Sonnabend
11. Juni 1927
Unterhaltung und Wissen
Nacht in der Siedlung.
Von Iwan Heilbut.
Viele fleine Häuser schlafen auf Parzellen, neugegründet. Gerne wacht der Flugzeughafen, rotes Licht, das blinkt und schwindet. Mandelbäumchen, tapfrer Strauch, hält dem Nachtwindrütteln Stand. Ueberm Bahndamm nebelt Rauch. Hund bellt übers stille Land.
In der Nacht stehn tausend Sterne. Glühnde Raupenglieder, ziehn helle Fenster in die Ferne, Eisenbahnen nach Berlin .
Dunkelheit und Licht und Laut
schweigt um's Haus, vor dem ich stehe, daß Musik mir altvertrant
in die tote Seele wehe.
Wie man mich erschießen wollte."*)
Von Donzow.
( Uebersetzt aus dem Russischen von Helene Gebert.) So war ich zum Tode durch Erschießen verurteilt und erwartete heute meine Schicksalsstunde. Ich glaubte den beruhigenden Worten meiner Verwandten nicht, es war nur schrecklich fränkend für mich, daß mir das Urteil drei Tage vor der Erschießung verkündet worden war. Jezt, als man das Abendgebet fang, verstand ich, daß ein solches Gebet wie alles sein Ende hat, das für den einen früher, für den anderen später heranrückt. In diesen drei Tagen waren meine Nerven abgeſtumpft. Ich war müde zu denken und zu finnen. Zur ,, Abschlachtung" zu gehen war nicht schrecklich, wenn es nur schneller gegangen wäre.
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Die Schlepper" erzählten, daß nach dem Schuß ins Genic der fofortige Tod eintritt... Und wenn der Mensch tot ist, fühlt er nichts mehr. Gesund, gut und nach dem Leben dürftend, schläft man zu ewigem, ruhigem Schlaf ein Solche Gedanken wechselten mit beruhigenden ab, als ob alles bei meinen Verwandten gut aufgehoben, und sie mich nicht ins Verderben lassen würden.
,, Rommt es vor, daß das Präsidium der Tscheta Todesurteile aufhebt?" fragte ich einen der arrestierten Kommissare, welcher in unferer Zelle saß. Natürlich tommt es vor, aber erst erschießen fie, und dann können sie aufheben," antwortete der Kommissar höhnisch. An seinem Gesichtsausdruck sah ich, daß er sich mit mir schon wie mit einem Toten unterhielt, und es schien mir sogar, als ob von mir ein Leichengeruch ausginge Ein unangenehmes Gefühl, der Teufel hol' mich! Meine Gedanken gingen langsam, und es näherte sich meine Schicksalsstunde
Heute ist eine große Schlepperei," verfündete der ganzen Belle unser ältester, Blinder mit Namen. Dieser war Spezialist der Schlepper und sagte die Zukunft fehlerlos voraus. Er fannte ausgezeichnet alle Regeln der Tscheta, und man fonnte ihm glauben. Jeder regte sich für sich auf, aber jeder versteckte seine Aufregung. Wirklich verfuhr man an diesem Tage sehr streng mit uns. Früher ließ man uns einige Male auf die Toilette, aber heute verkündete man, daß wir nur einzeln und nur einmal dorthin gelassen würden. Der Bewachung war befohlen, auf uns zu schießen, wenn wir uns erdreisteten, aus dem Fenster zu sehen. Die Gefängnistommiffare liefen hin und her und schauten oft in unsere Zelle. Ihre Augen überflogen alle Arrestanten, als ob sie jemanden suchten, und jedem von uns fiel das Herz in die Hosen. Zum Gebet," rief der Aelteste. Nur Mut, Genossen, man fann nur einmal sterben," wiederholte der Kommissar. Man betete und legte sich nieder. Seufzer und Stöhnen hörte man in der ganzen Zelle. Niemand schlief an diesem Abend. Einige versuchten die Stimmung in der Zelle durch Erzählungen, Späße, Anekdoten und Lieder zu heben. Aber vergebens. Heute ist große Schlepperei" drehte es sich im Ropfe eines jeden. Sogar einige Rommiffare sprachen fein Wort.
