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Die Putschistenpläne vor Gericht.

Mahraun wegen übler Nachrede- Sodenstern wegen formaler Beleidigung verurteilt.

werden.

Jm Prozeß Sodenstern- Mahraun schien es gestern einen Augenblid, als ob der angestrebte Bergleich möglich wäre. Nach langem Hin und Her aber entschied Mahraun, er wolle keinen Vergleich. So mußte in die Beweis aufnahme eingetreten Nun gab es gewissermaßen den Leipziger Witing: Prozeß in verfürster Auflage. Als erster trat ber Plaffilsche" Beuge Räsehage auf, ehemaliger Geschäftsführer der Jung deutschen und Mahrauns Gewährsmann. Mit größter Bestimmtheit erflärte er, Goder ftern habe auf der bekannten Führeraus sprache nichts anders gesagt, als er später im Bureau des Jung­ deutschen Ordens zu Protokoll gegeben habe. Er bleibe dabei, der Inhalt des Protokolls entspräche den Ausführungen Sodensterns. Und das beschwor Käsehage. Der jetzige Bundeskanzler der Jung­deutschen, Bornemann, schildert als zweiter die näheren Um­stände, unter denen Käsehage feine Angaben in die Maschine

diftiert hat.

Ehrhardt sagt aus.

Vor dem Zeugentisch steht Kapitän a. D. Ehrhardt. Er schwört: er habe nie Sodenstern beauftragt, der Provozierung eines Kommunistenputsches das Wort zu reden; wenn die Wifinger derartige Gedankengänge gehabt hätten, so wären sie kurzerhand hinausgeflogen. Er jei auch nie zu einer Führeraussprache zu sammen mit Sodenstern gewesen. Räjehage erinnert aber den Kapitän Ehrhardt daran, daß er furz vor der berüchtigten Führer aussprache mit Sodenstern und General v. Luc bei einem Glase Bier in einem Lokal eine ausführliche Unterredung gehabt habe. Das muß Ehrhardt zugeben; er bestreitet aber, fich selbst in dem Sinne geäußert zu haben, daß ein Kommunisten puisch ein gewünschter Anlaß für ein Eingreifen der Baterländischen Berbände sein würde. Da wird ihm entgegengehalten, daß selbst Sodenstern zugibt, diese Ansicht in seinem Auftrage geäußert zu haben. Dann habe dieser seine Kompetenzen über. schritten, meint Ehrhardt dazu

Claß hat es nicht gewollt. Justizrat Claß als Zeuge. Ob er je die Ansicht geäußert habe, man müsse einen Kommunistenputsch provozieren? Dann würde er fich freiwillig ins Irrenhaus melben, erklärt Claß, Ob nicht in seiner Gegenwart solche Aeußerungen gefallen seinen? Nicht, daß er es wüßte. Der Richter macht den Zeugen darauf aufmert fam, daß er auf gewiffe Fragen die Antwort verweigern könne, da gegen ihn ein Berfahren wegen Vorbereitung zum Hochverrat schwebe. So etwas gibt es bei mir nicht antwortet ſtolz der Justizral. Die Bertreter der Nebenfläger, nehmen, den Zeugen scharf ins Gebet. Db er nicht zu einer mehrtägigen Führeraus sprache in Münster dem Stadtrat Tenfelde gegenüber doch etwas über Butschabsichten habe verlauten lassen? Ob er nicht beabsichtigt habe, die Regierung Marr- Stresemann zu stürzen? Ob er nicht gefagt habe, daß er und Borfig einig feien? Nein, erklärt der Beuge, er habe nie ähnliches gesagt; auf die Frage betreffs etwaiger Aeußerungen über Butschabfichten brauche er überhaupt an dieser Stelle nicht Antwort zu stehen; er wolle es aber doch tun. Er habe nie, auch nicht den leisesten Gedanken gehabt, die Regierung Marg­Stresemann zu stürzen; auch Butschabsichten seien ihm ferngelegen und das beschwor Justizrat Claß unter Anrufung des Namen Gottes. Im übrigen sprach er feine Empörung darüber aus, daß man den Namen Borfig in diesem Zusammenhange mißbraucht habe.

