentin berichtete schließlich über die Tätigkeit der Fachkommissionen des Hauptausschnsies und behandelte die Ausbildung sozialistischer Fürsorgerinnen. Hierfür werden jetzt nicht mehr Stipendien, sondern größere Dar- lehen gewährt, die nach der Anstellung gern zurückgezahlt werden. Sehr viel Schwierigkeiten entstehen noch durch die reaktionäre Ein- stellung vieler Leiterinnen von Krankenpflegeschulen: da, Ziel bleibt daher>in eigenes Mutterhaus für foziaNstische Fürsorge- rinnen. Im Anschluß an eine kurz« Aussprache wurden die vorliegenden Anträge erledigt. Dem Hauptansschuß überwiesen werden Anträge, die u. a. ein Verbot der Mitarbeit von Genossen in dissidentischen Fürsorgevereinen verlangen, ferner die Herausgabe einer Samm- lung der Gesetzesbestimmungen auf dem Gebiete der Fürsorge und eine Entschließung zur Frag« der Ausbildung der Wohlfahrts- Pflegerinnen.

DSM TerManchester Guardian" über den Parteitag.

Einen fast begeisterten Aufsatz über den Kieler Parteitag bringt derManchester Guardian'. Kiel ist über alles Erwarten erfolgreich gewesen. Von den ältesten Parteimitgliedern erklärten viele, daß ez der eindrucksvollste gewesen sei, den sie erlebten. Es sei nicht nur die großartige Rede Dr. 5) i l f e r d i n g s gewesen, der nun un- bestritten der geistig« Führer der Partei sei, die den Kongreß so be- deutsam machte, sondern auch die hoffnungsvolle Kampf» begeisterung, die alle Anwesenden erfüllte. In den letzten Monaten ist die Partei sich ihrer Stärke und ihrer Möglichkeiten bewußt geworden. Sie ist nicht nur die stärkste aller deutschen Parteien, sondern ist auch im ständigen Wachsen be- griffen. Der Kieler Parteitag zeigte, daß die Partei endlich ein neue» Leben begonnen hat. Sie hat sich auf den Boden einer Politik desG e g e n w a r t s s o z i a l i s m u s' gestellt, nicht im Sinne eines Schlagwortes, sondern eines positiven Zieles. Natürlich nicht eines Zieles, das als das Ergebnis der nächsten Wahl erreicht werden kann, sondern als eines Zieles, dos im wesentlichen in unserer Generation erreicht werden kann. Zahlenmäßig ist die Partei stark, aber nicht stärker als sie 1913 war. Aber sie erholt sich schnell von den schweren Verlusten, die zum großen Teil aus der Uneinigkeit entstanden, die jetzt be- hoben ist. Aber ihre gegenwärtig« Stärke ist nicht nur eine Stärke in Zahlen. Ihre Führer haben große Erfahrung in der Ausübung der Staaksmachl gewonnen. Preußen, das einen entscheidenden Einfluß auf die deutsche Politik hat, fft au» einem Bollwerk des deutschen imperia- listischen Militarismus in ein Bollwerk der deutschen republikani- schen Demokratie, hauptsächlich durch die Leistungen seiner sozio- listischen Minister, verwandelt worden. Durch die Vertretung im Reichstag, den Landtagen und den Kommunaloerwaltungen hat die Partei einen viel zuverlässigeren Ausgangspunkt für ihren Vor- marsch gewonnen als sie zur Zeit Bebels und Liebknechts hatte. Der Parteitag zeichnete sich dadurch aus, daß die Partei sich zur Verteidigung des demokratischen Ideals zusammen-

