Unterhaltung unö �Vissen
Vellage des vorwärts
Sonnabenä IH.�oll im
Der lange Weg. Don Otto Dielen. Zlls der alt« Stefan mi� feinem Gespann in die nächste Furche einbog'imd den holpernden Pflug mit dem ganzen Gewichte seines ftörpers- in den harten Stoppelboden drückt«, damit er tief genug in die lehmge Erde schneide, geschah«q, daß die eiserne Pflugschor an einem Steine festrannte und steckenblieb. Die starken Gäule, die hart /m Geschirr lagen, sprangen ungestüm vor, rissen an den Strängen, daß der schn»ere Wender jäh« umkippte. Und während der alte Knecht, die prellenden Felggriffe in den Fäusten, alle Kraft anstrengte, den Pflug in der Furche zu halten, seinen hageren Körper ganz übvr dos Eisen liegte und sich entgegenstemmte, schlug ihn der lchieudemde Eisenblock, mit aller Wucht gegen die Brust. Der Alte siel mit einem Schrei hin in die Schollen, Blut brach aus seinem Aunde. Bon den anderen. Pflügen sprangen Männer herzu und hoben den alten Knecht oull. Er war sehr bleich, stand gebückt da, mit zitternden Knien. Endlich faßt« er sich, schüttelte«in wenig den Kopf, sah �gegen seinen Pflug hin, der umgeworfen in der Furch« lag, versuchte zu lächeln. Wischte mit dem Handrücken das Blut aus seinen.Mundwinkeln upd tat einen Schritt gegen seine Pferde hin, die unruhig in die Lust schnoben. Aber da packte es ihn plötzlich, daß er zu wanken bctgann und in die Knie brach. Au» seinen fest- geschlossenen Lippen stckerte dünnes, rotes Blut. Die Männer um ihn standen ratlos, erschreckt. Sahen auf den Alten nieder, der sich mit den Händen gegen die Schollen stemmte und an allen Gliedern zittert«. Dann hoben sie ihn wieder auf, faßten ihn unter den Armen und trugen ihn, der mit hängenden Füßen über die aufgeworfen« Erde schleift«, an das Ende des Ackers. Dort legten sie ihn vorißchtig in das spärlich« Gras. Einer sagte:„Wasjerl... Man muß Wasser holen---- ," und rannte davon, quer üb«- das Feld, gegen den Gutshof hin. Auf den anderen Feldern, die noch im Korn standen und eben gemäht wurden, stockt« die Arbeit. Alles sah zu der kleinen Gruppe um den Verunglückten hin, rief und gestikulierte. Endlich kam der Inspektor vom Gutshofe. Trat, noch vom raschen Gehen außer Atem, zu den Knechten hin, beugte sich nieder, faßte den Liegenden an der Schulter und sagt«:„Na, wo« ist, Stefan..., he?" Der Alte hob mühsam den Kops, stützte sich auf seine Ellen- bogen, langt« mit der Hand an die Brust, röchelte:.Lch... e» sticht so..., da." Dann trank er gierig Wasser und sagt«:.Laßt mich ein bißchen so liegen..." Und fiel wieder zurück. Der Inspektor sah ihn unschlüssig an, suchte mit der Hand m den Taschen herum, räusperte sich, schickt« dann die Männer mit einer Handbewegung wieder an ihre Arbeit, murmelte endlich:„Na, bleib halt ein bißchen liegen... vielleicht...", ging langsam zu dem leeren Gespann hinüber, da» still in der Furch« stand, hob den umgeworfenen Pflug auf, faßte die Pferdeleine und sing an zu pflügen.... Der alte Stefan war allein. Lag da am Ackerrand und dachte: toenn ich nur richig liegen bleibe, wird das Stechen schon aufhören.... Und er sah einstweilen gegen die Weizenfelder hinüber, diq, erst zum Teile gemäht, hoch im Halm standen, mit schweren, nickenden Aehnen,«in leise bewegte», gelbes Meer, da» zu beiden Seiten de» staubigen Feldwege, hinfloß: sah die Schnitter, die braunen Nacken der Sonn« zugekehrt, gebückt arbeiten und mit jedem Sensenschwung einen halben Schritt tiefer in da» Korn kommen, derweilen die Weiber und Kinder die gemähten Halm« hinter ihnen austafsten und banden und Garbe um