Der Entwurf des Reichsschulgesetzes.
Die Vorlage des Rechtsblocks.
Die vom Kabinett verabschiedete Schulvorlage führt den beschei denen Namen Entwurf eines Gesezes zur Ausfüh rung der Artikel 146 Abs. 2 und 149 der Reichsver fassung und hat den folgenden Wortlaut:
Der Reichstag hat das folgende Gesetz beschlossen, das mit Zustimmung des Reichsrats hiermit verkündet wird.
I. Abschnitt. Aufgaben, Formen und Kennzeichen der deutschen Volksschule.
§ 1. Aufgabe und Ziel der deutschen Volksschule. Alle deutschen Volksschulen haben die gemeinsame Aufgabe, die schulpflichtige Jugend durch Unterricht auf der Grundlage des deutschen Kulturguts zu förperlicher und geistiger Tüchtigkeit heranzubilden und sie in Unterstügung, Er gänzung und Fortführung der elterlichen Erziehung zu fittlich wertvollen Menschen und zu Staatsbürgern zu erziehen, die fähig und bereit sind, der deutschen Volksgemeinschaft zu dienen.
Die besonderen Aufgaben, die einzelne Schulformen (§ 2) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes erfüllen, bleiben hier
durch unberührt.
In allen Volksschulen ist darauf Bedacht zu nehmen, daß die Empfindungen Andersdenkender nicht verlegt werden( Artikel 148 Abs. 2 RV.).
RB.
§ 2. Die Formen der deutschen Volksschule. Es gibt folgende Formen, der deutschen Volksschule: a) die nach Bekenntnissen nicht getrennte Boltsschule ( Gemeinschaftsschule),
b) die Bekenntnisschule,
II. Abschnitt. Einrichtung und Umwandlung der Schulformen.
§ 6. Begriff der Gemeinde.
Unter Gemeinden im Sinne des Artikels 146 RB. und im Sinne dieses Gesetzes sind die öffentlichen Verbände zu verstehen, die zur Errichtung und Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen für die ihnen zugewiesenen Einwohner bestimmt sind.
§ 7. Das Antragsrecht.
Innerhalb einer Gemeinde ist zur Stellung eines An= trags auf Einrichtung der in§ 2 genannten Schulformen oder auf Umwandlung einer Schulform in eine andere je der deutsche Reichsangehörige berechtigt, dem die Sorge für die Kindes zusteht. Das Antragsrecht ruht, folange der Antrags Perfon eines volksschulpflichtigen und die Volksschule besuchenden berechtigte geschäftsunfähig oder nur beschränkt geschäftsfähig ist oder sich nicht im Befihe der bürgerlichen Ehrenrechte befindet. Steht Eltern die Sorge für die Person des Kindes zu, so genügt es, wenn der Antrag von dem einen Elternteile gestellt wird, es sei denn, daß der andere Elternteil ausdrücklich widerspricht. In diesem Falle kann die Vermittlung oder Entscheidung des Vormundschaftsgerichts beantragt werden. Auf dessen Verfahren findet § 2 2bf. 3 des Gesetzes über die religiöse Kindererziehung vom 15. Juli 1921( Reichsgesehblatt S. 939) Anwendung.
Steht die Sorge für die Person des Kindes neben anderen Bersonen einem Vormund oder einem Pfleger zu, so gilt im Falle einer Meinungsverschiedenheit zwischen Bater oder Mutter einerseits und Vormund oder Pfleger andererseits der Grundsatz des§ 3 Abs. 1 des Gesetzes über die religiöse Kindererziehung. Die Länder sind befugt, in besonderen Fällen auch solchen Ber figen, das Recht zur Stellung von Anträgen zuzuerkennen. Das Antragsrecht tann nur in der Gemeinde ausgeübt werden, in der das Kind die Volksschule besucht.
c) die bekenntnisfreie Schule( weltliche oder Weltansonen, welche die deutsche Reichsangehörigkeit nicht be
schaungsschule).
Diefen Schulformen ist
unbeschadet des Artikels 146 Abs. 1 im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes freie Ent wicklungsmöglichkeit zu geben.
Die Landesgesetzgebung fann Bestimmungen treffen über die berechtigten auf, die Vorstände von Erziehungsanstalten und solche Personen, die fremde Rinder in Pflege haben.
§ 3. Die nach Bekenntnissen nicht getrennte Volksschule( Gemein- ebertragung des Antragsrechts der Erziehungsschaftsschule).
Die Gemeinschaftsschule steht grundsäßlich allen Dolfsschulpflichtigen Kindern offen.
