Abendausgabe
Nr. 31144. Jahrgang Ausgabe B Nr. 153
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10 Pfennig
Montag
4. Juli 1927
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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands
Rüstet zum Wahlkampf!
Mahnung Severings an die Republikaner . Die notwendigen Vorbereitungen.
Bielefeld , 4. Juli. ( Eigener Drahtbericht.)
Am Sonnabend fand in Herford aus Anlaß des Gautages des Reichsbanners eine große öffentliche Kund gebung statt, auf der die Abgeordneten Rönneburg , Dr. Schreiber und Severing sprachen.
Severing sprach in der Haupptsache über die Zukunftsaufgaben des Reichsbanners. Er bemerkte einleitend, es sei an der Zeit, auch im Reichsbanner zu erkennen, daß es sich unter den roten Fahnen der Sozialdemokratie sehr gut fämpft. Es wäre, ich sage das offen heraus, fein Fehler gewesen, wenn das Reichsbanner von vornherein überflüssig gewesen wäre. Wir werden morgen wieder mit Trommelschlag von Herford ziehen, und ich kann mich dobei der Gedanken nicht erwehren, die wünschen, daß dies alles nicht notwendig sei. Wir haben andere, kulturelle Arbeit zu leisten, gerade in den kulturellen Organisationen fehlt es uns heute an Mitgliedern, die dafür sehr oft im Reichsbanner und beim Sport zu finden sind. Aber die Krone des Menschen ist sein Gehirn, und deshalb glaube ich, daß
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erschöpfen, sondern müßten prattische Vorbereitungsarbeit dafür leisten, daß im kommenden Jahre der republikanische arbeit dafür leisten, daß im kommenden Jahre der republikanische Staat durch die Republikaner erobert werde. Anschließend bemerkte Severing: Das Jahr 1928 wird ein Großtampfjahr besonderer Art. Von der Zelle über den Landtag bis zum Reichstag müssen unsere Arbeit. Deshalb ist es notwendig, sich nicht nur an einzelnen wir die republikanische Mehrheit erobern! Dem gilt unsere Arbeit. Deshalb ist es notwendig, sich nicht nur an einzelnen Tagen auf der Straße zu zeigen, sondern schon jetzt den Wahl ampf in Gang zu sehen zum Siege der Republit im kommenden Jahr. Die Ausführungen Severings wurden von stärkstem Beifall begleitet.
Die Politik des Zentrums.
Selbständig und nach allen Seiten unabhängig."
Arbeiterbauern- Herrenbauern.
Klaffenkampf auf dem Acker.
Bon Hermann Tempel ( Leer ), M. d. R.
Wir kämpfen um ein neues Bauernrecht. Um das Recht der Arbeiterbauern. Wir wollen den Bauernproletarier gegen Willfür und Ausbeutung durch das Bodentapital ebenso schüßen wie den Fabritarbeiter vor dem Induſtriekapital. Ein Stüd Klassentampf auf dem 2 der, der nicht weniger hart ist als der Klassenkampf in der Zeche und in der Werkstatt.
Der Reichstag hat einen Ausschnitt dieses Ringens erlebt bei Verabschiedung der Pa chisch uhordnung. Der Landpächter, der Landarme, der Landproletarier wehrt sich gegen Wucher und Kündigung. Der Richter, der den Boden bearbeitet, muß einen Teil seines Ertrages dem Besizer überlassen, der nicht arbeitet. Pacht ist eine Form arbeitslosen Einkommens obenso wie die Dividende des Aktionärs oder die Rente aus dem Bankguthaben. Wir wollen die Verkürzung und letzthin die Beseitigung aller Formen von Einkommen ohne GegenDer Reichsparteiausschuß der Zentrumsleistung. Deshalb schüßen wir auch den Bodenpächter. Wenn partei trat am Sonntag vormittag im Reichstag zu einer wir hören, daß in Westfalen 70 000 Pächter 95 großen Bestark besuchten Sizung zusammen, die bis in die Abendstunden sigern tributpflichtig sind, so ist das desselbe, als wenn 100 000 andauerte. Den Borsiz führte Reichskanzler Dr. Mary. Bergleute einer Handvoll Kohlenbarone fronen müssen. AusAuch die übrigen Zentrumsminister des Reiches und die beutung das eine wie das andere. preußischen Zentrumsminister nahmen an der Sigung teil. Ebenso war Reichskanzler a. D. Dr. Wirth erschienen, der mehrfach in die Debatte eingriff. Ueber die Sizung wurde folgender Bericht ausgegeben:
