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er trage zur Beretttigung Ber Probuttton bet. zitr ( Lachen links.)

Abg. Hilferding( Soz.)

Es ist richtig, daß die Lage der Zuckerindustrie nach der Währungsstabilisierung schwierig war. Aber seitdem hat sie fich doch wesentlich gebessert. Während Rohrzucker im Jahre 1913 mit 9,25 m. notiert wurde, stand er am 20. Juli auf 15,60. Das bedeutet eine Erhöhung des Preises für Rohrzucker um 70 Proz. Rübenzucker fostete 1913 22,50 Pf. das Pfund, am 20. Juli dagegen 40 Pf. Hier sehen wir also eine Steigerung um 80 Pro 3. Seit vorigem Jahre haben wir unausgesetzt steigende Zuckerpreise, der Zuckerzoll wirft sich restlos im 3uderpreis aus. Das Kartell sorgt dafür, daß jeder über flüssige Zucker ins Ausland gebracht wird, und dadurch wirkt sich der Boll fast restlos im Preise aus. Jede Erhöhung des Zucker­zolls wirft also heute als Rente für das Zuckerfartells ( Sehr richtig bei den Soz.)

Die jetzige Einfuhr von Lebensmitteln im Jahre 1926 von 3 milliarden bedeute eine unerträgliche Belastung der deutschen  Wirtschaft.( Abg. Hilferding( Soz.): Curtius ist anderer Meinung!) Selbst wenn der Minister Curtius anderer Mei­nung darüber sein sollte, so bedeutet das doch nichts, wir wollen in der Regierung feine Uniformität, sondern eine Mannigfaltig­feit der Meinungen.( Stürmische Heiterkeit links.) Die Zölle hätten die Eigenschaft, daß das Ausland sie mittragen müsse. Das treffe wesentlich bei den Fleischzöllen zu, aber ebenso beim Zuckerzoll. Auch der Kartoffelzoll werde zum größten Teil nicht vom deutschen   Verbraucher getragen.( Buruf von den Sozial­demokraten: Unerhört!) Die Zolleinnahmen seien um so geringer, Nun sagen die Zuckerfabriken, daß ihre Generalunfosten sehr je besser die Ernte ausfalle. Es sollen jegt vor allem die Erzeugnisse hoch seien, weil sie weniger verarbeiten als vor dem Kriege. Es besser geschützt werden, die aus der bäuerlichen Wirtschaft hervor würde also doch richtig sein, eine Steigerung des inländischen Ver­gehen. Damit werde der Zoll zu einem wirksamen Bauern und brauchs zu erzielen durch die Senfung der Zuckerpreise. Und Landarbeiterschuh, der auch zu einer Verbilligung der Produkte dieser inländische Verbrauch ist noch einer außerordent­führen werde.( Widerspruch links.) Von einer Bedrohung der Er- lichen Steigerung fähig. Wir stehen im Zuckerverbrauch an dritt nährung fönne teine Rede sein.( Mehrere kommunistische Abgelegter Stelle, nur Italien   und Rußland   verbrauchen noch weniger ordnete werden zur Ordnung gerufen, weil sie dem Minister Zucker als wir( Hört hört lints). England und Amerita verbrauchen Schimpfworte zuriefen.) mehr als doppelt soviel als wir, Schweden   und die Schweiz   das Anderhalbfache. Aber die in der Vorlage enthaltene Zuckersteuer­ermäßigung soll abhängig gemacht werden von einer Zuckerzoller höhung. Das heißt doch, ein Pferd hinten, eins vorn an den Karren anspannen! Diese geringfügige Ermäßigung der Buder steuer ist doch schon längst tompensiert durch die in der legten Zeit eingetretene Erhöhung der Branntweinabgabe und anderer indirekter Steuern, die allein in den Monaten Mai und Juni d. I. einen Mehrertrag von 64 Millionen erbracht haben.( Hört hört links.) Auch die Zollerträgnisse sind ja, wie der Reichs­finanzminister heute selbst erklärt hat, wesentlich gesteigert worden. Angesichts dieser Massenbelastung ist es eine Frivolität, daß man fürzlich auch noch den Mehlzoll erhöht hat, indem man das franzöfifche Zollprovisorium ablaufen ließ. Wir haben jetzt den höchsten Brotpreis, den wir je erlebt haben. Es ist unge­heuerlich, in einem solchen Moment noch die Mehlzollerhöhung Platz greifen zu laffen. Auch die Erhöhung des Schweinefleischzolles ift untrags bar. Die Preise für Schweinefleisch sind zurzeit zum Teil nicht fehr hoch. Aber wir hatten auch schon vor dem Kriege die Er­fcheinung, daß mit dem Anwachsen des Schweinebestandes der Ab­satz nicht gleichen Stand hielt und die Preise fielen. Mit dem Boll hat das aber nichts zu tun. Wenn der Bestand an Schweinen zurückgeht, dann werden auch wieder die Preise steigen, die Zölle auf Schweinefleisch werden dann die damit verbundene Teuerung noch außerordentlich verstärken. Hilfe ist für den bäuer lichen Schweinezüchter notwendig, aber sie wird nicht erzielt durch Erhöhung der Zölle. Wenn Sie ( nach rechts) die bäuerlichen Kleinbetriebe unterstützen wollen, müssen Sie ihnen die Aufzucht und Mast durch Verbindung der Futtermittel erleichtern. Wenn der Gerstenzoll beseitigt ist, dann ist erst ein dauernder Vorteil für den Schweinzüchter gegeben.( Sehr richtig bei den Soz.)