gefunden Hot. Die weltweite Bedrohung der persönlichen Freiheit und der Gedankenfreiheit hat diesen Zusammenschluß zu einem entscheidenden gemacht. Der Parteitag war von Grund auf anli- faschistisch und antibolschewistisch. In der Tat ist die Sozialdemo- kratische Partei wahrscheinlich der stärkste Gegner, mit dem die Idee der Diktatur und der Autokratie sich auf dem europäischen Kontinent wird auseinandersetzen müssen. Die Revolution von 1918 war keine sozialistische, sondern ein« demokratische Errungenschaft. Trotzdem stehen die deutschen Sozialisten auf dem Boden des demo- kratischen Prinzips, welches der Grundgedanke des deutschen Um- sturzes war. Sogar einig« der freiheitlich gesonnenen Parteiführer glaubten zeitweilig, daß der Sozialismus nur durch die Diktatur verwirklicht werden könne. Dieser Glaube ist aufgegeben und durch die Ueberzeugung ersetzt worden, daß Soziallsmus und Demokraiie untrennbar zusammengehören. So hat sich auch die Haltung der Partei gegenüber den Kommunisten gewandelt, die einst ein mächtiger Gegner waren. Sie hat ihre heftige Kampfesweise ihnen gegenüber eingeschränkt und sieht die Kommunisten allmählich fast mit Toleranz an. Der Grund liegt darin, daß die Macht der deutschen Kominunisten sich schnell ver- mindert. Die deutsche Sozialdemokratie vertraut mit außerordentlicher Sicherheit darauf, daß sie die christlichen und gelben Gewerfsthasten auf der Rechten und die kommunistischen Arbeiter aus der Linken und ebenso viele Angehörige der Mittelschichten an sich ziehen wird. Die Anstrengungen der Partei sind auf die nächsten Wahlen gerichtet, die wahrscheinlich Ende 1928 stattfinden. Es ist kaum vorstellbar, daß sie die Mehrheit erringen wird. Aber die Partei verwirft grundsätzlich nicht das Prinzip der Zusammenarbeit mit anderen Parteien. Ihre Hoffnungen gehen dahin, unter Ausschluß aller Rivalen die Par- tei der deutschen Arbeiterschaft und stark genug zu wer- den, um in einer Linksregierung mit einem fortschrittlichen, freiheit- lichen und demokratischen Programm den Ausschlag zu geben.

