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Donnerstag 14. Juli 1927

Unterhaltung und Wissen

Der galante König.

Von Paul Mochmann.

ihre Vorfahren für mehr und Besseres hält als das gemeine" Volt. Und unbewußt liefert Pöllnih auch Material zu der bis auf weiteres leider geregelten Abfindung der Fürsten . Hätte das an= geblich souverän gewordene Bolt Zurückerstattung alles dessen ver­langt, was von seiner Arbeitskraft, von seinem Gute der Autora von Königsmark, eine andere Mätresse, war nicht einzige August vergeudete, nur um seine Launen zu befriedigen, den ohne weiteres bereit, sich dem König hinzugeben. Wettinern wäre nicht das Hemd auf dem Leibe geblieben.

( Schluß.)

Sie mußte erst ron ihrer verheirateten Schwester, einer Frau von Löwenhaupt, zur Vernunft gebracht" werden, ehe sie einwilligte.

Eine ganz besondere Nummer war die Gräfin Esterle, melche die Königsmark ablöste. August lernte sie in Wien kennen rnd eroberte ihre Neigung mit einem Brief, dem ein paar Ohr­nge im Werte von 40 000 Gulden beigelegt war. Eines Tages mar er bei ihr und blieb auf ihre Bitten auch über Nacht. Pöllnitz crzählt nun weiter:

,, Die beiden hatten sich soviel zu sagen, daß der Tag sie über­schte, bevor sie eingeschlafen waren; endlich aber santen sie in tiefen Schlummer. Es war 10 Uhr morgens, und sie schliefen noch immer. Ohne 3weifel hätten sie noch länger geschlafen, wenn der Graf von Efterle sie nicht gestört hätte. Er wollte seiner Gemahlin c was mitteilen und begab sich deshalb zu ihr ins Schlafzimmer. Als die Tür verschlossen war, öffnete er sie leise mit seinem Schlüssel, um sie zu überraschen. Wie sehr aber war er selbst Überrascht, als er den Kurfürsten in den Armen seiner Gemahlin jah! Ein Wutschrei weckte die beiden Liebenden. Der Kurfürst

inrang aus dem Bett, nahm seinen Degen und jagte damit dem Grafen solche Furcht ein, daß er die Flucht ergriff. In ihrer Merzweiflung wußte die Gräfin nicht, was sie tun sollte. Sie fürchtete die Rache des Grafen. Der Kurfürst begriff ihre Angst und sann über ein Mittel nach, die Gräfin vor Mißhandlungen zu üzen. Er hielt es für das geratenfte, sie in das Haus seines Gesandten zu bringen, das nach dem Völkerrecht ein unverletzliches Asyl war. Die Gräfin konnte sich zunächst nicht dazu entschließen, aber der Kurfürst stellte ihr vor, daß sie, da ihre Beziehungen gerade dem bekannt geworden waren, der am wenigsten hätte davon erfahren sollen, auch keine Rücksichten mehr zu nehmen auchte. Sie willigte also ein, nahm ihre Kassette mit den Diamanten und stieg mit dem Fürsten in einen Mietswagen, um sich zu dem Gesandten zu begeben.

Während Frau von Esterle vor ihrem Gemahl floh, stand Meser im Vorzimmer des Kaisers, und wie Bulkan verkündete er er seine Schande und seine Verzweiflung. Seine Freunde trösteten ihn und sagten, das sei kein Grund, sich so aufzuregen. Sie nannten Beispiele aus der Mythologie und aus der alten und neuen Ge­tichte." Amphitryon ", sagten sie, war ebenso entsetzt wie Sie, cls er Alkmenes Untreue erfuhr, und doch beruhigte er sich bei dem Gedanken, daß er Jupiter zum Nebenbuhler gehabt habe. Wie niele Männer im alten Rom haben ihre Frauen den Cäsaren über­Icffen! In Frankreich hat Herr von Montespan seine Gemahlin 2udwig XIV. abgetreten, und wie viele Männer haben in England, o die Könige weniger unumschränkt sind, geduldet, daß Karl II. ihre Frauen besuchte!"

,, Alles, was Sie mir sagen, ist richtig," erwiderte Herr non Esterle treuherzig, aber Amphitryon hat sie einem Gott über­lassen, und die anderen ihren Herrschern."