Sie erfüllt die Unterrichts- und Erziehungsaufgaben der deutschen Volksschule auf religiös- fittlicher Grundlage ohne Rücksicht auf die Besonderheiten einzelner Bekenntnisse und Weltanschauun gen. Die aus dem Christentum erwachsenen Werte der deutschen Volkskultur sind im Unterricht und in der Erziehung lebendig zu machen.
Der Religionsunterricht ist für alle Klaffen ordentliches Lehr fach. Er wird nach Bekenntnissen getrennt erteilt. Bei der Anstellung der Lehrer ist die Gliederung der Schüler nach Bekenntnis und Weltanschauung tunlichst zu berüd
fichtigen.
§ 4. Die Bekenntnisfoule.
Boraussetzung für die Einrichtung einer Boltsschule eines bestimmten Bekenntnisses( Be tenntnisschule) ist, daß für die gemeinschaftliche Pflege dieses Bekenntnisses eine Religions. gefellschaft besteht, melche die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts befißt ( Artikel 137 Abs. 5 RV).
Die Bekenntnisschule dient zur Aufnahme von Kindern eines bestimmten Bekenntnisses, sowie von Kindern eines vermandten Bekenntnisses( Abf. 8); doch fönnen aus besonderen Gründen auch andere Kinder eingeschult werden. Durch die Auf nehme folcher Kinder verliert die Schule nicht den Charakter als Bekenntnisschule.
1903
Die Bekenntnisschule wird nach dem Befenntnis näher bes zeichnet als evangelische, fatholische, jüdische Volfs schule. Sie erfüllt die Unterrichts- und Erziehungsaufgaben der deutschen Volksschule gemäß dem Glauben, in dem die Kinder erzogen werden. Lehrpläne, Lehr- und Cernbücher find der Eigenart der Schule anzupassen. Im Leben der Schule sind, unbeschadet der Bestimmungen der Artikel 136 Abs. 4 und 149 Abs. 2 der Reichsverfassung, die dem Bekenntnis eigenen religiöfen Uebungen und Gebräuche zu pflegen und die dem Bekenntnis eigenen Feier. und Gedenktage zu berücksichtigen.
Der Religionsunterricht ist für alle Klaffen orden t- liches Lehrfach.
Un der Bekenntnisschule dürfen( abgesehen von den Ausnahmen der Abfäße 6 und 7) nur solche Lehrkräfte hauptamtlich angestellt werden, die dem Bekenntnis der Kinder, für welche die Schule bestimmt ist, oder einem verwandten Bekenntnis angehören. Vorübergehende Berwendung anderer Lehrkräfte ist aus besonderen Gründen zulässig.
Zur Erteilung von gesondertem Religionsunterricht an Kinder eines Minderheits befenntnisses(§ 14 Abs. 2) fann eine dem Minderheitsbekenntnis angehörige Lehrkraft angestellt werden, wenn die Beschaffung dieses Unterrichts auf andere Weise nicht möglich ist. Diese Lehrkraft kann auch mit anderem Unterricht betraut werden.
Die Vorschrift des Absatzes 5 Satz 1 bezieht sich nicht auf diejenigen Lehrkräfte, die zur Erteilung des technischen Unterrichts verwendet werden.
Bekenntnisse sind verwandt, wenn die obersten Stellen der zuständigen Religionsgesellschaften dies gegenseitig
anertennen.
§ 5. Die bekenntnisfreie Schule( weltliche oder Weltanschauungsschule). Die bekenntnisfreie Schule ist für solche Kinder bestimmt, die feinem Bekenntnis angehören oder, soweit sie einem Bekenntnis angehören, nach dem Willen der Erziehungsberechtigten nom Religionsunterricht abgemeldet sind und nicht an einer Gemeinschafts- und Bekenntnisschule erzogen werden sollen. Sie steht jedoch aus besonderen Gründen auch anderen Kindern offen. Durch die Aufnahme folcher Kinder verliert die Schule ihren Charakter als bekenntnisfreie Schule nicht.
Sie erfüllt die Unterrichts- und Erziehungsaufgaben der deutschen Volksschule auf allgemein fittlicher Grundlage ohne bekenntnismäßige oder weltanschauliche Bindung. Religionsunterricht wird nicht erteilt.
§ 8. Voraussetzungen des Antrags.
Ein Antrag muß von den Erziehungsberechtigten von mindestens 40 schulpflichtigen Kindern gestellt werden. Sind in einer Gemeinde weniger als 200 schulpflichtige Kinder vorhanden, so fann nach näherer Bestimmung des Landesrechts von diesem Erfordernis abgesehen werden.
