Reichstag, ja nicht einmal der Reichswirtschaftsminister Dr. Curtius teilt diese Meinung. Doch man will bei der Post im Grunde ja gar keine An leihen haben, weil man eben nicht zu wirtschaften versteht. Wenn die Begründung zur jetzigen Vorlage sagt, daß man zur Investierung für neue Fernsprechanschlüss«, für Bauten alz Substanzvermehrung und für Bahnpostwagen Kraftwagen usw. im Gesamtbetrag von jährlich 150 Mil lionen Mark keine Anleihen aufnehmen dürfe, so beweist dies nur unsere Behauptung. Es gibt kein Anlagegeschäft, das sicherer wäre, als die Investierung von Anleihekapital in neuen Fernsprechanschlüssen. Diese rentieren und amorti sieren sich glänzend. In a u sl ä n d i s ch e n Telephonver waltungen, die ihren Betrieb vollständig automatisiert haben, sind die Einnahmen derart groß, daß sie nicht wissen, wohin mit dem Geld, und zu einer Gebührenermäßigung nach der andern schreiten. Die Deutsche Reichspost dagegen de hauptet, daß sich Ersparnisse aus dem automatischen Telephon betrieb erst nach vielen, vielen Iahren ergeben werden. Zu nächst koste die Sache noch unheinlich viel Geld, und dies müsse aus den laufenden Einnahmen genommen werden. Der Kern fehler der Reichspost ist, daß sie in ihrer Spitze keinen Menschen hat, der wirtschaftlich denken und handeln kann. Die Beamten des Postministeriums mögen brave Menschen und auch gute Beamte sein: es sind und bleiben aber eben Beamte und Bureaukraten. Da gibt es eine große Wirtschaftsabteilung mit einem Ministerial- direktor an der Spitze und acht oder mehr Referenten. Was die cherren bis jetzt zusammcngewirtschaftet haben, erfährt kein Mensch Wöchentlich erscheint nur die Wirtschafts- beilage einer amtlichen Postzeitschrift, in der man die Arbeit der cherren in der Zusammenstellung von Wirtschaftsmeldun gen der— Tagespresse bewundern kann! Unvergeßlich wird bleiben, als der Etats- und Gelddirektor des Postministeriums seinerzeit einmal erklärte, daß er über Banken, Firmen und Kreditwesen überhaupt keine blasse Ahnung habe, weil er als Beamter mit derartigen Dingen keine Berührung gehabt habe. Deshalb ist es die allerhöchste Zeit, daß die ganzen Finanz- und Wirtschaftsfragen der Post in andere und fach- verständige Hände gelegt werden. Die bisherige Wirtschaft geht nickt mehr so weiter. Die leitenden Beamten der Reichs- vost stellen ein Programm auf, daß ihren Neigungen und Plänen entspricht, und das muß durchgeführt werden, gleich- viel woher das Geld kommt. Ist kein Geld da, so werden die Gebühren erhöht. Das kann jeder andere auch machen. Das ist aber keine Wirtschaft, vor allem keine kaufmännische Wirt- schaft. Man hole sich einmal einen routinierten Kaufmann und Finanzsachverständigen ins Haus und sorge dafür, daß die leitenden Beamten seine Arbeit und seine Absichten nicht durchkreuzen, auch wenn er kein Beamten ist, und vielleicht auch nicht Korpsstudent war oder das Abiturium hat. Man wird nach kurzer Zeit sehen, daß es auch anders geht. Es scheint uns, daßl jetzt der geeignete Augenblick hier- zu gekommen ist. Natürlich gehört ein starker Wille und«ine starke Hand dazu. Wenn aber der Postminister, dem all die unerquicklichen Dinge eigentlich nicht zur Last fallen, der viel- mehr eine vollkommen verfahrene Sache als böses Erbe übernommen hat und ausbaden muß, die Energie. die er jetzt dem Reichstag glaubt zeigen zu müssen, seinen leiten» den Beamten gegenüber aufbringt, so könnte er die Dinge noch retten, ohne daß große Gebührenerhöhungen notwendig werden. Das Reichspostfinanzgesetz muß aber