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Stäötetag gegen Portoerhöhung. Die unmögliche Abschaffung des Ortsportos. Der Deutsche Städtetag hat erneut gegen die beabsichtigt« Portaerhöhung beim Verwaltungsrat der Deutsdien Reichspost und beim Rcichspostministerium Stellung genommen. Insbesondere Hot er die geplante Schlechterstellung der Orte mit llber 100000 Einwohnern hinsichtlich der Taxen im Ortsverkehr als untragbar für die Städte und die städtischen Wirtschafts» kreise bezeichnet. Auch eine Reihe von Wirtschaftsorganisationen hat gegen die Pcrtoerhöhung Stellung genommen. Diese Proteste dürften jedoch kaum von der Post ernst genommen werden, solange die beauftragten Vertreter der Wirtschaft im DerwÄtungsrat der Reichspost entgegen den Kundgebungen ihrer Organisationen den Rrichspostniinister decken. Der Auftakt zum Stuüententag. Abgeschmackte Scharfmacherei. Die Vollversammlung des Deutschen Studententages wurde gestern mit einem Vortrag des Rechtsanwalts Dr. Edgar Jung- München in Würzburg   eröffnet. Der Vortrag, der das ThemaD i e geistige Wende" behandelte, bewegte sich auf dem Niveau von Reden, die sonst auf Stahlhelmtagen gewöhnlich gehalten werden. Wieder war viel vom Fronisoldatengeist die Rede, obwohl die wenigsten von den heutigen Studenten überhaupt je die Front gc- sehen haben, weil sie zur Zeit des Krieges noch die Schulbänke der untersten Vor- und Mittelschulklassen drückten. Das Geschlecht, das nicht nur den Krieg, sondern auch die Gegenrevolution geistig ge- tragen habe, sei heute vom Staatsleben so gut wie ausgeschlossen. Mit tönenden Worten verwahrte man sich gegen den Vorwurf der Staatsfeindlichteit. Doch bezeichnete der Redner die in dem heutigen Staat wirkenden Kräfte als den Geist der Zer- s e tz u n g, dem durch die Revolution alle Schranken und Tore weit geöffnet worden seien, und der heute nicht nur das deutsche   Volk in seinem Dasein bedrohe, sondern die gesamte abendländisch« Welt in krankhafte Zuckungen oersetzt habe.(!) Der Geist der Frontkämpfcrgeneration müsse in die Führung des deutschen   Volkes und States einziehen. Mit der letzten Kraft würden die Studenten gegen den Strom der Zeit schwimmen. Die Rede war ein mteressanter Auftakt zu der Aussprache des Studententages, der sich bekanntlich mit den Rechten der Studenten im Staate befassen soll. Sie bewies, daß in der Führung der Deutschen Studentenschaft   noch immer der reaktiv- n ä r e G c i st dominiert, der die Studentenschaft zum Werkzeug der Nationalisten im Kampf gegen das übrige Voll machen will. Reichswehr   und Domelakaien. Eine Erklärung des Rcichswehrminifteriums. Gegenüber der Darstellung Domelas, daß auch hohe Reichs- wehrostiziere mit dem falschen chohenzollernprinzen freundschaftlich verkehrt und ihn begünstigt haben, bittet uns das Reichswehr  - Ministerium als Ergebnis feiner Untersuchung folgendes mitzuteilen: Ein Verkehr von Reichswehroffizieren mit demfalschen Prinzen" oder eine Teilnahme von Reichswehroffizieren an Ver- anstaltungen, an denen dieser teilnahm, hat nirgends statt- gesunden. Die Behauptungen, der Kommandeur des 16. Reiterregiments und sein Adjutant hätten zum Empfang des angeblichen Prinzen sämtliche Orden angelegt, der Kommandeur habe ihn zum Tee eingeladen und eine Ein- Wirkung auf die Presse zugesagt, mit dem Zweck, zu verhindern, daß sich die Presse mit dem angeblichen Prinzen beschästige, sind unwahr. W a h r ist vielmehr, daß der angebliche Prinz auf seine Bitte von dem Kommandeur des 16. Reiter-Regiments empfangen wurde, als dieser im Begriff war, mit einem anderen Offizier zu einer gesellschaftlichen Veranstaltung in einen anderen Ort zu fahren,' daß er deshalb sehr kurz abgefertigt wurde, und daß mit keinem Wort eine Bitte um Einwirkung aus die Presse und dementsprechend auch keine Zusage erfolgte." Wir geben von dieser Darstellung Kenntnis, halten es gleichwohl für bezeichnend, daß Domela vom Regimentskommandeur des 16. Reiter-Regiments empfangen wurde. Außer Zweifel steht doch wohl, daß ein gewöhnlicher, nicht gerade prinzlicher St erb- l i ch e r sicherlich nicht so ohne weiteres vorgelassen worden wäre.