Garbe zu Mandeln schlichteten. Aber als er dann nach einer Weile meint«: nun wird das Stechen ausgehört haben..., und sich langsam aufrichten wollt«, sing es wieder an in feiner Brust, stach und stach, bei jeder Bewegung. Und gegen Abend wurde es erst recht schlimm. Er fing an. zu fiebern und allerhand wirres Zeug zu reden. Man brachte ihn zuerst auf seinen Platz in der großen Knechte- stub«, die feucht und dumpfig war; aber er stöhnte und hustete die ganze Nacht durch und atmete in der dicken, tabakgeschwängerten Lust so gequält, daß man ihn am anderen Morgen in eine kleine Geschirrkannner neben dem Pferdestall bracht«, darin rasch und notdürftig ein Bettgestell aufgeschlagen wurde. Da log er nun eine Woche lang in seiner kleinen Kammer und wurde immer trauriger und stiller. Wenn man trank ist, kommen allerlei Gedanken____ Und er ärgert« sich, daß er noch immer nicht an die Arbeit gehen konnte. Bei der Arbeit vergißt man, oder man denkt wenigstens nicht daran---- Endlich aber war es doch so weit besser mit ihm, daß er aus- stehen tonnte und umhergehen. Langsam freilich nur und auf einen Stock gestützt. Aber er tonnte noch immer nicht arbeiten. Nicht die kleinste, leichteste Arbeit tun. Sobald er es auch nur versuchte, sing das Stechen wieder an Er sagt« zu ssch: nur da» dunzme Stechen ist schuld..., der Schmerz. Nur das läßt dich nicht arbeiten.... Wenn man das wegnimmt, ist alles wieder in Ordnung---- Du wirst zum Doktor gehen! Also fuhr«r am nächsten Morgen mit dem Wagen, der immer die Milch vom Gute zur Bahn bracht«, in den Marktflecken, zum Arzte. Der Weg war sehr lang und sehr schlecht. Der alt« Leiter- wagen stieß mit seinen plumpen Rädern hart in alle Gruben und an alle Steine, daß mit jedem Holpern und Stoßen da. Stechen in seiner Brust ärger und ärger wurde. Endlich kamen sie in der kleinen Stadt an, fanden da» Haus des Arztes. Stefan stieg vom Wagen. Der Knecht fuhr weiter: derweilen Stefan beim Doktor ist, wird er die Milch zur Bahn bringen und ihn hernach wieder abHolm. Alz der Fuhrtnecht aber nach einer halben Stunde zurückkam, fand er den Alten auf der Schwelle des Doktorhauses sitzen: der Doktor war nicht zu Haufe, war weggefahren. Der Knecht wollte mit dem Gespann warten. Aber Stefan, der noch immer da» Holpern und Stoßen des elendm Fuhrwerkes spürte, sagte:„Fahre nur. man braucht dich zu Haus«.... Ich werde zurück lieber gehen.... Der Doktor wird mir schon etwas geben. damit es gut ist----* Der Wagen fuhr sort. Stefan war ollein. Sah auf seiner Schwelle in der blanken Sonne und freute sich, daß es so schön warm war und daß er nicht mit dem Wagen fahren brauchte. Und wartete____ Dann, nach einer geraumen Zeit, kam endlich der Dostor und führte ihn in ix» Ordinationszimmer. Und Stefan erzählte von
dem Stechen in der Brust und wie alles gekommen war. Dann wurde er lange untersucht, von allen Seiten abgehorcht und ab- geklopft und dies und das gefragt. Endlich war der Doktor fertig. Stefan sah ihn ganz ängstlich an und wartete beklommen, was er nun sagen werde. Und dann hörte er, daß er ganz ernsthaft krank sei und sich sehr schonen müsse und pflegen: daß er nicht arbeiten dürfe, noch lange nicht, einige Monate lang nicht... und vor allem keine schwer« Arbeit, dazu sei er überhaupt schon lang« zu alt, und gegen die Schmerzen sei hier eine Medizin: dreimal täglich zehn Tropfen, aber ja nicht mehr, denn das sei gefährlich. Damit drückte ihm der Doktor ein kleines
Die wanöelnöe Glocke.
Das arme KittS, im Schrecken» Es laust unö laust als wie im Traum. dle Glocke wirü es decken!