es an der Zeit ist, ein Stück Reichsbanner im Sport abzulegen, um dafür mehr Aufwärtserziehung am Menschen zu leisten. Es denken in Deutschland sehr viele darüber nach, daß die Arbeit in der deutschen Außenpolitik durch das Vorhandensein der vielen Wehrorganisationen erheblich erschwert wird. Es wäre besser, wenn wir die rein militärischen Aufmärsche mit Trommelwirbel und Stech schritt nicht hätten. Noch allerdings unterstütze ich das Reichsbanner aus vollem Herzen. Warum? Wenn wir nicht da wären, hätten Stahlhelmer und Werwölfe sich austoben können zum Schaden des gesamten deutschen Volkes. Severing fam dann auf die Umstände zu sprechen, die zur Gründung des Reichsbanners geführt stände zu sprechen, die zur Gründung des Reichsbanners geführt hatten. Damals sei das Reichsbanner ganz besonders notwendig geroesen, weil anders eine Erhaltung der Republik kaum möglich gewesen sei. In der Zeit der ersten Bedrohung der Republik hat das Reichsbanner die Politik der Weimarer Koalitionsparteien ge= fchüßt. Heute sei das nicht mehr notwendig. Trotzdem aber bleiben noch große Aufgaben zu erfüllen. Wer vorwärts fommen wolle, müsse sich rüsten. Deshalb müßten schon jetzt alle Vorbereitun= gen für den Wahlkampf im Jahre 1928 getroffen werden. Es sei eine unbedingt notwendige Aufgabe, die Deutschnationalen aus der Regierung herauszujagen; denn eine Republik , die noch in den Kinderschuhen stecke, fönne sich nicht erlauben, die Stellen, die die Republik schützen sollen, mit Muß- Republikanern zu besetzen. Aufgabe aller Republikaner sei es deshalb, schon jetzt dafür zu sorgen, daß im kommenden Jahre die Schlappe von 1924 wieder ausgeweht werde. Sehr viel stehe auf dem Spiel. Alle Gautage des Reichsbanners dürften sich deshalb nicht nur in Demonstrationen| preußische Regierung zu stürzen.
kanzlers Dr. Marg eine Sigung des Reichsparteiausschusses der Am Sonntag, dem 3. Juli, hat unter dem Vorsiz des Reichsdeutschen Zentrumspartei im Reichstage stattgefunden. Gegenstand der Beratungen waren die politischen Vorgänge der legten Monate. Nach eingehender Aussprache, die den ganzen Tag andauerte und in voller Offenheit geführt wurde, wurde folgende Entschließung angenommen:
,, Der Reichsparteiausschuß der deutschen Zentrumspartei billigt die Politik der 3entrumsfraktion des Deutschen Reichstages und spricht ihr fein Bertrauen aus. Auf Grund der bisherigen Haltung der Reichstagsfraktion ist der Reichsparteiausschuß überzeugt, daß die Fraktion auch in Zukunft eine selbständige, nach allen Seiten unabhängige Politit im Dienste des Boltsganzen führen wird."
Die Entschließung, die einstimmig zur Annahme gelangte, fann nur als eine Ablehnung der bekannten deutschnationalen Forderungen gedeutet werden, die erst in diesen Tagen wieder mit allem Nachdruck erhoben wurde. Die Forderungen gehen dahin, daß das Zentrum in der Zollfrage sich den Deutschnationalen unterzuordnen und seine Landtagsfraktion veranlassen soll, die
Wahlsieg in Mecklenburg - Strelit.
Die Sozialdemokratie vermehrt ihre Mandate um die Hälfte. der Völkischen und Kommunisten.
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Ueber 5 Millionen selbständiger Bauern= Dom Juni 1925, darunter 2 Millionen der Größenklassen 2 bis 100 Hektar, also bäuerliche Betriebe im engeren Sinne. Mehr Lettgenannten berücksichtigt, arbeitet ganz oder teilweise auf als die Hälfte dieser Wirtschaften, auch wenn man nur die gepachtetem Grund. Nicht weniger als ein Fünftel des landwirtschaftlich genutzten Bodens in Deutschland kommt hier in Frage. Millionen von Bauern sind Bächter, Millionen von Hektaren Pachtland. Man sieht, Bachtschutz ist ein volkswirtschaftliches Problem erster Ordnung.