" Run," versetzt Graf von Martiniz, später faiserlicher Ge­fondter in Rom , wenn Sie es den Männern gleichtun wollen, die mir Ihnen genannt haben, so treten Sie in den Dienst des Kur­Firsten von Sachsen , er kann dann mit Ihrer Gemahlin schlafen, ohne daß jemand etwas dagegen einzuwenden hat."

Alle Anwesenden billigten diesen Vorschlag, und der arme Graf ron Esterle fand den Rat so gut, daß er selbst Herrn von Beich­Ting aufsuchte, und ihn um seine Verwendung im Dienste des Kur­fürsten bat.

Der Kurfürst war nicht wenig erstaunt, als Herr von Beichling ihm das mitteilte. Aber dieser Günstling versicherte, im Auftrage des Herrn von Esterle zu sprechen. Der Kurfürst schrieb sofort der Gräfin und teilte ihr diese Neuigkeit mit. Sie bat ihn, Herrn von Esterle nicht in seine Dienste zu nehmen, ihm aber ein Jahres= gehalt zu bewilligen unter Bedingungen. die sie stellen würde. Der Kurfürst antwortete, fie fönne diese Angelegenheit nach ihrem Gutdünken regeln; er setzte dem Grafen ein Jahresgehalt von zwanzigtausend Gulden aus. Daraufhin schloß die Gräfin einen regelrechten Vertrag mit ihrem Gemahl.

Die Liebschaft mit der Esterle nahm übrigens ein für Auguſt menig schmeichelhaftes Ende. Die Gräfin betrog ihn nicht bloß rit dem Herrn von Flemming, den der nichtsahnende König auf re Veranlassung zum Generalleutnant, Kabinettsminister und Oberstallmeister von Litauen machte, sondern auch mit anderen. Cinmal überraschte August sie aber und befahl ihr, auf der Stelle das Land zu räumen. Sie gehorchte, wurde jedoch unterwegs von rinem Offizier eingeholt, der nachgeschickt worden war, die ihr von em freigebigen Geliebten verehrten Diamanten zurückzufordern. Die Esterle händigte dem Boten sogleich eine versiegelte Kassette rebst einem Schlüssel ein, als aber der König später das Kästchen öffnete, waren bloß wertlose Flitter drin. Die Frau hatte August auch diesmal hintergangen.

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Pöllniz erzählt, daß August lachte, als er den Betrug entdeckte. Er fonnte lachen. Was fümmerte ihn der Verlust der Kost harkeiten, was der Verlust der Frau? Das Geld zu neuen Ge­henken, zu neuen Festen preßten seine willfährigen Minister aus dem Volke oder sie machten Schulden, die dem Staat zur Last ge­hrieben wurden. Und Mätreffen, soviel er wollte, lieferte ihm der Adel. Er brauchte schlimmstenfalls nur anzuflopfen, und man heeilte sich, ihn zu bedienen. In einer Zeit, da eine Proletarier frau in Bremen zu acht Monaten Gefängnis verurteilt wird, weil fie ihre Tochter, die von Liebhabern Geld annahm, nicht aus dem Sause gestoßen hat, liest man folgendes mit besonderen Gefühlen: Cinige Tage verstrichen, ohne daß der Monarch erfuhr, ob seine Wünsche dem Mädchen( Fräulein von Dieskau) angenehm waren nder nicht. Da er nicht länger warten wollte, wandte er sich an ie Mutter des jungen Mädchens.. Frau von Dieskau fühlte fich durch dieses Vertrauen hochgeehrt und... versprach, alles taran zu setzen, daß ihre Tochter den Gefühlen seiner Majestät entgegenfäme. Da sie gern Klarheit hatte und eine offene und chrliche Frau war, verlangte sie zunächst eine beträchtliche Summe ols Aussteuer für ihre Tochter. Das Geld wurde ihr bewilligt ausbezahlt. Und bald darauf wärmte Fräulein non Dieskau das königliche Bett, nicht allzulange allerdings: ein Fräulein von Osterhausen verdrängte sie. Die Verslossene wurde an den Hofmarschall von Loos verheiratet.

und

.

Das alles ist mehr als Klatsch, das sind Beiträge zur Sitten geschichte einer Kaste, die noch heute, in der demokratischen" Republik Deutschland , Ahnenkult treibt und sich unter Berufung auf

Niobe Volkspartei.

DVP.

Ctr

Simultan Schule

Männerstolz

vor Thronen

Humanität

Freihandel

Freie Kuns

D.Nat

He

Verschont mein letztes Kind, das noch Zeugnis davon ab­legt, daß ich einmal mit dem Liberalismus vermählt war!"