Reichswehr   und Regimentsfeiern. Kaiserbüsten in der Kaserne. Von einem Regimentsappell der ehemaligen 56er läßt sich das katholischeWestdeutsche Volksblatt" aus Cleve u. a. folgende« schreiben: Gewiß, die Haltung der 56sr Gäste war im ollgemeinen takt- voll, aber die republikanischen Gastgeber taten mehr als ihr« Pflicht, wenn sie ihre Farben für einen Tag verleugneten und mit einer sthwarzweißroten Ehrenkarte versehen in die Kompagnien der Gäste einschwenkten. Daß die Festschrift wie es hieß irrtümlich ein« große Reklame des Lichtspielhauses enthielt:Aus Anlaß des Regi- menlsappells der S6erDie Weber   nach Gerhart Hauptmann  ", dos war kein schlechter Witz. Ein schlechter Witz war es aber, nach einer Gedächtnisfeier für tausende oerblutete Brüder das Gedicht aus der Festschrist vorzutragen:, Seht die Fahnen, wie sie trutzig Gegen eine Welt geflattert, Ob auch Weiber, feigheitsschmutzig, IhrNie wieder Krieg" geschnattert." In wohltuende Schlichtheit gekleidet, nahm ein« stattliche Abordnung der 10. Kompagnie des Reichswehr  . Infanterie-Regiments 17 an den Feierlichkeiten teil. Wenn man hört, welche Sprüche und Reden diese frischen, politisch ungeschulten Jungens, die Soldaten der deutschen Republik, bei salchen Gelegenheiten über sich ergehen lassen müssen, dann kann man wahrhaftig die Besorgnisse der Sozial- demokraten verstehen. In Kümmernis und Dunkelheit stehen sie zum Schutz einer Verfassung da. der sie Treue geschworen, die sie aber nicht lieben gelernt haben. Die Festschrift sagt u. a.: Das Lesezimmer der Kompagnie(gemeint ist die Reichswehr  -Kom- pagnie. D. Verf.) istgeschmücktmitdenBüstenderdrei Kaiser. Vermutlich sind es die drei letzten Kaiser, unter denen sich ein sahnenflüchtiger befand, die in den Räumen einer republi- kanischen Wehrmacht Verehrung genießen."
Starker Flugverkehr ab Wien  . Obwohl sonst im internationalen Flugverkehr am Sonnlag nicht geflogen wird, sind heute vom Flug- platz in Aspern   zahlreiche Sonderflugzeuge noch den Hauprstädten der Nachbarländer abgegangen,
Wien   im berliner Spiegel. Kommunistische Parolenschnster au der Arbeit. Reaktionäre Verdrehungskünste
DieRote Fahne  " bekannte gestern morgen, daß ihr und damit auch dem Zentralkomitee ihrer Partei alle eigenen Nachrichten aus Oesterreich   fehlen. Das ist weiter keine Schande, hätte aber vernünftige Menschen in der Beurteilung der Lage zu einiger Zurückhaltung veranlassen müssen. Nicht so das berühmte ZK. der KPD  . Dieses erläßt einen Aufruf An die deutsche Arbeiterschaft", der all« ihm in den Kratn passenden Falschmeldungen der bürgerlichen Presse kritik- los zu einem wüsten Sammelsurium zusammenwirft, auf die deutsche und die österreichische Sozialdemokratie, natürlich auch auf denV 0 r w ä r t s fürchterlich schimpft und den öster- reicbiscben Genossen die volle Sympathie ausdrückt. Mit diesen Genossen" sind natürlich nicht die österreichischen Sozialdemo- traten gemeint, sondern die Wiener   Kommunisten, die der Bewegung in der niederträchtigsten Weise in den Rücken ge- fallen sind, und Taten verübt haben, die kein anständiger Mensch billigen kann. Natürlich soll der Kampf gesteigert und auch auf Deutschland   übertragen werden. In diesem Zusam- menhang fallen dann folgende politische Kernworte: Wenn die Kämpfe sich steigern, dann werden die u n g a- ri s ch e n, i t a l i e n i s ch en und bayerischen Fa s ch i st e n, die an den Grenzen Oesterreichs   lauern, mit Intervention drohen. Darum muffen sich die deutschen   Arbeiter bereit halten, ihre österreichischen Klosscngcnossen mit allen M i U e l n z u unterstützen. Mit welchenMtteln" die KPD  . die österreichischen Arbeiterunterstützen" will, wenn Italiener   und Ungarn   einmarschieren, wird nicht verraten. Zu nächst sollen die Dinge nur so weit getrieben werden, daß einmarschiert wird und wie sich Wilhelm II.   einmal aus- drückte, als vom Einmarsch in den Sandschak die Rede war der Klamauk fertig ist". Ist das geschehen, so wird das ZK. der KPD  . Oesterreich  unterstützen', indem es sein Maul noch weiter aufreißen wird als zuvor. * Mit Ausnahme desV 0 r w ä r t s" war die Berliner  Preffe seit Freitag abend ohne direkte Verbindung mit Wien  . Sie ist auf Nachrichten angewiesen, die teils