Gibt es eine wochenenöfteuer? Die Omnibusfahrt als„Lustbarkeit".
Wochenendsteuer? Gibt es denn so etwas auch? Jawohl, auch das kann man in Berlin haben! Ein« Zeitungsnachricht hat darauf hingewiesen, daß die städtische Hauptsteueroerwaltung d i e Wochenendfahrten der„Allgemeinen Berliner Omnibus-Aktien-Gesellschaft" als L u st b a r k e i t behandelt und mit Steuern belegt. Nicht nur die teuren Fahrten, die bis zu 12 Mark kosten und dem Minderbemittelten als unerschwinglicher Luxus gelten müssen, werden kräftig besteuert. Auch von den billigeren Fahrten, z. B. von den Fahrten nach Wandlitzsee für 1,50 Mark, wird«ine Steuer genommen, die mit 10 Proz. des Fahrpreises für«in nicht allzu leistungssähiges Porte- monnaie immer noch empfindlich genug ist. Die ch a u p t st e u e r- Verwaltung antwortet auf die gegen sie gerichteten An- griff« mit folgender Erklärung, die sie durch das Nachrichtenamt des Magistrats verbreiten läßt: „Die Heranziehung der Wochenendfahrten der„Aboag" zur V e r g n ü g u n g s st e u e r Hot zu der Frage Veranlassung ge- geben, wie sich diese Besteuerung mit den Bestrebungen des Magi- strats zur Förderung des Wochsnendgedankens vereinbaren ließe. Di« Wochenendfahrten der„Aboag" nach Rheinsberg , Fürstenberg und Freienwalde sind Vergnügungsfahrten im Sinne der Berliner Vergnügungssteuerordnung und als solche steuerpflichtig. Der Um- stand, daß die„Aboag" sie veranstaltet und daß sie nur zum Wochenende ausgeführt werden, macht ste nicht steuerfrei. Die „Aboag" steht nicht anders da als die übrigen Rundfahrt- und Vergnügungsfahrtunternehmer, die schon seit Iahren die Der- gnügungssteuer zahlen. Ihre Wochenendfahrten sind genau so zu beurteilen wie die Vergnügungsfahrten der übrigen Unter- nehmer. Sic frei zu lassen, würde einen groben Verstoß gegen den ersten Grundsatz des Steuerrechts, den Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung aller Steuerpflichtigen, bedeuten. Außerdem würden sich die übrigen Unternehmer mit Recht über diese Bevorzugung ihres Konkurrenten beschweren. Bezüglich der Höhe der Steuer, die bei einem Fahrpreis von 12 Mark angeblich 5 Mark betragen soll, ist zu bemerken, daß die reguläre Steuer 10 Proz. des Fahr- preise?, also bei 12 Mark nur 1,20 Mark beträgt. Wenn die „Aboag" zu einer höheren Steuer veranlogt worden ist, so hat sie dies selbst verschuldet, weil sie dem Steueramt jede
Auskunft über den Fahrpreis und die Zahl der Fahrgäste ver- weigert hat. Mangels dieser Unterlagen war das Steueramt ge» zwungen, die nach dem Fassunasvermögen der Wagen bemessene P o u s ch steuer zu berechnen. Die„Aboag" hat es in der Hand, für sich die gleiche normale Steuer von 10 Proz. zur Anwendung zu bringen, wenn sie die erforderlichen Angaben macht." Dieser Rechtfertigungsversuch der Hauptsteuerverwaltung kann allenfalls die ungewöhnliche Höhe der Steuer für die längeren Fahrten der„Aboag" verständlich machen. Ob man aber Fahrten ins Freie hinaus überhaupt besteuern soll, das ist eine andere Frage. Wer im Omnibus nach Wandlitzfe« fährt, muß eine Steuer zahlen! 3a, Ist es weniger„custbarkeit". aus der Eisenbahn zum Beispiel nach Freienwalde zu sahren? Hier hat die städtische Steuer- verwaltung wohl keine Möglichkeit, eine Steuer zu erheben— sonst hätte sie wahrscheinlich auch da- schon getan. In der W o ch e n e n d- ausstellung wird uns gezeigt, wie schön die nähere oder fernere Umgebung Berlins ist. Aber wenn nach den Mühen der Woche Erholungsbedürftige eine Sonntagsfahrt ins Freie machen, dann soll das eine steuerpflichtige custbarkeit sein? Wohlgemerkt: schon die Fahrt wird als Lustbarkeit besteuert, abgesehen von der Besteue- rung etwaiger Gartenmusik und ähnlicher Genüsse, die«in Aus- flugsort in den Gastwirtschaften bietet. Werden wir es nun noch erleben, daß vielleicht auch die Sonn- tagsstrahenbahnfahrten durch eine Steuer von 10 Proz. gleich 2 Pfennig versteuert werden? Möglich ist alles! Wer dann, um solcher Besteuerung zu entgehen, auf Schusters Rappen nach dem Grunewald, nach Tegel oder nach Treptow reist, darf sich wohl als„S teuerhinterziehe r" betrachten. Die städtisch« Steuerverwaltung verwendet viel Scharfsinn darauf, ihre Steuer- ordnungen durch immer schlauere Bestimmungen so zu verbessern, daß möglichst kein Steuerpflichtiger noch«in Loch findet, durch das er entwischen könnte. Nielleicht verfällt man aus den Gedanken, auch den auf jede Fahrt verzichtenden Wochenendler dadurch zur Be- steuerung seines bescheidenen Wochenendspazierganges heranzuziehen, daß man eine Stiefelsohlen st euer einführt.