Modigliani an den»vorwärts�. Berichtigungen und Ergänzungen zu seiner Berliner Rede. Wir erhalten folgendes Schreibm des Genossen Modigliani : Ihr Berichterstatter hat über meine Rede vom Dienstag abend einen Bericht verfaßt, für den ich ihin nur danken kann. Denn die Zusammenfassung meiner Ausführungen konnte gar nicht klarer und vollständiger fein. In zwei Punkten jedoch und, daran hat offenbar mein, ich will sagen zuleidenschaftliches' Französisch die Schuld hat er meine Gedankengänge nicht ganz richtig dargestellt, und ich bitte Sie um die Erlaubnis, sie in Ihrem Blatt richtigstellen zu dürfen. Erstens: Die Besetzung der Fabriken, die sich im Jahre 1929(nicht 1919) zugetragen hat, war nicht von Mussolini vorgeschlagen oder angeregt worden, der also auch nicht als ihr An- reger betrachtet werden kann. Richtig ist nur. und das ist es. was ich gesagt habe daß er einige Zeit zuvor, wie mir scheint. etwa im April 1919, zum ersten Fall einer Fabrikbesetzung, der sich in Dalmine in der Provinz Bergaino zugetragen Hot. seinen vollen Beifall ausgesprochen hatte. Mussolini kann daher das Patent dieser Erfindung für sich in Anspruch nehmen. Jedoch kann man ihn nicht für die viel umfassendere Fobrikbesetzung verantwortlich machen, die unter Bemitzung seines Rezeptes später unternommen wurde. Zur Steuer de? geschichtlichen Wahrheit möchte ich etwas hinzufügen. was auszusprechen mir am Dienstag abend die Gelegenheit fehlte. Während der Besetzung der Betriebe von 1929 bot Mussolini den Metallarbeitern seine Unterstützung an. Man setzte ihn jedoch vor die Tür, da man ihn schon genugsam kannte. Und es ist wichtig, die Tatsache festzuhalten, daß er damals genau so wie die Kommunisten, diese rein gewerkschaftliche Aktion in eine politisch-revolutionäre Bewegung überleiten wollte, die, wie vorauszusehen war, kein anderes Schicksal haben konnte, als in ihrem Blute erstickt zu werden. Zwei Monate später war Mussolini zu den Banden der Agrarier übergegangen, die die Bolkshäuser im Tale des Po plünderten und in Brand steckten. Dies war das Bündnis, aus dem der Faschismus in seiner endgültigen Gestalt entstand. Zweitens: Gegen Schluß meiner Rede glaubte ich versichern zu können, daß sich die proletarisch« Wiedergeburt in Italien früher und leichter auf gewerkschaftlichem Gebiet vollziehen werde, als auf politischem. Denn es ist das gewerkschaftliche Gebiet, auf dem sich die Unterdrückung der Freiheit dem Proletariat ont empfind- lichsten fühlbar macht, und es ist das Gebiet der direkten Be- zichungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, auf dem die letzteren unter geringeren Schwierigkeiten alle Mittel des Angriffs und der Berteidigung wirksam machen können, die sich aus ihrer Verfügung über ihre eigene Arbeitskraft ergeben. Darum, so fügte ich hinzu, ist es gekommen, daß trotz des faschistischen Gesetzes zur Versklavung der Gewerkschaften da und dort Streiks ausbrechen konnten. Dabei darf man nicht vergessen, daß jeder Streik mit Gefängnis bedroht ist. Dennoch gibt es in den Betrieben Bewe- gungen des Protestes, zirkulieren dort anonyme Aufrufe. Das italienisch« Proletariat hat also seinen Kampf mit den Mitteln, über die es noch verfügt, aufgenommen. Ihr Berichterstatter läßt mich sagen, daß die Arbeiter und Kleinbauem wieder neue Orgoni- s a t i o n e n aufbauen. Das wird noch kommen, aber soweit ist es noch nicht. Den Wunsch, der bei Ihrem Berichterstatter der Vater des Gedankens ist, nehme ich gerne an. Wir dürfen nicht darin werden wir gewiß einig fein unsere Hoffnung auf das, was noch getan werden muß, mit dem verwechseln, was schon getan ist. Das hieße, die Kraft der Anstrengungen schwachen, die noch gemacht werden müssen. Und da dieser Brief keinen anderen Zweck oerfolgt, als den, zu neuen Anstrengungen zu ermutigen, bin ich dessen gewiß, daß Sie ihn veröffentlichen werden, wofür ich Ihnen jetzt schon herzlich danke. Mit sozialistischen Brudcrgrüßen Modigliani , italienischer Deputierter.

Päpstliche Segenswünsche. Auf das Glückwunschtelegramm des preußischen Ministerpräsidenten zum 79. Geburtstage des Papstes hat der Staatssekretär Gaspari geantwortet. Unter Hin- weis auf die freudigen Gefühle über die Befriedigung der Völker und ihre guten Beziehungen zu Rom übermittelt er die Wünsche für das preußische Volk und seinen Ministerpräsidenten. vergolten hat Polen den Oberschlesien -Film. Land unterm Kreuz' mit dem Aussührungsoerbot aller Filme der Deulig A.-G., die den Film hergestellt hatte,

