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Freitag 22. Juli 1927

Unterhaltung und Wissen Wiſſen

Der arme Narr.

Bon Albert Leitich.

Als um sechs Uhr früh das Aveglödlein zum Morgengebet rief, erhob sich Andreas Speiser vom Lager. Nun kam die erste Mühe des Alltags: das Anziehen der schweren Schaftstiefel. Unzählige Male glitten seine gichtigen Hände vom fetten Leder ab und schlugen an, die Eisenstangen des wackeligen Bettes, ehe die Füße in den fchmuzigen, geölten Stiefeln staten.

Andreas Speiser stand auf und sah mit verdrossenem, stumpfem Blid durch den Raum: berußtes Gebält an der niedrigen Dede, schmuzige, stellenweise vom Bewurf bis auf die Ziegel freie Wände, zwei fleine vergitterte Fensterluten, an denen die zerbrochenen Scheiben teilweise mit Pappendeckel verklebt waren und ein Fuß­boden, auf dem, wie überall, eine gleichmäßige Schicht von Schmutz, Staub und Spinnenweben lag. Das armselige Eisenbett, mit madeligen Füßen, ein zerknüllter Strohsack und zwei aufgefranste alte Soldatenmäntel, die als Decken dienten. Ein alter baufälliger Kachelofen, ein dreibeiniger Stuhl und eine umgekehrte Kiste, die die Funktionen des Tisches ausüben mußte. An der Wand ein be­rußtes Chriftusbild und nahe der vergitterten Fensterlute ein großer, leerer, verbogener Bogelkäfig. Sonst noch auf der Kifte, am Boden, auf dem Kachelofen, wertloses Gerümpel, Geschirr und Fezzen.

Das war die Welt, in der Andreas Speiser schon fast sechzig Jahre seines Lebens verbracht hatte. Dieses Leben dankte er einer armen, beschränkten Frau und einem Trinker, der als Kutscher des Ziegelwertes eines Tages angetrunken unter die Räder seines eigenen Fuhrwerts tam und tödlich verunglückte. Des Andreas Mutter durfte dann- und dies war eine besondere Begünstigung des Ziegeleibefizers in diesem eben beschriebenen Raume, der zur Ziegelei gehörte, das Gnadenbrot verzehren.

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Sie tat es schlecht und recht, hielt Andreas sauber, was nicht so einfach mar, und schüßte ihn so lange vor der Roheit der Dorf­leute, die den armen Schwachsinnigen verspotteten, bis er halbwegs erwachsen war. Dann starb sie. So still und ohne Klage und Laut, daß Andreas, als er feinen Morgenkaffee erhielt und die Mutter schlafend wähnte, hinging und sie weden wollte. Und wie er sie so starr und reglos sah und zum ersten Male in seinem Leben feine Antwort auf den Ruf: ,, Mutter " bekam, da stieg eine mürgende Angst in ihm auf. Es trieb ihn hinunter ins Dorf zu den Menschen. Heulend stand er vor dem Bürgermeister, dann jammernd im Zimmer, wo seine Mutter lag und fah zu, wie fremde Menschen sie megtrugen und in einen ungehobelten Sarg legten. Man schleppte ihn in die Kirche, die voll Leute war und er mußte ruhig stehen, den Hut in der Hand. Dann sah er am Friedhof eine tiefe Grube, in die man den Sarg versenkte, und wie dann die Erde langfam das Loch deckte.

Run war er allein in der Rammer und niemand brachte ihm Kaffee und feine Hand streichelte ihn mehr. Täglich ging er früh­morgens zur Arbeit in den Ziegelofen und tat jede, auch die müh Jeligste und schmutzigste Arbeit. Er lächelte am Morgen, er lächelte am Abend, bei Sonnenschein und Unwetter, bei stillem Müßigfißen und bei schwerer Arbeif. Er, was man ihm gab, und ging, wohin man ihn schickte, und grüßte jeden, der des Weges vorbei fam.

Unter seinen Händen waren neue Wege entstanden, ein blühender Garten hervorgezaubert worden, der die Ziegelei an der mindge­schüßten Stelle flankierte. Im Sommer duftete es dort von Rosen, Nelken und Leokojen, die er gepflanzt hatte. Auch die Bäume er­freuten sich seiner eifrigen Pflege. Er fannte feinen Maßstab für die Zeit und merkte nicht, daß er unter der Last des Schaffens und der Jahre sich immer tiefer zur Erde neigte, die keine Lust für ihn hatte, keine Freude und auch keinen Schmerz. Sie trug ihn nun schon fast sechzig Jahre und hatte ihm den Sinn für Bogelsang, Blumenblühen und Waldesrauschen versagt.