stellt fest, daß die Ausführungen des Minifters Schiele im schärf sten Widerspruch zu den Beschlüssen der Reich wirtschaftstonferenz in Genf   und zu der Rebe des Reichs­wirtschaftsministers Curtius in Hamburg   gestanden haben. Auch der Reichsrat hat gegen die Zollpläne der Regierung Stellung genommen, und Sie können doch nicht behaupten, daß diese Körper­schaft in landwirtschaftlichen Dingen nicht mitreden könne. Vor dem Kriege hat nicht einmal der damalige Obrigkeitsstaat die Zumutung an das Volk gestellt, die Kartoffeln durch Zölle zu verteuern, denn dieser Zoll ist ganz sinnlos. Bei einer guten Kartoffelernte nügt der Kartoffelzoll überhaupt nichts. Um so mehr wirft er aber bei einer schlechten Ernte, also gerade dann, wenn die Preise ohnehin in die Höhe gehen. Im vorigen Jahre hatten wir eine schlechte Kar­toffelernte, infolgedessen stieg der Preis für Kartoffeln im Großhandel auf 5,45 m. der Zentner, gegenüber 2,40 m. im Jahre 1913, also um 126 Broz. Während im letzten Vorkriegsjahr 1913 im Einzelhandel das Pfund Kartoffeln 3 Pfennig fostete, foſtet es jetzt Pfennig, der Preis ist also um 180 Broz. gestiegen. und gerade in dieser Beit der höchsten Rar toffelnot bringt die Regierung ihre Vorlage auf Erhöhung des Kartoffelzolls ein!( hört, hört! links.) Nun fagt die Regierung, daß dieser Sag erst am 1. Dezember in Kraft treten soll. Warum wird wohl dieser Zeitpunkt ausgewählt? Weil er für den 3olltrieg mit Bolen aufrecht erhalten bleiben soll. Jetzt werden nicht nur Steuern, sondern auch Bölle thejauriert.

Die Deutschnationalen wollen sich Zölle auf Borrat auch auf die Zeit bewilligen laffen, wo sie vielleicht nicht mehr in der Regie­rung fitzen.

