Kaum auf irgendeinem anderen Gebiete zeigt sich der unsoziale Charakter des heutigen Kurses so deutlich wie bei diesem Streit um die Verlängerung des Mieterſchuzes. Hier stehen zweifellos die Interessen von 99 Proz. der gesamten deutschen Bevölkerung dem Interesse einer ganz kleinen Minderheit von Interessenten gegenüber. Daher darf es keine Entscheidung geben, die diesen Tatbestand außer acht läßt und zu einer Erschütterung führen würde, die den Anfang einer unendlichen Rette von Einzelfämpfen darstellt, die das Ver hältnis von Mietern und Hausbesizern in zahllosen Fällen aufs neue erbittern würde.
Deutschnationales Verleumdergesindel. Die deutschnationale Breffeftelle arbeitet mit gefälschten Briefen.
Der„ Tägliche Dienst für nationale Zeitungen", das ist Der Tägliche Dienst für nationale Zeitungen", das ist die von Herrn v. Jedlin herausgegebene offizielle die von Herrn v. Jedlin herausgegebene offizielle Korrespondenz der Deutschnationalen Partei, veröffentlicht ein paar Säße aus einem angeblichen Brief, den ein angeblicher ,, englischer Offizier, der im Weltkrieg dem Nachrichten dienst seiner Armee angehörte", geschrieben haben soll. Diese dienst seiner Armee angehörte", geschrieben haben soll. Diese Säße lauten:
Kein Land ist so großzügig in praftischer Betätigung seines Dantes wie England. Es ist des britischen Volfes unwürdig, den Eifer zu vergessen, mit dem die sozialistischen Parteien in Deutschland im Kriege für uns gearbeitet haben. Wir haben ja damals freilich für ihre Dienste gezahlt; aber das genügt nicht. Ich schlage vor, daß man an einem geeigneten Platz in der Reichs= hauptstadt ein Denkmal errichten möge mit folgender Inschrift: " Diefes Denkmal ist von dem britischen Bolle errichtet worden als cin Zeichen feines bleibenden Dankes gegen die republikanischen Parteien des Deutschen Reiches, die im großen Kriege der Sache der Berbündeten so wertvolle Dienste geleistet haben.
Die deutschnationale Parteiforrespondenz begleitet dieses Zitat mit folgender Erläuterung:
Wieder ein Dokument der landesverräte rischen Tätigkeit der Sozialisten im Kriege!
Als Quelle für dieses Dokument", an defferi Echtheit die deutschnationale Parteiforrespondenz feinen Zweifel ertennen läßt, wird ein--Brünner Montagsblatt" angegeben.
Selbst der dümmste Leser deutschnationaler Zeitungen müßte nach fünf Sekunden Nachdenken erkennen, daß es sich um eine ganz ungewöhnlich plumpe Fälschung handelt. Der ungenannte Offizier des englischen Nachrichtendienstes, der sich an ein deutsches Montagsblatt in Brünn in der Tschechoslowakei mendet, um ihm sein Herz auszuschütten, ist zweifellos mit irgendeinem Schmutzfinken identisch, der in irgendeiner hakenkreuzlerischen Winkelredaktion sein dunkles
Wesen treibt.
Der deutschnationale Pressedienst aber behandelt dieses mißglückte Fälscherstück eines Schwachsinnigen als ein beweiskräftiges Dokument. Auf Grund dieses Dokuments erhebt er gegen die Sozialdemokraten die Beschuldigung, daß fie im Kriege von England bezahlt worden seien.
Daß der Brief aus dem Brünner Montagsblatt" nichts gegen die Soizaldemokratie beweist, darüber braucht fein Bort verloren werden. Er beweist aber etwas anderes, nämlich die Verlumptheit der größten Regierungspartei", die mit solchen Waffen ficht.
Bemerkt werden muß übrigens, daß sich die bodenlos schmutzige Verleumdung des deutschnationalen Pressedienstes nicht nur gegen die Sozialdemokraten, sondern gegen die republikanischen Parteien des Deutsch en Reiches überhaupt richtet. Das Fälscherstück wendet sich mit seiner vergiftenden Tendenz nicht nur gegen die Sozialdemokratie, sondern auch gegen das Zentrum!
Wir gratulieren dem Zentrum zu diesem Bundesgenossen. Wir wünschen ihm ganz besonders herzlich Glück dazu, daß es mit ihm in den nächsten Wahlkampf ziehen will!
