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Bescheidene Armut.

Intimes aus einer Arbeitsstube.

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In einem kleinen, eng möblierten Zimmer des Berliner   Westens, das Schlaf, Wohn- und Arbeitsraum einer ganzen Fa milie darstellt, drängen sich schon am frühen Morgen eine Menge Frauen. Alle sind sauber gekleidet, mit intelligenten, aber arg verhärmten Gefichtszügen. Sie gehören zur Sorte derer, die unter den jetzigen Verhältnissen vielleicht mit am ärgften leiden. Frauen von fleineren Angestellten, wo der Verdiener frank oder arbeitslos ist. Bon früheren besseren Tagen her sind sie noch im glücklichen Besitz einer kleinen Wohnung; aber die Miete, das Essen und all das Drum und Dran des häuslichen Apparates will und muß doch herbeigeschafft werden. Und diese Last ruht entnerschwer auf den Schultern der Hausfrau, Gattin und Mutter. rig werden täg­lich die Inserate studiert, viele vergebliche Gänge getan. Heimarbeit, dürftigste, aber doch wenigstens dann und wann erreichbare Verdienst­möglichkeit. Auch hier wird Heimarbeit vergeben. Spielhöschen für Kinder sind zu nähen. Für's Stück gibt es 30 Pfen= nige. Eine wagt bescheidenen Einwand wegen des niedrigen Arbeitslohnes. Sie meint, man brauche pro Stück mindestens Stunden zur Anfertigung, fönne also bei unausgeseztem Ma­schinetreten von morgens bis abends faum 6 Stück= 1,80 mr. schaffen. Aber im Nu wird sie niedergeschrien von allen anderen, die in haftigen, bettelnden Worten erzählen, daß sie vorher für einen Stüdlohn von 10 Pf. Säcke und sogar Schürzen mit Einfassung ge= näht hätten. Die Angst sieht aus aller Augen, die eine könnte die Arbeitverteilerin mißgestimmt und die Austeilung der Arbeit in Frage gestellt haben. Gottlob, es war nicht der Fall. Jede bekam 6 Stück zugewiesen. Aber lange mußten sie warten, Stunden ver­gingen, bis alles zugeschnitten und verteilt war. Eine abgehärmte Frau war, ausgerüstet mit einem Riesenfarton, der für viel, viel Arbeit Platz bot, aus einem fernen Vorort gekommen. Ungeduldig trat sie von einem Fuß auf den anderen, endlich bat sie mit ängst­lich- zitternder Stimme um Abfertigung. Sie muß nach Hause zu ihren fleinen Kindern. Mein Mann ist auf Arbeitsuche, die Kinder find ganz allein in der Wohnung, und der Nachhauseweg ist so weit." Endlich ist auch sie an der Reihe, mit einem dankbaren Lächeln schiebt sie das winzige Paketchen in den Riesenbehälter und rennt, was ihre schwachen Beine tragen fönnen, um ja teine Zeit zu verlieren. Für Stunden gibt es 30 Pfennige gleich 12 Schrippen. Und nun tommt der Tragödie zweiter und schmerzlichster Teil: Bei Ab­nahme der gelieferten Arbeit findet die Arbeitgeberin allerhand Mängel in der Ausführung, nimmt einigen der Frauen, laut schimpfend, um sie einzuschüchtern, die Sachen ab, ohne ihnen den Arbeitslohn zu bezahlen, und weigert sich sogar, eine Abliefe­rungsbestätigung herauszugeben. Statt jedes meiteren Kommentares weist sie ihnen furz die Türe. Dabei handelt es sich, wie durch Stich proben nachgewiesen wurde, um eine volltommen eratte faubere Arbeitsleistung. Scheinbar ist dies der Trick einer ganz ,, Ausgefochten", die sich auf diese Weise auch noch den Gegen­wert von 12 Schrippen für 1½ftündige mühsame und anstrengende Arbeit zu ersparen weiß. Sie falkuliert geriffen mit der Kleinheit des Streitobjekts und weiß ganz genau, daß wegen ganzer 1,80 Mark niemand zum Radi laufen wird, am allerwenigsten aber diese Art von Frauen, die, innerlich ohnedies total zermürbt, auch noch diese Gemeinheit stumm refigniert über sich ergehen laffen. Die Adresse dieser menschenfreundlichen Dame ist: Schulze, Berlin   W., Passauer Straße 36. Hoffentlich bewahren diese Zeilen wenigstens weitere Opfer vor dieser gefährlichen Ausbeuterin.