Die Deutschnationalen find ja mit ihren Breisen herabgegangen. Für die Aufgabe der deutschnationalen Prinzipien bei der Berab schiedung der Dawes- Gesetze im Jahre 1925 mußte man noch sehr viel zahlen, allgemeine Zollerhöhungen, grundsägliche Aenderung der gesamten Handelspolitik. Heute sind die Deutschnationalen schon fehr viel billiger geworden, fie verlangen nur Kartoffel- und Fleisch­zölle. Das ist aber der einzige Preisabbau, den man bisher in Deutschland   erlebt hat. Wir jedoch möchten für den Deutschnatio­nalen Ronvaleur überhaupt nicht zahlen.( Heiterkeit und Buftim­mung links.)

Jetzt hat der Reichsrat diese Vorlage abgelehnt. Nach dieser Ablehnung ist die Einbringung der Vorlage eine der größten Blamagen, die selbst diese Regierung erlebt hat. Eine schöne Mannigfaltigkeit der Meinungen, die Herr Schiele an dieser Re­gierung gerühmt hat. Es ist eine Anmaßlichkeit der Deutsch­nationalen, wenn sie fortwährend nach Homogenität zwischen der Reichs- und der preußischen Regierung rufen. Sorgen Sie( nach rechts) doch einmal erst bei sich selbst für dise Homogenität! Beffer wird es allerdings auch dadurch nicht werden. Besser wird es, wenn die Reichsregierung ebenso aus fieht, wie die preußische Regierung( Aha! rechts.) Die Meinung der preußischen Regierung im Reichsrat wäre noch viel deutlicher zum Ausdruck gekommen, wenn nicht die Vertreter der agrarischen Provinzen gegen fie gestimmt hätten.

3m übrigen ift die preußische Regierung jederzeit bereit, mit diefer Parole vor die Wähler zu gehen, wir würden ja dann fehen, wie die Deutschnationalen dabei abschneiden.

Sommer in Berlin  .

Danden

Bon Jwan Heilbut. Sommer, blaue Zeit, Wiese, Wald und See. Wir, die armen Leut' bleiben an der Spree  . Doch derselbe Hauch, der auf Wiesen flattert, schwingt in Straßen auch, wo das Auto rattert. Würz'ger   Kiefernduft weht im Grunewald  . Und der Kudud ruft hinter Spandau   bald. Ob in Helgoland  oder Friedrichshagen  - Mädchen sind am Strand, heiße Pulse schlagen, Sommer, blaue Zeit, rote Lippen blüh'n. Ihre Frucht gedeiht auch in Groß- Berlin.

An Albrecht Meyer, meinen Dieb.

Natürlich heißen Sie nicht Albrecht Meyer, merter Herr, son­dern haben dies Pseudonym nur gewählt, um mir vorbereitend tragikomisch Grüße aus dem Jenseits und Wünsche für ferneres Bohlergehen zu senden und mich in meiner Abwesenheit zu be­fuchen.

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Ich gebe zu, werter Herr, daß es unverzeihlich von mir war, Ihren freundlichen Besuch zu verpassen. Hätten Sie sich nur deut­licher angemeldet, so hätte ich Sie selbstverständlich erwartet und wir hätten zusammen Tee getrunken. Sie hätten sich dazu Zucker aus der kleinen alten Silberbüchse nehmen müssen und Kuchen aus dem Silberkorb, den meine Großeltern schon benuzten. Und zu allem hätten Sie einen der Teelöffel gebrauchen müssen, deren ganzes Dugend Sie sich nun mit Zuckerdose und Kuchenkorb- liehen, um den Tee bei sich zu Hause zu trinten. Sie haben leider den Tee selber vergessen, werter Herr. Nämlich so guten Tee, wie ihn meine Mutter aus irgendeiner östlichen Quelle bezieht, gibt's wohl nur einmal in Berlin  . Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen? Sie haben inzwischen gemertt, daß es auf den Inhalt und nicht auf das äußere Silber anfommt? Schicken Sie mir die Sachen, felbftver ständlich trage ich das Borto, Und ich jende Ihnen an irgendeine