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Nun folgt aber der Stadtrat Tenfelde. Auch er beffreitet mit Nun folgt aber der Stadtrat Tenfelde. Auch er bestreitet mit aller Entschiedenheit, daß während der Führeraussprache in Münster etwas über die Provozierung eines Kommunistenputsches gesprochen worden sei. Als man dem Zeugen aber zu Leibe rüdt, muß er zu geben, daß auf dieser Führeraussprache, der auch Cfaß beigewohnt bat, wohl von einer genderung des Systems für den fall gesprochen worden fei, baß es zu einem Butid fäme. Auch von den von Tag zu Tag schlechter werdenden wirtschaftlichen Bethält nissen, die zu Arbeiterent laffungen führen müßten, war die Rede. Auch der Name Borsig sei in diesem Zusammenhang gefallen. Mit einem Worte: der Inhalt dieser Besprechungen decki fich fo ungefähr mit dem inkriminierten Protofoll.

Als legter Beuge erscheint der Pressewart der Jungbeutfchen, Herr Abel, ohne wesentlich Neues zu bringen.

In den Plädoyers, die nun folgten, warfen sich die Par­teien noch im letzten Augenblic wenig schöne Dinge gegenseitig an den Kopf. Herr Sodenstern erflärte übrigens, daß das Proto­foll ihm in einer unglaublichen Weise geschabet habe, insbesondere bei dem Teile der Bevölkerung, den er für am wertvollsten halte:

bei den Hand- und Kopfarbeitern. Man habe ihn als unfozial verschrien. Worauf Mahraun erwiderte, daß es gar nicht feine Absicht gewesen sein konnte, Herrn Sodenstern als unsozial hinzustellen, und daß dies auch nicht notwendig gewesen sei, da Herr Sodenstern und der Kreis, zu dem er gehört, ungefähr so das Unsozialfte vorftefle, was man sich überhaupt nur denken fönne.

Nach einer etwa halbstündigen Beratung verfündete Amts­gerichtsrat Büchert das Urteil: sowohl Sodenstern als auch Mahraun feien für schuldig zu befinden; der erste sei wegen übler nach rede in einem Falle aus dem§ 186 zu 300 mart Geld strafe, der andere wegen Beleidigung in sechs Fällen aus § 185 zu 100 Mart Geldstrafe. Die Parteien tragen die Roften des Verfahrens zur Hälfte und sind verpflichtet, auf eigene Roften zum gegenseitigen Abbrud des Urteils im Jungdeutschen" und in der Deutschen Zeitung". Der Beklagte Pastenacci jei frei­zusprechen.

Beide Barteien haben natürlich Berufung gegen das Urteil angefündigt.

Klarheit, Herr Poincaré !

Die Sozialisten fordern fie.

Paris , 22. Juni( Eigener Drahtbericht). Die sozialistische Rammergruppe wird die Regierung über ihre Innen- und Außen­politif interpellieren. In früheren Zeiten bildeten solche General interpellationen Anlaß zu großen parlamentarischen Rämpfen, wobei es meistens um die Existenz des Kabinetts ging. Es ist deshalb nicht zu verwundern, wenn die gesamte bürgerliche Presse, in erster Linie die der Rechten, den Sozialisten jegt nachjagt, sie wollten noch vor den Sommerferien eine Krise hervor. rufen, um wieder ein rein linksbürgerliches Kabinett ans Ruder zu bringen. In Wirklichkeit ist es der sozialistischen Kammerfrat­tion feineswegs darum zu tun, im gegenwärtigen Augenblick eine Krise herbeizuführen. Was sie will, ist Klarheit zu schaffen über die Richtung der Regierungspolitik

Widersprüche in der Wirtschaftspolitik.