Fläfchchen mit einer gelben Flüssigkeit in die Hand, murmelte etwas von: das übrige werde er schon mit dem Inspektor abmachen... und schob den Alten sachte zur Türe hinaus. Stefan stand auf der Straße und war auf einmal ganz bedrückt. Und während er nun langsam und mit müden Schritten aus der steinen Stadt ging und in die Fahrstraße einbog, die lange gerade- aus lief zwischen Aeckcrn und Wiesen, dachte er an alle die lange Zeit, die hinter ihm war und an die Zeit, die nun vor ihm lag. Nicht arbeiten, hatte der Doktor gesagt, lange nicht arbeiten, einen Monat lang nicht.... Ja, weswegen war er denn zu ihm gekommen? He?... Wenn er nicht arbeiten darf..., wozu hat er ihn dann gebraucht?... Nicht arbeiten!... Wie denn dann leben?... Wird man ihn füttern, wenn er nicht arbeitet?... Stefan lächelte: nein, das verstand der Doktor nicht. So ging er eine Weile zwischen den Feldern hin und seine Gedanken kreisten immer um denselben Punkt. Aber die Sonne, die heiß und stechend niederbrannte, und der staubige Weg, der immer länger zu werden schien, drückten seine Gedanken allmählich nieder, daß er endlich stumpf und schweratmend nur mehr an das Gehen dachte, das von Schritt zu Schritt mühsamer und mühsamer wurde. Er mußte sich niedersetzen und dachte: vielleicht hat der Doktor doch recht?... Du bist alt____ Das bißchen Weg... und du kannst schon nicht mehr____ Und das Stechen ist auch wieder da... Er schloß die Augen und dacht« an den langen Weg, der vor ihm lag und weit hinausführte, immer zwischen Feldern und Wiesen entlang, ohne Ende. Und auf einmal begriff er, daß wirklich alles aus war mit ihm Er war alt. Verbraucht. Ohne Kraft.... Da rafft er sich auf und fängt an zu laufen... nur fort... nach Hause..., bis er nicht mehr kann und keuchend hinfällt auf den grasigen Wegrand. Alles ist wie Feuer m ihm und in seiner Brust sticht es wie toll. Da» verfluchte Stechen! Nur das ist es!... Dos zwingt ihn nieder!... Er greift nach dem kleinen Fläschchen und trinkt es auf einen Zug aus---- O, er wird es schon vertreiben, das Stechen!... Dann lehnt er sich zurück und liegt still. Wartet ein bißchen. Schließt die Augen, die so müde sind und läßt die warm« Sonn« auf sein Gesicht strahlen. Und wird ganz froh, daß die Schmerzen wirstich nachlassen und immer linder werden und linder..., kaum, daß er sie noch spürt. Und er denkt, daß die schreckliche Zeit nun bald hinter ihm liegen wird und daß er dann wieder in den wogenden Feldern stehen wird, über die der laue Wind streicht und die Behren schaukelt____ Und dann wird auf einmal alle» so schwarz um ihn her....
Zwerge im Urwalö. Trümmervölker der Vorzeit. Zwergvölker leben noch vereinzelt als Trümmer au» alters- grauer Borzeit in fast allen Erdteilen. Man findet sie in Zentral- afrika , auf den Andomaneninseln, auf den Philippinen und auf der Halbinsel Malakka in Hinterindien . Paul Schebcsta, ein deutscher Forscher, war viele Monate Gast und Rcisegenosse der Zwerg- Völker auf den Waldpfaden Malakkas. Er hat ihr hartes Leben geteilt und lies in ihr Seelenleben geschaut. Da» Ergebnis seiner Forschungsreise liegt in einem reizvollen Buche vor, das erzählt von den Zwergvölkern aus Malalka und von dem dunklen, erhabenen Urwald(Bei den Urwaldzwergen von Malaya, Leipzig , F. A. Brockhaus). In der großartigen Stille des Urwalddunkels, in dem Wirrwarr von Dornengestrüpp, Lianen und Schilfgewächs wandert unhörbaren Trittes der Orang-Utan, dos ist nicht der Menschenasse, wie wir hierzulande diesen Ramen meist deuten, sondern das ist der Zwerg- mensch, das Rätsel der menschlichen Urzeit. Im Urwald ist seine Heimat. Hier ist er Herrscher, hier im dichtesten Waldesschatten fühlt er sich wohl. Er meidet die Sonne, weil sie ihm weh tut. Ueber die Verbundenheit des Zwergvolkes der Orang-Utan und der Semang mit dem Urwald erzähst Paul Schebesta :„Die Urwald- kinder sind scheu, still und nachdenklich. Di« Größe der Natur be- wundert man auf dem Meer oder im Hochgebirge, im Urwald über-