betriebe haben wir in Deutschland laut amtlicher Zählung
Die Sozialdemokratie hat einen Bachtschutz stets gefordert. Mit dem Augenblick, in dem sie für Staat und Wirtschaft mit verantwortlich zeichnete, begann sie ein soziales Pachtrecht aufzubauen. Die erste Pachtschuhordnung traten Schlicke. Dom Juni 1920 trägt die Unterschrift des Sozialdemo=
Der Bächterschutz ist ebenso wie der Mieterschutz von allen Eigentumsfanatikern und ihren politischen VertretunBodens, Diebstahl des Landeigentums: das war das mingen aufs härteste angefeindet worden. Sozialisierung des deste, was man hören fonnte. Als das Kabinett Luther durch das Ermächtigungsgesetz freie Hand bekam, war es eine seiner ersten Taten, unter Mißbrauch seiner Vollmachten die Aufhebung des Pachtschutes für alle Bachtungen zu verfügen, die nach dem 1. März 1924 abgeschlossen wurden. Also automatische Beseitigung innerhalb türzester Frist. Pachtschuh gilt als ein Stück sozialistischen Rechtes deshalb weg mit ihm! Damals hat der Bachtbauer die Faust der Landbundgewaltigen gespürt.
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Die Landbundherren haben das bald bereut. Rebellion glomm auf. Der Pachtwucher schrie zum Himmel. Will= fürsette die Pächter auf die Straße. Die Kleinso
Zusammenbruch bauern grollten jo laut, daß den Landbundjunkern angst
wurde. In heißestem parlamentarischem Ringen gelang es den Linksparteien mit Hilfe der Mitte, zum Herbst 1925 den Pachtschutz für zwei Jahre wiederherzustellen.
Im einzelnen stellen sich im Vergleich zu den letzten Wahlen die Mit der Einschränkung allerdings, daß die durch Luthers Ergebnisse folgendermaßen dar:
Sozialdemokraten Kommunisten
Demokraten( 1923 einschl. Handwerk)
Handwerk und Gewerbe Kleinlandwirte Deutschnationale Deutiche Volkspartei Hausbesitzer Völkische Wirtschaftspartei
4.609
Willkürverordnung für schutzlos erklärten Verträge, die zwischen dem Frühjahr 1924 und dem Herbst 1925 abgeBerluftschlossen worden waren, nach wie vor ungeschützt blieben.
(+1)
Stimmenzahl
6. Juli 23 3. Juli 27 Mandate 11 707 15 297
12
.
10 633
4153
3
Gewinn (+4) (-7)
7.640
3 053
2046
1748
12 463 10 354 2904
2025
1556
4.651
2286 506
077000
241017T
Neustrelit, 4. Juli. ( Eigener Bericht.) Gestern fanden in Medlenburg- Strelik die Wahlen zum Landtag ffatt. Obwohl die Wahlbeteiligung in den Städlen sehr zu wünschen übrig ließ, so daß die Stimmenzahlen der letzten Reichstagswahl nicht erreicht wurden, ist das Ergebnis fymptomatisch für die Stimmung besonders auf dem Lande. Obwohl das Bürgertum durch die Aufstellung von sieben untereinander verbundenen Listen in die Wählerschaft Berwirrung zu fragen suchte, ist es allein die Sozialdemokratie, die einen entscheidenden Gewinn zu verzeichnen hat. Sie vermochte die Zahl ihrer Stimmen um 3430, die Zahl ihrer Landtagsmandate um die Hälfte, nämlich von acht auf zwölf zu vermehren! Die Deutschnationalen verToren rund 2000 Stimmen. Wenn sie trotzdem ihre Mandatsziffer von neun auf zehn zu erhöhen vermochten, so verdanken sie es lediglich der Listenverbindung mit anderen Die politische Konsequenz, die für die Mecklenburger Regierung Parteien. Regelrechte Niederlagen verzeichnen die Bölki- aus diesem Wahlergebnis zu ziehen ist, mag angesichts der bürgerschen, die von ihren drei Mandaten zwei verloren, und die kom- lichen Listenverbindung eindeutig erscheinen, da die bürgerlichen Barmunisten, die von ihren sieben Landtagsfiken vier einbüßten und teien in ihrer Gesamtheit über eine Mehrheit verfügen. Tatsächlich jeht nicht einmal mehr über die Fraktionsstärke verfügen. sind aber die Gegenfäße innerhalb des Bürgertums sehr groß, wie ja auch die Vielzahl der um ihren Einfluß fämpfenden Parteien zeigt. Insbesondere wird es die recht starke Gruppe der Hand werfer und Gewerbetreibenden nicht verantworten können, wenn auf ihre Roften eine Steuerpolitik getrieben wird, die den Großgrund besig von jeder steuerlichen Belastung freistellt und dafür das auf Strebende Gewerbe mit um so drückender heranzieht. Die Sozialdemokratie ist für eine Senkung der Gewerbesteuer, besonders bei den Kleingewerbetreibenden eingetreten. Sachlich ergibt sich also die Möglichkeit einer Zusammenarbeit der Sozialdemokratie mit den Demofraten und den Gewerbetreibenden, die zusammen über 18 von 35 Sigen im Landtag verfügen. Jede andere Politik würde fich an den bürgerlichen Mittelparteien in der Zukunft schwer rächen. Mit besonderer Genugtuung muß das Symptom verzeichnet werden, daß die Sozialdemokratie auf dem Mecklenburger platten Lande ihre Anhängerschaft und ihren Einfluß vergrößern konnte. Diese Tatsache in einem Freistaat, der früher der schwärzesten ReDiese Tatsache in einem Freistaat, der früher der schwärzesten Reattion ausgeliefert war, wird zu erhöhter Werbetätigkeit unter Landarbeitern und Bauern anspornen.