Untertags arbeitete er im Ziegelofen und abends ging er in feine Kammer. Dort blieb er allein, bis ihn das frühe Aveglöcklein wieder zur Arbeit rief. So ging es Tag um Tag, Jahr um Jahr, bis eines Abends, als er auf dem Heimweg war, ein anderer Ber­lassener und Heimatloser seinen Weg kreuzte: ein herrenloser, schwarzweiß gefleckter Hund, der ihn beschnupperte, ihn umsprang, sich an ihm rieb und ihn dann heimgeleitete. Dort schnitt Andreas Brocken von seinem Besperbrot herab und gab sie dem Schicksals: geneffen. Dann legte er die Kiste um, füllte sie mit Lumpen und machte dem neuen Hausgenossen ein Lager zurecht. Und vom nächsten Tag an trant er in der Ziegelei seinen Kaffee bitter, weil er seinem Freund den Zucker heimbrachte. Und so manche Nacht fuhr er aus dem Schlafe auf, weil ihn das laute Gebell des Hundes medte. Er brummte und schrie mit dem Tier, aber am Morgen gab er dem Hund mit der gleichen Sorgfalt wie immer das Futter und brachte ihm wieder den Zucker mit. Oft begleitete ihn das Tier zur Arbeit, hielt sich stets in seiner Nähe und leckte ihm die Hände.

So waren wieder Jahre hingegangen bis zu diesem Morgen. Andreas stand auf, als er in den schweren Schaftstiefeln steckte, und sah nach der Kiste hinüber. Dann ging er schwerfällig auf sie zu und neigte sich mühsam nieder.

Zwei zitternde, schwielige, harte Hände nahmen behutsam die Feßen auseinander und zwei tränende, entzündete Augen sahen mit verzweifelter Angst nach dem Hund. Der lag reglos, wie schon einige Tage, hatte unberührt neben sich Futter und Zucker und sah mit einem demütigen Blick voll Liebe und Treue auf, als Andreas ihn lockte und rief.

Der schüttelte langsam den Kopf, tat einen tiefen Seufzer und ging über den verschneiten Hügel den täglichen Weg an die Arbeit. Alle Leute waren heute freundlich mit ihm, sie dankten ihm herzlich und überall sah er, wie sie fleine Tannenbäumchen nach Hause trugen. In der Ziegelei mußte er einen Tannenbaum in ein Stand­treuz fügen und als er im Hof hantierte, sah er, wie die Hausfrau sich über ihr Kind neigte und es auf die Stirne füßte.

Da tam langsam eine Erinnerung von weither in sein Be­mußtsein, und er dachte schmerzhaft nach; dann lachte er vor sich hin: ,, Meine Mutter hat mich auch gefüßt. Wie lange ist das her!" Er fann lange, lange mühsam nach und dachte nun eigensinnig und umunterbrochen an den kleinen Hund. Nichts brachte ihn von dem Gedanken ab, auch nicht das Festessen, das er in der Küche von der Hausfrau erhielt, und war so von dem Gedanken an das frante Tier in Anspruch genommen, daß er selbst auch nicht essen wollte. Man nötigte ihm, weil man meinte, er sei frant, ein wenig Schnaps auf und ließ ihn dann heimgehen.

Als er mühsam und tief gebeugt auf den fleinen Hügel antam und die Hütte im ungewissen Abendlicht vor ihm lag und sich schwach Dom fahlen Himmel abhob, trat er fast weinend in feine fiftere

Stube.

Er rieb mit den Mammen, ungeschickten Händen ein Streichholz an, entzündete die fleine Lampe und trug fie zum Lager des Hundes. Und als der sich nicht regen wollte auf seinen Anruf, hob er ihm den Kopf. Da fühlte er einen starren, falten Körper in seiner Hand und mun begriff er, so schnell, wie er niemals begriffen hatte. Und Stube, ganz wie er als junger Bursche vor seiner toten Mutter ge­wieder stand er, der fast Siebzigjährige, starr vor Schrecken in der

standen hatte.

Dann taute langsam der Eisblod in rinnende Tränen auf.

Das Dorf lag in schwarzem Dunkel, aus dem kleine helle Lichter schimmerten und zitterten, und durch den leichten weißen Floden­mirbel schwebten langsam die feierlichen gemessenen tiefen Töne der

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BRATIANU

König Michael.