Das Schicksal dieser Borlage hängt vom 3 enfrum ab, das aber in seiner Entscheidung nicht frei ist. Denn im August 1925 hat im Ausschuß Herr Cammers versichert, daß die dort festgesetten 3ollfähe innerhalb zweier Jahre nicht erhöht werden sollen. Im Plenum des Reichstags hat damals der Abgeordnete Ehrhard auf meine Aufforderung im Namen der Zentrumsfraktion noch einmal er­flärt, daß über diese Sätze in den nächsten zwei Jahren nicht hinausgegangen werden dürfte. Das war fein Versprechen, daß das Zentrum uns abgegeben hat, sondern es war in erster Linie für die christlichen Arbeiter bestimmt. Troh dieser Erklärungen tamen im vorigen Jahr die Zollerhöhungen auf Roggen und Weizen, auf Mais, Futtergerste, Mehl. wir fordern jetzt die Einlösung dieser Bersprechun­gen, an die das Zentrum gebunden ist! Denn wir wollen nicht, daß den deutschnationalen Agitatoren auf dem Lande zu Liebe eine volfswirtschaftlich unsinnige Zollerhöhung vorgenommen wird.( Sehr wahr bei den Soz.) Borläufig hat aber erst das preußische Zentrum das Wort gehalten, daß das Reichstagszentrum verpfändet hat.( Sehr wahr bei den S03.)

Es ist ganz klar, daß es sich hier darum handelt, den Groß­agrariern Konzessionen zu machen. Durch Zollerhöhungen werden die Preise für landwirtschaftliche Grundstücke weiter hochgetrieben und damit erschweren Sie( nach rechts) die Siedlung. Sie würden also die Bemühungen der preußischen

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Adresse bleiben wir vielleicht bei Albrecht Meyer aus dem Jen­seits, postlagernd" den Tee, der an der ganzen Geschichte das einzig Wertvolle ist.

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Nun aber, werter Herr: sagen Sie bloß, warum haben Sie um diese lumpigen drei Sachen die Haustür geöffnet, sämtliche Schrank­türen aufgebrochen und alles durchwühlt? So neugierig ist doch ein ausgewachsener Mensch nicht, und zu denken, daß wir mehr Bargeld haben könnten, als im Portemonnaie( noch dazu am UI­timo!) dazu sind Sie doch zu flug.

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Und zum Schluß noch etwas: als Sie sich meinen Schreibtisch ansah'n, ist Ihnen die Uhr meines Vaters, die dieser von seinem Bater hatte, in die Tasche gefallen. Sie geht ganz gut, hat seit drei Wochen ein 24- Stunden- Zifferblatt, aber sonst für Sie so wenig Wert, wie eben eine richtige alte Kartoffel" für einen Gentleman, wie Sie es sind, hat. Ich habe die zweifach geerbte Uhr sorgsam ge= hütet, sie hat für mich einen außerordentlich hohen ideellen Wert, trotzdem fie unmodern und zerkfragt ist. Sie werden es schon be= merkt haben, daß zum Beispiel ein H. W. von Kinderhand auf den Dedel gerigt ist. Das ist doch häßlich, wenn kein Andenken damit verbunden ist! Schicken Sie mir die sicher versehentlich mitgenom­mene Uhr zurück und zu Weihnachten will ich Ihnen eine ordentliche schenken. Für Sie hat die alte keinen Wert und ich frieg wenn Sie sie behalten von der Versicherung eine neue! Die sollen Sie doch lieber haben! Ich bewundere die Vollendung, mit der Sie Ihren Sport beherrschen und Ihren uneigennützigen Wagemut: zehn Türen um so ein paar lumpige Sachen aufzubrechen. Ich bedauere, daß ich Ihnen nicht mit mehr dienen konnte.