Das Pferd.

Bon Friz Müller, Partenkirchen .

Es ist jetzt viele Jahre her, daß durch die Bahnhofstraße das letzte Pferd getrabt ist. Das unwiderruflich letzte Pferd.

Vorher waren schon, in Zwischenräumen, amtlich angezeigte letzte Pferde durchgeleitet worden, feierlich bekränzt mit Blumen, auf der Straße mit Hallo begrüßt und mit Elegien in der Zeitung. Aehnlich wie der letzte Postillon gefeiert wird auf Strecken, die von morgen ab die Eisenbahn beherrscht.

Aber andere Pferde, die davon nichts wußten, sind dann auch noch durchgekommen. Unbegrüßt und ungefeiert schließlich eins, das wirklich Lezte. Hinter ihm brach stählern mit Geheul die Autoflut herein, trompeteten Motore, wurde höchstenfalls ein scheuer Radler noch gelitten. Unbestrittner Herrscher war und blieb Benzin.

Möglich, daß in einem Kaffeehaus an dieser Straße noch ein Weißbart solch ein Pferd erwähnte.

" Ferd?" unterbrach man ihn mit hochgezogenen Augenbrauen, Ferd, was ist das?"

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Er beschrieb es mit Gefühl aus seiner Kindheit Tagen. Man zwinkerte sich zu: Der Alte flunkert ,, Laßt ihm sein Vergnügen, solche Fabelwesen gab es nie."

Wenn ich mich recht erinnere," sprang ihm ein Monokel bei, soll immerhin ein solches- solches Ferd, sagten Sie, nicht

wahr.

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Pferd."

" Sagt ich doch."

,, Sie sagten Ferd. Pf- erd heißt's."

"

Pf- Pf das klingt verdammt nach Dampf," mischte sich

-

ein anderes Monokel ein.

,, Ne, ne, es stimmt, vor Jahren hat man mal ein solches Ding, noch ziemlich gut erhalten, im Sibirieneise bloßgelegt." ,, Das war ein Mammut," sagte der Weißbart.

"

,, Seht mal,

Wohl von Ihrem Ferd' ne Spielart, was?" was die Straße dort herauffommt!" Bielleicht ein Reklamevieh aus der Hagenbeckschen Tierschau?" Ein Pferd, meine Herren."

"

"

Wie

-

was ne, so steht also so'n Ding aus!"

Es war ein altes Pferd. Es zog eine alte Kutsche. In der Kutsche saß eine alte Klosterschwester. Der Tracht nach eine arme Schuljchwester vom Lande. Neben ihr saß eine junge Schwester. Sie lentte.

Das alte Pferd ging Schritt. 3wischen ihm und den rasenden Autos vorn entstand ein leerer Raum. Hinter ihm tutete es, schrillte es, heulte es. Das Pferd hielt seinen Schritt. Man suchte vorzufahren. Aber das Pferd hatte sich quergestellt. Jezt sah es Sah mit seinen großen Kohlenaugen ruhevoll hinein in das Tosen des aufgehaltenen Verkehrs, aus dem sich wütende Arme reckten, sich die Fäuste ballten: Schutzmann, he Schutz-!"

um.

Sie schrien nicht mehr. Sie hatten in den stillen Augenglast des alten Tieres geschaut. Die Hände sanken ihnen von den Auto­hebeln. Es wurde ihnen unbehaglich. Der Vorfahr wachte auf in ihrem Autoblut. Der Vorfahr. der auf grünen Wiesen noch gesehen hatte, wie die Pferde weiden.

Hinten schrie ein angetrunkener Autofahrer: leberrennt den

Karren!"

Die alte Klosterschwester schaute angstvoll. Die junge stieg aus, griff dem alten fe de in die Zügel, riß sich an der Trerie blutete.

Junge Herren sprangen aus den Autos, wollten ihre Dienste anbieten, lächelten verlegen vor den feierlichen Kohlen in dem alten Pferdeschädel und besannen sich, daß sie mit tausend toten Hebeln, aber nicht mit einem Pferde umzugehen wußten.

Jetzt hatte die junge Schwester den Wagen schräg über die Straße geführt und hielt. Die alte Schwester stieg aus. Mit einer

Beilage des Vorwärts

großen Tasche verschwand sie unter einem Tor. Es war die Reichsbank.