Man tommt
Aus der benachbarten Frauenzelle hörte man schreckliche Schreie von Frauen und Kindern. Nein, ich laffe die Kinder nicht," schrie eine.„ Erschießt sie, Ihr Räuber, erschießt sie, laßt nicht die armen Waisen zurüd. Sie sind unschuldig." Die Schreie flangen entfernter und entfernter. Man führte die Frau des Eisenbahnbeamten mit den Kindern fort, die angeklagt war, Kinder gestohlen zu haben. Man erschoß sie. Aber der Gatte, der Vater, der Eisenbahnbeamte Utfin, verlor in unserer Zelle den Verstand. Er zerriß seine Kleidung, schlug sich mit der Fauft gegen die Brust und schlug mit dem Kopfe gegen die Wand. Er lachte.. weinte... und war ganz außer sich.
,, Barbaren, warum habt Ihr meine Kinder ergriffen? Mitenta, meine nicht, es wird nicht weh tun... Laßt, schießt nicht," rief der verrückte Eisenbahnbeamte, sich an uns wendend. Und das berührte uns gar nicht einmal, so sehr war jeder mit sich beschäftigt.
Zuerst nahm man die aus anderen Zellen, und endlich näherten sich schwere Schritte unserer Tür.
Maidenow, nimm deine Sachen," sagte leise der wachthabende Kommandant. Gott , was hat der Tschetist ausgefressen! Der, der mit seiner Banditenhand Taufende von Unschuldigen erschossen hat, fürchtet jetzt selbst den Tod. Zuerst versteckte er sich hinter den Brettern, dann sprang er von dort hervor und fing an, um Schonung zu bitten. Wir freuten uns in der Seele, aber alles ging schnell vorüber.
Naidenow wurde erschossen.
,, Blinder, nimm deine Sachen," ließ sich die Stimme des wachthabenden Kommandanten hören.
Ach, ihr Narren," antwortete Blinder und sprang auf. Und meine Sachen brauchst du? Heute ja, aber morgen, du Hundsfott," schimpfte er und wühlte in seinem Korb.
,, Schneller, Blinder, halt' dich nicht auf!"" Warte, Wasska," folgte die ruhige Antwort.
Er wusch sich, kämmte den Scheitel seiner Haare, 30g saubere Wäsche an und fäuberte mit einem Lappen seine Schuhe. Der Kommandant wartete hilflos. Endlich verabschiedete sich Blinder von jedem einzeln und mit dem Lied: Ach Aepfelchen, wohin rollst du, in den Keller der Tscheka fällst du und kehrst nicht mehr zurück." *) Diese erschütternde Erzählung ist ein Auszug aus den Erinnerungen des Ingenieurs Donzow, der vor kurzem aus Kiew ge flohen ist Im Jahre 1921 wurde er als Zeuge vor die Tfcheta geladen und von diesem Augenblick an verbrachte er fünf Jahre in den Sowjetgefängnissen. Seine Erinnerungen", welche bald in der aus. ländischen Presse erscheinen werden, geben bei aller unwahrscheinlichkeit einen objektiven und genauen Bericht über die Tätigkeit der Tscheke
Mussola.
Es ist gelungen, die Kriegsgefahr zu beschwören...!
Eindruck und geben bei aller unwahrscheinlichkeit einen objektiven und genauen Bericht über die Tätigkeit der Tscheka .
Und mit einem Schnalzen der Finger verließ er die Belle. Bald darauf erwies es sich, daß Blinder am Leben geblieben und Vorsteher des Verbandes der allukrainischen Tscheka geworden war.
Uttin, tomm'," rief mit zurückhaltender Stimme der Kom
mandant.
Der Eisenbahnbeamte reagierte nicht auf den Ruf. Er hielt in Gedanken seinen älteren Sohn an der Hand und den jüngeren drückte er an die Brust. Der Bater lullte seine Kinder in den Schlaf. ,, Utkin, du Aas!" rief der Kommandant lauter. Stell' dich nicht, als ob du der einzige hier wärft."
Man führte den Uttin aus der Zelle, indem man ihm die Hände auf den Rüden band. Er bemerkte uns nicht, als er zur Tür ging, sondern beruhigte wie früher in Gedanken seine erschossenen Kinder.
Danach, als man die arrestierten Kommissare Nostow und Nag weggeführt hatte, trat Stille ein.