Der Zusammenbruch der rechts- und linksradikalen Flügelparteien, insbesondere der Kommunisten, liegt auf der Linie der sich auch in anderen Landesteilen, so in Mecklenburg- Schwerin und in Thüringen beobachten ließ. Man kann unter diesen Umständen auf die Reichstagswahlen im nächsten Jahre gespannt sein, die den Kommunisten die verdiente Quittung für ihre arbeiterfeindliche
Politik auch im Reiche bringen müssen.
Im übrigen liegt es uns fern, die politische Bedeutung der Wahlen im fleinen Mecklenburger Ländchen zu unterschätzen. Für das Reich ist die Zusammensetzung der Strelizer Regierung des= halb von Wichtigkeit, weil dieses Land über eine Stimme im Reichsrat verfügt. Bei den wiederholten Konflikten, die zwischen dem Reichsrat und der Rechtsblockregierung wegen ihrer unfachlichen Politik entstanden sind, ist es schon von einiger Bedeutung, ob diese Stimme lediglich den Deutschnationalen zufällt oder ob auch die anderen Parteien einen Einfluß auf die Stellung Mecklenburgs im Reichsrat ausüben.
In diesem Sommer ist der Kampf leichter gewesen. Die Verlängerung um noch einmal zwei Jahre bis zum 30. September 1929 ist von allen Parteien mitgemacht worden. Der Streit drehte sich mehr um Verbesserungen der Verordnung. Man wird nicht fehl gehen, wenn man darin einen ersten Sieg der Kleinbauernrevolte sieht. Einen Erfolg ihrer Auflehnung gegen den Landbund." Der Arbeiter= bauer hat den Herrenbauern eine Schlappe zugefügt. Wenn er fest bleibt, wird es nicht die letzte ge= wesen sein
Die Sozialdemokratie hatte zwei wesentliche Verbesserungen beantragt: die nachträgliche Einbeziehung auch der während der Luther- Berordnung abgeschlossenen Bachtungen und eine Milderung der Arbeitspflicht für Heuerlingsfrauen.
Der Kampf um die Luther- Bachtungen blieb in der Hauptsache erfolglos. In namentlicher Abstimmung, die wir erzwangen, wurde die nachträgliche Ausdehnung des Pachtschutzes auch auf die Bächter aus der Zeit Frühjahr 1924 bis Serbst 1925 mit 180 Stimmen der Mitte und der Rechten gegen 155 Stimmen der Linken einschließlich der bayerischen Bauernbündler, abgelehnt. Die Regierungsparteien waren bereit, einen Schutz nur gegen Preiswucher zu gewähren, nicht aber einen Schutz gegen Kündigungen. Ein Zugeständnis, das in der Praris fast mertlos sein dürfte.
Das Ergebnis ist eine bittere Lehre vor allem für jene Bächter, die auf die Unterstützung durch das Zentrum gehoft hatten. Der Zentrumsflügel um Brauns, Steiger und Stegerwald hat entgegen allen Voraussagen vor dem Landbund kapituliert. Zu start hatten noch am Morgen vor der Abstimmung die Grundherren unter Führung des pommerschen Landbündlers v. Dewiß alle Widerstände im Reichstaa mobilisiert, Trok der Warnuna des