wältigt sie. Im Urwald ist man das reine Nichts, man schaut kaum fünf Meter weit vor sich, man ist hier umklammen wie von lebenden Kerkermauern, die bald in lispelnden Tönen des säuselnden Windes flüstern, bald rufen und schreien, wenn der Orkan in die Wipfel der'Riesenbäume greift und sie zerzaust: das sind dann Augenblicke des Schreckens für den Orang-Utan. In sich zusammengekauert sitzt er und bangt und zittert ob des Zornes der Gottheit, die rn Donner- rollen und Sturm über seinem Haupte rast. In der Npt seiner Seele greift der winzige Urwaldmensch zum Bambussplitter und glaubt, mir seinem Blut, dos er sich aus der Wade schneidet, den erzürnten Gott zu versöhnen und seinen Unmut zu besänftigen, ihn, der die Donnerkeil« schleudert, die Bäume fallen macht und die Menschen tötet. Der Urwald hat den Semang zu dem erzogen, was er ist, zum stillen, scheuen, sanften, sinnenden Urmenschen. Dem oberflächlichen Beobachter mag der Semang ungeschlacht, roh, tierisch, gedanken- und empfindungslos erscheinen. Das ist er bestimmt nicht. Der Urwald vertieft, ja, er macht vielleicht tiessinnig und menschenscheu; er erdrückt einerseits, erhebt aber andererseits; er bewahrt vor allem vor Flachheit und erzieht zur Stetigkeit. Er erdrosselt des Menschen Stolz, seine Herrsch- und Habsucht und weckt dagegen stilles und inniges Wesen. Er macht seine Bewohner überlieferungstreu und darum glücklich. Warum liebt der Semang so seinen Urwald, daß er immer wieder zu ihm zurückflieht? Warum scheut und meidet er sc» sehr den Fremden? Weil ihm der Urwald den seelischen Frieden verbürgt, den ihm der Fremde mit seinem Kulturtand raubt: er sogt nicht nach irdischer Bequemlichkeit: lieber, tausendmal lieber fristet er ein armseliges Urwalddosein in stillem Herzensfrieden, als daß«r es mit den Sorgen und den beunruhigenden Gütern der Kultur vertauschte. Der Semang ist kein Sklave, sondern ein Kind de« Urwaldes, dem er dankbar ist und den er tief verehrt. Dem Urwald verdankt der Orang-Utan seine Armseligkeit, aber auch seinen seelischen Adel. Mir ist kein Volk auf Erden bekannt, das so armselig sein Dasein fristen würde, wie es die Semang tun. Di« Andamanen , die Aätas, die Pygmäen Afrikas besitzen alle ein größeres und besseres Inventar äußerer Kulturgüter als die Se- mang, an deren Rückständigkeit der Ilrwold schuld ist. Die Steinzeit hat den Bewohner des Urwalds nicht erreicht. Er versteht es nicht, Werkzeuge aus Stein zu formen, nicht etwa, weil der Urwald kein passendes Gestein beherbergt. Es ist und bleibt ein Rätsel, worum der Semang keine Steininstrumente erfunden hat. Eisen und seine Bearbeitung kennt er noch viel weniger. Da steht er nun, der win- zige Zwerg, dem riesengroßen Urwald gegenüber und soll ihn? meistern! Wie kann er dos? Legt er Feuer an, so brennt der Wald nicht nieder, vielmehr erstickt die Flamme bald in der üppigen Tropenvegetation. Niemals kann er mit dem Bambusmesser den Wald roden, und ein anderes Instrument steht ihm nicht zur Ver- sügung.„Schone mich, und ich ernähre dich," spricht der Urwald zum Urwaldmcnschen. Der Semang folgt der Ausforderung und durchwandelt den Wald, nach Nahrung suchend, nach Wurzeln, Pflanzen, Frücküen und eßbaren Tieren.' Was er an primitiven Werkzeugen benötigt, dos spendet ihm der Wald in verschwenderischer Fülle. Alle seine Werkzeuge sind ia aus Bambus hergestellt. Ursprünglich kennt er keine anderen Werkzeuge, jn selbst sein Holz- bogen beweist noch, daß er aus einem Bambusbogen hervor- gegangen ist. So stellt sich der Semang uns als ein Ueberbleibscl aus einer uralten Zeit, der Bambuszeit, dar.''