Für hohe Reallöhne- aber nicht gegen Lebensmittelzölle.

Die Rede des Reichswirtschaftsministers Dr. Curtius vor dem Industrie- und Handelstag in Hamburg , die bereits in unserer gestrigen Abendausgabe gewürdigt wurde, enthält noch eine Reihe von wirtschaftlichen Feststellungen, die für die fünftige Handelspolitik von größter Wichtigkeit sind. Die Großagrarier verlangen die Hochschutzölle immer wieder zum Zwecke der Verhinderung der Luruseinfuhr. Hierzu sagte Curtius:

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abbau auf der ganzen Linie ist die einzige Lösung aus dem Konflikt, der innerhalb der Reichsregierung besteht. Bu dieser Lösung vermag sich Herr Curtius nicht zu entschließen. und daher wird auch seine Erkenntnis von der Notwendig. feit der Erhöhung des Reallohnes nur eine halbe Er. tenntnis sein, die vielleicht noch schlimmer ist, als jene totale Unkenntnis volkswirtschaftlicher Zusammenhänge, die bei der Verabschiedung der Zollvorlage von 1925 Bate ge­standen hat. Bemerkenswert bleibt, daß jezt ein Rechts­blockminister zugeben muß, wie damals die Bergewal tigung der Opposition und der Sieg der Bollmehr­heit feineswegs der deutschen Wirtschaft die versprochenen Vorteile gebracht hat.

Die Entschließung des Industrie und Handelstages.

Das Berbot der Cuguseinfuhr das manche anregen ein reines Schlagwort. Bahlenmäßig würde diese Maßnahme nichts Wesentliches zur Senfung der Einfuhr beitragen die gesamte fogenannte Luxuseinfuhr, einschließlich Kaffee, Seidenwaren ufm., beläuft sich auf 8 Proz. der Einfuhr, dagegen würde sie die Führung unserer Handelspolitik und damit unsere Ausfuhr gefährden. Das Ziel einer ausgeglichenen und einer Die vom Industrie- und Handelstag einstimmig beschlossene sich fortschreitend aktivierenden Handelsbilanz muß nach wie vor Resolution unterstreicht noch einmal die Auffassungen des durch Steigerung der Ausfuhr angestrebt werden. Das ist eine schroffe Abfuhr für die Land. Ministers Dr. Curtius zur Außenhandelspolitik. In dieser Resolution bündler, als deren Sachwalter Herr Schiele im Reichschen Wirtschaft mit der Weltwirtschaft hingewiesen. Die Er. wird auf die unauflösbare Verflechtung der deut­ernährungsministerium sigt. Bemerkenswert ist auch, was Curtius über den Zwed der Rationalisierung ausführte: nisse der Weltwirtschaftstonferenz werden be grüßt und sollen von den Handelskammern unter­Ziel aller Rationalisierung muß jedenfalls eine Bergrößerung ft übt werden. Der Reichsregierung spricht der Industrie- und des Absatzes. auf der Grundlage verbilligter Gütererzeugung sein. Handelstag sein Vertrauen aus. Es wird ferner von den privatmirt­Die Erreichung dieses Zieles braucht Zeit, aber sie darf nicht durch schaftlichen Betrieben das Anstreben des höchsten Grades entgegengesetzte Bestrebungen beeinträchtigt werden. Senfung der der Leistungsfähigteit gefordert durch die allein Preise und entsprechende Steigerung des Realeinfommens ift der Absatz, Reallohn, und Rauftraft günstig beeinflußt werden könnten. Weg, und wahrscheinlich der einzige Weg, auf dem sich eine Ber3u der Frage der Sozialpolitik wird festgestellt, daß es dringend besserung der Lebenshaltung der arbeitenden Klaffen geboten erscheine, daß seitens der Reichsregierung auf größte Spar­ohne Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen famkeit, insbesondere bei den Verwaltungskosten, geachtet und der Volkswirtschaft erreichen läßt. Die umgekehrte Entwicklung, die in Sozialaufwand einer eingehenden Prüfung unterzogen werde, um einer gegenseitigen Steigerung von Preisen und Nominallöhnen eine Ueberbürdung des deutschen Wirtschaftskörpers zu verhindern. besteht, führt zu feiner Befferstellung der Bevölkerung, muß den Auf dem Gebiete der Steuern, heißt es in der Entschließung weiter, Absatz nach dem Auslande schmälern und damit rüdwirtend eine müsse vor allem eine alsbaldige Lösung des Reichsfinanz­Verteuerung der Waren auch im Inlande herbeiführen. Aus diesen ausgleichs herbeigeführt werden. Eine starte gemeindliche Selbst­Erwägungen habe ich die Erhöhung der Kohlenpreise verwaltung sei unentbehrl' h. Zu dem Puntte 3wangswirt­untersagt und fann mir nicht vorstellen, daß der nach wenigen schaft spricht der Deutsche Industrie- und Handelstag die Er­Wochen erneuerte Antrag, wenn nicht ganz unerwartete Ereigniffe wartung aus, daß die wirtschaftliche Tätigkeit des Staates sich auf eintreten, zu einer anderen Entscheidung führen wird. Auch die die großen handels-, steuer- und sozialpolitischen Maßnahmen be­Rücksicht auf die Lage der Kohlenindustrie selbst schien mir feine schränken und von Einzeleingriffen absehen würde. andere Entscheidung zu rechtfertigen. Ich hätte dann wesentlich mit Befürchtungen und Wahrscheinlichkeiten, nicht aber mit nachgewiefe nen Realitäten rechnen müssen.

