Nr. 344 44.Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Sonnabend, 23. Juli 1927
Eine Ferienwanderung durch die Mark.
Die Zeit der Ferien ist wieder herangekommen. Groß ist die Zahl derer, die an die See oder in das Gebirge reisen, um hier einige Tage ausruhen zu können. Biel größer ist jedoch die Zahl jener, deren Geldbeutel auf so große Ausgaben nicht eingerichtet ist. Zum Glück bietet die Umgebung der Reichshauptstadt ebenfalls landschaftlich schöne Bilder und geschichtlich bemerkenswerte Orte, die an den Geldbeutel nicht so hohe Ansprüche stellen. Ein solches Gebiet ist der nordwestliche Teil der Mark Brandenburg, die Prigniz
Kyritz- Wittstock.
Vom Lehrter Bahnhof bringt uns der Hamburger Zug nach Neustadt an der Dosse. Wir wandern vom Bahnhof sogleich gen Nord nach Kampehl . Ein Seitenbau der aus dem 13. Jahrhundert stammenden Feldsteinkirche birgt die wohlerhaltene Mumie des 1702 verstorbenen Gutsbesizers Kahlbuz. Die Ursachen der Mumifizierung fonnten noch nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Der Weg bringt uns zur Hamburger Chaussee, auf der wir lints nach Wusterhausen gelangen. Die Stadt, bereits 1232 genannt, wird von zwei Armen der Dosse umflossen. Durch das Kyrizer Tor und über die Dossebrücke geht es weiter auf der Chaussee nach Kyrih, der Hauptstadt des Kreises Ostprigniß, die in dem westlich vom Dossetal verlaufenden Jägligtal liegt. Beglänge von Neustadt etwa 13 Kilometer. Das Dosfetal trennt die Ruppiner Hochfläche im Osten von der Hochfläche der Prigniß im Westen. Ein Teil der Stadtmauer, Reste des Franziskanerklosters, und einige Fachwerthäuser haben die Kriegszeiten und Feuersbrünste überdauert. Die Marienkirche auf dem Markt ist in ihren ältesten Teilen romanischen Ursprungs: ihre Anfänge gehen bis in das 13. Jahrhundert zurück. Am Ober- oder Stolper See, Salzsee und Borker See entlang geht es über Bork und Herzsprung gen Nord nach Wittstock . Weglänge von Kyriz etwa 28 Kilometer. Der Amtsturm, das Wahrzeichen der Stadt, liegt auf dem Gelände der ehemaligen Bischofsburg im Süden der Stadt, auf der Landspige, die die Doffe und Glinze bilden. In ihm ist die Jugendherberge untergebracht. Wittstock ist ein alter Ort, der zum erstenmal in einer Urkunde von 946 erwähnt wird. Der Bischof von Havelberg hatte hier zeitweilig feinen Sig. Die alte Stadtmauer mit ihren Weichhäusern, Türmen und Toren ist noch zum großen Teil erhalten. Das Stadtbild ist ein ziemlich einheitlich geschlossenes, wie wir es in der Mart Brandenburg nicht allzu häufig antreffen. Die Wälle und Gräben sind in Anlagen umgewandelt worden. Auf dem Gelände südlich der Stadt wurden 1636, während des Dreißigjährigen Krieges, die vereinten Sachsen und Kaiserlichen von den Schweden geschlagen. Die Stadt zeigt heute eine sich allmählich entwickelnde Industrie, die durch eine noch nicht allzu lange bestehende Bahnverbindung mit Berlin ( über Kremmen ) gefördert wird.