§ 9. Bollzug des Antrags auf Einrichtung von Bolfsschulen.
Einem vorschriftsmäßig gestellten Antrag auf Einrichtung einer der in§ 2 genannten Schulformen ist stattzugeben, wenn die beantragte Schulform nicht oder nicht in einer ausreichenden Anzahl in der Gemeinde vertreten ist, und wenn die einzurichtende Schule. einen geordneten Schulbetrieb auch im Sinne von Artifel 146 Abs. 1 RB. gewährleistet.
Ein geordneter Schulbetrieb ist gewährleistet, menn
a) die in§ 1 Abs. 1 und 2 aufgestellten Bildungsziele erreicht werden können;
b) die Schule nach Aufbau und Zahl der Klassen und Unterrichtsabteilungen nicht hinter derjenigen Mindest= höhe der Organisation, zurückbleibt, die am 1. Januar 1927 in der Gemeinde rechtlich zulässig war.
In Ausnahmefällen fimb gume Schuhe von Minderheiten von Erziehungsberechtigten nady näherer Bestimmung der Länder Abweichungen von der Bestimmung b) zuzulaffen.
§ 10. Bollzug des Antrags auf Umwandlung von Schulformen. Einem rechtsgültig gestellten Antrag auf Umwandlung einer Schulform in eine andere ist stattzugeben, wenn die Erziehungsberechtigten von wenigstens zwei Dritteln der die Schule besuchenden Kinder sich dafür aussprechen.
§ 11. Anfechtung der Entscheidung.
Die Entscheidung über einen Antrag ist nach näherer Beftimmung des Landesrechis in einem verwaltungsgerichtlichen Berfahren anfechtbar.
Gegen die Entscheidung des Berwaltungsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an dem Reichsverwaltungsgerichte nach Maßgabe eines besonderen Reichsgesetzes statt: Bis zum Erlaß diefes Gesetzes steht die Entscheidung im letzten Rechtszug den obersten Verwaltungsgerichten der Länder zu.
§ 12. Zeitpunkt für die Stellung von Anträgen. Anträge gemäߧ 5 Abs. 3 und§ 7 fönnen jederzeit gestellt werden.
Ein rechtswirksam abgelehnter Antrag fann frühestens nach drei Jahren wiederholt werden, es sei denn, daß wesentliche Veränderungen in der Zusammensetzung der Bevölkerung der Gemeinde eingetreten sind.
III. Abschnitt. Schulaufsicht und Schulverwaltung. § 13.
Die Aufsicht über alle Volksschulen führt der Staat. Bei der Besetzung der Stellen der unmittelbaren fachmännisch vorgebildeten Schulaufsichtsbeamten ist auf die Art der ihnen unterstellten Schulen Rücksicht zu nehmen.
In die örtlichen Schulverwaltungskörper, denen Schulen unterstehen, an welchen Religionsunterricht ordentliches Lehrfach ist, ist je ein Vertreter der entsprechenden Religionsgesellschaft( evangelischer Pfarrer, katholischer Pfarrer, Rabbiner) mit Sig und Stimme aufzunehmen.
Den Bertreter der Religionsgesellschaft beruft die Schulauffichtsbehörde auf Borschlag der betreffenden Religionsgesellschaft. Im Falle des§ 5 Abs. 3 ist entsprechend zu verfahren.
IV. Abschnitt. Der Religionsunterricht in den Boltsschulen. § 14. Allgemeines.
Der Religionsunterricht wird von einem Angehörigen der betreffenden Religionsgesellschaft in Uebereinstimmung mit ihren Grundsäßen unbeschadet des Aufsichtsrechts des Staates erteilt. Be fenntnisverwandte können zur Erteilung des Religionsunterrichts zugelassen werden.
An der bekenntnisfreien Schule ist als ordentliches Lehrfach Unterricht in einer bestimmten Weltanschauung In den Gemeinschafts- und Bekenntnisschulen zu erteilen und auch im übrigen Unterricht auf diese Weltanschauung Rücksicht zu nehmen, wenn für die Pflege dieser Weltanschauung eine ist für Bekenntnisminderheiten Religionsunterricht als ordent Vereinigung besteht, der die Rechte einer Körperschaft des öffentliches Lehrfach einzurichten, wenn durchschnittlich min. lichen Rechts gemäß Artikel 137. Abf. 7 der Reichsverfassung gewährt beftens 12 Kinder des betreffenden Minderheitsbekenntnisses find, und wenn die Erziehungsberechtigten von wenigstens zwei in der Schule vorhanden sind, die am Religionsunterricht teil: Dritteln der die Schule besuchenden Kinder dies beantragen. Zur Teilnahme an dem besonderen Weltanschauungsunterrichte fann tein Kind gegen den Willen der Erziehungsberechtigten gezwungen werden.