Für ebenso verhängnisoolf wie eine Erhöhung der Rohlenpreise würde ich im gegenwärtigen Augenblick eine Steige­rung der Eisenpreise ansehen. Ich hoffe, daß auch diese ver­mieden werden kann,

Also Steigerung der Reallöhne soll das Ziel sein. Es ist anzuerkennen, daß der Wirtschaftsminister, ent­gegen den Wünschen der Intereffentenvertretungen Preis­erhöhungen sucht zu vermeiden. Er hat dazu sogar ben Abbau der Industriezölle angekündigt. Man muß sich jedoch fragen, ob nicht auch die Durchführung diefer mohl gemeinten Forderung wieder auf dem Papier stehen bleiben wird. Die Industriegotle find jeht nur deshalb so hoch, weil Agrarier und Großindustrielle jenes Boltbund nis eingegangen sind, als dessen reifste Frucht das heutige Bürgerblodfabinett gelten muß. Die Agrarier waren es, die die nach Curtius fünstlich bewirfte Ueber­belastung von Industriefabrikaten mit Zöllen bewilligt haben, weil sie dadurch auch Schutzölle für fich erlangten. Wenn nun Curtius die Nahrungsmittelzölle herauffett, fo, wie das jetzt eben wieder geschieht, dann wird ein Teil der Reallohnsteigerung wieber fortgenommen, die durch eine Senfung der Industriezölle erfolgen fönnte. 3oll I

Englische Arbeiterschaft gegen Moskauterror Protest der Gewerkschaften und der Arbeiterpartei. Gewerkschaften und der geschäftsführende Ausschuß der Arbeiter­London, 22. Juni. ( WTB.) Der Generalrat der englischen partei haben heute in einer gemeinsamen Sigung eine Entschließung angenommen, in der es heißt: Unter Anerkennung der außergewöhn­lichen Schwierigkeiten und Gefahren, die die politische Situation für Rußland mit sich bringt, und in voller Würdigung der gerechtfertig. ten Empörung der Sowjefregierung über das Attentat auf Wojtoff halten sich doch die hier in einer gemeinsamen Sigung vereinigten Delegierten für genötigt, gegen eine Politit zu profeffieren, die ein­geftandenermaßen an der Ermordung Wojtoff unbeteiligte Perfonen als Repreffalien gegen diese Ermordung hin­richten läßt. Sie sind der Ansicht, daß eine Politit, die dem Mord den Mord entgegensetzt, nur verhängnisvolle Folgen für Sowjetrußland haben kann, und geben der festen Hoffnung Aus druck, daß die in Sowjetrußland geübte Pragis, Perfönlichkeiten hin­zurichten, weil sie sich politischer Delikte schuldig gemacht haben, ein­gestellt werden wird.