Abgestürzt und ertrunken.

Ein schwerer Unfall ereignete sich heute vormittag gegen 10 Uhr vor dem Grundstück Friedrichsgracht 40. Auf einem dort stehenden Laftfahn war der 18jährige Schloffer Erich Menn aus der Friedrichsgracht 44/45 mit Arbeiten be= schäftigt. M. trat plöglich fehl, verlor den Halt und stürzte topf­über in die Spree. M., der des Schwimmens unfundig war, ging sofort unter, fonnte aber schon nach kurzer Zeit geborgen werden. Wiederbelebungsversuche blieben leider ohne Erfolg Die Leiche des Ertrunkenen wurde in das Schauhaus gebracht.- Der in der Maschinenfabrik von Eckert in der Großen Frant­furter Allee 136 beschäftigte 27jährige Arbeiter Kurt G. aus der Gürtelstraße 31 in Lichtenberg  , geriet so unglücklich in die von ihm zu bedienende Maschine, daß er sich schwere Kopf und Armverlegungen zuzog. Der Berunglückte wurde in bewußtlosem Zustande in die Unfallklinik in der Johannis­Straße übergeführt, wo er sehr bedenklich daniederliegt.

drängt. Die aus Eiswaffer, Zuder und Orangensaft hergestellte Li­monade, die fich als Drangeade auch in der Alten Welt zunehmen der Beliebtheit in der heißen Jahreszeit erfreut, erscheint heute jenseits des Ozeans schon auf dem Frühstückstisch und wird tags­über in enormen Quantitäten genossen, nicht zum wenigsten von Frauen, denn die Amerikanerin huldigt dem Glauben, daß das wohlschmeckende, fühlende und gesunde Getränk zugleich auch das beste und harmloseste Mittel sei, um schlank zu werden oder schlank zu bleiben. Eine einzige Gesellschaft unterhält in New York City  allein 135 Verkaufsstände, in denen als ausschließliches Erfrischungs­getränk die Drangelimonade vertrieben wird. Diese Kioste per­brauchen jährlich nicht weniger als 20 Millionen Apfelfinen. Mit dem Auspressen des Saftes aus den Früchten wird das die Limo­nade servierende Personal nicht betraut. Diese Arbeit wird viel­mehr in einem Zentrallaboratorium der Gesellschaft ausgeführt. Das gewonnene Produkt wird dann in flüssiger Form an die 135 Verkaufsstellen verteilt, wo die Zubereitung der Limonade erfolgt. Es ist leicht möglich, daß die Popularität, der sich der Orangensaft in Amerifa erfreut, in gewissem Zusammenhang mit den durch die Prohibition bedingten Beschränkungen steht.

Eine deutschsprachige Monatsschrift in Paris  . Die feit Jahren in Frankreich   erscheinende Kunstzeitschrift ,, Les Chroniques du jour" gibt in diesen Monat zum erstenmal eine in deutscher Sprache er­scheinende Ausgabe, betitelt Tageschronit der Kunit" heraus und tündigt on, daß sie diese Ausgabe, die besonders für Deutschland   und für Mitteleuropa   bestimmt ist, fünftig allmonatlich erscheinen laffen wird. Der Verlag erklärt, er wolle durch diese Veröffentlichung der Annäherung der beiden Länder auf fünstlerischem Gebiete dienen. Als Redakteur der deutschen Ausgabe zeichnet Rolf Hentl.

Die Zukunft des Achilleion. Wie aus Athen   berichtet wird, hat eine Gruppe ausländischer Kapitalisten, die auch einige deutsche Hotel­befizer einschließt, der griechischen Regierung Vorschläge für den An­tauf des früher faiserlichen Schlosses Achilleion auf Korfu   sowie für die Errichtung eines Hotels mit 400 Räumen und eines Rasinos in unmittelbarer Nähe des Achilleions unterbreitet. Das Achilleion soll nicht als Kasino benutzt, sondern ein Teil soll in ein Museum ver wandelt werden. Die Finanzgruppe will 8 Millionen Mart für die Bauarbeiten ausgeben als Gegenleistung für das Privileg einer 25jährigen Ausbeutung, nach der Zeit das Gebäude und Kasino auf den Staat übergehen werden.

Mag Liebermann ist auch für das nächste Berwaltungsjahr( Oktober 1927/28) zum Bräsidenten der Preußisen Alabemie der Rünfte gewählt worden. Die Wieberwahl wurde vom Staatsministerium bestätigt. Stellvertretender Präsident bleibt der Direktor der Singalabemie Profeffor Dr. Georg Schumann  .