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Gerda WeŋL

( Meine Adresse ist Ihnen ja gut bekannt, und die Ihre, an die ich ein Pfund Tee und zu Weihnachten eine Uhr schicken werde, wird mein Geheimnis bleiben ich geb' Ihnen mein Ehrenwort darauf.)

Zu Kurt Walter Goldschmidts 50. Geburtstag fand im Mei­fteriaal eine gut besuchte Feier starr. Allerdings war es wohl mindestens zu fünfzig Prozent eine Familienfeier. Die fluge, aber an inneren Superlativen überreiche Rede Dr. Paul Cohn­Guben war dafür bestimmt, und die Rezitationen Ellen Mos= rers aus des Jubilars Werken ganz gewiß. Aber trotzdem be­deutete diese Veranstaltung mehr als nur das Fest eines ausge dehnten Freundeskreises. Denn das Schaffen Kurt Walter Gold­schmidts, obwohl im Bublifum wenig befannt, verdiente, daß man diesen Tag festlich beging. Goldschmidt ist Philosoph und erst aus seiner philosophischen Erkenntnis heraus Lyriter. Sein ganzes Wert it geboren aus einem unermüdlichen Suchen nach dem Urgrund des Seins. Seine Etappen zu diesem unerreichbaren Ziel sind Etappen des Individuums, nicht der Menschheit. Darum fehlt Goldschmidt nur mit seinem Gott. Aber er habert mit ihm als ganzer, starter dies Letzte, Mitreißende, Weltumspannende seiner Idee. Er hadert Mensch. Goldschmidt ist als Verfaffer feinsinniger Essays bekannter ben als Dichter. Seine formwollendeten Berse sind selten Teil non

Regierung um die Siedlung im Offen erschweren. Bie ernst es des preußischen Regierung mit dieser Siedlung ist, beweist ja erſt jezt wieder die Ernennung unseres Parteigenossen Krüger zum Staats sekretär im preußischen Landwirtschaftsministerium.( Beifall bei dere Sozialdemokraten.) Es handelt sich bei den Zöllen gar nicht unt die Siedlung, sondern um die Verteuerung des Grund und Bodens. Darum muß es um so schwerer sein, dieser Vorlage zuzustimmen. Es handelt sich aber hier auch nicht allein um die innenpolitische, sondern ebenso sehr um die außenpolitische Wirkung der 3ollerhöhungen. Der Reichstag   hat ja leider feine Gelegenheit be­tommen, zur Weltwirtschaftskonferenz Stellung zu nehmen. Des Reichswirtschaftsminister hat nur den Reichswirtschaftsrat dazu auf gefordert. Wir haben die Weltwirtschaftskonferenz begrüßt, weil die großen wirtschaftlichen Fragen nicht mehr innerhalb der einzelnen Staaten zu lösen sind, sondern weil dazu eine Kooperation der großem europäischen   Staaten erforderlich ist. Wir unterscheiden uns auch hierin von der größten Regierungspartei, deren Preise die Verhandlungen in Genf   als Geschwäh bezeichnet hat.( Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Wir sehen, daß der Kapitalismus schon längst die Grenzen der einzelnen Staaten gesprengt hat, daß die produktiven Kräfte gegen die Staatssouveränität protestieren und über diese Souveränität hinaus zu einer Regelung kommen. Der frühere englische   Handelsminister Runcimann hat auf der Welt­wirtschaftstonferenz gesagt, wenn die einzelnen Staaten ihre Zölle era höhen würden, so würden sie dafür die Berurteilung der Welt in Kauf in nehmen. Damit ist die Antwort auf die heutige Rede des Herrn Schiele schon vorweg gegeben worden. Herrn Schieles Haltung ist ja überhaupt sehr merkwürdig. Vor der Weltwirtschaftskonferenz hat er in landwirtschaftlichen Bersammlungen fich für die Autarkie ausgesprochen und verlangt, daß Deutschland   sich vom Weltmarkt unabhängig machen solle. Auf der Weltwirtschaftskonferenz ist er­flärt worden, wenn die Staaten zur Selbstgenügsamkeit kommen wollten, so sei es Aufgabe der Konferenz, zu zeigen, daß diese Politik Opfer an materiellem Wohlstand bringt und daß dieser Verlust von den Verbrauchern getragen werden muß. Das ist die schärfste Verurteilung der Ansichten des Herrn Schiele.