Der veränderliche Siütenöust. Die Düfte, die unseren Blumen entströmen, stehen fast immer in einem gewissen Zusammenhang mit der Farbe oder dem Gerbstoff- ' geholt der betreffenden Blüte, können aber andererseits auch durch die jewellige Temperatur, sowie durch Licht und Feuchtigkeit be- einflußt werden. Nach den Untersuchungen Reinhardt vermindert sich die Intensität des Duftes mit der lebhaften Farbe und dem Gerbstoffgehalt der Blüte, so daß stark gefärbte und stark gerbstoff- haltige Blüten immer weniger stark duften als weiß- rder zart gefärbte und gerbstoffarme Blüten. Rein weihe Blumen duften z. B. oft sehr stark, um die Aufmerksamkeit der in der Dämmerung und Nacht fliegenden Insekten aus sich zu ziehen, aus deren Be- sruchtung sie angewiesen sind. Mit der Zunahme der Färbung nimmt dann in der Regel der Dust mehr und mehr ob. denn die lebhast bis starkgcfärbten Blumen, die von Tagfaltern befruchtet werden, brauchen den Duft nicht, um die Falter anzulocken Die gelben, roten und biauen Blumen wollen also Hauptsäckstich durch ihre Farben auffallen. Völlig geruchlos sind alle grünlichen und grünen Blüten, wie denn auch eine ziemlich sicher begründete An- nähme besagt, daß die ersten Blumen, die in der Natur— in der oberen Kreide- und Tertiärzeit— austraten, grün oder grüngcfärbt und dustlo» waren, da die bis zu dieser Zeit lebenden Insekten noch kein« Blumenbesucher waren, sondern sich von organischen Stoffen nährten, weshalb eine Leuchtfarbe für die Blumen keinen Zweck gehabt hätte. Blumen mit bräunlichen oder schmutzigroten Farben, deren Befruchtung ausschließlich durch Aosfliegen erfolgt, sind zwar nicht ganz geruchlos, haben aber Düfte, die unserer Nase wenig zusagen. Entwickeln sich Blumen unter sehr starker Sonnenbestrahlung, so wird dadurch die Dustmengc wesentlich erhöht, doch gleichzeitig auch die Feinheit des Duftes beeinträchtigt. Daher kommt es, daß die Duftstoff« von Blüten, die in nördlicheren Gegenden wachsen, oft»iel feiner sind als die der gleichen Blüte, wenn sie im Süden wächst. Beispiele hierfür sind die besonders feinen Düfte des in England wachsenden Lavendels und der englischen Pfefferminz« so- wie der ungleich feinere Duft der in Deutschland gezüchteten Oel- rose im Vergleich zu den bulgarischen und türkischen Rosen. Mit dem Einfluß der Temperatur auf die Dustentwicklung hängt es auch zu- sammen, daß Rosen bei kühlem oder feuchtem Wetter viel seiner duften als bei großer Hitze: für Nelken beträgt z. B. die Temperatur. in der sie am stärksten duften, 18 bis 20 Grad R. Ueber und unter dieser Temperatur sst ihr Duft weniger stark und auch weniger aromatisch. In genügend feuchter Lust wirkt das starke Sonnenlicht weniger ungünstig auf die Duftentwicklung, weil Feuchtigkeit den Einfluß de» starken Lichtes vermindert. Daher duften die Blumen in licht- hellem und zugleich feuchtem Klima weitaus intensiver und feiner als die Blumen, die sich in warmer, ober gleichzeitig trockener Luft entwickeln. Diese Erscheinung zeigt sich besonders an stark ölhaltigen Gewächsen, wie an den Minzen-, Dost- und Gamanderorten, deren Duftenwicklung, wenn sie an heißen trockenen Stellen wachsen, viel geringer ist als an feuchten, ja sogar schattigen Plätzen. Aus allen diesen Ursachen heraus erklärt es sich auch, daß manche Blüten zu verschiedener Tageszeit verschieden stark duften. So z. B. die bekannte Wunderblume(dkiradilis), die am Tage fast geruckstos ist, bei Nacht jedoch intensiv duftet, eine Erscheinung, die man auch an Stech- apfelblüten und Tabatblüten wahrnehmen kann, wogegen, wie seiner- zeit Strasburger festgestellt hat, andere Blüten, so beispielsweise Seerosen, Kürbisblüten und Ackerwinden, nur während des Tages duften. Auch an frischen Deilchen hat man die Beobachtung gemacht, daß sie regelmäßig zu gewissen Tageszeiten stärker oder weniger stark duften. Was die Duststoffe der Blüten betrifft, so ist ihre chemische Zusammensetzung noch nicht ganz geklärt. Sie sind in Form ätherischer, also flüchtiger Osle meist in den Zellen der Blüten- kronenblätter enthalten und scheinen ohne Mitwirkung besonderer Organ« in den Pflanzen gebildet zu werden. Trotz des starken Dustes mancher Blüten sind die Oeimengen. die sie enthalten, fast verschwindend klein, so daß z. B. aus 10000 Iasminblüten nur ungefähr 0,5 Gramm Oel gewonnen werden können.