Auf der Prizmalfer Chaussee wandern wir bis furz hinter die Abzweigung des Weges nach Jabel. Gen West über die Bahn durch hügeliges, teilweise bewaldetes Gelände mit schönen Rückblicken auf Wittstock . Nach etwa 6 Kilometer( von der Chaussee aus) links ab nach Techow. Am Westende des Dorfes liegt Klofter Heiligengrab. ( Entfernung von Wittstock etwa 12 Kilometer.) In stiller Ruhe und Weltabgeschiedenheit spiegeln sich die alten Baulichkeiten in den Fluten der Klosterteiche. Das Kloster zum Heiligen Grabe murde gegen Ende des 13. Jahrhunderts gegründet. Im Elisenhain, der das Kloster in weitem Bogen umzieht, stehen viele alte Eichen von beträchtlichen Ausmaßen. In nördlicher Richtung wandern wir nach Maulbeerwalde, eine Siedlung aus der Zeit um 1750. Weiter geht es über Blesendorf und Teffchendorf nach Freienstein, im nördlichsten Teil der Brignitz, nahe der mecklenburgischen Grenze.( Entfernung von Heiligengrab etwa 18 Kilometer.) Selten sucht ein Wanderer diesen Flecken an der Nordgrenze der Mark auf, obwohl jetzt durch die Eisenbahn die Verbindung mit der Welt hergestellt ist. Die Feste Brigenstene war ursprünglich eine starte Grenzfeste oberhalb der wald, und fumpfreichen Dosenniederung. Hier stießen die Bistümer Havelberg und Schwerin aneinander, hier verlief bie
Die Silberschwärme
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Von Rex Beach [ Nach brud verboten
Autorisierte Uebersetzung aus dem Englischen von Julia Koppel
,, Welche Mannschaft engagieren die Fischereigesellschaften?"
,, Hauptsächlich Chinesen, Japaner und Italiener . Die Schlafräume sind von Opiumdunst erfüllt. Auf der einen Seite der Dorfstraße verbrennt der Orientale Räucherwert für seinen Gott, und gerade gegenüber betet der Latiner zu der Heiligen Jungfrau. Den ganzen Tag arbeiten sie Seite an Seite, bis sie vor Müdigkeit umfallen, dann treffen sie sich auf der Straße und erstechen sich gegenseitig mit ihren Messern, zu Ehren ihrer rivalisierenden Götter." Wie lange dauert die Fischsaison?"
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,, Nur ungefähr sechs Wochen; dann läßt man das Feuer unter den Schmelztiegeln ausgehen, die Schiffe werden ge= laden, die Männer schlafen, die sanften Augustwinde treiben fie heimwärts, und Kalvik versinkt wieder in seinen zehnmonatigen Schlaf und ist nichts anderes als ein totes, verlaffenes Dorf, von aller Welt gescheut."
,, Sie verstehen gut zu schildern," sagte Boyd Emerson onerkennend. Ich begreife nur nicht, daß diese großen Fabriken und der Betrieb sich bezahlen, wenn die Fischschwärme nur so furze Zeit währen."
,, Sie tun es dennoch, und sie haben sogar einen enormen Gewinn, bisweilen hundert Prozent im Jahr und noch mehr." ,, Unmöglich," sagte Emerson, der sich mehr und mehr für die Sache interessierte.
Cherry aber fuhr fort: Bor zwei Jahren fam Anfang Mai ein Dampfer mit Arbeitern, Maschinen, Balken, Kohlen usw. beladen. Man ging an Land, baute Fabriten und alles stand fix und fertig, als die Fischschwärme kamen. Als die Fischzeit vorüber war, im Auguſt, fuhr der Dampfer wieder fort, und hatte so viel Lachs geladen, daß er alle seine Ausgaben bezahlen und noch dieselbe Summe als Ueberschuß buchen fonnte. Im Jahre vorher hatte Willis Marsh sogar noch bessere Geschäfte gemacht, damals aber war der Preis für Lachs noch höher. Die nächste Saison wird wieder große Einnahmen bringen."
,, Woher weiß man das?"
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Weil in jedem vierten Jahr die Fischschwärme besonders groß find, man weiß nicht, marum." Emerson war aufgestanden und begann jetzt auf und ab
Grenze zwischen dem slawischen Mecklenburg und Brandenburg . Die Ruine des alten Schlosses liegt wahrscheinlich auf der Stelle der mittelalterlichen Feste. Das neue Schloß, in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erbaut, wird noch bewohnt.
Königsgrab
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Seddin.