Die junge Schwester stand beim Pferd. Viele Leute sammelten fich an. Alle wollten das Pferd sehen. Einige schüttelten den Kopf. Einige nickten gedankenvoll. Einige wollten einen Wig machen. Aber wie das Pferd sie ansah, blieb er ihnen stecken.

Es hatte sich ein großer Kreis gebildet. Aus den Fenstern der Reichsbank starrten die Beamten. Der Reichsbankdirektor selber tam heraus und streichelte das Pferd:" Ah," sagten die Leute. Auch der jungen Schwester schien er ein Wort sagen zu wollen. Aber die beachtete ihn nicht. Ihre Hand blutete noch. Sie sah das Pferd an." Mistviech, elendigs," sagte sie.

Worauf beruht die Macht der Musik?

Der geheimnisvolle Zauber der Töne ist seit uralten Zeiten be­wundert und besungen worden, aber erst in jüngster Zeit nutzt man diese Macht über die Stimmungen des Menschen auf wissenschaft­licher Grundlage aus. Edison, der Erfinder des Grammophons, ist auch der erste gewesen, der auf den Gedanken fam, Rezepte" für die Musik, deren man gerade bedarf, auszuarbeiten. Wie Edgar C. Wheeler in einem Aufsatz mitteilt, den Die Ausleje" wieder­gibt, sezte sich Edison mit dem Psychologen Dr. Walter B. Bingham vom Carnegie- Institut in Verbindung, der eine Reihe von Ver­suchen ausführte. Es wurden 589 verschiedene Musikstücke ausge= wählt, vom Jazz bis zur großen Oper, und bei einer Anzahl von Hörern, die Erfahrung in der Selbstanalyse hatten, erprobt. Die Ergebnisse wurden sorgfältig aufgezeichnet, jeder Wechsel in den Stimmungen und Gefühlen der Zuhörer vermerkt. Nachdem die Versuche mehrere Monate gedauert hatten, waren die Hörer schließ­lich imstande, 135 Musikstücke, die bei allen auf Geist und Stimmung einen ufizweifelhaften Eindruck gemacht hatten, zu klassifizieren, und diese Listen werden nun den Platten beigegeben, so daß der Gram­mophonbesizer sofort weiß, welche Stimmung ein Musikstück her­vorruft. So wird z. B. zur Aufheiterung, wenn das Leben mono­ton ist", empfohlen: das Toreador- Lied aus ,, Carmen " oder die Marseillaise ". Wenn man Sorgen hat, um dem Gemüt Frieden zu verschaffen", sollen Platten aufgelegt werden, wie die Medita­tion" aus Thais" von Massenet , von einem Geigenfünstler ge= spielt, oder Home, Sweet Home".

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Wie deutlich die Musik die Phantasietätigkeit beeinflußt, er­wiesen Versuche, die mit Studenten in einer Zeichentlasse der Columbia- Universität vorgenommen wurden. Die Studenten muß­ten schnell die Eindrücke aufzeichnen, die sie beim Hören einer Reihe von Musikstücken empfanden, und es war auf den ersten Blick zu erkennen, welche Skizzen beim Spielen der Mondscheinsonate und welche beim Anhören eines Jazz entworfen waren.

Alle diese Beobachtungen haben gezeigt, daß die Macht der Musik hauptsächlich in ihrem Rhythmus liegt und daß der Rhythmus wieder in enger Beziehung zu dem Pulsschlag unseres Körpers steht. Der normale menschliche Puls hat 70 Schläge in der Minute. Eine lebhafte Melodie, deren Rhythmus schneller ist als der Herz­schlag, also etwa 80 Taftschläge in der Minute, hat fast stets eine aufheiternde Wirkung. Der entgegengesezte Einfluß wird durch eine Musit hervorgebracht, deren Rhythmus langsamer ist als der Herzschlag; diese fann uns beruhigen, aber auch traurig machen. Daraus erklärt sich, warum uns in Augenblicken höchster Er­regung schnelle rhythmische Musik völlig mitreißt, während uns in Momenten des Niedergedrücdtfeins langfame Musik zur Verzmeif­lung bringt. Die Musiker haben natürlich diese Beziehungen un­bewußt immer verwertet, aber mancher hat sich auch schon mit Absicht ihrer bedient. So wird von dem Leiter des berühmten Kneifel- Streichquartetts, Franz Kneisel , berichtet, daß er den Rhyth­mus seiner Darbietungen wohl überlegt etwas über dem Tempo des normalen Herzschlages ansette. Bei der Verwertung von Musik muß die Musit dem Rhythmus der Maschinen folgen, sonst kann sie in den Fabriken, die in den Vereinigten Staaten eingeführt wurde, mehr Schaden als Nuzen stiften.