Meine Berwandten sind doch tüchtige Kerle, dachte ich. Jetzt fann ich völlig ruhig sein, daß man mich nicht erschießt. Einige, welche fühlten, daß die Schlächterei ihrem Ende zuging, erhoben sich von ihren Plähen und führten ein munteres Gespräch. Nach einhalbstündiger Pause hörte man wieder die schweren Schritten der Schlepper. Der wacht habende Kommandant trat in unsere Belle und nannte meinen Namen. Welche unbewußte Kraft warf mich von meinem Platz auf den Boden? Die Haare standen mir zu Berge, das Herz hörte auf zu schlagen, und ich lag in todesähnlicher Agonie. Ich wollte irgend etwas sagen, und konnte nicht. Ich war wie stumm. Aber meine Gedanken. meine schwarzen Gedanken
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werde ich im Leben nicht vergessen. Nicht die Tscheka , sondern Was habe ich ihnen böses meine Verwandten erschießen mich. getan? Mein Vater, für den ich mich lange Zeit gequält habe, führt mich zum Tode. Aber jetzt ist es schon zu spät, in einer minute werde ich ein Leichnam ſein
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In der ersten Zelle des Kellergeschoffes faß um den Tisch die Kommission der Tscheta. Der diensthabende Untersuchungsrichter Geilitsch( junior), der Hauptkommandant der Tscheta Dwtschinnifow, der Vizekommandant der Tscheta Litwinow, der stellvertretende Vorsigende der Tscheta Rosanow und ein Vertreter der Arbeiter- und Bauerninspektion. Daneben standen die Schlepper: die Brüder Richter, Storofchut, Bujalski, Geilitsch( senior), der mit der linken Hand schoß, weil er an der rechten gelähmt war; aber mit der linken schoß er gerne und sicher.
Bon dem Geruch des frisch vergossenen Blutes wurde mir schrecklich übel, ich schwankte hin und her und wurde von zwei Schleppern gehalten.
Ihr Vor- und Familienname? Wo geboren und wie alt? Wissen Sie, warum Sie erschossen werden?"
Ich schüttelte verneinend den Kopf. Trotz aller Kraftanstrengung fonnte ich kein Wort sprechen. Der Untersuchungsrichter las mir folgendes Urteil vor:
Im Namen des ukrainischen Sowjetrepublitskollegiums der Gouvernementstscheka ist die Angelegenheit unter Nr. 72 346 geprüft und beschlossen worden, den Beschuldigten zu erschießen, aber vorher von ihm die Stelle zu erforschen, wo der väterliche Reichtum fich befindet. Wenn dies der Beschuldigte freiwillig angibt, so ist sich befindet. Wenn dies der Beschuldigte freiwillig angibt, so ist das Urteil aufzuheben."
Ich weiß nicht," fam es aus meiner Brust. ,, Unterschreibe!" befahl der Untersuchungsrichter.
Automatisch erfüllte ich seinen Befehl und unterschrieb. Man führte mich in das folgende große Zimmer, in dem sich außer einer Riste nichts befand. Es war beleuchtet von Hunderten von elektrischen Lampen, die an der Decke und an den Wänden angeschraubt waren. Das blendende Licht war so start, daß ich vor den Augen nur glühende Flammen sah und neben mir zwei stehende, schwarze Figuren, die Schlepper.
Bieh' dich schneller aus!" befahl mir einer von ihnen.
In diesem Augenblid wurde es mir schon leichter. Ich wollte nur schneller die Kugel ins Genic bekommen und dann Schluß. Ich fann mich nicht erinnern, ob ich mich selber auszog, oder ob fie" mich auszogen, aber als sich vor mir die Tür des nächsten Zimmers öffnete, erstarb ich. Mehr als hundert blutige Leichen lagen mit der Brust einer auf dem anderen. Die Frau des Eisenbahnbeamten Uttin lag mit aufgelösten Haaren mit dem Rücken nach oben, an der Brust ihren zweijährigen Knaben haltend. Uttin selbst lag an der Wand und hielt das Beinchen seines älteren Sohnes fest. Die Kinder waren auch ausgezogen
,, Kriech hinauf," rief der Räuber.
Wie eine aufgezogene Puppe troch ich vorsichtig nach oben, bald auf Köpfe, bald auf Bäuche der Erschossenen tretend. Unverhofft stolperte ich und fiel, irgend jemanden in der Umarmung ergreifend. Der Körper war noch warm. Ich drehte mich um und sah die Schlepper Storoschut und Richter mich beobachten und fichern. Ihnen gefiel meine Qual.