schleunigst und gründlich revidiert werden. Ein geplatzter l o-Millionen-Schwinüel. Gelb-kommunistisches Ausammenspiel. Am 9. Juli hielt der Kommunist K o e n e n im Reichstag eine Rede, in der er seine Partei als die einzig zuverlässige Oppositions- parte! bezeichnete und gegen die Sozialdemokratie die betonnten Beschuldigungen erhob. Da kam ein Ruf von rechts:„Dafür haben sie auch 19 Millionen bekommen." Koenen griff diesen Zuruf begierig auf. unterstrich ihn und bat den Zwischenrufer um nähere Angaben, die allerdings ausblieben. Am Tage daraus stellte dann Genosse Ludwig im Reichstag fest, daß ihm als sozioldemo- kratischen Parteitassiercr von den 10 Millionen, die die Partei von der Regierung bekommen haben sollte, nicht da» allergeringste bekannt sei. Run meldet sich der Zwischenrufer in der„Deutschen Tages- zeitung" zum Wort. Es ist kein anderer als der bekannte Führer der Gelben und deutschnationale Abg. Johannes Wolf. Cr klärt die 19 Millionengeschichte dahin auf, daß es nicht die Sozial- demokratie sondern die Gewerkschaften seien, die die ver- schiedenen Millionen bekommen haben sollen. Da aber„Sozial- demokratie und Gcwerkschasten ein»" seien, kommt das nach seiner Meinung aus dasselbe hinaus. Um was handelt es sich? Um nicht mehr und nicht weniger als um eine Hilfsaktion der Regierung für Arbeiter an Ruhr und Saar , die durch die stürmischen Ereignisse der legten Jahre wirtschaftlichen Schoden erlitten haben. Die Durchführung dieser Hilfsaktion ist den Gewerkschaften aller Richtungen anvertraut, die Hilfeleistung erfolgt ohne Rücksicht darauf, ob der Geschädigte irgendeiner Organisation angehört oder nicht. Die Gewerkschaften haben vom Ganzen nicht» als die Mühewaltung. Dagegen stänkert nun der Herr Wolf, dem es natürlich lieber wäre, wenn die Hilssgelder den Gelben übergeben würden— nun das ist die ganze Geschichte an der Korrumpierung der Sozial- demokratie mit 19 Millionen Mark. Nicht immer ist e» möglich, einen Schwindel so rasch und so reslos aufzuklären. Trotzdem darf man Gift daraus nehmen, dah unsere Gegner bei den nächsten Wahlen weiter mit ihm hausieren werden. Wem nutzt öer Sürgerblock! Gi« Geständnis. In einem Leitartikel würdigt das führende Organ der Großagrarier, die„Deutsche T a g e s z e i t u n g", die Verabschiedung der neuen Zollvorlage mit folgenden Worten: Auch das jetzt vorliegende Ergebnis wäre schwerlich für die Landwirtschast erreicht worden, wenn nicht die Deutschnationale Volkspartei und insbesondere noch der Reicheernährungs- minister Schiele mit einer Klarheit und Festigkeit die Lebensinteressen der Landwirtschaft vertreten hätte, die Anerkennung und Dank verdienen. Wir machen diesen Hinweis niemandem zulieb« und niemandem zuleide: ober wir können und wir müssen als Tatsache feststellen, daß durch den Regierungsein- tritt der Deutschnationalen für die parlamentarische Stellung der Landwirtschaft eine günstigere Lage geschassen worden ist. als sie aus sehr naheliegenden Gründen ohne diese politische Wendung vorhanden wäre. Mehr hierüber zu sagen, holten wir im Augenblick nicht für zweckmäßig: um so weniger, als Anlaß zu der Hoffnung gegeben ist, daß bei dem weiteren Zusammen- wirken der gegenwärtigen Regierungsparteien das Verständnis für die Landwirtschaft und der Wille, ihr gerecht zu werden, auch in den Teilen de« Regierungslogers sich nachhaltig durchsetzen wird, die von Natur der Landwirtschast und ihren Lebensbedingungen ferner stehen als andere. Hier ist mit erfreulicher Offenheit gesagt, wo die N u tz» n i e h e r der Rechtsblockpolitik zu suchen sind. Die Groß- agrarier triumphieren ob ihre» Sieges über die Interessen der schaffenden Bauern und der Verbraucher; sie wiegen sich bereits in neuer Hoffnung auf spätere, weitere Zoll- e r h ö h u n g e n. Das Volk kann zahlen. Es wird bald einsehen, daß die Rechtsregierung die teuerste ist, die es je gehabt hat. Und dann wird sich die Abrechnung wenigstens lohnen. die Internationale öer Kriegsteilnehmer. Kongrest in Paris. — Aufnahme des Reichsbanners pari«. 