Was die Sterne heiß hält. Die Materie in der Sonne und den Sternen wird beständig zerstört und in Licht, Hige und andere Energieformen verwandelt, die diese Himmelskörper zu uns senden. Ueber die Art dieser Umwandlung der Materie hat man sich lange vergebens den Kopf zerbrochen. Erst in neuester Zeit ist durch die moderne Atomtheorie einige Klarheit darüber geschaffen. In einer preisgekrönten Abhandlung Die Quelle der Sonnenenergie" hat sich der amerikanische Astronom Dr. Donald H. Menzel von der Lick­Sternwarte darüber ausgesprochen, was die Sterne heiß erhält". ,, Die Erde ist etwa eine Milliarde Jahre alt," führt er aus, und während dieser ganzen Zeit hat uns die Sonne von jeder Unze ihrer Substanz genug Hize cesandt, um 750 Tonnen Wasser von der Temperatur schmelzenden Eises bis zu der kochenden Wassers zu erhizen. Das ist weit mehr, als durch irgendeinen Verbrennungs­prozeß, durch die ursprüngliche Hize der Sonne, durch Meteor­regen oder sogar durch den Zerfall des Radiums hervorgebracht in den Sternen sich tatsächlich in Energie verwandelt, wie dies der werden kann. Nur wenn man annimmt, daß die Substanz selbst englische Astronom Jeans zuerst ausgesprochen hat, kann man die Entstehung der Hitze erklären, die die Sonne und die Sterne in so unendlichen Zeiträumen abgegeben haben. Diese Theorie stimmt überein mit den modernen Anschauungen von dem Bau der Atome, aus denen alle Substanz besteht. Danach besteht das Atom aus Ladungen von negativer und positiver Elektrizität; wenn diese beiden gegensäglichen Ladungen zusammenkommen, vernichten sie einander und erzeugen so einen Energieblig". Diesen Vorgängen entspricht auch die merkwürdige Strahlung, die aus dem Weltraum zur Erde gelangt und in der letzten Zeit von Kohlhörster und Millikan ein­gehend studiert worden ist." Nach den Ausführungen Dr. Menzels werden durch diese Theorie alle bekannten Tatsachen über die Sterne gut erklärt, womit freilich nicht gesagt ist, daß diese Anschauung nun endgültig ist.

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Strohwitwer Strohmann. Das Heer der Strohwitwer ist nach Beginn der großen Ferien wieder recht zahlreich geworden, und dieser von den Witblättern so sehr beachtete Menschenschlag tann wieder seinen besonderen Vergnügungen und Streichen nachgehen. Warum die Männer verreister Frauen und ebenso die zeitweilig des Gatten beraubten Hausfrauen den Namen Strohwitwer und Stroh­witwe erhalten haben, ist lange Zeit unbekannt geblieben. Die Wortforscher haben die allerunmöglichsten Beziehungen, die das Stroh in der Volkskunde besißt, zur Deutung der rätselhaften Be­zeichnung herangezogen. Aber auch hier erweist sich das Einfachste als das Einleuchtendste. Der bekannte Germanist, Professor Otto Behaghel , hat das Ei des Kolumbus" gefunden, indem er den Strohwitwer aus dem Strohmann" erklärte. Wie er in der soeben erschienenen Sammlung seiner Aufsätze Von deutscher Sprache" aus­führt, ist der Strohmitwer fein wirklicher Witmer, so wie der Mann aus Stroh kein wirklicher Mann ist. Ebenso ist die Strohwitwe nur eine scheinbare Witwe. Es liegt ein ähnlicher Sprachvorgang zu­grunde. wie häufig bei der Entstehung solcher Rusammensetzungen, deren estes Glied eine Steigerung anzeigt. Blattot enthält ein Gleichnis. das gewählt ist, um die Stärke der Färbung zu bezeichnen, ist also soviel wie sehr rot: daher sagt man denn auch blutarm, blutwenig. Ebenso ist steinhart, d. h. hart wie Stein, also sehr hart, das Vorbild für steinreich. Nach himmelhoch" ist dann himmel. angft" gebildet, nach stockdürr" und" stocksteif" stockdumm und stock. finster. Riefengröße, Riesenstärke geben Anlaß zu Bildungen le Riefenfles. Riefengeduld.

$ 8.