Wir wandern über Schmolde, dessen Kirche eine der menigen in der Mark ist, die einen schwebenden Taufengel befißt, nach Meyenburg. ( Entfernung von Freienstein etwa 9 Kilometer.) Hier endet die Bahn von Berlin über Kremmen , Neuruppin und wittstock. Am Südufer der Stepeniz geht es weiter über Krempendorf nach Stepeniz mit dem Kloster Marienfließ, das um 1230 gestiftet wurde. Gen Südwest wandern wir über Teichow nach dem Städtchen Puflih, von Meyendorf etwa 17 Kilometer entfernt, das bereits in der Westprignih liegt, während wir bisher die Ostprigni durchwanderten. Der Ort wird anscheinend schon in einer Urkunde Don 948 erwähnt. Jedenfalls bildet die von der Stepeniz umfloffene Sumpffefte, die Gänseburg", vom 13. Jahrhundert an den Mittelpunkt der Herrschaft Butlig; sie ist der Stammsiz des Geschlechts der Edlen Gänse von Putlig. Die Wanderung führt uns über Mansfeld , Cockstedt, einer alten Zollstätte, und Taden nach Seddin.( Entfernung von Putlig etwa 13 Kilometer.) Eine halbe Stunde südwärts vom Dorf liegt das„ Königsgrab", das größte Hünengrab Deutschlands . Der mächtige Hügel ist 11 Meter hoch und mißt 300 Schritt im Umfang. Der Grabinhalt befindet sich im Märkischen Museum in Berlin . Das Grab gehört der jüngeren Bronzezeit( etwa 1000 v. Chr.) ant. Als Beigaben enthielt es auch einige kleine Geräte aus Eisen, die das älteste Eisen in der Mark darstellen.
Gen Südwest wandern wir weiter über Groß- Linde und am Weinberg vorüber nach Perleberg , das ebenfalls an der Stepeniz liegt.( Beglänge von Seddin etwa 20 Kilometer, Jugendherberge im ehemaligen Bezirkskommando.) Der Ursprung des Ortes ist wahrscheinlich um die Wende des 13. Jahrhunderts zu suchen. Perle berg ist die Hauptstadt des Kreises Westprigniz. Ehemals erfreute sich die Perleberger Glanzwichse großer Berühmtheit. Berleberg
Freienstein'
zu schreiten: ,, Und Sie meinen, daß alle Fabriken mit guten Resultaten arbeiten?" ,, Ohne Zweifel."
Ich hatte keine Ahnung, daß die Fischerei hier oben in Alaska so ergiebig ist."
,, Das wissen auch nur diejenigen, die direkt daran intereffiert sind. Der Kalvitfluß ist der beste Lachsfluß der Welt, er hat noch niemals versagt. Darum bemachen ihn die Gesellschaften auch so neidisch, und darum verweigerte man Ihnen Obdach. Wie Sie sehen, liegt er in einer Ede der Bering straße verborgen, ohne Verbindung mit der Außenwelt, und die Gesellschaften haben nicht die Absicht, an diesen Verhält nissen etwas zu ändern."
Es war klar, daß Emerson Feuer gefangen hatte. Hatte die Aussicht auf den allmächtigen Dollar bewirkt, was Cherry mit all ihren Bemühungen nicht erreicht hatte? Sie beob achtete ihn genau und nährte seine Neugierde.
,, Sind die genannten Zahlen authentisch?" fragte er. Ich glaube, fie sind in dem Handelsbericht der Gesellschaft niedergeschrieben."
,, Was fann es fosten, eine Lachskonservenfabrik anzu legen und in Betrieb zu halten?" ,, Man sagt, ungefähr hunderttausend Dollar, aber ich glaube, man fann eine Priorität auf den Fang nehmen oder das Geld auf einer Bank leihen, so daß man die großen Ausgaben nicht allein zu tragen braucht."
Der Mann sah sie einen Augenblick an, ohne sie zu sehen und fragte dann: Was kann mich hindern, so ein Geschäft zu beginnen?"
,, Allerhand. Haben Sie Geld?" Vielleicht, was sonst?"
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,, Ein Grundstück zum Bebauen."
,, Das muß man doch leicht bekommen fönnen." Cherry lachte. Im Gegenteil, es ist sogar sehr schwer, ein passendes Grundstück zu bekommen, denn es müssen natürliche Bedingungen vorhanden sein, zum Beispiel fließendes Süßwasser. Und außerdem sind sämtliche Grundstücke in den Händen der Gesellschaften."