11. Juli. (EP.) Im Palais Luxembourg wurde gestern der internationale Kongreß aller Kriegsteilnehmer. verbände zur Gründung einer Friedensinternationale der früheren Frontkämpfer eröffnet. Den Vorsitz führte der Franzose Marcel H e r a u d, Präsident des Internationalen Frontkämpfer- bundes. Zu dem Kongreß sind Vertreter der Frontkämpfcrverbände Frankreiche, Englands, Italiens , Belgiens , der Ver- einigten Staaten, Polens , Rumäniens , der Tschechoslowakei , Süd- flawien», Deutschlands und Oesterreichs erschienen, dagegen fehlen wenigstens vorläufig Verireter Ungarns , Bulgariens und der Türkei . In der Eröffnungsrede erklärte Höraud. der Internationale Fronikämpferbund erblicke sein Ideal m der Vcsriedung Europos . Mit Politik befasse sich der Bund nicht, sondern überlasse dies den Regierungen, doch gehe er von dem Prinzip aus, daß die Friedensverträge nicht durch Gewalt abge- ändert werden dürsten. Dieses Programm könne von allen ehe- mals feindlichen Frontkämpfern unterschrieben werden. Die gc- ineinsam ausgeslanöenen Leiden hätten zwischen ihnen eine Solidarität geschaffen, die durch noch so große Meinungsverschiedenheiten nicht mehr aus der Welt geschaffen werden könnten. Der Vertreter des Reichsbanners, Crohn, erklärte. daß niemand, der an das Unglück und Elend denke, das der Welt- krieg im Gefolge hatte, einen anderen Willen und ein anderes Lebensziel haben könne, als- der Welt einen neuen Krieg zu er» sparen. Die Kriegsleiden konnten nur den«inen Zweck gehabt haben, die Kriegsidee zu töten und der Fricdensidee zum Siege zu verhelfen. Aus diesen Gründen müßten die früher feindlichen Lager zusammenarbeiten, um die Mißverständnisse zwischen den Völkern au» der Welt zu schassen. Diese» Ziel könne aber nur er- reicht werden, wenn die Rechte und Freiheiten jedes Volte» anerkannt und respektiert würden. Di« deutsche Republik Hab« nur den«inen Wunsch, daß Deutschland in Frieden mit der ganzen Welt lebe und daß Freundschaft zwischen den Völkern herrsche. Beide Reden wurden mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Darauf wurden die verschiedenen Programmpunkte der Tages- ordnung zur näheren Prüfung und Berichterstattung an die Kam- Missionen verwiesen. Tie Entschliestung gegen die gewaltsame Revision.— Anschlnstdcbatte. Pari». 11. Juli. (EP.) Der Kongreß der früheren Kriegsteil- nehmer Hai einstimmig folgend« Entschließung angenommen:„Der Kongreß ist überzeugt, daß die historische Ausgabe der früheren Kriegsteilnehmer darin besteht, die Völker über die Schrecken de» Kriege, aufzuklären. Der Kongreß, der alle früheren Kriegsteilnehmer umfaßt, erklärt, daß der Respekt vor den Friedensverträgen die fundamentale Grundlage der inter - nationalen Beziehungen darstellt. Demzufolge mißbilligt er jeden Versuch, zu Angrissszwecken zu den Massen zu greisen." Die deutschen Delegierten hatten gegen diese Entschließung zu- nächst starke Bedenken geltend gemacht. Da» Präsidialmitglied des Reichsbundes Crohn erklärt«, daß, solange dos Rheinland besetzt