ihre Wiener  Korrespondenten, teils die"Nachrichtenagenturen auf Um- wegen und daher mit Verspätung übermitteln. Je weniger man in gewissen Berliner   Redaktionen über die eigentlichen Vorgänge weiß, desto eifriger kombiniert man. Und für die Leitartikler der reaktionären Presse ist in solchem Fall Kam- bination gleichbedeutend mit einer wilden Hetze gegen die Sozialdemokratie. Wie immer marschierten dabei die Hugenberger an der Spitze der Verleumder. Nur ist diesmal ihre Wühlarbeit so plump, sie verrät eine derartige Unwissenheit der ein- sachsten politischen Tatsachen, daß sie mehr komisch als auf- regend wirkt. Da gibt es z. B. imTag" einen Herrn, der die österreichischen Sozialdemokraten beschuldigt,ihre Ziele auf dem Wege des Umsturzes erreichen zu wollen, da ihnen das Glück bei den Wahlen nicht hold war": Für die Wahlniederlage hat sich die Sozialdemokratie bereits ausgiebig gerächt." Wahlniederlage der österreichischen Sozialdemokratie?! Unsere Partei hat eine halbe Million Stimmen gewonnen, sie hat die Zahl ihrer Mandate um vier erhöhen können. während Seipel gehofft hatte, durch Bildung einerEinheits- liste" die Arbeiterschaft wesentlich zu schwächen und da wagt man den Lesern vorzugaukeln, daß die Sozialdemokratie eineNiederlage" erlitten hat, für die sie sichrächen" wollte! Die österreichische Linke hat wiederholt zu erkennen ge- geben, daß sie m i t G e w a l t das Ergebnis der letzten Wahlen korrigieren wollte." W a n n u n d w 0 hat sich auch nur ein verantwortlicher österreichischer Sozialdemokrat so geäußert? Die Führer unserer Bruderpartei haben umgekehrt immer wieder betont, daß sie es mit der Eroberung der Macht gar nicht eilig hätten, daß die Zeit für uns arbeite, daß ihnen"die Aus- Übung der kommunalen Gewalt in der Gemeinde Wien  vorläufig vollkommen genüge, daß sie sich streng auf den Boden der Demokratie stellen, und daß sie an einen gewalt- samen Kampf nur für den Fall denken, daß die Bourgeoisie von sich aus zum Angriff gegen die Arbeiterklasse übergehen würde. Das ist der Tenor aller Reden und Beschlüffe des letzten Parteitages in L i n z gewesen, das dort angenommene neue Parteiprogramm bekennt sich grundsätzlich und unzwei- deutig zur Demokratie und daran hat sich seit den Wahlen vom 24. April d. I. um so weniger etwas geändert, als ihr Ergebnis für die Sozialdemokratie einen neuen hoff- nungsreichen Sieg bedeutet hat. Das braucht aber ein Soldschreiber Hugenbergs nicht zu wissen, besonders wenn er s 0 ignorant ist, daß er das öfter- reichische Parlament noch immer alsR e i ch s r a t" bezeich- net, ein Name, der ebenso aktuell ist wie etwaBundesrat" undH e r r e n h a u s" in der deutschen Republik. Sein Kollege vomLokal-Anzeiger" beschränkt sich Haupt- sächlich darauf, spaltenlana die demokratische Presse zu de- sudeln, weil diese auf den Anlaß der blutigen Wiener   Ereig- nisse, nämlich auf den F r e i s p r u ch der Schattendorfer Arbeitermörder, hingewiesen hatte. In den Augen der Reaktionäre ist es also ein Verbrechen, aus dem elementaren Ausbruch des Volkszornes gegen dieses Fehlurteil mahnende Schlußfolgerungen zu zi«h«n, die auch von den deutschen  Richtern beherzigt werden sollten. Das scheint überhaupt die Parole der deutschen   Reaktion zu sein: während derLokal-Anzeiger" nun erst recht die Fortsetzung des bisherigen Kurses in der politischen Justiz wünscht, wirft dieTägliche Rundschau" der Sozialdemokratie vor. sie untergrabe systematisch das Vertrauen des Volkes zur Justiz und versuche, den Massenvon vornherein ein Urteil über Schuld oder Unschuld von Angeklagten je nach ihrer Parteizugehörigkeit zu bilden". Umgekehrt: wir stehen vor der einfachen, statistisch nachzuweisenden Tatsache, daß alle Revublikanermörder bisher systematisch freigesprochen wurden. Daß das so nicht weitergehen kann, wenn nicht das Vertrauen zur Gerechtigkeit bei den Massen völlig verlorengehen soll, müßte jedem objektiven und ordnungsliebenden Bürger ein- leuchten. Statt dessen versuchen die Rechtsblättcr aus den Er- eigniffen, die sich im Anschluß an den Schattendorfer Freispruch in Wien   abgespielt haben, Kopital zu schlagen: sie treiben schon jetzt eine deutliche Scharsmacherpropaganda für den Freispruch der Arensdorfer Mörder!
