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sr» Unterhaltung unö ANissen dz«

?n guter Gesellschaft. Von Zl. Slreiker. Das.leidliche"' Gedicht eines jungen Dichters war von einer guten Literaturzeitjchrift angenommen worden. Es schien fast ein Irrtum zu sein. Da stand nun das.leidliche" Gedicht des jungen Dichters neben großen Namen.(Die Höflichkeit verbietet es, die Namen zu nennen.) Es waren lauter berühmte Namen. Das Ge- dicht schämte sich fast: was sollte es hier nur beginnen in dem dummen Kleidchen seines unberühmten Daters. Es stand da und zitterte. Es freute sich aber auch wieder. Es warf sich in die Brust vor Stolz, neben den.Großen" stehen zu können. Dazu noch fein sauber gedruckt, auf gutem Papier, genau so wie sie, die es so sehr verehrte und deren vollendete Sprache es beneidete. Aber es fürchtete sich auch, sogleich wieder hinausgeworfen zu werden au» dieser guten Gesellschaft, in die es doch nicht so recht hineinpaßte. Was mochte sich wohl der Redakteur gedacht haben, es anzunehmen und ihm einen so guten Platz anzuweisen, sprach es vor sich hin. Biel » leicht hatte er gut geträumt(gar von seiner eigenen Jugend, da er selbst Gedichte schrieb und an unzählige Verleger sandte, um ver» geblich auf Abdruck und auf das schmale Honorar zu warten). Jedenfalls stand das.leidliche" Gedicht nun gedruckt in der Zeit- schrift, die einen angesehenen Namen führte, und wartet« darauf, in die Expedition des Blattes, und von da in die Welt hinauszu» wandern. Und wirklich, es ging los. Je hundert Exemplare der Zeitschrift, zu einem Bündel verpackt und mit einer Postadresse versehen, flogen in die Waggons der Eisenbahn und wurden zu unzähligen Städten getragen, die der jung« Dichter nicht einmal dem Namen nach kannte. Drei Exemplare der Zeitschrift gingen aber auch an die Adresse des jungen Dichters. Eine kleine Nottz lag ihnen bei. daß das Honorar bald folgen würde. Ei, wie freut« sich der jung« Dichter. Meine Leser müssen nicht glauben, etwa des Honorars wegen, nein, das war ja ganz gut und schön, aber der junge Dichter war eigentlich nur im Nebenberuf Dichter. Man nennt solche Leute 'Dilettanten. Er hatte lange genug gefühlt, daß Hunger wehe tut, und da hat er eben zugegriffen und ist Hausdiener geworden, Packer, in einem Blusen- und Äleider-Cngroz-Geschäft. Morgens, wenn er zur Fabrik ging, schrieb er unterwegs Gedichte, oder de« Mittags in der Pause, oder des Abends auf dem Heimweg. Der Rand einer Zeitung, fein Stullenpapier genügten ihm, die Skizzen der Gedichte aufzunehmen. Zu Haufe schrieb er sie dann fein sauber. ttch ab, schrieb ein paar Zeilen dazu, steckt« beides in ein Kuvert, fügte«in Freikuvert bei und sandte es an irgendeine Zettschrift. um das ganze nach etlichen Tagen oder Wochen mit einem ge- druckten Bedauern zurückzuerhalten. Aber diesmal hatte er Glück! Eilig öffnete er das Päckchen voller Freude sah er sein Gedicht. Sah sein Gedicht und seinen Namen gedruckt! Er streichelle zärllich das Papier, blätterte be- hutsam in der Zeitschrift herum, blickte voll demütiger Verehrung auf die großen Namen, in deren Näh« der sein« gestellt war. O. schon träumte er von dem Glück, da» ihm die Annahme de, Ge- dichtes bringen würde. Er hätte so gerne Vorträge über Ltteratur gehört, manches gute Buch zur Fortbildung gelesen, doch wann denn? Abends, nach schwerer Arbeit, war er zu müde, um folgen zu können. Als er so da saß, die Zeitschrift in den Händen, wurde ihm sein kleines Zimmer zu eng. Ihm schien, die Wände würden ihn erdrücken, die Bilder von den Wänden fallen, die Bücher aus den Regalen, die Blumentöpfe vom Fenstersims. Er fühlte, er muh hinaus. Hinaus, nur hinaus! Auf der Straß« empfing ihn der würzige Duft der aufknospenden Linden. Er taumelte unter den Bäumen dahin wie ein Trunkener. Wie lange er sich auf der Straße aufgehalten hatte, das wußte er nicht, er fühlte nur, daß er todmüde war, als er sich auf sein schmales Bett warf... In der Nacht wurde er wach. Er hörte Stimmen. Woher mochten