Der Gedanke einer starken Monarchie hat in Rumänien seine Verwirklichung gefunden!

großen Glode. Da trat aus der verfallenen Hütte ein weinender Greis. Der trug in der einen Hand den toten Hund und in der anderen den Spaten. So schritt er schwer und mühselig dem nahen Forst zu.

Dort, den mit einem Flor verhängten Himmel über und Waldes. rauschen um sich, trieb er das Eisen mit harter Plage in den Grund und schaufelte ein Grab. In das legte er den Hund, strich ihm zärtlich das Fell zurecht und schaufelte dann die Grube zu. Den Spaten ließ er liegen.

Dann ging er zu einem knorrigen Baum, warf den Strick, den er dem Hund vom Hals losgebunden hatte, um einen Ast und knüpfte ihn dort fest. Bei seiner Arbeit störte ihn plötzlich ein. Meiner, schwarzer Gegenstand, der sich auf dem weißen Schnee hin- und herbewegte. Er hielt inne, troch näher heran und erkannte im Schneelicht einen jungen Koltraben, der sich im Gestrüpp ver­fangen hatte.

,, Armes Vieh," sagte er, machte ihn frei und merkte, daß er perletzt sein müsse und nicht fliegen könne. Er sah dem mühsamen Herumhüpfen eine Weile zu, dann begann er zu íocken, nahm das Tier in seine Hand und legte es sorgsam in seinen Hut, den er bei der Krämpe hielt und zusammenschloß. Dann ging er in der Winternacht heim.

Die Lampe stand blakend im Zimmer. Er drehte den Docht höher, stieg auf eine Rifte, setzte den Bogel in den leeren Käfig, gab etwas Brot und einen Napf Basser hinein, holte dann vom Lager des Hundes den übriggebliebenen Zucker und steckte ihn zwischen die Lager und schlief ein. verrosteten Stäbe. Dann blies er die Lampe aus, froch auf sein

Als der Bogel im Käfig sich rührte und mit den Schnabel gegen die Stangen schlug, daß es flirrte, da begann Andreas, tief athmend mit dem Tier zu schimpfen und zu brummen und auf dem schlafenden Gesicht des armen Narren lag ein glückliches, seliges Leuchten.

Madame Dutitre.

Heute vor hundert Jahren ist sie gestorben, die puzige Ma­dame Dutitre, die bei ihren Lebzeiten eine stadtbekannte Ber­lönlichkeit Berlins war, so recht, was man damals ein" Original" nannte. Auf dem Friedhof der französischen Gemeinde an der Chausseestraße liegt fie, nicht weit von des berühmten Schauspielers Devrient schlichter Ruhestätte, begraben. Denn auch sie entstammte einer Emigrantenfamilie. Aber mit Spreewasser getauft, wurde fie zu einer Vertreterin der beredten Berliner selbstbewußten Weib­lichkeit, und dies zu einer Zeit, als im allgemeinen noch die Frau Sie durfte es wagen, ihrem volkstüm schwieg in der Gemeinde. lichen Humor allzeit die Zügel schießen zu lassen, denn sie hatte es verstanden, mit ihrer appetitlichen Rundlichkeit und ihrem fecken Schnäuzchen den schwerreichen, schon ein wenig angejahrten Herrn Dutitre zu erobern und zu beherrschen. Sie war es, die in ihrer durchaus glücklichen Ehe alsbald die Hosen anzog und an­behielt. Und Monsieur Dutitre, dem sie ein ebenso züchtiges wie tüchtiges Ehegejpons war, hat, verliebt und beluftigt zugleich fie als Sachwalterin feines Reichtums schalten und reden lassen bis an fein feliges Ende. Da sollte er freilich ihre urwüchsige Derbheit noch einmal in aller Frische zu testen bekommen. Denn als er auf dem Sterbebette noch einmal nach ihr ver= langte, vielleicht, um ihr zu danken für all die zärtliche Grobheit, die sie auf seinen fahlen Scheitel gehäuft, da war sie bereits in der

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Beilage des Vorwärts

Küche beschäftigt, die Berge von Streußeltuchen zu backen, die zur Bewirtung der voraussichtlich zahlreichen Trauergemeinde nach seiner Beerdigung nötig waren. So steckte sie, die Aermel geschäftig auf­gefrempelt, nur eben den Kopf ins Sterbezimmer, um ihrem Gatten zum letztenmal die Leviten zu lesen: Aber Dutitre, du kannst dir doch denken, det ick alle Hände voll hab!"