Die Idee des Volkstheaters.
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Verschiebung- Schiebung.
Stalin sorgt für einen Mameluckenkongreß. Die oppofitionelle Fahne des Kommunismus“ ergänzt die siebenfach zensurierte und frisierte Berichterstattung der Roten Fahne" über die letzte Plenarsizung der Exekutive der kommunistischen Internationale in interessanten Punkten. In der Erklärung Trottis auf dem Plenum heißt es: ,, Der Anschlag, die Genossen Trozti und Wujowitsch aus der Exekutive der Komintern auszuschließen, ist eine ebenso schreiende Verlegung des Statuts der Komm. Internationale, wie die Nichtzulassung des Gen. Sinomjem zur Sigung der Exekutive. Beides ist der Ausdruck der ideologischen Schwäche und der Stalins aus, vor deren Gefahren Lenin in seinem Testament ge
bureaukratischen Willkür. Beides drückt am deutlichsten die Linie warnt hat. Anstatt die offenkundigen Fehler der Führung zu forrigieren, die der Partei schon so teuer zu stehen gekommen find, will Stalin diejenigen loswerden, welche diese vorhersehen und vor ihnen warnen. Der unmittelbare 3 med der Nichtzulassung Ginowjews und des Versuchs, Trotzki und Wujowitsch auszuschließen, ist, den VI. Beltfongreß vor Kritit zu bewahren. Darauf soll der Ausschluß der Oppositionellen aus dem 3K. der KPdUSSR. erfolgen, damit auf dem entsprechend vorbereiteten 15. Barteitag feine einzige Stimme der Kritik erschallen tann. Durch derlei unwürdige Maßnahmen kann man nur die Autorität des VI. Rongresses der Komintern untergraben. Inzwischen ist die Einberufung des VI. Kongresses unerwarteterweise durch einen Beschluß der Exekutive von gestern ohne Diskussion noch um ein ganzes Jahr verschoben worden( auf vier Jahre nach dem V. Kongreß). Der Zweck dieser Verschiebung ist, die Internationale vor pollendete Tatsachen zu stellen, insbesondere in bezug auf die Opposition, und vom Kongres lediglich noch die nachträgliche Sanktionierung des Geschehenen zu fordern."
Der sechste Weltkongreß der Kommunisten soll über die drohende Kriegsgefahr" beraten. Die Kriegsgefahr" droht so sehr, daß Stalin die Beratung um ein Jahr verschieben läßt. Es ist ihm wichtiger, einen willfährigen Kongreß zu haben, von dem die Opposition ausgeschlossen ist, als selbst nach außen hin den Schein aufrechtzuerhalten, als wäre es der russischen Regierung und den Kommunisten ernst mit dem Propagandagerede von der drohenden Kriegsgefahr". Die droht nur, damit Konsolidierungsversuche der Kommunisten angestellt werden können.
Eine Zivilklage gegen Verleumder. Die angebliche Waffenschiebung nach Lettland .
Die Angriffe, die das völkische Hehblatt Fridericus" Ende vorigen und Anfang dieses Jahres gegen Scheidemann wegen angeb. licher Beteiligung an einer Don Parvus- Helphand angeblich be. gangenen Waffenschiebung nach Lettland gerichtet hatte, lagen einer 3ivillage zugrunde, die heute den Einzelrichter der 26. Zivilfammer des Landgerichts I beschäftigte. Das genannte Hebblättchen hatte auch behauptet, daß dieses Waffengeschäft bei Justizrat Werthauer abgeschlossen worden sei und daß dieser für seine notarielle Tätigkeit 30 000 Mark erhalten habe. Justizrat Werthauer klagte fowohl gegen den verantwortlichen Schriftleiter F. C. Holz, wie gegen den Verlagsdirektor Stanke und schließlich auch gegen die Druderet, lichungen, die geeignet feien, ihn zu schädigen. den Gutenberg- Verlag, auf Unterlassung derartiger Veröffent
Lettland hervorgingen. Als ber Berteidiger weiter feinem Erstaunen darüber Ausdruck gab, daß der Privatkläger nicht vor den Strafs richter gegangen sei, erwiderte Rechtsanwalt Dr. Straßner, es gäbe gewisse hartnädige Angriffe, denen man erfahrungsgemäß eher mit dem 3ivil als mit dem Strafrichter wirkungs voll begegne.