die nur kommen, fragte er sich vergeblich. Sie schienen ihm von einem Zimmer nebenan oder unter ihm her zu kommen. Was bilden Sie sich denn ein," sagte jemand,so mir nichts, dir nichts, in unseren erlesenen Kreis einzudringen?"Ja, es ist un- erhört," ließ sich ein anderer veniehinen,jahrzehntelang haben wir Tradition gewahrt. Und nun, mit einem Male, wagen Sie es, unsere überkommenen Rechte wankend zu machen. Drängen sich ein, drängen sich vor, ohne eigentliches Verdienst. Da» hätte in meiner Jugendzeit, Gott fei Dank! nicht passieren können."Woher stammen Sie überhaupt?" fragte eine andere Stimme,drängen sich ohne Empfehlung ein in unseren Kreis. Es ist allerhand! Spüren Sie denn nicht selbst ihre Anmaßung?" Aber die Revolution hat alle Bande gelockert. Ganz gewöhnlich« Proletarier, schmutzige Rinn- steindichter stellt man neben uns. Unerhört!"(Die Stimme schnappte über und konnte nicht weiter.)Aber mein lieber Doktor, beruhigen Sie sich! Ich nahm dieses Gedicht auf, weil es doch ganz leidlich ist. Sein Verfasser ist ein ehrlicher junger Mann." Doch ein Arbeiter, ein ganz gewöhnlicher Prolet, nicht wahr?!" entrüstete sich die Stimme von vorhin.Ja, das wohl," entgegnete die Stimme, die vor der letzten sprach,Arbeiter sind wir doch olle. Bitt' schön, geben Sie zu, ihre Mitarbeit an unserem Blatte ist gewiß eine ganz hervorragende Leistung. In Anbetracht dieser Tatsache wird ihre Mitarbeit auch honoriert." Die Stimme, die eben so sprach, schien die eines Redakteurs zu sein.Gewiß, Arbeit! Aber Arbeit und Arbeit ist zweierlei!" warf eine andere Stimme ein.Ueberhaupt der Gedanke, Gedichte zu schreiben, wäre früher keinem Arbeiter gekommen. Aber jetzt?... Sie haben keine Bil­dung, keine Achtung..." Die Stimme, die eben sprach, blickte sich stolz im Kreise um, alle brummten zustimmend und drangen heraus- fordernd auf den Eindringling ein, der bis jetzt wirtlich verschämt und gedrückt geschwiegen hatte. Jetzt aber hielt er die Zeit für ge- kommen, eine Erklärung vom Stapel zu lassen:Arbeit, sagten Sie, meine Herren, was Arbeit ist, wissen Sie nichl! Ihr Schreiben ist, deutlich gesagt: nur noch Unterhaltung für Sie und Ihresgleichen. Arbeit trägt Schwielen an den Händen, Wunden im Herzen, weiß von Not und Dual langsam unter Entbehrungen höher zu klimmen. ums Licht zu ringen, um es denen, die an der Werkbant, auf dem Kontorschemel, im Magazin, vor glühenden Hochöfen, in d»r Grube unter Tag, im Laboratorium und im Maschinensaal schwitzen, zu- bringen, ihnen für ein paar Minuten während der Arbeitspausen neuen Mut, neue Hoffnung auf ein besseres, freieres Leben zu geben. Ihnen soll die Kunst Lichtstrahl sein, der ihnen die Höhe weist, die im Sonnenglanz liegt. Hoffnungsstrahl, kämpfend dieses Leben für das Ziel: Freihett und Freude, zu wagen. Dom Volte jprechen Sie. aber Sie kennen da» Voll nicht. Das Voll wartet

darauf, daß man ihm gibt, was es empfinden, miterleben, wieder- erleben kann: Volkskunst. Geben Sie doch dem Volke sein« Kunst! Steigen Sie herab, gehen Sie ins Volk, werden Sie volkstümlich. Aber da» wollen Sie ja nicht! Sie wollen Elite bleiben, schützen ihre Unterhaltungsliteratur, mit der Sie ihre Langeweile töten, als Arbeit" vor. Auf Kosten derer, die das langweilige Leben ihrer Leser erhalten, leben Sie, von ihnen lassen Sie sich tragen. Die körperliche Arbeit oerachten Sie, aber Sie, gerade Sie, leben von der Arbeit der Arbeiter! Das heißt Arbeit: mit denen dort unten fühlen, ihre Wünsche kennen, ihr« Sehnsucht nach einem menschen- möglichen Diesseits wach zu hatten! Ich suche die Welt, die ich erleb«, der ich entstamme, nach einem neuen Willen zu bilden, mich selbst mit ihr für die Zukunft reif machen. Was nennen Sie Bil- dung? Ist es ihr Verdienst, daß ihr Vater einige Säcke Blut- groschen zusammengekratzt hat. daß er ihnen die Türen zu

Das neue Strafgesetz. Der deutsche und der Ssterrelchifche Strafgesetz- eulwurs itimmro wirtlich übercin bis auf die Tode» strafe, die nur im deutscheu Eulwurs steht.