Nach seinem Tode hat sie dann oft ganz Berlin , das ihre Redensarten eifrig von Mund zu Mund weitergab, häufig ver­gröberte und neue hinzudichtete, ebenso drastisch durch unerwartete Kernsprüche verblüfft. So wurde sie schon bei Lebzeiten zur legendären Figur, ähnlich der Wiener Frau Pollack und der inflations­zeitlichen Frau Rafffe. Aber den Parvenu- Ehrgeiz der letzteren, es den Altbefizenden an ,, Bildung" gleich zu tun, hatte sie gewiß nicht, wenngleich sie von ihrer Gesellschafterin, die sie sich standesgemäß hielt, auch keinen Widerspruch duldete. So kam es, daß diefe, als sie mit ihrer Gebieterin einst durch den Tiergarten fuhr, und als der Wind eine der drei Marabufedern entführte, die Madame Dutitres neuen Hut schmückten, auf der Herrin Frage, ob da nicht eine Taube vorbeigeflogen, nur ans Bejahen gewöhnt, antwortete: Jawohl, Madame Dutitre!" Als dann auch die zweite teure Feder davon­flog und Madame Dutitre fragte, ob da nicht ,, en Sticksfen Papier" vorübergeweht bejahte sie diese Frage ebenfalls. Erst als sich auch die letzte Feder auf die Luftreise begab, rief Madame erregt: ,, Herrjeses, war des nich eener von meine Marampuffs?" Und nun erst entgegnete die Gesellschafterin bescheiden: Jawohl Madam, das war der dritte!"

War diesmal auch die wizzige alte Dame die Abgeführte, so hat fie dafür oft hohe Herrschaften" ausgespottet. Der Reichtum ihres Mannes hatte ihr die Hoffreise geöffnet, wo sie, ihrer Bürgerwürde stolz bewußt, ganz ungeniert den oft ärmlich gestellten aber ebenso hochnäfigen Hofdamen zuweilen sehr deutliche Lehren erteilte. Als fie einst davon sprach, sie sei ,, den janzen Dag geloofen", und ein Fräulein von Sowieso ihr sagte, daß es gegangen" hieße, ant­wortete fie frisch und munter: ,, So! Na, ick will Ihnen mal wat sagen. Ich bin geloofen und hab' n reichen Dutitren jetriegt. Und Sie find jejangen und jejangen und find' ne olle Jungfer jemorden!"

Ihre echt berlinische Ungeniertheit machte auch nicht vor dem Könige halt. Als dieser einst ,, Unter den Linden " ihren besten Hof= fnig nicht beachtete, faßte sie ihn schlankweg am Aermel und mederte: ,, Na, wat is'n det Majestätchen? Man nich so stolz! Steiern nehmen kann er, aber die Dutitren jrießen, is wohl nich?"

Hahata.

Englische Arbeiter über Richard Wagner

Bon Herrn Siegfried Wagner in Bayreuth erhielten wir das folgende, anläßlich eines Londoner Konzerts an ihn gerichtete Schreiben eines frommen englischen Bergarbeiters:

Lieber Herr! Ich schreibe Ihnen diese Zeilen in der Hoffnung, daß Sie Zeit haben, sie zu lesen und um Ihnen zu Donnerstag viel Glück, zu wünschen, und daß Sie den Werfen Ihres lieben Baters gerecht werden mögen, am Abend des Nationalfonzerts. Ich darf wohl erzählen, lieber Herr, daß ich nur ein armer Arbeiter bin( ein Bergarbeiter) und Musiker, und daß es keinen unter uns Musikern gibt, der nicht die Werke Ihres Vaters liebte. Ich hatte das Glück, im Jahre 1913 in Deutschland zu reisen mit einem englischen Berg­arbeiter- Blechorchester( aus Castleford , Yorkshire ) und es war mir eine Freude, das Haus in Biebrich zu sehen, wo der Meister die Meistersinger" schrieb, und am Drachenfels denselben Boden zu be­treten, wo er, wie uns erzählt wurde, so manche Anregung zu seinen Werfen empfing. Es freut Sie vielleicht, zu hören, daß während des Winters in verschiedenen Dörfern unseres Kohlendistrikts Wett blafen für Blechinstrumente abgehalten werden, und ich bin stolz darauf, erzählen zu können, daß ich für mein Orchester ein Quartett aus dem Fliegenden Holländer" arrangiert habe. Wir haben bei 19 Wettblasen 18mal damit gewonnen. Ich bin auch stolz, fagen zu können, daß wir niemals etwas von den Werfen Ihres lieben Vaters für Solo oder Orchester gespielt haben, ohne den ersten Preis davonzutragen. Alle britischen Bläser lieben Ihres Vaters Werke, denn er verstand die Blasinstrumente so gut zu behandeln. Wollte Gott , er lebte heute noch und könnte ein großes Werk ausschließlich für Blech komponieren. Mit großem Kummer las ich vor einiger Zeit, daß Ihre liebe Mutter infolge des Krieges in finanzielle Nöte geraten ist, und obwohl ich arm bin, hätte ich, wenn ihre Adresse mir befannt gewesen wäre, gern etwas für sie geopfert im Gedenken an ihren großen Gatten. Es war mir auch eine Freude zu erfahren, daß noch jemand am Leben ist, der ihm beuer war und der gerade so alt ist wie ich. Wäre er am Leben, so würde ich gern 10 Jahre opfern, um nur 5 Minuten mit ihm zusammen sein zu können, so groß ist meine Ehrfurcht vor ihm.