Nach längeren Auseinandersetzungen zwischen beiden Parteien beschloß der Richter Beweiserhebung und überwies zu diesem Zweck den Rechtsstreit an die Ziviltammer.
,, Wille zur Ausgleichspolitik" oder„ Anfang der Selbstbesinnung".
Und was hat Stresemann nun gefagt?" Oh, daß man es nieder
So jammert die„ Großdeutsche
schreiben muß, daß man die Feder nicht zerbrechen darf, bevor sie herige Politik fortsetzen wolle!" ben Jammer aufs Papier bringt: Er hat gesagt, daß er seine biswarte" oder auch„ Das Deutsche Tageblatt" über Stresemann , den Außenminister der Deutschnationalen. Aber die„ Deutsche Tageszeitung" entdeckt in der gestrigen Reichstagsdebatte einen„ Anfang zur Selbstbesinnung", schüchtern noch, aber doch erkennbar, den Willen, sich nicht für alle Zukunft zum Spielball gegne rischer Willfür herzugeben."
Doch taum ist dies Wort deutscher Mannhaftigkeit entfahren, möchte fie's im Bufen gern bewahren. Im selben Kommentar zur Reichstagsdebatte gesteht sie zu:
,, Der Wille, die Ausgleichspolitit nach Möglichkeit fortzusehen, ist als solcher deutlich zum Ausdrud gekommen." Also wozu denn der Vorwurf an die Presse der Linken, daß aus ihren Berichten der Leser nur herausgelesen habe, daß die bisherige Außenpolitit fortgeführt werde? Der Leser der Rechten fann auch aus der Deutschen Tageszeitung" nichts anderes herauslesen, als daß die„ Berzichtspolitik Rathenaus Wirths und Stresemanns auch von den Deutschnationalen unentwegt fortgeführt wird.
Nochmals die Maasfestungen.
Früher von Preußen gefordert.
Brüffel, 25. Juni. ( Eigener Drahtbericht). Der Bericht des Außenministers Vandervelde zu den Entschließungen des deutschen Reichstagsausschusses tommt zu dem Schluß, daß Reichstagsab geordneter Professor Dr. Bredt mit seiner Behauptung, die Errichtung von Forts an der Maas habe eine Deutschland feindliche Maßnahme dargestellt, sich damit zufrieden gegeben habe, das zu wiederholen, was während des Krieges behauptet worden ist. Pflicht des Herrn Bredt als Sachverständiger des Untersuchungsausschusses sei es gewesen, nichts ohne Beweis zu behaupten. Er hat feinen Beweis erbracht. Wenn er das versucht hätte, hätte er im Gegenteil den Be weis für ihre Falfchheit gefunden, vor allem in dem Archiv des Außenministeriums und dem des Kriegsministers in Berlin . Er hätte Instruktionen an den Grafen Brandenburg gefunden, daß er die Maasbefestigungen verlangen solle, und die an den Obersten v. Olberg und dessen Berichte. Er hätte auch die Berichte des Militärattachés in Brüssel während des Baues der Forts gefunden, der seine Regierung auf dem laufenden gehalten haben muß. Die Unterlassung des Herrn Bredt ist charakteristisch für den Mangel an Objektivität, mit dem gewisse Berichte des Untersuchungsausschusses des Reichstages abgefaßt sind.
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In den Verhandlungen betonte Rechtsanwalt Dr. Straßner, als Das der belgischen Kammer vorgelegte Gutachten bezieht sich Bertreter des Klägers, daß die Klage auch ohne Beweiserhebung auf das Gutachten Prof. Bredts Der deutsche Reichstag im Weltaus rechtlichen Gesichtspunkten begründet sei, und daß auf Grund triege", in dem die Borgeschichte der belgischen Neutralitätsverlegung eidesstattlicher Versicherungen über die Unrichtigkeit dieser Behaupturz gestreift wird.( Die eigentlichen Untersuchungen tungen bereits zwei einstweilige Verfügungen erwirtt über diese Vorgeschichte sind noch nicht abgeschlossen, infolgedeſſen worden seien. Das Vorgehen des Blattes laffe die Befürchtung auf auch noch nicht veröffentlicht.) Wann der Wunsch des preußischen kommen, daß es auch fünftighin mit derartigen Veröffentlichungen Königs oder deutschen Kaisers an Belgien , Maasbefestigungen zu auftreten werde, und nach Auffassung des Kammergerichts genüge diese Besorgnis, um der Klage auf Unterlassung stattzugeben. Rechtsbauen, ergangen ist, fonnte im Augenblid noch nicht festgestellt anwalt P. Bloch als Verteidiger der Beklagten bat, sowohl Oberwerden. Es handelt sich jedenfalls um Wilhelm I. und Leopold II. , bürgermeister a. D. Scheidemann wie auch den Konkursder seit 1865 regierte. Der Graf Brandenburg, der in der Meldung verwalter für das Bermögen Parvus- Helphands zu vernehmen, da zitiert ist, war offenbar der preußische und deutsche Gesandte in aus den hinterlassenen Büchern die Einzelheiten des Geschäftes nach Brüssel , der 1888 aus dem Amt schied.