Deutschland und Oesterreich legen wert auf die gleiche Kleidung. Nur den Kopf überlädt Deutschland dem öfter- relchlschen Bruder allein!

Gymnasien, Seminaren, Universitäten öffnen konnte. Sind die Zeugnisse, die Titel, die Sie ernten konnten, allein das Ergebnis ihres Fleißes und nicht auch das der dienstbaren geistigen Sklaven, die des Brotes wegen ihnen mit Rat und Tat den Weg zur Höhe, auf der Sie jetzt stehen, erleichterten?!" Dies« Fragen mußten un- angenehm in den Ohren der Hörer klingen. Alle schnatterten sie durcheinander:Empörend!"Pöbel!"Prolet!"Das hat man nun davon," entrüstete sich die Stimme des Redakteurs,wenn man jungen Arbeiterdichtern den Weg zur Höhe erleichtern.will. Man sollte sich um diese Burschen grundsätzlich nicht kümmern. Sie bringen einem nur Undank, Aerger und Verdruß..." Der junge Dichter hielt es an der Zeit aufzustehen, er nahm eine Schere und schnitt seinen Beitrag aus der Zeitschrift, denn er dankte dafür, seinen Nomen in solchguter" Gesellschaft zu wissen. Mögen sie jetzt reden bis Ultimo," dachte er, dann schlief er wieder ein.

<kia Suffalo-öill-Mufeum. Im amerikanischen Staate Wyoming wird in diesem Sommer ein Busfalo-Dill-Museum eröffnet, zur Erinnerung an Kolonel William Frederick Cody , bekannt unter dem weltberühmten Namen Buffalo Bill . Was eigentlich in seinem Museum zur Schau gestellt werden soll, ist noch nicht heraus. Immerhin wird genug Neu- gierde vorhanden sein auf das etwa Belangreiche, was Buffalo Bill , der Held so vieler Iungensbücher und Zirkusmanegen, der Nachwelt vererbt haben könnte. Kolonel Codys Leben ist ein gut Stück Geschichte des amerikanischen Aufschwunges um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts und in seinen Anfängen umwittert vom Glänze der Indianerromantik, die er selbst auch in ihren weniger angenehmen Bestandteilen häusig genug erproben mußte W. F. Cody wurde zuerst einer größeren Oesfentlichkeit bekannt als der kühnste Bereiter des logenanntenPony-Expreß", des Post- dienst««, der im Frühjahr 1860 von Pikes Peak Expreß-Compagnie mit Pferden eingerichtet wurde, um die Post über Land von St. Joseph , Missouri , nach Sacramento , Kalifornien , zu befördern. Jeder Reiter mußte 75 Meilen pro Tag zurücklegen, was im Hin- blick auf dos damals noch völ.ig unkultivierte und unwirtliche Land und die feindliche Haltung der Indianer nicht ungefährlich war. Als die Pony Expreß Co nach Eröffnung der Pacific Telegraphic Compagnie eingestellt wurde, trat Cody in den amerikanischen Heeresdienst ein. Er nahm am Nordamerikanischen Bürgerkrieg und einigen Kriegen gegen die Indianerstämme teil und siel überall durch sein rückstchtslos-oerwegenes Draufgängertum auf. 1867 er- warb er sich feinrn BeinamenBuffalo Bill "(Büffel-Willy): er trat in den Dienst der Kansas Pacific Eisenbahn und übernahm es. das Personal der Bahn, das auf einigen Linien von der Außen- well abgeschlossen war, dauernd mit frischem Büffelfleisch zu ver- sorgen. Später organisierte er große Jagden auf Büffel und anderes Wild, die ihn weltbekannt mochten. Wenig in Ueberein- stimmung mit seinem Charakter war seine Gastrolle als Mitglied de» Abgeordnetenhauses des Staates Nebraska . Er verzichtet« denn auch lehr schnell auf eine politische Lausbahn und trat mit einer Wild West Show " eine Welttourne«, u. a. nach Europa an, wo er sich als Held der Wildnis anstaunen ließ. Ihm jetzt ein Museum zu errichten, paßt prächtig zu dem amerikanischen Geiste der Der- herrlichtmg aller physischen Talente..

