Einzelbild herunterladen
 
Sonntag l�.�unl 1927
Unterhaltung unö AAissen
Seilage öes vorwärts
Peter Sims' Zrühlingstatastrophen. Von Käthe Danny. Peter Bims,Feine Lederwaren", stellte im Frühling rechts in fein Schaufenster eine Vase mit künstlichem Birkenlaub, links eine Vase mit einem künstlichen Mandelblütenzweig. Im nächsten Früh' jähr wechselte er mit den Vasen, dann stand links der Birtenzweig und rechts die Mandelblüte. Dies war aber auch die einzige Beziehung, die Peter Bims zum Frühling hatte. Peter Bims war nicht mehr ganz jung, auch nicht von einer in die Augen springenden Schönheit und noch weniger von jener gewissen Geschmeidigkeit eines Ladeninhabers, die die Käufer so geschickt zum Kaufen veranlaßt. Peter Bims genau wie sein seliger Vater die menschliche Verkörperung einer guten Leder- wäre. Aber während sein Dater, der selige Sattlermeister Bims, mehr einem derben, Hand- oder vielmehr sitzfesten Sattel geglichen hatte, ähnelte Peter eher einer soliden Brieftasche aus Rindleder, die merkwürdigerweis« mit zartem Glaceleder gefüttert war. Zweisellos war dieser klein« Mißgriff der Natur auf mütterlichen Einschlag zurückzuführen, denn Frau Bims selig war ein« zarte blond« Frau gewesen, die den Ausmaßen des seligen Ledersattels keineswegs gewachsen war. Zum Glück für Peter war die ererbte mütterliche Zartheit in- wendig geblieben und verkroch sich gänzlich, als die Mutter starb. Die solide Briestasche knarrte und knirschte noch eine Zeitlang, wenn sie sich nun ganz allein durch das Leben und den Laden bewegte aber nach und nach verstummte auch dieses Geräusch. Die Zeit griff herzhast an diese und jene Ecke, drückte, klappte aus, klappte zu während sie ihren Tribut an täglichem Wechselgeld von ihm ver- langte und Peter Bims vergaß allmählich, daß er ein empfindliches Jnnenfutter hatte und zeigte der Welt nur seine gegerbte Außenseite. Aber das Schicksal läßt sich nun einmal nicht um die Frucht seiner Aussaat bringen. Peter mochte es noch so geschickt anfangen, mochte sich noch so sehr vor der Welt verschließen und ihren söge nannten Freuden, ganz insgeheim lebte von ihm selbst absichtlich nicht beachtet die Sehnsucht nach einem zarten Frauenlächeln, nach »in paar weichen chänden, die liebkosend die verborgenen Werte aus seinem Jnnenfutter zogen kurzum, er sehnte sich unbewußt nach einer Frau, die diese Brieftasche durch geschickte Handhabung erst richttg in Beziehung zum Leben bracht«. Aber da er diese Sehnsucht leugnete, war er oft nicht gerade unhöflich zu seinen Käuferinnen aber sachlich. Von jener überheblichen Sachlichkeit des Fach- mannes, die den Laien so ungemein verletzt. Er verkaufte hundert- mal lieber«inen soliden Maulkorb, eine brave Aktentasche oder einen geduldigen Schulranzen als alle diese ledernen Kleinigkeiten, die dem weiblichen Geschlecht unentbehrlich sind. x Nun war es wieder Frühling. Bims hatte den Mandelblüten- zweig rechts und das Birkenlaub links in sein Schaufenster gestellt. Die Sonn« lag auf der Straßenseite gegenüber und die Mädchen gingen in hellen Kleidern. Bims sortierte eine neue Sendung von Damentaschen, als eine Käuferin hereintrat. Sie verlangte nach gerade diesen Taschen. Bim  » war nicht sehr liebenswürdig. Er mochte es nicht, wenn er beim Sortieren gestört wurde, aber das schlanke blonde Fräulein hatte schon die Handschuhe auf den Tisch gelegt und strich mit bloßen Händen über ein Täschchen aus sahne- farbenem Kalbleder.Nobel," sagte sie mit einer angenehmen Stimme,wirklich-- nobel". Dieses Wort nobel versöhnte Bims. Und außerdem ver- söhnten