Dreh' die Schnauze zu uns," sagte Richter finster. Bum letzten Male frage ich dich, wo ist das väterliche Geld und wo hast du den Vater versteckt?" ,, Ich weiß nicht schießt schneller," sagte ich mit heifer zischender Stimme
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Am nächsten Tag erwachte ich in einem einsamen Zimmer. Ausgeschlafen rief ich um Hilfe und schrie mit herzzerreißender Stimme. geschlafen rief ich um Hilfe und schrie mit herzzerreißender Stimme. ie ein fleiner Junge Papa" und" Mama" ruft, so rief ich wimmernd nach meinen Eltern. Es schien mir, als wäre ich im Sarg aufgewacht. Nein, es war fein Traum, was mir geschehen war! Wer hat meine Haare abgeschnitten? Und warum sind sie nicht vom Kopf weggenommen? Man brauchte nur auf den Kopf zu fassen, und die Haare fielen wie Floden Schnee vom Kopf herunter. Sie sind gebleicht durch die nächtliche Qual.
An meinem Kopfende stand eine Krankenschwester. Sie über zeugte mich, daß alles Geschehene ein Traum war. Mit Tränen in den Augen bat fie mich, zu mir zu tommen.
C
Champlain
Beilage
des Vorwärts
,, Gott , man hat feine Kraft, dieses Albbrücken mitanzusehen," sagte sie. Warum foltert man die Menschen so und macht sie uns tauglich. Es wäre besser, sie zu erschießen."
Liebe Schwester," begann ich. Ich habe Angst, gehen Sie nicht fort von mir. Sagen Sie, werde ich leben? Hat man mich nicht getötet? Warum bin ich verbunden?"
,, Man hat Sie gepeitscht," antwortete fie. ,, Warum?" fragte ich.
Es ist Ihnen schädlich, zu sprechen. Beruhigen Sie sich. Schlafen Sie ein... Man hat Sie gefoltert..
Die Schwester hielt sich zurück, dann weinte sie doch. Und ich schlief ein.
Der Birtus hingegen bereitet seinen Besuchern Freude. Alter Zauber, verloren, aber nicht vergessen, nistet in dem hohlen Raum, der hallt und dröhnt, auch wenn Stille ist, staunend sizen wir und sehen, wie Schwere überwunden wird oder drollig überwindet; im Kreise dreht sich bunte Welt, Erinnerung hält mit findlichem Gefühle! Es riecht nach Lohe, Stall und blauer Blume. Bon der Plattform höchst oben schmettert Mufit, ihr Taftgeber trägt Frack und weiße Binde, obwohl er Bublifumsblicken entrüdt bleibt. Aber der Zirkus hat sein Zeremoniell und Rituale; es behauptet fich durch die Zeiten. Wie eh und je bilden die Stallmeister Spalier, wenn der Direktor aus der Manege geht, rückwärts schreitend, den 3ylinder in erhobener Hand. Auf niedrigen Wägelchen, immer war das so, wird der Teppich für die Akrobaten hereingefahren, und hinterher, die Tätigkeit störend, stolpern die Spaßmacher, herzbrechend ungefchickt, in meterweißen Hosen, in Stiefeln, die aussehen, wie Stiefelfunde aus der Saurierzeit, wollen helfen und sind doch immer nur im Wege, schnattern mit Fistelstimme vor sich hin, wessen ihr findliches Herz voll ist, spazieren herum, neugierig und ziellos wie Geflügel, verscheucht erst vom Aufzischen der Bogenlampen, welches fagt: es wird ernst! Acht wunderschöne Pferde ftürmen daher, dem leifesten Buruf folgend, dem flüchtigen Schnörkel, von weißer Peitschenschnur in die Luft gefreiselt. Eratt wie eine Turnerriege galoppieren fie, wenden, halten, schnauben, fnien, breiten ihre majestätische Schwere langsam auf den Boden hin, springen hoch und stellen sich auf die Hinterbeine, was aber in diesem Falle nicht Ausdruck des Widerstandes, sondern des vollkommensten Gehorsams ist. Nachher reitet der Direktor den Rappen, der zwischen vielen HolzKaschen, ohne eine umzustoßen, mufitalisch tänzelt und pirouettiert, die leibhaftige Anmut, die pferdgewordene Grazie. Sein Fell schimmert atlasweich und auf dem Popo, den das