Die Mufitseele öer Masthinen. Von Mathilde o. Leinburg . Edison prophezeite kürzlich, durch die Weiterentwicklung der Technik und des Verkehrs werde sich das ohenbetäubende Lärmen von Dampfhämmern, Fabriksirenen ufw. mit der Zeit so steigern, daß in hundert Iahren die gesamte Menschheit taub sein werde. Wir Menschen der alten Welt wollen jedock hoffen, daß wenigstens uns die Erfüllung dieser Prophezeiung erspart bleiben möge. In Ame- rika, dem.Land der Maschine", oder, wie es auch genannt wird. demLand ohne Musik", hat dieholde Kunst" Musik ja ihren lärmenden Auswuchs, die Jazzmusik, gezeitigt. Ein deutscher Medi- ziner, Prof. Venzmer, schildert diese, nur in Amerika in unver- fälschter Echtheit vernehmbare Jazzmusik als dievertont« rhylh- mische Dynamik der Maschine selbst".So sehr empfinde ich das," erzählt er,daß ich beim Anhören von manchen Iazzstücken so- bald ich die Augen schließe alsbald im Geiste eine riesige Ma- schine vor mir sehe, deren Kolbenstangen auf und ab greisen: auf und nieder, in nimmermüden, immer gleichbleibendem Takt. Für alles an der Maschine gibt es entsprechende Analogien in dieser Musik: für das gemütliche Sichaneinander-Vorbeischieben der Exzenter, für die brausend aus- und abjagenden Pleuel, für den zischend ausströmenden Dampf, für das Surren der Turbine und das Brummen des Elektromotors. Und zwischen alledem glaubt man die bald lachenden, bald klagenden Stimmen van Menschen zu hören: von Menschen, die indessen nichts Individuelles mehr an sich haben, sondern die in ihren Lebensäußerungen an den Rhythmus der Maschine gekoppelt, auf das Rad der Maschine geflochten, im Mechanischen aufgegangen, eins mit ihm geworden scheinen." Die modernen Komponisten lockt es, den Geräuschen der Maschinen musikalisch verwertbare Ideen zu entnehmen. England beglück- wünscht sich zu einemDampfer-Komponisten", Eugen Goosens, der unter den: Gefamt-Titel:Schiffe" drei Orchesterpräludien ge- schrieben hat: diese drücken alle Tonmelleneffekte instrumental aus. die einSchlepper" einPaketboot" und ein anderesSchiff" hervorzubringen vermögen Der Tscheche Ernst Krenek führt in seiner zweiaktigen OperJonny spielt auf " das ganze Nachtgetriebe auf einem Bahnsteig, den ankommenden und abfahrenden Expreß- zug, in Tönen auf der Bühne vor. Den Höhepunkt des aus dem heutigen Zeitgeist geborenen tonkünstlerischen Schaffens hat schon vor Krenek der Schweizer Arthur Honegger erreicht. Honegger sucht in einer bloß zehn Minuten währenden musikalischen Studie: Po- cific 231" auch das Seelisch« einer Maschine zu erfassen, er schildert das Seelenleben einer Lokomotive! Er gestaltet nicht bloß den Ur- grund aller Musik, den Rhythmus dieses Zischens und Brausens einer abfahrtbereiten Lokomotive, den Rhythmus des Anfahrens mit dem schweren Schnellzug und sein gleichmäßiges Dahinjagen mit 90 Kilometer StundeMcmpo usw., er wirkt nicht nur tonmalerisch faszinierend: diesem der Tonkunst seiner Zeit im Lokomotiventempa vorauseilenden Neutöner, der, wie er selbst von sich sagt, von jeher Lokomotiven so leidenschaftlich geliebt hatwie andere Männer Frauen oder Pferde", ist es tatsächlich gelungen, daß der Zuhörer die realen Lärmerscheinungen des geschilderten Maschinenungetüms fast vergißt und wirklich ein selbsttätiges und selbstmitfühlendes Wesen der Maschine zu erkennen vermeint. Ein deutsches Film- unternehmen hat diesesSeelenleben einer Lokomotive" optisch zu illustrieren versucht, ivozu zwei aus zwei Apparaten übereinander projektierte Filme verwendet werden. HoneggersMouvement symphonique" so nennt der Komponist seine Gestaltung des visuellen Eindrucks und physischen Genusses", deneine Lokomotive vom Typus Marke 231 für Gütereilzüge" verschafft, hat solche sichtbare Beigabe nicht erst notwendig, denn auch bei dieser Schöpfung bewahrheitet sich, wie Schopenhauer da» Verhältnis der Musik zu allen Dingen definiert«:Aus dem innigen Verhältnis, das die Musik zum wahren Wesen aller Dinge hat, ist auch dies zu er- klären, daß, wenn irgend einer Szene, Handlung, Vorgang, Um- gebung, eine passende Musik ertönt, diese uns den geheimen Sinn derselben aufzuschließen scheint und als der richtigste und deut- lichste Kommentar dazu auftritt." Die Bewältigung einer solchen völlig neuen Aufgabe für da» Orchester ist nicht bloß für den Dirigenten eine hervorragend» Leistung. Wenn auch zu Beginn des Werkes, der das ruhige Pfauchen der Maschine im Stillstehen malt, noch manches Orchester- Mitglied sich nur mit sichtlicher Heiterkeit an seinen Part macht beim allmählichen Anwachsen der Schnelligkeit, bis zu dieser es läßt sich nicht anders ausdrücken! für das Ohr atemraubsndeu Pathetik ihres lyrischen Hochstands, wird jeder Mitwirkende und jeder Zuhörer derart mitgerissen, daß man zum Schlüsse eine erhoben« Erregtheit in sich fühlt, wie sie sonst nur das Schöne erzielt.