Während der Messe bete ich für seine Seele und hoffe nach diesem Leben ihm zu begegnen und auch all Ihren anderen großen Geistern, die von Gott dazu erwählt worden sind, uns auf Erden schon einen Vorgeschmack der Seligkeit zu geben. Das ist es, was die Musik Ihres lieben Baters immer bewirkt. Ich besize drei Bücher über sein Leben und lese sie sehr gern und fühle all die Prüfungen, die er zu bestehen hatte, mit, aber unser Heiland mußte auch viel leiden und so alle Großen.

Nun, mein Herr, ich wünsche Ihnen alles Gute, daß Sie die Herzen der englischen Nation rühren und Ihr lieber Vater im Himmel sich über seine irdischen Taten freuen möge. Es gibt nichts auf Erden, was ich mehr schätzen würde, als ein paar Beilen von Ihrer Hand, von Ihnen, seinem Sohn. Wenn Sie ein paar Mi­nuten Zeit haben, vergessen Sie nicht einen armen englischen Berg­mann, der eine solche Liebe für Ihren Vater und seine Werke hegt. Ich bin fein Unerfahrener in der Musik, denn ich habe zweimal hintereinander den 4. Preis bei dem Wettbewerb des britischen Reiches gewonnen und bin Komponist von zwei vielgespielten Märschen. Da ich aber durch mein Instrument allein mit meinen Lebensunterhalt nicht verdienen kann, bin ich darauf angewiesen, in den Bergwerfen zu arbeiten, um für mich und meine sieben. föpfige Familie den Lebensunterhalt zu erwerben. Ich hätte schrecklich gern das Konzert am Donnerstag gehört, ich habe aber Dienst. Sie werden mich vielleicht für unbescheiden halten, Herr, ich hoffe aber nicht, denn es geschieht nur aus Liebe zu Ihrem Bater, daß ich Ihnen schreibe. John Pickersga!!

Ihr aufrichtig ergebener

Eine intelligente Ziege. Außer bei den Affen ist der Gebrauch Don ,, Werkzeugen" bei den Säugetieren etwas außerordentlich Seltenes. Daß aber gelegentlich doch einmal ein einzelnes Individuum gewissermaßen überragende Intelligenz besitzt, zeigt eine von Prof. Lafowiz bei Danzig beobachtete Ziege. Er berichtet soeben im Biologischen Zentralblatt" über dieses interessante Tier, das auf einer Wiese angepflockt war und der Nahrungssuche nach­ging Die Biege wurde offenbar schwer durch Insekten belästigt; denn sie scheuerte alle mit dem Horn erreichbaren Stellen ihres Rüdens. Doch dies schien nicht zu genügen, weil nicht alle Insekten mit den Hörnern verjagt werden konnten. Plötzlich ergriff die Ziege mit dem Maul einen der auf der Wiese herumliegenden Aeste eines nahen Baumes. Sie hob den etwa einen halben Meter langen Stoc auf, bog den Kopf etwas zur Seite und scheuerte nun mit dem Stock voller Behagen und wohl mit gutem Erfolg alle sonst mit den Hörnern nicht erreichbare Teile des Rückens. Hier liegt also ein Fall bewußten Werkzeugsgebrauchs vor, der um so wichtiger ist, da er durch den Namen des Beobachters gut verbürgt ist.