Die preußische Elektrowirtschast. Durchbcratung des Gesetzes im Hauptausschuß des Landtags. Der Haupiausschuß des Landtags behandelte am Sonnabend und Montag den Gesetzentwurf über die Zusammenfassung der clektrowirtjchaftlichen Unternehmungen und Beteiligungen des Staates in einer Aktiengesellschaft. Genosse wäntig als Berichterstatter forderte eine stärkere Vertretung des Parlaments im Aufsichtsrat der neuen Gesellschaft. Der Redner der Deutschnationalen, Dr. v. Waldhausen, stimmte der Vorlage grund- sätzlich zu, wünschte jedoch die Vorlegung der abzuschließenden Fusionsverträge. Seiner Anregung, keine Parlamentarier in den Aufsichtsrat zu wählen, die die kapitalistische Wirtschast ablehnen, trat Genosse Lüdemann entgegen mit der Forderung, nur Abgeord- nete zu entsenden, die auf dem Boden der Gemeinwirt- schaft ständen und Gewähr für eine entsprechende Führung der Geschäfte böten. Aufgabe der neuen Gesellschast sei nicht die Er- zielung möglichst großer Ueberschüss«, sondern die v e r b e s s e r t e u nd oerbilligte Stromzusührung an immer weitere Kreise. Deshalb wünsche die Sozialdemokratie auch eine Zusammensetzung des Aufsichtsrats, die die Verbraucherinteressen berücksichtigt und den Mehrheitswillen des Landtags zum Ausdruck bringt. Genosse Leinert sprach für die Berücksichtigung der Arbeit- nehmerinteressen. Für die Deutsche Volkspartei verlangte Dr. Pinkerneil die Errichtung von Bezirksbeiräten als teil- weisen Ersatz der sortfallenden Aufstchtsräte der alten Gesellschasten. Die Demokraten stimmten dieser Forderung zu. die auch nachher zum Beschluß erhoben wurde. Einen langen Streit entfesselte die Frage, wo der Sitz der Gesellschaft sein solle, in Berlin oder in einer Stadt des gegen- wärtigen Hauptversorgungsgebicts(Kassel oder Hannooer). Gewählt wurde schließlich entsprechend der Vorlage Berlin . Auf Verlangen des Zentrums legte die Regierung das in Aus- ficht genommene Statut der neuen Gesellschaft vor, das am Montag eingehend durchberaten wurde. Der Auffichtsrat soll zu einem Drittel aus Ländtagsmitgliedern bestehen. Der Vorstand wird von der Generaloersammlung mit Zustimmung des Aufsichts- rats gestellt und soll aus mindestens zwei Personen bestehen. Auf Antrag der Sozialdemokraten wurde beschlossen, daß ein Teil des Reingewinnes regelmäßig zur Unter- st ü tz u n g beschäftigter oder ausgeschiedener Arbeiter und Angestell- ter zurückgelegt werden soll. Ein Antrag auf Beschränkung der Aus- sichtsratstantiemen für mehrfache Aussichtsratsmitglieder verfiel der Ablehnung. Der Handelsminister erklärte, daß die erworbenen Rechte und Ansprüche des gewählten Personals durch Fusion keine Minderung erfahren würden. Auf sozialdemokratischen Antrag wurde jedoch noch eine besondere Sicherungsbestimmung in das Gesetz eingefügt.__