Zum ersten Arbeitstag des Volksbühnentages. Magdeburg , 24. Juni, Der erste Arbeitstag des Voltsbühnentongresses beginnt mit einem furzen Referat des Geschäftsführers Dr. Nest riepte, das den Jahresbericht erläutert. Es folgt der Kaffenbericht, den Geilgens( Berlin ) erstattet und der im ganzen ein günstiges Bild zeigt. In einer kurzen anschließenden Ansprache stellt Winkler ( Berlin ) die Forderung, daß mehr als bisher geschehen müsse, um fulturreaktionäre Bestrebungen abzuwehren. Reichstagsabgeord neter Schreck( Bielefeld ) sieht einen Mangel der Erfolge im Kampfschaftskampf in diesem Zusammenhang als ein Stück Kulturkampf. gegen solche Bestrebungen vornehmlich in einer gewissen Stumpfheit der Massen. Mit diesen Bemerkungen ist die Diskussion zum Geschäftsbericht überraschend schnell beendet. Die beantragte Entlastung des Kaffierers erfolgt einstimmig.
fahr werden, die auch durch die neuen Zwedverbände( Gewerrschaften, Barteien usw.) nicht völlig gebannt werden könne. Indessen weise hier das 20. Jahrhundert doch einen entscheidenden Fortschritt gegen über dem 19. auf. Mard fährt fort: Trägerin eines fulturellen Willens kann nur die organisierte Masse sein, und zwar eine befeelte Masse. Kultur tann nie Erlebnis werden, wo nicht schöpferische oder wenigstens nachschöpferische Fähigkeiten lebendig sind. Reine 3wangs- und feine Fürsorgetultur vermag den Kulturwillen der Masse zu befriedigen, auch nicht die Hinführung des einzelnen zu der Ideenwelt des klassischen Idealismus. Marc sieht als Ausgangspunkt des Kulturwillens der Masse das Bewußtsein des einzelnen, Glied einer Klasse zu sein. Er fennzeichnet den modernen Wirtkampf der Masse nicht in einem Parteikampf der Maffe erschöpfen Er betont aber auch nachdrücklich, daß sich der kulturelle Befreiungs fönne. Es folgt eine glänzende, feinsinnige Auseinanderregung mit den Ideen des russischen Proletkults", der nur ein Aufgehen des Darauf spricht Universitätsprofessor André Jolles über das einzelnen in der Masse als Kultur der Zukunft anerkennen wolle, Thema„ Die Idee des Boltstheaters im Wandel der herrlichung der Technik und des Amerikanismus kommt und der zu der zu einer Apotheose der Masse bei gleichzeitiger merkwürdiger Ver3eiten". Er legt zunächst dar, wie alle dramatische Kunst aus fultischen Rauschzuständen herausgewachsen sei und sich stets ihrem gleich auch die Einreißung aller Schranken zwischen Theater und Ursprung gemäß eine bestimmte Sprechform, eine bestimmte Bewe Wirklichkeit propagiert. Mard kennzeichnet diese Theorien ats spezi gungsform und eine bestimmte Bauform geschaffen habe. Er erfisch asiatisch und bedingt durch den Stand der wirtschaftttchen und läutert dies sehr anschaulich an drei Beispielen, am Theater 2lt- fozialen Entwicklung Rußlands . Er lehnt die lebertragung der griechenlands , am mittelalterlichen Mysterienspiel und am javanischen Proletkultidee auf das Abendland entschieden ab. Er wendet sich mit Schattenspiel. Er zeigt, wie aus den fultischen Vorausseßungen der letarische Kultur" zu pflegen. Der Kampf des Proletariats gleicher Entschiedenheit gegen das Berlangen, eine bestimmte pro. Griechen das attische Theater zu seiner spezifischen Eigenart im Auf- fönne nur llebergang bedeuten. Und die Güter der bürgerlichen bau, in der Darstellung und in