Ueber die Handelspolifit Frankreichs   in der Nachkriegszeit spricht Gen. Politit, Schinkelplag 6. Gäste willlommen.

von Ungern- Sternberg am Donnerstag, 19, Uhr, in der Hochschule für

Görlitzer   Theaternöte. In der Stadtverordnetenversammlung wurde der frühere Beschluß, die Oper und Operette aus dem Spielplan. des Stadttheaters herauszunehmen und das Drchester aufzulösen, wieder auf­gehoben, da der preußische Staat einen Zuschuß von 20 000 D. zur Ber­fügung gestellt hat. Trozdem soll erneut an die Provinzialverwaltung herangegangen werden, um auch von dort aus einen Zuschuß zu erhalten, ber bas Theaterbefiait für die Stadt abschwächen foll.

Bis auf die Knochen blamiert!

Das hundertjährige Massengrab am Lehrter Bahnhof  .

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Herkunft dieser Knochen längst in älteren Beröffentlichungen festgestellt worden ist. Wir führten aus dem im Jahre 1910, vor jetzt siebzehn Jahren erschienenen Buch Moabiter Chronit" von Wilh. Dehlert an, daß dort auf Seite 60 unter der Jahreszahl 1813 zu lesen steht: Für die in den Berliner   Lazaretten gestorbenen Russen, Fran­30jen usw. wird an der Grenze der Pulverfabrik( jetzt Lehrter Bahnhof  ) ein Friedhof angelegt. Die Gebeine der hier Be statteten wurden in den vierziger Jahren nach den Anlagen an der Ulanenfaserne( Rathenower Straße), furz nach 1890 nach der Hasenheide überführt."

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Lehrter Bahnhof   den erwünschten Vorwand geliefert, den Agita- höfe bereits im Jahre 1841, abgesehen von dem einen in der Hasen­Den kommunistischen Blättern haben die Knochenfunde am| bestattet." Dehlert berichtet dann weiter, daß diese Soldatenfried­tionsbetrieb der KPD.   durch eine an Irrsinn streifende Hege zu heide, verschwunden waren. Doch wußte man, jagt er, von dem beleben. Schon am 6. Juli wurde im Vorwärts" Nr. 315 darauf Moabiter Friedhof damals noch die Stelle an der Mauer der hingewiesen, daß die Pulverfabrik( auf dem Gelände des jezigen Lehrter bedeckt und die ihn kennzeichnenden Bappelreihen, die auf dem Bahnhofs) zu zeigen, wenn auch der Platz inzwischen mit Kiefern Gläserschen Tiergartenplan von 1822 noch vermerkt waren, fehlten." Auf dem Moabiter   Soldatenfriedhof waren die Gebeine ausgehoben und an der heutigen Rathenower Straße in einem Sammelgrab untergebracht worden. Dort hat man noch lange den sie deckenden Grabhügel sehen können, der wie Dehlert angibt von dichtem Gebüsch umgeben und überwachsen war und in der Mitte ein schwar­zes Holzkreuz trug, das später durch ein inschriftloses gußeisernes Kreuz ersetzt wurde. Hügel und Kreuz verschwanden zusammen mit der baum- und buschreichen Anlage erst beim Bau der Kaserne an Heute können wir noch ein Zeugnis über die Herkunft der Toten­der Rathenower Straße zu Anfang der 90er Jahre. Die noch vor­gebeine am Lehrter Bahnhof   mitteilen. Derselbe Wilh. Dehlert gefundenen Gebeine wurden auf dem Soldatenfriedhof in der Hasen­hat in seinem schon im Jahre 1906, por jetzt zwei Jahrzehnten, er­heide eingegraben. schienenen Buch Der Kleine Tiergarten"( Berlag Albert Daß bei der Aushebung eines ganzen Fried­Löwenthal, Berlin  ) sich noch ausführlicher über jenen Soldatenfriedhofs von 3000 Leichen einzelne Leichen übergan= hof geäußert. Dort sagt er auf S. 51: gen werden, ist leicht möglich. Es tönnten dabei sogar noch mehr Leichen unter der Erde am Lehrter Bahnhof   liegen geblieben sein. Ein alter Parteigenosse teilt uns mit, daß er vor etwa 50 Jahren als Schuljunge auf dem Gelände zwischen der Invalidenstraße und dem damals eben entstandenen Stadtbahnviadukt im Spiel auf zwei Stelette und Schädel gestoßen sei. Anscheinend hatte man eine Grube von etwa 1 Meter Tiefe ausgebuddelt" habe und dabei sie bei den Bauarbeiten gefunden und nahe dabei in geringer Tiefe wieder verscharrt.