Frankreichs Haushalt im Gleichgewicht. Ter Schuldendienst verschlingt die Hälfte der Einnahmen. Poris, 28. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Der französische Haushaltsplan für 1928, der nunmehr im Entwurf vorliegt, sieht 42,2 Milliarden Einnahmen und 41,5 Milliarden Ausgaben vor, so daß der Voranschlag rechnungsmäßig mit einem Ueberfchuß von 000 Millionen abschließt. In der Begründung des Entwurfes wird darauf hingewiesen, daß die tatsächlichen Einnahmen im Jahre 1927 aus Steuern und Abgaben die Schätzungen nicht unbeträchtlich über st eigen. Mit Geüauern zurückgenommen! Tie„Deutsche Zeitung" vor Gericht. Als vor mehreren Monaten im Verwaltungsbezirk Prenzlauer Berg die Veruntreuungen des Oberstadt- inspektors Wachsmuth aufgedeckt wurden, brachte die „Deutsche Zeitung"«inen Schimpfartikel, der seine Spitze gegen den sozialdemokratischen B e z i r k s b ü r g e r- meister Ostrowski richtete. Wieder sei, sagte sie, so etwas in einem Bezirksamt vorgekommen, in dem ein Sozialdemokrat Bürger- Meister ist. Das fei die notwendige Folg« davon, daß„roten Ehrenmännern die Handhabung des Verwal- tungsapparates überlassen" sei. Unser Genosse Ostrowski hatte freilich mit der ganzen Angelegenheit nur in- sofern zu tun, als es gerade seinem entschlossenen Ein- greifen zu danken war, daß Wachsmuth entlarvt wurde. Aber der Fall Wachsmuth bot«inen erwünschten Anlaß, dem sozialdemokratischen Bürgermeister eins auszuwischen. Wegen dieses Artikels, der offensichtlich b e l e i d i g e n w o l l t e, stellte Oberbürgermeister Böß zum Schutz des Bezirksbürgermeisters Ostrowski Strafantrag gegen den für die„Deutsche Zeitung" verantwortlich zeichnenden Redakteur Grudzinski. Die Staats- anwollschast erhob Anklage, und Genosse Ostrowski schloß sich als Nebenkläger an. Vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte(Abt. 203) ging der Angeklagte Grudzinski aus den Vergleichsoorschlog des Vor- sitzenden, Landgerichtsdirettors Sternhcim, ohne Zögern ein. � Daß ihn nichts anderes vor der Verurteilung retten konnte, begriff er wohl selber. In dem Vergleich erklärt der Angeklagte, daß er mit dem Artikel den Bürgermeister Ostrowski nicht chabe beleidigen wollen, zumal es ihm nur um das System, nicht um die Person zu tun gewesen sei. Er nimmt die als Beleidigung emp- sundenen Ausdrücke mit Bedauern zurück und ver- sichert, daß er Bürgermeister Ostrowski nicht mit Oberstadtinspektor Wachsmuth habe in Verbindung bringen wollen. Auch übernimmt er die Kosten des Verfahrens. Genosse Ostrowski, der zum Termin mit Rechtsanwalt Dr. Kurt Rosenberg als Rechtsbeiftand erschienen war, zeigte sich geneigt, diese Erklärung anzunehmen. Die Zurück- nähme des Strafantrages ist aber Sache des Ober- bürgermeisters, dessen Entscheidung demnach eingeholt werden muß. Noch wüstem Geschimpfe ein kläglich kleinlauter Rück- z u g l Hier fällt uns ein. was die„Deutsche Zeitung" in einem anderen Artikel(Nr. 105«. 6. Mai) sagte, der einig« Monate nach jenem Schimpfartikel erschien. Sie klagte über die Bosheiten, mit denen man in der Publizistik den Gegner herab- setzt. Früher habe man mit ritterlichen Massen gekämpft, und Mann habe gegen Mann gestanden.„Das Zeitalter, in dem der Zweikampf die Gegner zum Maßhalten zwang, ist dahin"— schrieb die„Deutsche Zeitung"—„und sein Verschwinden hat mit zur Ver- rohung der publizistischen Sitten beigetragen. Frei von Verant- wortung schüttet der Feigling sein« vergifteten Pfeile auf den Tapfe- ren, der im Vorbeigehen des im Gestrüpp Verborgenen nicht achtet." Dem Artikel gab das Blatt die Uebcrschrift„Deutscher Ver- fall". Wir haben ihm nichts hinzuzufügen.