,, Ah. ich verstehe," sagte Emerson und seine Augen verloren wieder ihren Glanz, feine Stimme ihre Belebtheit. Er warf sich niedergeschlagen in einen Stuhl neben dem Ramin, indem er schmermütig in die Flammen blickte, die um die brennenden Scheite ledten. Plöhlich griff er mit beiden Armen um die Lehne des Stuhles und murmelte zwischen den Zähnen: Gott, wie gern möchte ich noch einen einzigen Verfuch machen!"
war ein wichtiger Platz an der Handelsstraße von Havelberg nach den Ostseehäfen Wismar , Rostock und Lübeck . Die Stadt macht einen netten und sauberen Eindruck. Schöne Fachwerkhäuser stehen am Markt und bei der Kirche; auch eine Rolandsäule befindet sich auf dem Marktplag. Die Kirche, ein gotischer Backsteinbau, deffen ältesten Teile auf die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts zurückgehen, zeigt nach ihrer Wiederherstellung in überraschender Weise die Schönheiten der alten Baufunst. Man hat es vorbildlich verstanden, die ursprünglichen Ausdrucksformen der alten Kunst von allem unnüzen Beiwert späterer Zeiten zu befreien, so daß das Bauwerk wieder in kunstvollendeter Schönheit und Reinheit emporstrebt. Hier könnten manche Baumeister, denen die Wiederherstellung alter Bauten übertragen wird, lernen.
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Bon Perleberg wandern wir füdlich durch die Perleberger Stadtforst über Forsthaus Böllbrück am Jeezbach und dann südöstlich nach Wilsnad.( Bon Perleberg etwa 16 Kilometer entfernt, Jugenoherberge im alten Schulhaus an der Kirche.) Das Städtchen liegt an der Karthane, der Name erinnert an die slawische Völkerschaft der Wilzen, die um 800 in der Brigniß saß. Berühmt war das " Wunderblut von Wilsnad", dem der Ort so viel Zuspruch von Gläubigen aus aller Welt verdankte, daß ihm 1398 Stadtrechte verliehen wurden. Auch eine prächtige Wallfahrtskirche wurde errichtet, die in ihrem Innern noch eine Mauer vom Turm der alten Dorfkirche enthält. Von Wilsnack wandern wir südöstlich über Legde ( an der Dorfstraße ein Dentmal für den am Ende des 16. Jahrhunderts hier ermordeten Ritter Dietrich von Quizom auf Rühstedt), Lennewitz und Quißövel zum Fährhaus am Haveldeich. Wir lassen uns über die Havel sehen und wandern nun auf dem Deich zwischen Havel und Elbe weiter. Auf dem jenseitigen Elbufer liegt Werben. Die Deichwanderung bringt uns an der Räbeler Fährstelle zum Mühlholz, einem schönen Laubwald mit zahlreichen alten Eichen. An den Bäumen sind Wasserstandsmarken angebracht, die anzeigen, welche Höhe das Wasser in den einzelnen Jahren erreicht hat. Eigenartig war die Deichwanderung im Som mer 1926, als die Hochwasser die Talniederung weithin überflutet hatten, so daß der Deich nur etwa einen Meter die Fluten über ragte. Die Wanderung durch die weite Wassermüste wirkte bedrückend wenn nicht beängstigend. Durch das Mühlholz und auf der Chaussee vermittelten Rähne den Verkehr mit Havelberg . Havel berg haben wir erreicht!( Von Wilsnad etwa 21 Kilometer ents fernt, Jugendherberge in der alten Domfaserne, Ritterpíaz 5.) Die alte Bischofsstadt bildet den Schluß unserer Ferienwanderung durch die Brigniz. Schmal und winklig sind die Straßen der Inselstadt; die Arme der Havel bildeten die natürlichen Grenzen, in denen sich die Stadt nur ausdehnen konnte. Auf dem hohen Ufer nördlich der Stadt erhebt sich der Dom, ein gewaltiges Bauwerk aus dem 12. Jahrhundert. Von dem mächtigen Turm überschauen wir die Stadt, die Elb- und Havelniederung sowie einen großen Teil unseres Wandergebiets. Rauchfahnen, von Dampfern herrührend, stehen über der Elbe, eine gewaltige Himmelsschrift, von Arbeit und Berkehr erzählend. Gen West neigt sich der Sonnenball dem Dunit des aufsteigenden Abends zu. Und wir denken daran, daß uns die Großstadt zurückruft aus Feld und Wiese und Wald, zurück in ihren Rauch und Lärm. Die schönen Ferientage find vorüber!