Die Auflehnung des Sejms.

Wird Pilsudski ihn davonjagen? Warschau , 22. Juni. ( WTB.) Längere Konferenzen zwischen Staatspräsident Mojcicki und Marschall Pilsudski sowie dem Bizeministerpräsidenten Dr. Bartel gaben Anlaß zu der Ver­mutung, daß die Regierung aus dem gegen die Absichten Pilsudstis gerichteten Sejm beschluß, der ihm die Möglichkeit der Selbst­auflösung zurücgibt, weitgehende Konsequenzen ziehen werde. Man rechnet mit der Möglichkeit einer Auflösung des Sejms durch den Staatspräsidenten.

Warschau , 22. Juni. ( DE.) Im Auftrage aller Barbeien der Minderheitsvölker erklärte der ukrainische Sejmabg. Chrudki, daß die Vertreter der nationalen Minderheiten die nicht be­teiligung an den Beratungen über das neue Selbstverwaltungs­gefeg beibehalten. Chorzow - Prozeß im Haag.

Sowohl innen- wie außenpolitisch laufen die verschie­densten Tendenzen im Kabinett Poincaré burdy einander. Die einzelnen Kammergruppen und die Kammer in ihrer Gesamtheit zu zwingen, dazu Stellung zu nehmen und ihren eigenen Standpunkt zu präzisieren, das ist der 3wed, den die Haag, 22. Juni. ( WTB.) Im Großen Sizungsfaal des fozialistische Fraktion mit ihrer Generalinterpellation verfolgt. Friedenspalastes wurde die erste öffentliche Verhandlung des Stän Den Ausschlag für ihren Beschluß hat die Rede Poincarés indigen Internationalen Gerichtshofes im deutsch - polnischen Chorzow Streitfall eröffnet. Nachdem die beiden dem Gerichtshof in diesem Lunéville gegeben, und die von der nationalistischen Presse als Streitfall beigegebenen Richter aus Deutschland und Polen , Pro­späte aber danfenswerte Rückkehr zu den vom Kartell allzuleichten fessor Rabel Berlin und Profeffor Ehrlich Lemberg, Herzens aufgegebenen Methoden, wie sie unter dem Bloc national Bräsidenten Brofessor Dr. Huber auf die Sagung des Gerichtshofes maßgebend waren, begrüßt wird. vereidigt worden waren, nahm der polnische Generalagent bei den gemischten deuifd; polnischen Schiedsgerichten, Sobolewski, das Bort, um den polnischen Einwand der Unzuständigkeit des Die deutsch - türkischen Handels und Niederlaffungsverträge find Internationalen Gerichtshofes für diesen Streitfall zu begründen. ratifiziert und treten am 22. Juli in Kraft. Seine Darlegungen wurden durch den zweiten polnischen Sach­

Dom

Julufionspolitik."