Während der Jahre 1813-1815 waren in Berlin  , das damals etwa 150 000 Einwohner zählte, in den fünf der Kriegswirren wegen eingerichteten Militärlazaretten im ganzen 9017 Krieger( Fran­zosen, Ruffen und Deutsche) ihren Wunden oder Krankheiten erlegen. Sie auf den bestehenden Friedhöfen zur letzten Ruhe zu bestatten, ging nicht gut an. Es wurden deshalb für sie fünf eigene Begräb­nisstätten angelegt, von denen eine am Elsbusch, eine bei Tem­ pelhof  , zwei in der Hafenheide und die fünfte bei den Bulverhäusern in Moabit   ihren Play fand. Hier wurden nach einem Bericht des mit dem Beerdigungswesen betrauten Forstauffehers Christoph die Leichen, zum Teil wohl in Gammelgräbern, in 8 Fuß tiefe Gruben gelegt und mit zerkleinertem Ralf beworfen, um eine möglichst schnelle Berfegung zu bewirken. Auf der Begräbnisstätte bei Moasei der Brauch aufgekommen, Soldatenleichen mit alt zu bit, für die wohl die Lazarette am Waidendamm( spätere Artillerie-, jezt Alexanderfaserne) und in der Friedrichstraße  ( ießt Kaserne des 2. Garderegiments 3. F.) in Betracht tamen, wurden in dieser Weise nicht weniger als 3000 Krieger

Die Untergrundbahn nach Neukölln.

Drei neue Bahnhöfe vor der Eröffnung. Die Bauarbeiten auf der Gesundbrunnen   Neukölln. Linie sind nunmehr soweit gefördert, daß die Borarbeiten auf der genannten Strece in Angriff genommen und in größeren Teilen bereits beendigt sind. Gemäß dem Bauprogramm, das man mit allen Mitteln versucht, einzuhalten, wird der südliche Teil bereits in der zweiten Hälfte des Juli in Betrieb genommen werden. Drei große Bahnhöfe werden eröffnet, und zwar Umsteigebahnhof her. mannplay, Boddinstraße und Schönleinstraße. Jeder besitzt einen Mittelbahnsteig, der 40 Meter länger ist, als es bisher üblich war, um längere Bahnzüge abfertigen zu fönnen. Ueberall find zwei breite Ausgänge, die jedem Maffenverkehr gerecht werden. Am Umsteigebahnhof Hermannplay ist die G. N.- Bahn mit der Nordsüdbahn durch eine Rolltreppe verbunden, um den Umsteigeverkehr zu erleichtern. Die vorläufig eröffnete Strecke hat Umsteigeverkehr zu erleichtern. Die vorläufig eröffnete Strecke hat eine Länge von ungefähr Kilometer. Es wird ein Bendel­verkehr eingerichtet werden. Zwei Wagenzüge mit den modernen Einheitswagen werden voraussichtlich den Verkehr bewältigen. Auch an der Nordfüdstrede wird weitergearbeitet. Im Herbst wird voraussichtlich der Bahnhof   Flughafen fertig sein. Die Bau­arbeiter bis Ringbahnhof Tempelhof sind bereits in Angriff ge­nommen und in den letzten Wochen start gefördert worden. Die Borarbeiten für die weitere Verlängerung sind ebenfalls begonnen. Da die Bahn durch die Breite Straße in Tempelhof   gelegt werden wird, werden auch hier große Bcuarbeiten stattfinden. Vor allen Dingen wird bedauerlicherweise der schöne Baumbestand der Mittel­allee beseitigt werden müssen. Dafür wird die Straße modernisiert, und die Straßenbahngleise werden in die Mitte der Straße auf Rasen gelegt.

Uebersee" in Berlin  .