Interessant ist der kaum verhüllte Appell derDeutschen Tageszeitung" an die Entente: Hoffentlich haben sich auch die Austromarxisten in Wien   überzeugt, daß die europäischen   Mächte keinessalls gewillt sein werden, ein neues halbbolschewistijches Experi- m e n t im Herzen unseres Kontinents zu dulden. Die österreichischen Sozialisten haben nicht auf die Rat- schlage des preußischen Agrarisrblattes gewartet, um in ihrem Aufruf am Sonnabend auf die außenpolitischen Gefahren eines Bürgerkrieges hinzuweisen. Bezeichnend ist es aber, wie dieD. T." ein solches Eingreifender Mächte", ,zu denen ja neuerdings auch Deutschland   gehört, in Aussicht stellt. Lieber noch sich mit allen möglichenErbfeinden" verbünden, als dem dcutschösterreichischen Proletariat zu gestatten, ein halbbolschewistisches Experiment" im eigenen Hause zu unter- nehmen. Da zeigt sich wieder dienationale" Gesinnung' unserer Ostelbier in ihrer ganzen Unaufrichtigkeit. Daß die österreichischen Sozialdemokraten im übrigen in keiner Weise mit dem Gedanken solcher Experimente spielen, geht nicht nur aus ihren Aufrufen und Maßnahmen, sondern auch aus den Telegrammen des Sonderberichterstatters der Deutschen Tageszeitung" aus Preß bürg hervor, der fest- stellen muß, daß die sozialdemokratischen Führervon dem Ausbruch der Revolte überrascht" wurden. Damit bricht auch die ganze Luge der sonstigen deutschnationalen Blätter zusammen, die die Wiener   Sozialdemokraten als die Urheber der Unruhen hinzustellen oersuchen. Alle demokratischen Blätter, ebenso das Berliner  Zentrumsorgan, dieMärkische Volkszeitung", stellen übereinstimmend fest, daß sowohl die österreichische Partei wie der Republikanische Schutzbund   ehrlich und auf- opfernd bemüht sind, die Ruhe wiederherzustellen, weite- res Blutvergießen zu verhindern, und daß sie rücksichtslos Front gegen alle linksradikalen oder linksstehenden Ele- mente machen, die sich verbrecherische Exzesse zuschulden kam- men ließen. Irankreich in Sorge vor Sem Anschluß. Paris  . 17. Juli.  (WTB.) Die gesamte Morgenpreffs besckMigk sich mit den Ereigniffen in Wien  . Sie betont allerdings, daß die vorliegenden Nachrichten mit außerordentlicher Vorsicht aufzu- nehmen sind, glaubt aber trotzdem in ihrer Mehrheit feststellen zu können, daß der Freispruch wegen Schattendorf   nur den äußeren Anlaß zu dem Brand gegeben hat, der unter der Oberfläche be- reits seit einiger Zeit, namentlich seit den letzten Wahlen, glimmte. Es kommen ernste Besorgniffe über die Ereignisse zum Ausdruck, die möglicherweise noch eintreten könnten.E r e N 0 u v e l l e" schreibt: Wir wissen zur Stunde noch nicht, ob es sich um eine Be- wegung ohne weiteren Folgen handelt oder im Gegenteil um eine Revolution mit tiefgehenden Folgen. Jedenfalls erleben wir ein Phänomen, das in weitem Ausmaß dazu beitragen wird, Oester- reich dem Anschlußgedanken zuzuführen, das heißt, Deutschland   territorial und ethnisch zu stärken.Oeuvre" seiner- seits befürchtet ebenfalls, daß die Ereigniffe den Anschlußgedanten fördern könnten.Petit Journal" dagegen erklärt, daß der Aufstand mit dem Problem des Anschluffes nichts zu tun hat, hätten doch die Aufständischen die Zeitung geplündert, die für den An- schlußgedanken eintritt. Wenn man�aber vermeiden wolle, daß der Aufstand sich wiederhole und der Einschluß unvermeidlich