Bleiweitz-Bölk aus der Charitö geflüchtet. Vor einigen Tagen berichteten wir über Bleiweißsunde b«i Strafgefangenen im Tegeler Gefängnis. Das gefährliche Gift befand sich in größeren Tuben und war einigen Gefangenen auf geheimnisvolle Art zugesteckt worden. Während einer der Strafgefangenen, ein gewisser Schlächter Bölk,«inen Teil des Giftes zu sich genommen hatte, um dadurch haftunfähig zu werden. konnte durch die Wachsamkeit eines Gefängnisbeamten dem Straf- gefangenen N. eine ähnliche Tube mit Äleiwciß fortgenommen werden, bevor er von dem Inhalt Gebrauch machen konnte. Beide wurden zusammen mit noch mehreren Strafgefangenen, die im Ver- dacht standen, Bleiweiß zu sich genommen zu haben, in die Charitäübergeführt. Bis aus Bölk konnten indes alle wieder entlassen werden, da die ärztliche Untersuchung negativ verlief. Als
heute früh gegen 3 Uhr die Nachtwache im Saal, in dem Bölk lag, Runde machte, war B. aus seinem Bett verschwunden. Niemand will wissen, wie er entkommen ist. Vermutlich erfolgte die Flucht unter Mithilfe von Helfershelfern durch das Fenster.
Rätselhaste Gluttat in Steglitz . Ter Tote hinter dem Schrank. — Ein Schwerverletzter. Eine furchtbare Bluttat, die nach allen Richtungen noch der Auf- klärung bedarf» wurde heute morgen in dem Hause Alb recht- st r a ß e 7 2 zu Steglitz aufgedeckt. Im Erdgeschoß wohnt hier dos Kaufmannsehepaar Scheller, das sich augenblicklich auf einer Geschäftsreise in Schweden be- findet, mit dem 19 Jahr« alten Sohn Günther, einem Oberreal- schüler, und einer 16 Jahre alten Tochter Hildegard, die ein Lyzeum besucht. Diese rief heute morgen um 7 Uhr den Arzt Dr. Freund in Südende an und bat ihn um schleunigen Besuch, weil sich in der Wohnung ein Unfall ereignet habe. Der Arzt fand eine fürchterliche Lag« vor. Günther Scheller lag im Schlafzimmer mit einer schweren Schutzverlehung im Kopf, hinter einem abgerückten Spind eingeklemmt und in halb hängender Stellung fand der Arzt die Leiche eines jungen Mannes, der ebenfalls einen Kopfschuß halte. Der Arzt benachrichtigte das 193. Revier und dieses setzte auf Grund des Befundes auch die Reservemordkommission in Kenntnis. Der Tote ist ein 19 Jahre alter Kochlehrling Hans Stephan aus der Lenbachstr. 6a zu Friedenau . Sein« Leiche wurde beschlag- nahmt, der schwer verletzte Günther S ch e l l e r nach dem Kranken- hause gebracht. Hildegard Scheller und ein 19 Jahre alter Real- schüler Paul Kranz, der sich mit ihr noch in der Wohnung befand, sind so verwirrt, daß«in« klare Darstellung der Vorgänge von ihnen bisher nicht zu erlangen war. Es scheint, daß Scheller mit Stephan in Streit geraten ist, ihn durch die Räume verfolgt hat und ihm den tödlichen Schuß beibracht«, nachdem der Verfolgt« sich hinter dos Spind geflüchtet hatte. Als er dann sah, was er angerichtet hatte, versuchte er, durch einen weiteren Schuß auch sich selbst das Leben zu nehmen. Die Mordkommission ist noch dabei, volle Klärung zu schassen. Wie uns kurz vor Schluß des Blattes mitgeteilt wird, ist Günther Scheller feinen schweren Verletzungen erlegen. * Einen blutigen Ausgang nahm heute vormittag ein F a m i l i e n- st r e i t, der sich im Hause Gnesener Str. 6 abspielte. Der 43iährige Artist Wilhelm Krüger, der seit mehreren Iahren in dem Hause wohnt, geriet mit seiner um etwa zehn Jahr« jüngeren Frau häufig in Streit. Auch heut« vormittag kam es wieder zu einem