An der bekenntnisfreien Schule können Angehörige jebes Bekenntnisses sowie Bekenntnislofe als Lehrer angestellt werden. Lehrer, welche die Voraussetzung für die Anstellung an einer Belenntnisschule erfüllen, dürfen nicht gegen ihren Willen an einer befenntnisfreien Schule verwendet werden. Bei nur vorübergehender Verwendung find Ausnahmen aus besonderen Gründen zulässig. Im Falle des Absages 3 ft bei der Anstellung der Lehrer die weltanschauliche Gliederung ber Schüler tumlichst zu berüdfichtigen,
nehmen.
den Religionsunterricht werden im Einvernehmen mit der ReligionsDie Bestimmungen über Lehrplan, Lehr- und Lernbücher für gesellschaft erlassen. Auch bei der Festlegung der Bahl ber biefem Unterrichte zur Verfügung stehenden Wochenstunden wirkt die Religionsgesellschaft mit.
§ 15. Privater Religionsunterricht.
reitzustellen. Die meiteren Voraussetzungen und den Umfang der Bereitstellung bestimmt das Landesrecht.
Für Kinder, die einem Bekenntnis angehören und eine bekennt nis freie Schule besuchen, ist auf Wunsch der Erziehungsberechtigten in gleicher Weise ein privater Religionsunterricht zu ermöglichen, es sei denn, daß innerhalb der Gemeinde die Möglichteit zum Besuche des Religionsunterrichts in ihrem Bekenntnis an einer Gemeinschafts- oder Bekenntnisschule besteht.
§ 16. Einsichtnahme in den Religionsunterricht. Zur Einsichtnahme in den Religionsunterricht bestellt ter Staat im Schulmesen erfahrene Beauftragte, die von der Remerden. ligionsgesellschaft vorgeschlagen Den obersten Stellen der Religionsgesellschaften ist Gelegenheit zu geben, sich davon zu überzeugen, ob der Religionsunterricht in lleber einstimmung mit den Grundsägen der Religionsgesellschaft erteilt V. Abschnitt. Rechtsmittel.
wird.
§ 17.
Entscheidungen von Behörden, durch die Rechte non Erziehungsberechtigten berührt werden, die ihnen auf Grund der Reichsperdes Landesrechts im Wege eines vermaltungsgerichtlichen Berfah fassung oder dieses Gesezes zustehen, sind nach näherer Bestimmung rens anfechtbar.§ 11 2b. 2 findet Anwendung.
VI. Abschnitt. Uebergangs- und Schlußbestimmungen. § 18. Charakter der bestehenden Schulformen. Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden, nach Bekenntnissen nicht getrennten Boltsschulen mit Religionsunterricht gelten als Gemeinschaftsschulen im Sinne des§ 3. Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden evangelischen, fatholischen und jüdischen Volksschulen gelten als Bekenntnis. chulen im Sinne des§ 4. Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden Volks schulen ohne Religionsunterricht( Sammelschulen) gelten als bekenntnisfreie Schulen im Sinne des§ 5 Abs. 1 und 2.
Sämtliche bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden Schulen( Abs. 1 bis 3) gelten in ihrer Schulform als beantragt im Sinne des§ 7, wenn nicht rechtsgültige Anträge auf andere Schulformen gestellt werden.
Die bestehenden, als beantragt geltenden Schulen sind unverzüglich in Uebereinstimmung mit den Vorschriften der§§ 3 bis 5 zu bringen, sofern sie diesen noch nicht entsprechen.
§ 19. Bollzug des Gesetzes.
Die Länder haben die zur Ausführung dieses Gesezes ers forderlichen Vorschriften so rechtzeitig zu erlassen, daß spätestens zwei Jahre nach seiner Verfündung mit der Durchführung begonnen werden kann.
§ 20. Gebiete des Reichs, die nach Artikel 174 der Reichsverfaffung besonders zu berüdfichtigen find.
In den Ländern Baden und Hessen sowie in dem che maligen Herzogtum Nassau tritt das Gesetz erst 5 Jahre nach einer Verkündung in Kraft.