ihn ihre Hände. Er hatte von jeher die Gewohnheit gehabt, den Käufern mehr auf die Hände als in dos Gesicht zu sehen, und er konnte direkt in Aufregung geraten, wenn ein feines Stück aus seinem Loden in grobe, unfein« Hände kam. Diese Hände hier ober erregten sein Wohlwollen. An jeder Fingerwurzel saß ein winziges Grübchen, und so war es, als lächle jeder Finger. Peter Bims hob unwillkürlich den Kops und sah, daß auch das Gesicht der Käuferin lächelte, und daß es ein wohlgeformtes junges Gesicht war. Die Tür des Ladens stand offen, die warme Frühlingsluft strömte herein, und war es diese, oder waren es die lächelnden Mädchenhände oder das hübsche junge Gesicht oder alle drei Um- stände vereint Peter Bims, die solid« Brieftasche, hatte Die ge- funden, die ihn durch geschickte Handhabung erst richtig in Beziehung zum Leben bringen sollte. Und Lene Bims erwies sich als sehr geschickt. Sie stand schon im Sommer hinter dem Ladentisch und verkaufte. Blond, lächelnd, hell angezogen. Der ganze Laden schien zu lächeln. Die großen Koffer brummten behaglich, die Damentäschchen kicherten, die Schul- mappen juchzten und selbst die Maulkörbe stießen kleine glucksende Freudenlaute aus. Peter Bims war wie neu auflackiert. Das hatte er nicht erwartet. Nein, das nicht. Frauen waren etwas ganz anderes als Männer, dos wußte man schon von den vielerlei ledernen Sachen und Sächelchen her, die sie alle Augenblicke neu brauchten, während ein Mann mit seiner Aktentasche, einer Brief- tasche oder einem Schlüsselbeutel nicht zu vergessen ein paar gute Hosenträger, vollauf und für Jahre zustied engestellt war. Sie waren wohl wie die Kinder, immer ein neues kleines Spielzeug, eine kleine Abwechslung, eine Sensation. Aber daß man es mit ihnen ebenso hatte das hatte er nicht gewußt. Die Lene küßte ihn um 8 Uhr, um g Uhr stteß sie ihn weg. sie plaudert« morgens. sie schwieg am Abend, sie lachte in der einen Stunde und tonnte in der nächsten weinen. Und Peter wußte nie, worum sie das eine oder das andere tat. Er liebte sie, er betete sie an, er war immer der gleiche und wußte nicht, daß er gerade das war, was die Lene zu ihren Widersprüchen reizte. Noch während des Sommers änderte sich die Kundschaft. Es kauften jetzt viele Herr«n bei Peter Bims. Bei Bims gab es die haltbarsten Hosenträger, die solidesten Aktenmappen, die besten Ledergürtel. Lene verstand ihr Geschäft. Sie war hübscher denn je, und Peter siel es direkt schwer, auf einig« Wochen von ihr zu gehen, aber sie bestand auf der Badekur, die der Arzt ihm verordnet hatte. Er schrieb ihr sehr viel und sehr sehnsüchtig, und sie antwortete ihm sehr wenig und sehr kur� denn das Geschäft---, er müsse doch einsehen. Er sah es ungern ein. Als er heimkam, frisch, erholt und mit übervollem Herzen, begrüßte sie ihn etwas zerstreut, ein junger Mann wählte gerade einen Koffer. Er hatte sich das Wiedersehen in unendlichen Variationen aber ganz ander» vor- gestellt. Als er am nächsten Morgen in den Laden kam er hatte sich wahrhastig verspätet stand sie im Gespräch mit einem Herrn. Sie lächette und schien strahlendster Laune. Es war ein junger eleganter Mensch. Pet«r Bim» macht« sich still au den Maulkörben zu jHassen. die in emm Winkel hingen.'
Kommumstisthe Propaganda.
hier sehen Sie einen mutigen klassenkämpfer. der das SPD.  -Milgliedsbuch seines Vaters zerrissen hal!"
Dieses ist der intelligente Arbeiter. der denVorwärts" abbestellt hat!"
hier ein ZNitglied der KPD., das sämtliche Parolen Moskaus   widerspruchslos befolgt..
Und nun... Nanu, wo find denn meine Mitglieder hin?"