der Anlage der Spielstätten fam, Rultur dem Proletariat nahezubringen, sei von unerhörter Wichtig. und wie aus der besonderen Art des christlichen Kultes der ganz feit. Besondere Zustimmung finden seine Ausführungen gegen geanders geartete Handlungsablauf und die hier so grundverschiedene wisse Kreise, denen die Masse das geeignete Feld für alle möglichen Gestaltung des Schauplazes beim Mysterienspiel entstehen mußte; ähnlich charakterisiert er die Zusammenhänge zwischen der malaiischen fünstlerischen Experimente zu sein scheine. Notwendig sei zunächst Kultur und dem Schattenspiel, das sie hervorbrachte. Wentgstens in eine sehr schlichte Erziehungsarbeit, die vor allem das„ Erbgut" der Kultur vermittle. Natürlich müßte aber Auge und Ohr dabei für Verwandlung der Gemeinschaft. Aus der Kulthandlung entwickelte alles Neue offen bleiben. Zum Schlusse spricht Mard noch mit übersich die Kunsiform, die dann allmählich zu einem objektiven Gebilde zeugenden Argumenten gegen ein Bolkstheater, das sich als rein mit eigener Eriſtenz wurde, aber immer noch fähig blieb, die Gepolitische Propagandaſtätte gebe.( Lang anhaltender, stürmischer
der Vergangenheit war nach Jolles das Theater immer Ausdruck,
meinschaft auf sich selbst zurückzuführen. Die Kulturgeschichte des Abendlandes führte freilich immer mehr eine Lösung des Theaters von der Gemeinschaft herbei. Sprechform, Bewegungsform und Bauform wurden selbständig. Ihre Träger verloren das Bewußt sein, Diener der Gemeinschaft zu sein. Dies brachte manche Wider sprüche zur Gemeinschaft. Jolles schließt seine fesselnden Ausführungen, indem er die Frage aufwirft, ob es der Boltsbühnenbewegung gelingen werde, wieder eine Gemeinschaft als Grundlage des fünftigen Theaters zu schaffen, das dann Ausdruck dieser Gemeinschaft wird, ohre die Frage endgültig zu beantworten.
Den mit äußerster Aufmerksamkeit verfolgten und lebhaft applaudierten Ausführungen von Jolles schließt sich ein Vortrag von Universitätsprofessor Dr. Mard( Breslau ) an, der die Verhandlungen zu einem glänzenden Höhepunkt führt. Mard beginnt mit einer Untersuchung des Begriffs Maffe". Er behandelt die Maffe in ihren verschiedenen Erscheinungsformen und zeigt die Funktionen Der un organisierten mie der organisierten Masse im Schicksal der abendländischen Gegenwart. Der Zerfall der familiären und religiösen Bildungen lasse die unorganisierte Masse als Zerfallsprodukt zur Ge
Beifall.)
Eine anschließende Aussprache bringt zunächst sehr intereffante Ausführungen von Lic. Moering( Breslau ), der den Kulturmillen der heutigen Maffe als ein noch recht zartes Pflänzchen bezeichnet und gewiffe Literaten davor warnt, fich ein falsches Bild von der Masse zu konstruieren. Er betont, daß der Kulturwille der Masse eine Führung brauche. Er kommt aus diesen Gevunkengängen heraus zu der Forderung, mehr als bisher geistige Werte zu suchen, denen sich der einzelne unterzuordnen habe. Spohr( Berlin ) verweist auf den Ausbau einer fünstlerischen Festfultur as Weg zu einem neuen Gemeinschaftsgefühl. Dr. Ba ch( Wien ) unterstreicht im wesentlichen die Ausführungen Mards und betont besonders die Not wendigkeit der Ablehnung bolschewistischer Diktaturmethoden in der Volksbildung. Der Vorsitzende Kurt Baate vertagt darauf die Verhandlungen auf den Sonnabend.