werde, werde der Völkerbund sich entschließen müssen, dringlich die wirt- schaftliche Sanierung eines Landes in Angriff zu nehmen und zu vollenden, dessen Existenz eine der Garantien des Fric- dens sei.Echo d e Paris" sieht in der Bewegung dagegen eine rein sozialistische, dem Anschluß günstige Bewegung. ImP 0 p u l a i r e" erklärt Leon Blum  , man müsse wach- s a m bleiben, denn schon erkläre die reaktionäre Preffe, bei der Vc- wegung habe eine Art kommunistischen Komplotts eine' Rolle gc- spielt, während es in Oesterreich   zwar vereinzelt Kommunisten gebe, aber weder eine kommunistische Partei noch eine kommunistische Organisation, mit der man rechnen müsse. Nicht ohne Absicht werde diese Verwirrung geschassen, denn sie solle vielleicht eine e t wa i g e Intervention des Auslandes vorbereiten.Peuple  ", das Organ Iouhaux', will in der Aufstandsbewegung lediglich eine Bewegung gegen faschistische Bedrohungen erblicken. Der ausgebrannte Iuftizpalast. Das folgend« Stimmungsbild des von WTB. nach Wien   ent- sandten Bsrichterstatters gibt eine Ergänzung unserer eigenen Schilderung: Das äußere Bild der Stadt Wien   ist in den meisten Teilen wieder nomol. Die Tatsache, daß di« städtischen Verkehrsmittel wieder in Betrieb sind, wirkt sich, wie erwar- tet wurde, beruhigend auf die allgemeine Gemütsverfassung aus. Auch die Gasthäuser und Cafes sind geöffnet, doch besteht das Alkoholverbot für heute weiter. Schon in den frühen Vormittagsstunden zogen große Scharev Wiener   durch die innere Stadt, um sich die Z e r st ä r u n g 0 n an- zusehen, die die letzten Tage gebracht haben. Am meisten ist natür- lich der I u st i z p a l a st umlagert, der innen und außen ein g r a u- sige» Bild der Verwüstung darstellt. Es stehen nur noch die Grundmauern, die Fensterhöhlen sind ausgebrannt, in den blauen Sommerhimmel ragt das Eiscngerüst der rechten Kuppel nzie ein Skelett empor. Die Türen sind verbrannt, die eisernen Gitter kunstvolle Renaissance-Schmiedearbeiten verbogen und zer­stört. Das Innere zeigt kahle Mauern, von denen der Kalk abgefallen ist. Der Parkettbelag ist ausgebrannt, nirgends mehr sieht man«in Möbelstück. Haufen von Geröll und Schutt liegen in den Räumen umher. Auf der Erde liegen verkohlte Akten verstreut. Postenketten sperren das Viertel des Iustizpalastes. Der Verkehr zwischen der Bevölkerung und der Polizei voll- zieht sich in durchaus freundlichen Formen. An einigen Straßen- ecken sieht man Autozüge mit Reservemannschaften. Die Stimmung ist nach den Exzessen der letzten Tage natürlich gedrückt. Für den Wiener   sind die Ereigniffe noch jetzt unfaßbar, was durchaus ver- ständlich ist, wenn man hört, daß die T 0 t e n z a h l dieser beiden Tage dreimal so hoch ist wie die Zahl der Opfer, die die Revolution vor acht Jahren in ganz Oesterreich gefordert hat. Die Regierung hat heute eine Kundmachung anschlagen lassen, in der sie ihre Hol- tung und dos Dorgehen der Polizei verteidigt und weiter die Be- völkerung zur Aufrechterhaltung der Ruhe mahnt. In einem Strahenbahndepot kam es zu kleineren Differenzen mit den Kommunisten. Fünf kommunistische Straßen- b a h n e r, die die Ausfahrt verweigerten, sind vom Dienst suspen- diert worden. Bei einem anderen Depot versuchte ein komnlUnisti- scher Trupp, die Ausfahrt zu oerhindern, die Straßenbahner ver- trieben ihn aber.