Herr Schiele hat vor der Konferenz für die Autarkie Propaganda gemacht, bis Herr Stresemann fich   sagte, daß es so nicht weiter gehe. Und Stresemann hat genau das Gegenteil von dem, was Herr Schiele fagte, als Politik Deutschlands   verkündet. Herr Curtius hat ausdrücklich nochmals proklamiert, daß der Augen­blid gekommen sei, wo sich die Staaten über die Zollpolitik ver­einigen müßten.

Am 2. Juli 1927 stand der Großhandelsinder auf 137%, derjenige der industriellen Rohstoffe auf 131,7, derjenige der Agrarprodukte auf 138. Der letztere ist also rascher gestiegen als der Inder der Industriestoffe. Am stärksten sind die Nahrungsmittel auf 166,6 gestiegen. Da spricht Herr Schiele noch von dem Gleichgewicht zwischen Industrie und Landwirtschaft.  ( Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Herr Curtius will die Bölle feststellen, die herabgesetzt werden können. fönnen. Wenn man die Interessenten fragt, dann fagen fie: fehen fie Das müßte ein großes Ministerium doch innerhalb acht Tagen machen gefälligst den Zoll der anderen herab. Aufgabe der Regierung ist es, die Diagonale zwischen den Wünschen der Interessenten zu ziehen.

Vor zwei Jahren wurde uns gefagt, daß die Zollvorlage nur von furzer Dauer fein solle. Diese zwei Jahre sind vorbei, aber die angekündigte endgültige Zollvorlage ist noch nicht gekommen.

Inzwischen wurden aber noch feine Berhandlungen mit Fran fe reich zustande gebracht, mit Polen   befinden wir uns im Zoll frieg, mit Kanada   ist auch kein Vertrag, der die Vorbedingung für eine Verständigung mit Australien   und Afrifa ist, zustande ge tommen. Statt dessen kommt diese Zollvorlage, die für das Inland unerträglich ist, im Auslende aber die deutsche Regierung und das deutsche Wort diskreditieren muß.

Wir fönnen diese Borlage nicht annehmen. Selbst vom Standpunkt der Agrarier und Schutzölle hätte man mit ihr noch warten fönnen. Wir werden die entsprechenden An­träge im Ausschuß stellen und sie mit um so größerer Selbstficher­heit vertreten können, weil dieser Reichstag gar nicht das Mandat hat, über Zollvorlagen zu beschließen. Fragen Sie doch die Wähler darüber, aber dazu fehlt Ihnen der Mut! Wenn die Herren von der äußersten Linfen   Obstruktion treiben wollen, fo follten Sie doch bedenken, daß, wenn fein Beschluß zustande tommi. der noch höhere autonome Zolltarif in Kraft tritt. Dieser Reichs­tag ist veraltet. Wenn Sie uns nicht glauben, dann fragen Sie die Wähler, und deren Antwort würde für Sie( nach rechts) vernichtend, aber ein glänzendes Vertrauensvotum für die Sozial­demokratie fein.( Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.)

unserer Zeit; doch manche von ihnen fönnen zu Zeiten beglückend Teil von uns werden. Theodor Stieffenhofer sprach ein­rucksvoll Dichtungen des Geburtstagsfindes. Schöne Musikdarbie 53­tungen umrahmten die Feier.