Die Länge der Fußwanderung, die uns durch die schöne abwechslungsreiche Prignitzlandschaft führt und an Stätten reicher Geschichte bringt, beträgt etwa 170 Kilometer. Sie läßt sich in acht Tagen bewältigen. Wer weniger Zeit zur Verfügung hat, lann die Wanderung beliebig abkürzen, da fast jeder Wandertag zu einer Eisenbahnstation führt.
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Eine Wochenendfahrt in den Oberspreewald veranstaltet am 30./31. Juli der Touristen Verein ,, Die Naturfeunde", Zentrale Wien . Die Fahrt geht am Sonnabend nachmittag 14,55 ( 2,55 Uhr) vom Görlizer Bahnhof nach Raddusch . Von hier aus Kahnfahrt durch die Radduscher Kaupen zum Erlkönig"( Logis Betten). Am Sonntag früh Spaziergang nach Burg zum Kirch=
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Cherry Malotte warf ihm einen hastigen Blick zu, er aber war wieder in Gedanken versunken und schien ihre Nähe ganz vergessen zu haben. Schließlich nahm er sich zusammen und fragte: ,, Kann ich hier irgendwo einen Führer bekommen? In ein oder zwei Tagen müssen wir weiter."
,, Constantine wird Ihnen einen verschaffen. Ich nehme an, daß Sie den Katmaipaß vermeiden wollen." Warum?"
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,, Weil er gefährlich ist und Reisende ihn nur in äußerster Not benutzen. Es ist der kürzeste Weg zur Küste. Dreißig Menschen aber haben schon im Laufe der Jahre dabei ihr Leben gelassen. Ich rate Ihnen, weiter im Osten, bei Jliamma über die Bergkette zu gehen, wo der Abstieg weniger steil ist. Der Postdampfer legt an beiden Stellen an."
Er nickte beistimmend. Warum sich unnötig Gefahren. aussetzen? Mir eilt es nicht. Ich wünschte, ich könnte Ihnen Ihre Freundlichkeit auf irgendeine Weise vergelten. Wir waren fast am Ende, als Sie uns aufnahmen."
Für mich war es nur eine angenehme Abwechslung," sagte sie abwehrend. Wenn Sie einige Monate in dieser Einsamkeit gelebt hätten, würden Sie es verstehen." Boyd war es nicht entgangen, daß Cherrys Augen im Laufe des Tages vielfach prüfend auf ihm geruht hatten. Beim Mittagessen und später im Wohnzimmer, während Fraser, schwaßte, bemerkte er denselben nachdenklichen Ausdruck auf ihrem Gesicht. Sie spielte ihm wieder etwas vor, er aber wollte nicht singen und blieb schweigsam. Als die Männer sich zurückgezogen hatten, saß sie lange mit gerunzelten Brauen, als ob sie mit einem schwierigen Problem fämpfte.
,, Ob er es wohl tun würde," sagte sie schließlich halblaut vor sich hin ,,, und Gott weiß, ob er es tann!" Sie erhob fich, begann im Zimmer auf und ab zu gehen und schloß schließlich wie in Verzweiflung: Irgend etwas muß gefchehen, so geht es nicht weiter, und wer weiß- vielleicht ist er mein Glück, das mir gesandt worden ist."
Es gibt Augenblicke, wo die alltäglichsten Ereignisse auf wichtige Entschlüsse Einfluß haben, andere, wo Handlungen von allergrößter Wichtigkeit nur durch ein paar hochgezogene Brauen oder den Tonfall einer Stimme gehemmt werden, wieder andere, wo Verbindungen, die sich ein Lebensalter bewährt haben, zerrissen oder neue in einer Augenblicksstimmung geschlossen werden; daß eine solche Stunde für sie gekommen war, fühlte die Frau instinktiv. Es war schon spät, als ihr Gemüt schließlich Ruhe fand und sie zu Bett ging. ( Fortlegung folgt.)