Wortwechsel, der schließlich in Tätlichkeiten ausartet«. Plötzlich ergriff Frau K. ein lange« Kücheninesser und drang auf ihren Mann, der sich mit einer Kohlenschausel zu wehren versuchte, ein. Sic brachte ihm mehrere tiefe Stiche in den Leih bei. Als Frau K., die ebenfalls eine stark blutende Handverletzung davongetragen hatte, sah, was sie angerichtet hatte, lies sie aus den Flur hinaus und rief uni Hilfe. HcNisbewohner eilten hinzu und benachrichtigten Polizei und Feuerwehr. Der schwerverletzte Mann wurde durch einen Rettungswagen der Feuerwehr in das Krankenhaus am Friedrichs- Hain gebracht, wo er sehr bedenklich danieder liegt. Frau K. behauptete bei ihrer polizeilichen Vernehmung, in Notwehr gehandelt zu haben._ Einsturzgefahr in üer örunnenstraße. Bei den Untergrundbahnarbeiten in der Brunnen- straß«. ist die Straße in der Breite des Dammes aufge- rissen worden. Nachdem die Ausschachtungsarbeiten vollendet waren, wurde der Damm provisorisch mit Bohlen überdeckt und der Autobus- und Straßenbahnverkehr wieder durch die Brunnenstraße geleitet. Seit einer Woche bemerken Hausbewohner und Straßen- passanten, daß der Bürger steig sich senkt. Durch den starken Regen in der vorigen Wocke vergrößerten sich die Risse und Senkungen erheblich. Durch die Pumpen der Nordsüdbahn wurde der nasse Sand mit weggeschwemmt. In den Senkungen sammelle sich ober immer wieder Regenwasser, das dazu beitrug, den Sand unter dem Bllrgersteig wegzuschwemmen. Unmittelbar an den Häusern in der B r n n n e n st r a ß e 19 4 und 19 5 sind die Bodensenkungen am stärksten bemerkbar. In der vorigen Woche hatte sich der Bürgersteig soweit gesenkt, daß das Haus vom Parterre bis zum vierten Stock riß. Die Vorderwand des Hauses muß sich um einen halben Zoll gesenkt hchien. Am 18. Juni wurde der Riß zum ersten Male von den Betriebsleitern der Nordsüdbahn besichtigt und an einer Stelle mit Zement angeschmiert. Schon nach drei Tagen, am 21. Juni, war der Riß größer ge- worden, die ausgeschmierte Stell« um zirka!!■{ Zentimeter aufgerissen. Aehnlich ging es mit zwei weiteren Proben am 24. und 27. Juni. Die Baupolizei wurde von den mit Recht ängstlichen Mietern benachrichtigt. Sie entsandte auch einen Beamten, der aber nur die Außenriss« besichtigt haben soll. In den letzten Tagen haben
sich die Riss« immer wieder vergrößert. In den Wohnungen fällt der Putz von der Decke. Putzstücke in der'Größe von 10 X 10 Zentimeter sind in einzelnen Räumen von den Wänden abgefallen. In dem Hause Brunnenstraß« 194 sind einige Räum« fast nicht mehr zu bewohnen. In den Haustoren beider Häuser sind die Risse so stark, daß die Türen nicht mehr verschlossen werden können. Deutsche Schüler«ach Frankreich . Durch Vermittlung der Deutschen Liga für Menschenrechte reisten heute vormittag ungefähr zwanzig Schüler Berliner Lehranstalten unter Führung eines Neuköllner Studienrats nach F r a n k r e i ch ab. Es handelt sich hier, wie auch in den Vorjahren, uni Austauschschülcr. Die Kinder bleiben bis etwa Ende August in Frankreich und kehren dann gemeinsam mit den fron - zösischen Schülern zurück. Der Transport geht bis Paris , wo die Schüler von Mitgliedern der Deutschen Botschaft und der franzö- fischen Liga für Menschenrecht« empfangen und zu ihrem Bestim- mungsort geleitet werden. Die wenigsten bleiben in Paris , die Be- ftinimungsorte find unter anderen Reims , Maubeuge , St. Quentin und Roubaix . Es ist dies die erste Reise in diesem Jahre. Ge- meldet haben sich noch sechzig Schüler. Sowohl die deutsche wie auch die französische Eisenbahnverwaltung haben den Schülern bedeu- tende Ermäßigung gewährt. Wieder ein Kampf mit Eiubrechern. Noch sind die räuberischen Einbrüche in Hohen-Neuen- d o r f nicht aufgeklärt und schon wieder beschäftigt ein ähnliches Verbrechen die Kriminalpolizei, diesmal in C ö p e n i ck. Eine Witwe Großer, die in der Kaiser-Wilhelm-Straße 51 mit ihrem 21 Jahre alten Sohne Rudolf ein Villengrundstück be- wohnt, wurde in der vergangenen Nacht durch ein Geräusch geweckt. Als der Sohn nachsah, stieß er auf einen fremden Menschen, der so- fort eine Selbstladepistole zog. Er wurde gepackt, doch erhielt Großer mehrere Hiebe aus den Kopf. Eine Kugel traf G. so schwer in den Bauch, daß er zusammenbrach. Der Einbrecher ergriff jetzt die Flucht. Die alarmierte Polizei veranstaltete mit mehreren Beamten sofort Streifen, die ober noch keinen Erfolg hatten. Der Verbrecher verlor am Tatort eine lederne Chausseurmütze.
Selbstmord im Eisenbahnzug. Die Gerüchte von einem Mord alarmierten heute früh die Bahnhosswache dcsStettinerBahn- Hofs nach dem Ferngleis, wo gegen V44 Uhr bei Reinigungsarbeiten im Abort eines Wagens 4. Klasse ein junger Mann er- schössen aufgesunden wurde. Es konnte jedoch bald festgestellt werden, daß sich der Mann die tödliche Schußverletzung selbst beigebracht hatte. Die Masse wurde unter dem Selbstmörder ausgesunden. Aus hinterlassenen Briefen ging hervor, daß es sich um den 23jährigen Kaufmann Bruno Cohn aus Eberswalde handelt. Unheil- bare Krankheit war das Motiv zu dem Verzweiflungsschritt. Die Leiche wurde beschlagnahmt und in das Schauhaus gebracht.
Absturz eines französischen Flugzeuges. Bei Landeshut.— Zwei Insassen tot. Landeshut , 28. Juni. (MTB) Bei K i n d e l s d o r f, Kreis Landeshut, versuchte gestern nachmittag gegen 6 Uhr ein s r a n> zösisches Flugzeug, das sich insolge des nebligen Wetters verflogen hatte, die tiefhängenden Wolkenmassen zur Orientie- rung zu durchbrechen. Zu spät erkannte dabei der Führer, daß er sich in einem hohen Waldbestand befand, und mit voller Wucht sauste das Flugzeug unter starkem Getöse durch die wie Streichhölzer geknickten starken Baumstämme zur Erde. Beide Insassen wurden bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Das Flugzeug bildet einen einzigen Trümmerhaufen. Anscheinend handelt es sich bei den Getöteten um zwei französische Kaufleu t«, da unter den Trümmern Muster von Seidenwaren, Perlenschnür« usw. ge- funden wurden. Die Unfallstelle, die tief im Wald« liegt, ist schwer zugänglich. Ein weiteres Telegramm meldet: Landeshut . 28. Juni. (MTB.)»ei dem gestern nachmittag gegen 6 Uhr über dem Wald von Kindelsdorf abgestürzten und voll- ständig zertrümmerten Flugzeug, bei dem der Pilot und sein Begleiter den Tod fanden, handelt es sich um das P o st f l u g z e u g der Luftverkehrslinie Warschau— Prag — Paris . Führer des Flugzeuges war der Pilot Ludwig S t r z« l czy k, fein Passagier der Direktor der Privat-TelephongefeUfchaft in Prag , Major a. D. F r i e d r i ch G r i e b f ch. Die Persönlichkeiten der Leichen konnten durch die bei ihnen vorgefundenen Papiere festgestellt werden. Das Flugzeug führte Pakete und B r i e f p o st mit sich, die zum großen Teil vernichtet oder stark beschädigt wurden.