sei, die Friedensfreund« in Deutschland nicht die«rwünschien Fortschritte machen können. Der Präsident der österreichischen Kriegsverwundeten. Brandeis, erklärte, daß 99 Proz. aller Oester- reicher Pazifisten seien. Diese» Verhältnis wäre noch günstiger, wenn die Länder der Entente sich nicht dem Anschluß Oester- reich» an Deutschland widersetzen würden. Der Anschluß an Deutschland würde der Sache des Friedens dienen. Der französische Delogiert« Cassin suchte di: Bedenken der deut schen Delegierten zu zerstreuen. Der italienisch« Delegierte Deselles protestiert« zunächst gegen den Gedanken de» Anschlusses Oesterreichs an Deutschland , unterstützte dann aber den Standpunkt der Deutschen mit Bezug auf die Friedensverträge. Der Fortschritt könne nicht eingedämmt wer- den. Nach längerer Diskussion erklärten sich die deutschen Dele- gierten mit der Unterzeichnung der Entschließung einverstanden. Heitere Musik. „Barbier von Bagdad - und Anna Sogorjkaja. Des Peter Cornelius komische Oper ist von dem tragi- schen Geschick versolgt, den Besten unter den Zuhörern immer wieder zu gefallen. Da diese» Geschick gleichzusetzen ist einem ehrenhaften Halbersolg, der sich olle Jahre nach dem Ganzen sehnt, so bleibt das Werk selten auf dem Repertoire. Und doch ist der Bagdader„Bar- bier" Spiegelbild einer der begabtesten, reinsten, gelockertsten Must- tantennaturen, die in Deutschland groß wurden, einziger, lebendiger Beweis, dah Wagner» Einfluß auch einmal ausbauend, nicht zer- setzend werden konnte. Die Liebe zu dem Meister, durch Liszt noch glutvoller übertragen als durch da» eigen« Erleben des romantischen Liedkomponisten, klingt nicht nur musikantisch, formal, in kecken und pathetischen Bemühungen der Instrumente, im Gesanglichen nach, sie bestimmt auch die Szene. Wer dächte nicht im Werk einmal an die Prügelszenen der„Meistersinger", an da» Lohengrin-Liebes- duett, an Elisabeth» Hallengruh! Der Humor aber ist Cornelius' eigene, besondere, orginale Domäne. Er ist weit entsernt von galli- scher Grazie, von allem leicht federnden Esprit, von psychologischer Delikatesse. Er ist deutsch bis in Mark und Knochen, breit, behäbig, lachend, saftig, gespreizt wie dieser köstliche, atemlos schwatzende Abul Hassan Ali Ebu Bekar selber. In der Suada dieses Universal- Genies liegt der ganze Witz des Stückes, dem als Kontrast sonst nur Lyrismen beigefügt sind. Di« sogenannte Handlung ist so primitiv, daß dem Werk eine Konzentration auf einen einzigen Akt gut täte. Beinahe ist die ausgesucht pointenreiche Instrumentierung, selbst wenn sie den Ballast der Mottl-Levischen Ueberarbeitung abgeworsen hm, noch zu dick und schwer für den zerbrechlichen Boden de» Stück». Aber die Heiterkeit des Stosss überträgt sich aus alle, denen die Lauterkeit der Musitsprache, die Zartheit der Liebeslieder, die Charakteristik der Themen, das Schwebend« der Lustspielouvertüre Besitz wird. Die Zwischen ouvertüre könnte dagegen fortfallen, und der Schluß des ersten Aktes ist weniger komisch, als ein banaler Notbehelf. Die Neueinstudierung bei Kroll, an das Ende der Saison gestellt,, zeigt, wie wenig der„Barbier" Kassenslück ist. Aber selbst wenn man sich eingescist fühlt, so bleibt e» doch eine Tat, diese komische Oper auf neu frisiert zu haben. Kleiber nimmt das Werk massiver als es gedacht ist. Diese unkomplizierte Lustigkeit liegt Ihm nicht. Vor allem hätte das gutstudiert« Werk um die Hälfte leiser klingen können. Und auf der Bühne etwa% Ton höher. Sondererfolg für den Dirigenten nach der zweiten, effektvoll