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Ein neuer Bergnügungspart mit lehrhaftem Hinter grund, die Ueberseeschau", hat ihre Pforten am Kaiserdamm in Charlottenburg   geöffnet. Es sind dort allerlei hübsche Dinge zu sehen. In Berlin   hat es wohl noch nie eine so trostlose Er öffnung gegeben, der Himmel goß, es war ein richtiger Uebersee­regen, und die Expedition erlitt schon im ersten Negerdorf Schiff­bruch. Ein größeres Unglück erlitt noch die Geschäftsfüh rung selbst, die keinerlei Vorbereitungen zum Empfang der Be­sucher, Führung und Erklärung vorbereitet hatte und allen Ernstes erklärte: fie tönne doch nicht stundenlang ihren Gästen ethno­graphische Vorträge halten. Warum denn nicht! Das Publikum ist für Belehrung immer dankbar. Zum Glüd waren die farbigen Völker mehr im Bilde, was sie dem Publikum schuldig sind. Sie sprechen alle durchweg, ganz gleich, ob sie aus Afrika  , Samoa  , Indien   oder Persien   stammen, ein so vorzügliches Deutsch, gefärbt mit Berliner Dialekt  ", daß man alles Wissenswerte von ihnen erfahren fonnte. Die Mehrzahl der Ueberseer dürfte vielleicht als Berliner  " troß ihrer waschechten farbigen Haut angesprochen werden, man ist da vollständig unter guten Bekannten. Im ara= bischen Café, das im Regen abfärbte, wurden entzückende Tänze Don" echten" Samoanerinnen gezeigt, auf dem Rasen Heimatspiele und Tänze von Negern, galoppierende Ritte von Wild- West u. a. Chinesen, Japaner, Perfer und Aegypter warteten auf gutes Wetter, um ihre Handfertigkeiten zu zeigen und auszulegen, ebenso die Buden mit" Bazenhofer- Export" und Fruchtsäften. Das Schönste an dieser so spielerisch improvisierten Völkerschau farbiger Berliner   ist zweifellos der alte ungepflegte Privatpark an der Ber­liner Straße, hinter dessen Büschen versteckt sich alles aufbaut. Man vergesse jedoch nicht, auch die alte Villa inmitten des Parts zu be­fuchen, wo sich ein reichhaltig ausgestattetes egotisches Museum etabliert hat mit sehr reichen Sammlungen an Waffen, Schmuck, Ge­räten und Modellen der Naturvölker, was wirklich sehenswert ist. Jedenfalls übertrifft die Schau an Reichhaltigkeit und Bolkstümlich­feit alle anderen Schauen dieser Art, die man vorher und zurzeit in Berlin   sieht.

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Die ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt in Charloffen burg, Fraunhoferstraße 11-12, ist, um ihre 3medbestimmung besser zu kennzeichnen, in Deutsches Arbeitsschuh Museum" umbenannt worden. Das Museum umfaßt die beiden Abtei­fungen Unfallverhütung und Gesundheitsschuß( allgemeine Hygiene und Gewerbehygiene). Der vor drei Jahren begonnene völlige Neu­aufbau ist inzwischen soweit vorgeschritten, daß der größte Teil der Gruppen wieder dem Besuch zugänglich ist. Der Ausbau geht ständig weiter, insbesondere iſt ein Lehrbergwerk im Ball. Das Museum ist werftäglich von 11-13 Uhr und Sonntags von 11-15 Uhr gegen ein geringes Eintrittsgeld zugänglich, das sich bei vorheriger An­meldung größerer Gruppen auf die Hälfte ermäßigt.

Bezirksbildungsausichuß Groß- Berlin. Vorzugskarten für die Stern warte Treptow   zum Preise von 60 Pf. im Bureau des Bezirksbildungs. ausschusses Lindenstr. 3, 2. Hof 2 Tr.( Simmer 8). Die Starten gelten bas ganze Jahr, und zwar einmal für einen beliebigen Bortrag oder eine Filmvorführung

Die unwissenden Schwachtöpfe tommunistischer Blät ter haben ihren gläubigen Lesern erzählt, tein Mensch erin nere sich der Eristenz eines Friedhofs am Lehrter Bahnhof  . Mit Kluger Miene gaben sie auch das Gutachten ab, erst im letzten Kriege

bedecken. Nach unserem Hinweis auf die Angaben des vor 20 Jahren erschienenen Buches von Dehlert wird vielleicht auch den daß fie mit diesen Knochen fich bis auf die Knochen bla Sachverständigen" der KP D. die Erkenntnis aufdämmern,

miert" haben.

Domelas Berliner   Erlebnisse. Eine Richtigstellung.

Herr Amtmann Dolling, Borstand des Anhalter Bahnhofs  , schreibt uns:

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Ich heiße nicht Amtmann Dölle, sondern Amtmann Dolling. Die Angaben des Rechtsanwalts Domelas entsprechen nicht den Tat­fachen. Domela ist im hiesigen Bureau gewesen, er hat eine Ver= angeblich über 200 m. ausgefertigt. Die Verlust­anzeige, die Domela mit" Prinz Wilhelm von Preußen  " unterschrie­ben hat, wurde mir von dem aufnehmenden Beamten gezeigt. Ich prüfte die Unterschrift, und da es eine ausgeschriebene Hand war, habe ich einen Zweifel an der Echtheit nicht gehabt.