Er hatte noch oft Gelegenheit, sich fttll in diesem Winkel zu schaffen zu machen, und daß es gerade der war, in dem die Maul- körbe hingen, erschien ihm wie ein böser Witz des Schicksals. Er wußte bald, daß Lene jedem Manne lächelte ja, daß ihre Hände mit den lächelnden Fingern gleichsam ein Symbol waren, das ihn hätte warnen sollen. Aber oll« Menschen täuschen sich ein- mal. Warum sollt« stch einFeiner Lederwaren"-HSndler nicht täuschen? Er hatte leichtsinnig gekauft, nun gut, da mußte er auch den Schaden trogen. Die Lene, die er noch immer liebte. Ja, ihre Haut, ihr.Leder" war beste Qualität, die Verarbeitung prima. aber das Jnnenfutter? Er hatte vor lauter Entzücken über dos Aeußere ganz oergesien, das Inner« zu prüfen. Peter Bims verschloß sich. Er wurde wieder die solide Brief- tasche, die der Umwelt nur die gegerbte Außenseite zeigte. Er kaufte ein, er sortierte, er preiste aus. Lene sah dem Allen ein wenig spöttisch zu. Was für eine trockene, langweilige Ware dieser Mann. Und sie prüfte die Neuangekommenen Hosenträger, zog den straffen Gummi auseinander und ließ ihn wieder zurückknallen. Peter tat dieses Geräusch weh, aber er sagte nichts. Er stellte schweigend den Mandelblütenzweig links in das Schaufenster und das Birtenlaub rechts, denn es war wieder Frühling. Die Ladentür stand auf. Weiche Lust quoll herein, und die Mädchen gingen in hellen Kleidern. Ein Motorrad knatterte heran und hielt vor dem Laden. Ein junger eleganter Mann betrat das Geschäft. Ein Ledergürtel sollte es fein, so wie der neulich. Leider sei er ihm auf unerklärliche Weise abhanden gekommen. Lene legte die Ware vor. Sie lachten. Sie kannten sich. Peter trat hinzu. Sie sprachen vom Wetter. Ob Lene nicht ein Stündchen mit hinaus fahren wolle auf dem zweiten Sattel. In IS Minuten tonnten sie im Walde sein. Ob Herr Bims etwas dagegen habe. Doch sicherlich nicht. Bei diesem Wetter und eine junge Frau immer im Laden. Peter sagte ja und blickte nach den Maulkörben. Dies war am Nachmittag. Eine Stunde ging vorbei. Noch ein«. Die Geschäfte wurden geschlossen. Lene kam nicht. Peter ging auf der Straße auf und ab, einnzgl auf dieser, einmal aus jener Seit«. Bei jedem Knattern eines Motors fuhr er zusammen. Es wurde dunkel. Er blieb vor der Haustür stehen. Die Straße hinauf kam ein Polizist. Er blickte an den Läden entlang und blieb vor Peter Bims stehen. Er legte die Hand an die Mütze. In diesem Augenblick wußte Peter schon alles. Nein-- nicht tot," sagte der Polizist zu dem bleichen Mann. nur ein Nervenschock-- und eine Verletzung im Gesicht." Peter Bims saß an Lenes Krankenbett. Ihr Mund tonnte nicht sprechen das Gesicht war bandagiert. aber die Hände sprachen. Sie ruhten in den seinen. Sie lächellen mit jedem Finger, sie baten um Vergebung, sie streichelten. Sie streichelten solange, bi» sie Peters Jnnenfutter erreichten. Sie streichelten so sanft, daß Peter nicht fragte, nichts wissen wollte, nur dieses sanfte Bitten der schweigenden Hände zu fühlen begehrte. Lene wußte eher als er, was das Schicksal ihr angetan hotte. Ihr Gesicht war entstellt. Eine Ncrrbe zog ihre Lippe in die Höh«, es sah aus, als lächle sie, ober sie mußte dieses Lächeln ständig trogen. Sie weinte, ol» Peter sie das erstemal ohne Bandagen sah. Sie weinte und lächelte dabei. Peter nahm schweigend ihre Hand und küßte sie.Du sollst es so gut haben, daß du imm«r lachen kannst." �vas verdien« ich nicht." schluchzte sie. gjte wirg es dir verdienen."