Für diese Gebiete bleibt die Zulassung von Ausnahmen von der Bestimmung des§ 9 Abs. 2 letter Sah auf meitere 5 Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes dem Landesrecht überlassen.
Zum Verfassungstag.
Verfassungsfeiern in Fach- und Berufsschulen.
a u s.
Für die Schulfeiern zum Verfassungstage hat der preußische. Fandelsminister, angeordnet, daß in den Fachschulen gemeinsame verbindliche Feiern für Lehrer und Schüler mit einer der Bedeu tung des Tages entsprechenden Ansprache, unh möglichst auch mit mufifalischen und sonstigen Darbietungen, wie Sprechchören, Auf führungen usw., zu veranstalten sind. Der Unterricht fällt In den Berufsschulen sind gemeinsame Feiern ebenso zu veranstalten oder, wo dies nicht durchführbar ist, gemeinsame Feiern für die Klassen, die am Verfassungstage Unterricht haben, für die anderen Klassen am nächsten Unterrichtstage in der ersten Unter richtsstunde, oder, wenn der Verfassungstag in die Schulferien fällt, entsprechend nach Wiederbeginn des Unterrichts. Außerdem sollen andere Veranstaltungen festlicher Art, wie Ausflüge, turnerische oder sportliche Borführungen und dergleichen, abgehalten werden.
Die Feiern haben den Zweck, den Gedanken des Bolts. staats der Jugend verständlich, lebendig und wertvoll zu machen. Sie dürfen nicht für parteipolitische Zwecke ausgenutzt werden. Es ist Wert darauf zu legen, daß die Jugend angehalten wird, auch dem Hoheitszeichen der Republif die gebührende Ach tung und Ehrerbietung zu erweisen. Es sollen der Jugend über den bürgerkundlichen Unterricht hinaus nachhaltige Eindrücke, vermittelt werden, die geeignet sind, die jungen Menschen innerlich mit dem Staate zu verbinden, dessen Träger sie in Zukunft sein
sollen.
*
Der Deutsche Republikanische Reichsbund teilt mit:
Der engere Vorstand des Deutschen Republikanischen Reichsbundes hat in seiner letzten Sigung seinem tiefen Bedauern darüber Ausdrud gegeben, daß in diesem Jahre eine reichsgefehliche Regelung des Verfassungstages noch nicht gelungen ist. Der Borstand erwartet von allen, feinen Mitgliedern und Freunden, daß sie sich restlos an den in Stadt und Land stattfindenden Verfassungs feiern beteiligen bzw. dabei mitwirken, damit auch in diesem Jahre die Bedeutung des 11. Auguft entsprechend zum Ausdrud
Thüringen und der Verfassungstag.
Weimar, 15. Juli .( Eigener Drahtbericht.) Bekanntlich hat der Bertreter Thüringens im Reichsrat gegen die Einführung des 11. August als Nationalfeiertag geftimmt. Die thüringische Regierung hat ihren Standpunkt durch eine gemundene Erklärung der Bevölkerung flarzumachen versucht, aber selbst die Gesinnungsfreunde der demokratischen Mitglieder des Kabinetts sind nicht von der Richtigkeit des thüringischen Standpunktes überzeugt gewesen, In der demokratischen Presse des Landes sind zahlreiche Stimmen des Unmuts über die schwächliche Haltung der demokratischen Regierungsmitglieder in dieser Frage laut geworden. Der Hauptunumwunden den Austritt der beiden demokratisch cit schriftleite: der Sonneberger Zeitung", Dr. Feddersen, fordert Bertreter in der Regierung.
Wie tief die Krise innerhalb der zahlenmäßig nicht bedeutenden, aber bei den Mehrheitsverhältnissen Thüringens ausschlaggebenden Partei ist, erhellt aus der Tatsache, daß einer der demokratischen Staatsräte, der Enndifus Glödner aus Sonneberg, gegenüber Falls in einer Gemeinschafts- oder Bekenntnisschule für die Bekenntnisminderheit wegen zu geringer Schülerzahl Religions: Feddersen erklärte, die Demofroten fonnten doch keinem Bhantom nachjagen. Die Parteileitung der DDP. weiß ihre Mitglieder unterricht nicht erteilt wird, sind auf Wunsch der Erziehungsberech tigten zur Ermöglichung eines privaten Religionsunterrichts Schul nur mit der Mitteilung zu beruhigen, daß die Instanzen der Partei räume nebft Heizung und Beleuchtung unentgeltlich bezu dem Konflitt noch in diesen Tagen sprechen würden.