Konservative Nachwahlnieüerlage. Knapper liberaler Sieg über den Arbeiterkandidatcn. London , 1. Juni. (Eigener Drahtberichi.) Die Nachwahlen zum englischen Ankerhaus im Bezirk Brosworth führten zu einer schweren Niederlage der Sonservakiven. Der Kandidat der Labour Party erhielt im vergleich zu den letzten Wahlen über 2599 Stimmen mehr, blieb aber trotzdem hinter dem liberalen Gegenkandidaten um 271 Stimmen zurück. Der libe- rate Kandidat ist damit gewählt. Die Oppositionsparteien haben insgesamt einen Stimmenzuwachs von über 2909 Stimmen aufzu- weifen, während die Konservativen einen Verlust von 2599 Stimmen ersitten. * Diese dritte konservative Niederlage in den letzten sechs Wochen ist die beste Quittung für die reaktionäre Politik Baldwins. Der Arbeiter- und der liberale Kandidat hatten beide ihren Wahlfeldzug auf das Gewerkschaffsgefetz und die Außenpolitik der Regierung eingestellt._____ Die Engländer räumen Peking . Die Diplomaten wolle« bleibe«. London , 1. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Aus Peking wird gemeldet, daß der geschlagene General Tschang so l in Schaag- tschun und Sutschau aufgegeben und seine noch in der Provinz Honan befindlichen Truppen auf das Nordufer des Gelben Flußes zurückgenommen hat. Wie aus Washington gemeldet wird, hat der amerikanische Botschafter in Peking an seine Regierung ein Telegramm gesandt, in dem er die Regierung in Washington dringend auffordert, von der geplanten Verlegung der amerikanischen Botschaft aus Peking nach einem an der Küste gelegenen Orte abzusehen. Die britische Botschaft in Peking beabsichtigt, eine Warnung an die britische» Staatsbürger in Peking ergehen zu. lassen, in der die Frauen und Kinder aufgefordert werden, Peking zu verlassen.

Ein Welt-Locarno. Ei« amerikanischer Vorschlag für eine« weltwetten Nichtangriffsvertrag. Die Vergleichsvertröge der Vereinigten Staaten mit England, Frankreich und Japan lausen im Jahre 1928 ab. Es handelt sich dabei um Verträge nach Bryanfchem Muster, die vor 29 Iahren ab-> geschloffen wurden und die ähnlich der später entstandenen Völker- bundsatzung ein Vergleichsverfahren im Kriegsfalle vorsehen. Die Diskussion über den Abschluß neuer Verträge hat in Ainerika bereit» vor Wochen begonnen. Neuerdings erregt ein Vorschlag des Präsidenten der Columbia Universität Butler und des ersten Carnegie-Profeffors an der Deutschen Hochschule für Politik©Hot«. well in Amerika großes Interesse. Sie wünschen eine Art von Lorcarno-Pakt, dem Deutschland , England, Frankreich , Italien und Japan beitreten sollen. Der Vertragsentwurf de? beiden Professoren ist also nur für Staaten gedacht, die politisch auf gleicher Entwick- lungsstufe stehen. Der erste Teil ist dein Vertrag von Locarno nachgebildet. Er verurteilt jeden Krieg außer dem Ver- teidigungekrieg, erstreckt sich aber nicht auf Angelegenheiten des amerikanischen Kontinents. Die Monroedcktrin soll also unberührt bleiben. Dagegen sollen sich die Vereinigten Staaten verpflichten. bei Zwistigteiten zwischen einem amerikanischen und nichtamerika- Nischen Staat zu vermitteln und den Abschluß eines Vergleiches zu versuchen. Ein Verbot privater Lieferungen von Waffen und Munition an einen Vortragsstaat, der dennoch Krieg führt, wird nicht ausgesprochen. Ebensowenig wird dem angegriffenen Staate, im Gegensatz zu den Bestimmungen der Völkerbundssatzung, eine militärische Hilfe von den anderen Vertragsstaaten zugesagt. Es werden Regeln für ein Vermittlungs- und Vergleichsverfahren aufgestellt. Aber selbst wenn dos Verfahren keinen Erfolg hat, soll ein 5krieg nicht gestattet sein. Die amerikanische Presse begrüßt den Vorschlag durchweg mit Genugtuung. Ist er doch darauf berechnet, amerikanische Interessen mit internationalen Interessen zu vereinen. C o o l i d g e hatte in seiner Rede am Kriegsgedenktag den Plan noch nicht erwähnt. Als er bei der Pressekonferenz im Weißen Hause angefragt wurde, legte er sich noch nicht fest. B o r a h hingegen wollte sich nicht äußern, weil er als Vorsitzender des auswärtigen Senatsausschusses mit einem derartigen Plane voraussichtlich bald befaßt werden würde.