Der 1 9.?uni 1 Sb7. Bon M i r a m o r nach Queretaro  . Der italienische Feldzug von 18S9 war siegreich beendet, ini Nordamerika begann der Brand des Sezessionskrieges zu schwelen, Preußen bekämpfte innenpolitisch denSchwindel des Konstitutio- nalismus" und in Paris   und Rom   wühlten Kirchenmäuse, um eine Einmischung Frankreichs   in die mexikanischen Verhältnisse durch- zusetzen. Grund genug für den Mann des 2. Dezember 1851, an die Ausführung seinergroßen Idee" zu gehen, jenseits des Ozeans einen französischen   Vasallenstaat auszurichten. Bis ins Jahr 188« reichen die ersten tastenden Versuche Napoleons   bei Maximilian von Oesterreich  , den er zum Kaiser von Mexiko ausersehen hatte. Als dann die Affäre Jecker de» zwar an- rllchigen, aber sehr erwünschten äußeren Anlaß zum Eingreifen bot, nahmen die Pläne Form und Gestalt an. Diese.Leckerei" ist eines der typischen Beispiele, wie Kriege gemacht wurden. Jecker, ein geborener Schweizer  , hatte der Regierung Miramon statt eines Dar- lehens von 7'/b Millionen Franken nur 3,1 Millionen bar gegeben, sich aber Schuldtitel über 16 Millionen Pesos   rund 75 Millionen Franken ergaunert, die nach allerlei Irrfahrten in den Händen des Halbbruders Napoleons   haften blieben. Die mexikanische Regierung Juarez erklärt« sichnur" bereit, wirklich geliehenes Geld anzuer- kennen und bedrohte sonach die heiligsten Interessen der Geldmänner, die sich hilferufendan den Stufen des Thrones" niederwarfen und den Kriegsgrund schafften. Eine Koalition zwischen England, Spanien   und Frankreich   kam zustande und Maximilians Sehnsucht nach der Krone des alten Aztekenreiches stieg. Unter der Bedingung jeder materiellen und moralischen Hilfe durch die drei Staaten er- klärte er sich zu ihrer Annahme bereit. Das war fatal, denn London   war geflissentlich über die Kaiser� macherei im Dunkel gehalten worden, reagierte auch auf den ersten Anhieb mit einer unmißverständlichen Grimasse, die sich ins Unge- mütliche verzerrte, als Bruder Jonathan den warnenden Finger zeigte. Tatsächlich zogen die spanischen   und englischen Expeditionstruppen schleunigst ab, als ihre billigen Ansprüche befriedigt waren, die Franzosen konnten ungehindertan der Spitze der Zivilisation marschieren". Unter demSchutze der Trikolore" faßte eine Affen- komödie von Nationaloersammlung den Beschluß, die Rauschgold- kröne dem Habsburger anzutragen, der sie unter dem Vorbehalte annahm, daß eine Volksabstimmung dos Verlangen der Mexikaner nach einem Kaisertum beweisen müsse. Der Kommißstiefel Bazaincs bewältigt« auch diese Aufgab« und am 10. April 1864 konnte der Erzherzog aufs Evangelium schwören,sein Volk glücklich zu machen", Der Kaiser war also da, fehlte nur noch das Land. Am 14. April 1864 lichtete dieNovarra" die Anker, um die neugebackenen Herrscher von Napolcc"... Gottes Gnaden nach der Ostküste Mexikos   zu bringen. In ihrem Kielwasser folgt« das französische   KriegsschiffIhemis V. Der mitgenommene Segen de» Papste  » erwies sich schon bei der Ankunft als unwirksam, denn Los emperadores" die Mexikaner fanden frühzeitig heraus, daß Maximilians Frau, Charlotte von Belgien  , mindestens ebensosehr Kaiser war wie ihr Herr Gemahl, fanden im Hauptquartier der bösen' Liberalen, im Hasen von Berakruz frostig« Aufnahme, die erst landeinwärts wärmer wurde, wo die Klerisei Indianer und Mesllzen notdürftig in genügend« Begeisterung brachte. Sie fanden ein» zerrissenes Land vor. Eine Regierung jagt« und verjagte die andere, bis just zu dieser Zeit der hochintelligente, unbestechliche Vollblutindianer Juarez Präsident geworden war. Er war der Posten, den der geriebene Fuchs in Paris   in feine Rechnung einzustellen vergessen hatte. Er sorgte dafür, daß die kaiserliche Regierung die ihr gestellt« Riesenoufgabe nidst bewältigen könnt«. War doch neben den schweren finanziellen Lasten zugunsten Frank- reich» da» gesamte öffentliche Wesen umzustellen und aus gesunde Basis zu bringen, eine Nationalarmee zu errichten, di« ständigen