Den angeblichen Prinzen habe ich nicht mit tönigliche Hoheit" angeredet, sondern nur mit" Prinz". Daß die Beamten vor ihm stramm gestanden hätten, ist vollständig erfunden. Die hiesigen Bahnhofsbeamten stehen überhaupt nicht stramm, selbst wenn der höchste Borgesetzte, der Herr Reichspräsident, tommt, der von hier sehr oft abfährt. Als ich den angeblichen Prinzen fragte, ob er fich zu entfinnen müßte, wie ich ihn als Schüler von Charlottenburg  abfahren ließ, sagte er" Ja" und suchte das Weite.

Es ist möglich, daß auf sein Ansuchen irgendein Beamter etwas nach Gotha   mitgeteilt hat. Der angebliche Prinz war nicht in der Lage, eine Depesche nach Gotha   zu bezahlen. Ich habe das Geld bis zum nächsten Tage ausgelegt, er hat es später durch Boten ge­schickt. Die Zigaretten, die er als Dant beiçefügt hatte, habe ich nicht angenommen, sondern ihm zurückgegeben.

Ein Abteil erster Klasse ist weder reserviert noch ihm angeboten worden. Der betreffende Beamte fragte nur, ob er denn dritter Klaffe fahre. Und als er dies bejahte, hat er ihn ruhig im Abteil dritter Klasse belaffen. Hier vom Anhalter Bahnhof   fahren fast, jebe Woche Prinzen ab und werden dabei in feiner Weise be. vorzugt.

Das ewig befudelte Denkmal.

Heute früh wurde der vor der Christuskirche, König­gräßer Straße 96, aufgestellte Obelist zum Gedenken der ge fallenen Krieger der Gemeinde abermals besudelt. Der Täter hat das Dentmal mit einer grauschwarzen Flüssig: teit begoffen. Obgleich die Polizei ihr besonderes Augenmerk auf die Beobachtung des Blazes gerichtet hat, ist es dem Täter, der offenbar immer dieselbe Person ist, zum achten Male gelungen, das Denkmal zu besudeln.

Durchbruchsprojekte der Stadt Berlin  .

Entgegen den von nichtamtlicher Seite verbreiteten Meldungen, daß der Magistrat sich in seiner Sigung am 6. Juli 1927 mit Durch bruchsprojekten und mit Anleihefragen beschäftigt haben soll, teilt das Nachrichtenamt mit, daß weder das eine noch das andere Gegen­stand irgendwelcher Erörterungen war.

Das Münchener   Eisenbahnunglück. Beginn der Berufungsverhandlung.

München  , 12. Juli.  ( TU.) Vor dem Landgericht München I  hat heute vormittag die Berufungsverhandlung gegen den Lokomotivführer Aubele begonnen, der wegen des großen Eisenbahnunglüds am Münchener   Ostbahnhof   in erster Instanz zu 5 Monaten Gefängnis verurteilt worden war. Revifion im Mordprozeß Straffer.

Kaufmann David Strasser, der vom Stader   Schwur­gericht in Harburg   wegen Mordes in zwei Fällen zweimal zum Lode und wegen versuchten und vollendeten Versicherungsbetruges zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden war, hat gestern gegen das Urteil Revision eingelegt.

Trauriger Abschluß eines Bordfeftes. Der Dampfer Witing". war am 9. Juli mit Mannschaften der Marineschule Mür mit zur Abhaltung eines Sportfestes nach Steinberg- aff gefahren und hatte in der dortigen Bucht geankert. Bei der Wiederein­schiffung der Mannschaften schlug ein mit fünf Matrosen besetztes Bivilboot voll und tenterte. Während drei der Infaffen von einem anderen Boot aufgenommen werden konnten, fanden zwei hierbei den Tod in den Fluten.

Industriehafen Marienburg. In Marienburg wurde am Sonn tag in Anwesenheit einer großen Zahl von Vertretern west- und oftpreußischer Staats- und Kommunalbehörden der neue Industrie­hafen eingeweiht. Der neue Hafen, der über 465 Meter lang und 2,50 Meter tief ist, ist das Wert fünfjähriger Arbeit. Die Ge= jamtkosten des Hafens belaufen fich auf 500 000 Mart..

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