hin- gelegten Ouvertüre. Stieber- Walter quälte sich mit seiner Rolle sehr ab. seinem Tenor hört man neben guten Noten die liebe Not de» Klingenlassens an. Maria Müller gab ihm gleichsam eine Unterrichtsstunde aus osfener Bühne: so leicht, so weich, so tragend, beseelt, innig und herb zugleich muß eine Stimme sein. H e l g e r s hat die Lacher aus seiner Seite, und man freut sich seines quellenden Humors, wenn man sich an die ewig ungedeckten Töne gewöhnt hat. Die B r a n z e l l ist von Haus au» nicht lustia und quieklebendig, aber sie tut wenigstens so. Gut disponierte Chöre mischten sich bewegt in das solistische Treiben. So kam ein schöner Gesa-mteindruck und eine slott« Stimmung zustande. Mit wesentlich geringerer Kunst kam wesentlich stärkere Stimmung zustande, als die Russin Anna Sagorskoja' Volkslieder von Landsleuten sang. E» war ein Abend de» erhöhten Kabaretts. Der Schwerpunkt der Leistung liegt bei der Sagorskaja nicht im Besang- lichen. Die Stimme ist ungepflegt, hart, plärrend, brutal. Wo» aber an Vortrag und Darstellung geleistet wird, ist genialisch. Jede Idee eines Volksliedes, jede Bewegung der Lustigkeit, des Leidens, der Betrunkenheit, Ausgelassenheit, Frömmigkeit, Schelmerei erhält ihre besondere Prägung. Auch ohne die Worte zu verstehen, locht man mit, seuszt, grübelt, denkt, weint. Die Suggestion der Frau ist ungeheuer. Eine russische Pvette Guilbert. Auch musikalisch war der Abend ein Gewinn, indem neues Volksgut aus Armenien , Klein- rußland, aus dem Schatz jüdischer, kirgisischer, turkmenischer Melo- dien erschlossen wurde. Der Abend müßte im Winter wiederholt werden, wenn die Gefahr ausgeschlossen ist, daß aus einem rufsi- schen Musikabend ein russisches Bad wird. Frau Sagorskaja wurde ja hoch gefeiert, wie da» Thermometer der Saaltemperatur und des Temperaments der Zuhörer stieg. Kurt Singer . Heiße Sommer. Die„lange Dürre" von 1911.— Da»„Backofenjahr" von 1549, Sommer von ungewöhnlich großer Hitze und langer Trockenheit kommen fast in jedem Jahrhundert einmal oder mehrere Male vor. Der heutigen Generation sind noch die Sonimer 1911 und 1921 in„warmer" Erinnerung. Das Jahr 1911 war das Jahr der „langen Dürre". Es gab wochenlang keinen Tropfen Regen, was zur zzolge lxilte, daß in den Gärten und auf höher gelegenen Punk- ten viele Gemüsesorten und Beerensrücht« verdorrten. In jenem Jahre der langen Dürre hatten sich viele Flüsse in träge fließende Rinnsel oerwandelt. Bei Dresden war die Elbe in ihrer Breite von über 599 Metern soft ganz ausgetrocknet. Durch das Versickern der Elbe im Jahre 1911 bekam man auch das„Hungerntännlc" an der alten Elbbrücke in Dresden zu sehen, das zur Erinnerung an sine frühere Dürre wenige Meter über der Flußsohle am Brückenpfeilsr angebracht war. Nachdem e« jähr- hundertelang unter Wasser gewesen war, kam e» plötzlich wieder ein. mal ans Licht des Tages und wurde von der aufs neu« ausgetrock- neten Menschheit gebührend bestaunt. Diese„afrikanischen" Sommer werden aber weit übertroffen vom Jahre 1549, dem„Backofenjahr". Der Reformator Heinrich B u l l i n g e r gibt in seinen Tagebüchern, die die Zeit von 1594 bis 1574 umfassen, eine anschaulich« Schilderung von diesem Rekord- jähr der Iropensonne und Trockenheit in unserer Zone. Schon am letzten Februartage setzte starke Sonnenhitze unter einem Himmel von italienischer Blaue«in, und diej« Hitze währte 29 Wochen lang, d. h. also bis zum 19. September. In dieser ganzen Zeit regnete es nursechsmal, und zwar Ende April, Anfang Mai und End« Juli. Aber