Die Romanschriftstellerin Olga Wohlbrück   feiert heute ihren 60. Geburtstag. Bevor sie zur Dichtung fam, hat sie sich auf vielen anderen künstlerischen Gebieten betätigt. Sie war zuerst Schau­spielerien und hat am Odern- Theater in Paris   ihre ersten Bühnen­erfolge gehabt. Aufsehen erregte sie bei ihrem Auftreten in Wol­zogens Ueberbrettl, wo sie sich bald eine führende Stellung errang. zur Literatur wurde sie durch ihre erste Ehe mit dem Lyriker Maximilian Bern   geführt. Ihre Romane sind vielfach als Filme vers arbeitet worden.

Das größte lenkbare Luftschiff der Welt. Das Marinemini­fterium der Vereinigten Staaten   hat der Firma Goodyear   den 50 000- Dollar- Preis für den besten Entwurf eines lentbaren Luft­schiffes mit einer Faffungskraft von 6 500 000 Rubitfuß zugesprochen; den zweiten Preis, 5000 Dollar, erhielt ein Ingenieur in Baltimore  ; eine ehrenvolle Erwähnung wurde dem Doktor Schwengler in Neu­ strelitz   zuteil. Das neue Luftschiff, das größte der Welt, soll 5 Mil lionen Dollar fosten; der Bau wird drei Jahre Zeit erfordern. Es wird fünf Aeroplane mit sich führen können, mit Kanonen armiert sein, eine Bemannung von 45 Mann haben und eine Höchst­geschwindigkeit von 128 Kilometern in der Stunde erreichen. Die Länge des Luftschiffes wurde auf 238 Meter festgesetzt, der Höchst­durchmesser auf 41. Mit Helium gefüllt, soll das Luftschiff einen Attionsradius von 12 500 Meilen haben; mit Wasserstoff gefüllt, soll es fogar 17 000 Meilen erreichen fönnen.

Der Antrieb zum Bau des größten Luftschiffes ist also vom militärischen Interesse aus erfolgt. Weder die Erforschung des Nord­pols oder anderer Gebiete noch die Erprobung eines Luftschiff­verkehrs über die Ozeane war wichtig genug, um diesen Fortschritt" zu erzielen.

Brieftauben im Dienst der Alpinistit. Der französische   Touristen­verein der Douphiné hat zu Berarde, dem Mittelpunkt des fran­ zösischen   Alpinismus, eine Station für Brieftauben eingerichtet, die den Alpenführern zur Verfügung gestellt werden. Man hofft, daß diese Brieftauben bei Unglücksfällen gute Dienste leisten werden. Die Führer, die nämlich verunglückte Bergsteiger aufsuchen, brauchen nicht mehr nach Hilfe wieder herabzrsteigen, wenn sie die Verun­glückten gefunden haben, sondern sie senden eine Taube ab, um wei­tere Unterſtüßung herbeizurufen.

Toller aufgefordert, im kommenden Winter persönlich seinen intemann" Toller und die Boltsbühne. Die Berliner   Voltsbühne hat Ernst au infzenieren.

Flucht aus München  . Infolge der kulturpolitischen Engherzigkeit, die seit einigen Jahren München   eine zweifelhafte Berühmtheit verschafft, wird nun auch der Dichter Karl Hendell die Stadt, in der er zwanzig Jahre lang gelebt hat, verlassen und an den Bodensee   übersiedeln. Den legien Anlaß für den Entschluß des Dichters bot das Münchener   Verbot des Reichsbannertages.

Die Renovierung des Winterpalastes. Der Volkskommissarenrat der Sowjetunion   hat 25 000 Rubel für Reparatur- und Restaurationsarbeiten am Winterpalais, das einst von Rastrelli   erbaut wurde, ausgesezt. Der ur sprüngliche Entwurf des großen Künstlers foll damit wieder hergestellt werden