Die Deutsche Tageszeitung" ist tüchtig darüber er­bost, daß der Reichswirtschaftsminister Dr. Curtius es gewagt hat, dem Landbundminister Schiele auch einmal die Wahrheit zu sagen. Schiele war es bekanntlich, der, offenbar ohne Zustimmung des Kabinetts, bie phantastischen handelspolitischen Vorstellungen des Reichslandbundes als Regierungsmeinung überall, unter anderem auch vor dem Deutschen Landwirtschaftsrat in Stettin , pro­pagierte. Daß Curtius es auch nur gewagt hat, gegen die Industrie­3ölle aufzutreten die Agrarzölle hatte er felbft verteidigt- das ist in den Augen der Großagrarier und ihrer Breffefunktionäre ein unverzeihliches Berbrechen. Jllusionspoli. tit" nennt das führende Agrarierorgan die Bestrebungen von Cur­tus, Deutschland in die Weltwirtschaft einzugliedern. Sie wirft ihm einseitige Beurteilung vor, erklärt feinen Optimismus als ungerecht. fertigt und ruft dabei als Kronzeugen ausgerechnet den Repara. tionsagenten an! Das ist der Höhepunkt nationaler Selbstentäuße rung. Aber was tut man nicht für ein paar Groschen Zoll!

Wäre nicht befannt, daß die Deutschnationalen in Regierungs­fragen besser mit sich handeln ließen, als die dunkelhäutigen Inhaber türkischer Bafare, so müßte man bei derart starten Gegen­fäßen die Gefahr einer Regierungsfrise befürchten. Doch der Bürger. block steht so fest und treu, daß ihm die theoretischen Diskussionen der Curtius und Schiele nicht zu viel anhaben werden.

malter, den früheren griechischen Außenminister und jetzigen Bariser Universitätsprofessor Politis, ergänzt, wobei sich beide Redner auf einzelne Bestimmungen der deutsch - polnischen Konven­nationalen Gerichtshof gefällten Entscheidung vom Mai 1926 tion über Oberschlesien , des Versailler Vertrages und auf den Wort­laut der letzten bereits in der Chorzow - Angelegenheit vom Inter beriefen.

Die Verhandlung wurde am Nachmittag auf morgen nachmittag vertagt, wo der Sachwalter der deutschen Regierung, Professor Kaufmann Bonn, sprechen wird.

Thingtau erobert.

In der Hand der Südtruppen. London , 22. Juni. ( Eigener Drahtbericht.) Aus Schanghai wird gemeldet, daß General Tchiangtaischet Tsingtau ein. genommen hat. Außerdem soll mit der unmittelbar bevorstehen. den Kapitulation des Generals Sun, des Gouverneurs von Schan tung, vor der Nationalarmee zu rechnen sein. Eine andere Lesart besagt, ein Unterkommandierender des Generals Sun habe sich in Tsingtau gegen seinen Vorgesetzten erhoben und die Stadt t Tschiangtaischef übergeben.

Der Albanien - Konflikt.

Eine Kollektivnote der Großmächte an Jugoslawien .

Belgrad , 22. Juni. ( WEB.) Die Gesandten der vier Großmächte fuchten heute beim Minister des Aeußeren, Dr. marintowitsch, um eine Audienz nach, um ihm eine Sol, lektivnote der Mächte bezüglich der gütlichen Beilegung des konflikts mit Albanien zu überreichen. Minifier Dr. Marinforifich wird die Gesandten der Großmächte morgen um 5 Uhr nachmittags empfangen.

Angesichts der versöhnlichen Haltung der Belgrader Regierung während des ganzen Konflikts mit Albanien hält man es in diplo­mafischen Kreifen für sicher, daß der Minister des Aeußeren, Marin­fowitsch, den Wünschen der Großmächte unter der Voraus­fehung entgegenkommen werde, daß auch die albanische Regierung den Ratschlägen der Großmächte Folge leistet. Die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen und der Republik Albanien wird demnach schon in kürze zu erwarten sein.

Jm Sozialpolitischen Ausschuß des Reichstags wurde am Mitt­woch bei der Beratung des Gefehentwurfes fiber Arbeitslojen perficherung in zweiter Lesung die Zulassung von Er­jagtassen zur Arbeitslosenversicherung abgelehnt. Während Sozialdemokraten, Kommunisten und Wirtschaftsparteiler gegen die Zulaffung stimmten, spalteten fich die Mitglieder der übrigen Parteien bei der Abstimmung.