niemals regnete es einen ganzen Tag oder eine Nacht hindurch, ja kaum«ine halbe Nacht lang. Die Folge dieser in tinserem Breitengrad einzigartigen Natur- erscheinung zeiligte auch«ine völlige„Unnr-ertimg aller Werte" in der Vegetation, So gab es im Wonnemonat Mai, in dem sonst die Kirschen meist erst zu blühen pflegen, Vollreife Frücht «: Birnen und sogar Gerste konnte man auf dem Züricher Markt schon am 18. Juni kaufen. Bullinger erzählt in seinem Tagebuch, daß er selbst gute Trauben Anfang Mai genoß und Ansang August süßen Wein trank. Bereit, am 24. Juni war die Ernte schnittreif. Der Ertrag an„überaus köstlichem Wein" war erstaunlich. Diesem Segen a» Frucht und Wein stand auch hier der Schoden gegenüber, den die lange Hitze und Trockenheit oerursachte. Wiesen und Wälder welkten, der Boden bekam Risse, da und dort trockneten die Trauben«in. Baum, Dächlein und Gießbäche hatten kein Wasser mehr, lieber den Rhein konnte man an etlichen Orten waten, die Mühlen standen still. Um da» Vieh zu retten, mußt« in jenem Jahr« das Wasser au» Entfernungen von vielen Meilen herbeigeschaist werden. Mord- brenner vergrößerten noch die Plag« der Bevölkerung. Die ange- steckten Gebäude brannten wie Zunder. So sielen in Tübingen am 21. September 99 Häuser einer BrandstisVng zum Opfer. Diese infernale Glut dauerte bis in den Oktober hinein, die Trockenheit bis Weihnachten. Ihr Mitteleuroväer des 29. Jahrhunderts, die ihr an einem Sammertag« mit 29 bis 25 Grad Wärme seufzt:„Man schmort heute am lebendigen Leibe." denkt daran, was die Menschheit im „Backofcnjahr" 1540 hat durchmachen müssen. A. I. Die MoraNstin im qesährlichen Aller. Der Drciakier des Wieners Sil Bora,„Die Frau von vierzig Jahren" ist, obwobl er im L u st s p i e l h a u s herauskommt, kein Lustspiel, sondern ein von Lebensweisheiten beschwertes Schauspiel. Es be- handelt die(uns allerdings nicht unbekannte) Tragik der immer noch schönen, ober alternden Frau, die noch nicht von der Liebe gekostet hat. Bei Sil«ara Hot sie«ine äußerst komplizierte Seelen- Verfassung. Sie ist von der fixen Idee besessen, einem 29 Jahre langen Mann ständig etwa, aufzuzwingen. ihre Morallehren, b) ihre Lieb«, und c) fogar ihre junge Nichte, durch die sie notür- lich den Geliebten verliert. Zlus welchen Gründen sie, als sie ihr Glück wanken sieht, ausgerechnet das hübsche Mädchen ins Haus holt, ist schon vor drei Jahren, al» die„Tribüne" das Stück her. ausbrachte, nicht klar gewesen. Die Zeit hat die Sache inzwischen auch nicht ausgeklärt. Die Titelrolle spielt Gertrud deLalsky. Sie ist«ine betuliche Hausfrau mit allen Vorzügen einer biederen Bürgerin. Da dem Verfasser für die Rolle aber eine mondaine und höchst reizvolle Erscheinung vorgeschwebt hat. so wird da» Schau- spiel noch unglaubhafter al» e, an sich schon ist. Andre Mattoni siel schon damals durch seine jugendlich«, forsche Un- beholsenheit aus. E» ist sonderbar, daß er in dieser langen Zeit weder diese Unbeholfenheit verlernt noch Sprachkultur gelernt hat. Einen Erfolg aus der ganzen Linie erzielte dagegen Vera S i d e l» k i mit ihrer Munterheit, Frisch« und ihrem unermüdlichen Plappermäulchen. Dgx. «ymiiasiit-nd»nftlertscher Ion,. Die au» der Jutta Klamt-Schul« beroargeaangenen Lehrer»nd Lehrerinnen für ttvmna'Iik und künsllerischen Tan» haben sich zweck« Förderung der erzieherifchen Bedeutung dieier®e» biete und gemeinsamer, lyiiematifcher.WichungSIütigleit m Jutta «la«t>S,met»Ichojte.B. zusammengejchlojjeu.
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