Der mechanische Souffleur. Eine französische Zeitschrift be> spricht eingehend eine Erfindung, auf die kürzlich ein Patent erteilt worden ist und die, wenn sie praktisch angewandl werden sollt«, den Souffleur im Theater überflüssig machen soll. Es handelt sich um einen mit einer optischen Vorrichtung versehenen Appaprat: Blätter, auf denen die Rolle abgedruckt ist, rollen langsam auf eiiwr Trommel ob, deren Umdrehungen verlangsamt oder beschleunigt werden können. Der Schausvieler erhält dadurch die Gelegenheit, sein« Rolle Zeile für Zeile ablesen zu können, ohne daß die Vorrichtung dem Publikum sichtbar wird. Die Frage, ob es sich hier wirklich um einen Fortschritt handelt, ist indessen pu verneinen. Jeder Schau- spieler wird, wenn er auch den Souffleur nur als notwendiges Uebel bewertet, ohne weiteres bestätigen, daß ein geschriebener T«xt, wenn er ihm auch noch so klar vor Augen geführt wird, niemals den Souffleur zu ersetzen vermag. Wenn der eine Schauspieler zum Vorlesen von hundert Zeilen fünf Minuten braucht, so benötigt ein anderer ungleich längere Zeit, weil zwischen zwei Künstlern Hinsich:. lich der Intonation, der Atempausen und der Schnelligkeit der Sprach« ausnahmslos mehr od«r weniger groß« Unterschiede be- stehen. Der mechanische Souffleur funktioniert aber mit der Regel- Mäßigkeit eines Uhrwerk» und kennt kein« rhythmische Disferenzie- rung. Keine Erfindung wird deshalb den Souffleur ersetzen können. au» dem Grunde, weil beim Wettbewerb zwischen Mechanik und Intelligenz jene stets den kürzeren ziehen wird. künstliche vefruchtting. Moderne Züchter verwenden schon seit längerer Zeit bei ihren Pflegetieren die künstliche Befruchtung, wenn besondere Umsländ-e dies erwünscht erscheinen lassen. So wird be- richtet, daß der Silberfuchs, der in der Farm oft sehr nervös ist, gut durch künstliche Uebertragung befruchtet werden kann. Die wissenschaftliche Biologie hat schon manchmal bei den Züchtern etwas gelernt. Vielleicht wird die noch ganz im dunkeln liegend« Bastard- lehre auf dem Wege eines systematischen Studiums der Wirkungen künstlicher Befruchtungen etwa? aufgehellt werden. Die künstliche Befruchtung sst nämlich das Mittel, um Konstellationen willkürlich herzustellen, die vielleicht einmal in Millionen Jahren irgendwo von selbst in der Natur auftreten. Die Frage ist deswegen von Bedeu- tung, weil für den Darwinismus wichtig ist, ob alle Arten durch langsame Veränderungen auseinander entstanden sind, oder ob es außerdem nachträglich entstandene Arten, die sich durch Kreuzung gebildet haben, gibt. Letzteres wird meist bestritten, mit dem Hin- weis darauf, daß Bastarde unfnichtbar sind.(Maulesel.) Unser« Bastarderfahrungen sind aber sehr gering, und man kann au» ein- zelnen Erfahrungen kein Naturgesetz ableiten. Di« künstliche Be- fruchtung gestattet, den einzelnen und zufälligen Beobachtungen und Erfahrungen ein systematisches Forsche» an die Seit« zu stellen.