Erstaufführungen der Woche: Freitag: Boltsbühne: 3u ebener Erde und erster Stod". Komödie: Der teuje Lebemann Sona abend: heater am Rollendorfplat:, Der Fußballtönig.
Borsicht! Bombe!( Theater in der Kommandantenstraße.) Musitalischer Schwant in drei Aften von Karl Tensor, der wohl Rosenthal heißen mag und so viel Geld hat, daß er diese Aufführung finanzieren fonnte. Borsicht" möchte man als Kommando gelten lassen. Aber die Bombe plagt nicht, und es gibt keinen Bombenerfolg, weil fein Wig zündet und weil Humor mit Geschmacklosigkeit verwechselt wird. Etwas Faberes als diese Angst vor einem harmlosen Paket, das angeblich eine von russischen Anarchisten gelieferte Bombe enthält, gibt es faum. Und der Jüngling, der da an allen Nerven bibbert, bis er unter die Dusche gejezt und in die Anstalt transportiert werden muß, fällt meiß Gott auf die Nerven. Seine Ungelentheit im Sprechen wird durch die gleiche Untugend im Tanzen nicht wettgemacht. Sänge man tanzende Edmund Révy ein Recht auf den Tenor. Was aber statt mit der richtigen Kehle mit der Kniekehle, jo hätte der flott soll vollends das reizend junge und herrlich unbegabte Fräulein Gertrud Ranih auf der Bühne? Zurück unter Baters Fittiche! Frizz Beatmann hat teine Rolle, Rudolf Presber feine Couplet- Pointen. Lucie Guber macht als Dienstbote ihre Sache gut und aus dem ganzen Dilemma von schlechtem Stück und fongenialer Theateret rettet nur die raffige, temperamentvolle, begabte Victor Holländer hätte nicht dirigieren Elfie Dupont. sollen. Seine Komponistenfeder ist rostig geworden. Aber im Ruffenlied und im Chanson von der alten Droschfenfahrt zeigt er noch immer die geübte, saubere Hand. Vielleicht können wir solche find. Aber ich glaube, an der Geiftlosigkeit diefer Bosse beißen sich Altväterweisen und stücke nicht mehr ertragen, weil wir blafiert Großväter wie Entel vergeblich ihre Goldzähne aus, draußen im Often, wie draußen im Westen. Und gelacht haben nur wenige.
K. S.
Neuregelung des Unterrichts in den Baugewertschulen. Der
Lehrplan für die preußischen Baugewerkschulen, der ſeit dem Jahre Lehrplan für die preußischen Baugewerkschulen, der seit dem Jahre 1908 feine Veränderung erfahren hat, ist jetzt nach den grundlegenden Umstellungen der wirtschaftlichen Verhältnisse umgearbeitet Bedürfnissen der Praxis anzupassen. Für die Zukunft wird an morden, um die Ausbildung des jungen technischen Nachwuchses den den Baugewerkschulen nicht nur das fonstruktive, sondern vor allem auch das wirtschaftliche Bauen im Unterricht berücksichtigt werden. Die Schüler werden so ausgebildet, daß sie nach dem Eintritt in die Praxis möglichst schnell selbstschaffende Arbeit leisten können. Ein langsames Hineinwachsen in die Aufgaben ihres Arbeitsbereichs ist in der heutigen Zeit ja nicht mehr möglich. Die einzelnen technischen Unterrichtsgegenstände werden ganz auf die Wirtschaftlichkeit im Bauwesen eingestellt. Die staatsbürgerkundlichen Westerweisungen find durch neue Richtlinien einheitlich zusammengefaßt worden, um die lebendige Teilnahme am Gemeinschaftsleben des Volkes und eine freudige Bejahung des Staatsgebantens zu fördern. Im Lehr. plan wird jezt auch auf die förperliche Ertüchtigung der technischen Jugend durch die Einführung von Leibesübungen Rücksicht genom men. Bei alledem ist die Gesamtstundenzahl des schulmäßigen Unterrichts bedeutend herabgesetzt worden, um den Schülern Gelegenheit zu selbständigen Arbeiten und doch auch wieder zur Ent spannung zu geben. Durch diese Stundenminderung wird eine Herablegung der Leistungen nicht befürchtet, vielmehr ein schnellerer Unterrichtserfolg durch die Einstellung des Lehrstoffes auf die Be dürfnisse der Gegenwart erwartet,