fofette Geschöpf in sanften Windungen dreht wie ein Tenor, wenn er Liebe schwört, hat die Bürste Schachbrettmuster hingestrichen aus Matt und Glänzendfchwarz. Die Tscherkessin , hoch zu Roß und tief zu Roßihr dunkles Haar fegt die Erde rast pistolenschießend rundum, zwei lustige Brüder tun einander Uebles, und aus den Kinderchen im Zirkus, rotgefotten von Erregung des Schauens, jauchzt die süße, reine Schadenfreude, ein übermütiger Athlet läßt sich zentnerschweres Eisen auf den Schädel fallen, aber im letzten Augenblick beugt er ihn, das Gewicht klatscht dem Herkulischen auf den Nacken, und der Schrei des Entsetzens, der uns schon im Schlunde saß, bleibt ungeschrien. Eine Dame in Silbertrikot und ein Schimmel stellen lebende Bilder, und wenn der Schimmel nicht angeschraubt ist, wahrlich, dann ist er ein unnervöser Schimmel, der sich wunderbar in der Gewalt hat. Von 25 Meter Höhe faust das Auto mit dem Weißgefleideten in den leeren Raum, überschlägt sich zweimal und landet frachend auf staubumwirbelter Matraße( man tommt, von solcher Fahrt berichtend, unwillkürlich ins Homerische), es ist ein fühnes Stüd, weshalb auch der Weißgekleidete, ehe es losgeht ,, attention! Je pars!" DON dem weißgekleideten Bruder, der unten bleibt, ergreifenden, menn auch männlich gefaßten Abschied nimmt. Und dann ist noch der Tierhypnotiseur da, der das Krokodil einschläfert und die Biper durch Blicke betäubt, daß das Kaninchen teine Angst mehr vor ihr zu haben braucht. Es hat aber doch welche, und so hypnotisiert der Mann auch das Kaninchen: friedvoll mitsammen ruhen nun Mordgier und Todesangst. Kurz, wenn Sie schwanken, in welches Theater Sie gehen sollen, gehen Sie in den Zirkus. Da haben Sie Natur und den sieghaften Menschen, Kraft und Anmut, Wig und Tapferkeit. Und Kunst, die, im Zirkus, wirklich von Können tommt.
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( Borabdrud aus dem demnächst erscheinenden 4. Bande bes Rritikerwertes " Ja und Nein" von Alfred Bolgar. Mit Erlaubnis des Verlages Ernst Rowohlt , Berlin .)
Der meteorologische Kern der Siebenschläferregel. Bolkstümlichen Wetterregeln liegt meist ein Wahrheitsgehalt zugrunde; so auch der Annahme, daß der Siebenschläfertag( 27. Juni) über die Witterung der nächsten Wochen entscheidet. Wenn es allerdings auch noch niemals sieben Wochen nacheinander in Deutschland geregnet hat, falls der Siebenschläfer verregnet war, so ist doch die Wetterlage gegen Ende Juni für die folgenden Wochen von großer Bedeutung. Es kommt also bei dieser Wetterprognose feineswegs auf die Witterung eines einzigen Tages, eben des Siebenschläfers, an. Vielmehr hat man beobachtet, daß in der Regel dann längere Zeit schlechtes Wetter herrscht, wenn es in der Zeit vom 21. bis 30. Juni in ganz Mitteleuropa gleichmäßig regnerisch ist. Eigentlich hätten wir auch in Deutschland normalerweise" eine sommerliche Regenzeit, ähnlich wie der Monsumregen in Indien ; in dieser Zeit sollten bei uns norbwestliche Winde herrschen, die bei niederer Temperatur Regen bringen. Diese Sommerregenzeit" tritt aber in den meisten Fällen nicht ein, weil vor allem der Golfstrom die Monfumregenlage stört. Unser im allgemeinen schönes Sommerwetter ist also in meteorolo gischem Sinn eine Störungserscheinung. Bleibt diefe Störung aber einmal aus, dann haben wir tatsächlich eine wochenlange Regenzeit, und die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines solchen verregneten Sommers ist dann recht groß, wenn es in der letzten Juniwoche in gang Mitteleuropa regnet. Dies also ist der wahre Kern der alt berühmten Siebenschläferregel.