Nr. 352 44. Jahra.. Ausgabe A r. 180
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Donnerstag, den 28. Juli 1927
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Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angeftelten und Beamten. Ballstr. 65; Distonto- Gesellschaft, Devontentaffe Lindenstr. 3.
Kein Untersuchungsausschuß für Wien Ruſſiſche Kommunistische Partei .
Der Nationalrat fürchtet die Untersuchung der Schuld an dem Gemetzel.
Wien , 27. Juli. ( Eigener Drahtbericht.)
Am Mittwoch wurde nach einer mehrstündigen Debatte die Diskussion über den blutigen Freitag zu Ende geführt. Während am Dienstag die Wiener Abgeordneten fprachen, Ländern. Die Sozialdemokraten verwiesen insbesondere auf das äußerten sich am Mittwoch vor allem die Abgeordneten aus den unerhörte und verfassungswidrige Treiben der Heimwehren. Die Debatte murde damit beendet, daß die bürgerlichen Parteien die beiden sozialdemokratischen Anträge, der Regierung das Mißtrauen auszusprechen und eine Untersuchungstommiffion einzusetzen, niederstimmten.
Der Nationalrat ist am Mittwoch noch nicht, wie man erwartet hatte, in die Ferien gegangen, sondern für Dienstag wieder einberufen worden.
Die Anteilnahme der Arbeiterpartei.
London , 27. Juli. ( Eigenbericht.)
Der Parteivorstand der britischen Arbeiterpartei hat am
Mittwoch folgende Resolution gefaßt:„ Wir senden unseren österMittwoch folgende Resolution gefaßt:" Wir senden unseren österreichischen Genossen unsere tiefgefühlte Anteilnahme zu dem Verlust.von braven Arbeitern, welche in Wien bei einer De
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und die vollkommene Aussichtslosigkeit, diesen Kleinstaat zu wirtschaftlichem Gedeihen zu bringen, als Hauptursache der Explosion vom 15. Juli zu erkennen, für die das Schattendorfer Urteil nur der zündende Funke gewesen ist. fürchtung eingegeben, daß der Anschluß Deutschösterreich Diese Erkenntnis hat den Anschlußgegnern in Paris die Bevon dem nationalen Moment ganz abgesehen als das einzige Rettungsmittel erscheint und das Volk der verkümmerten Alpenrepublik eben durch nichts von seinem Willen, ins Reich heimzukehren, abgebracht werden kann. Darum tauchen jetzt die alten Pläne einer Zollunion der Nachfolgestaaten wieder auf als ob diese Staaten in ihrem ge= meinsamen Dalles, bei den meisten verschärft durch gewaltige Heeresausgaben, nicht bisher schon genügend gezeigt hätten, daß sie auf hohe Zölle nicht verzichten wollen; einmal der Staatseinnahmen wegen, aber auch zur Hochzüchtung der eigenen Industrie, die dann wieder kräftig Steuern zahlen foll. Nur einer von den Nachfolgestaaten ist industriell genügend entwickelt und steht auch sonst so da, daß er glaubt, diese Sorgen nicht hegen zu müssen: die tschechoslowa fische Republik . Wir erfahren nämlich zuverlässig, daß die Prager Regierung mit mit Zustimmung im Herbst der Wiener Regierung den
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Beredte Zahlen.
Neulich hat der Vorstand der russischen Kommunistischen Partei statistische Angaben über den Mitgliederbestand der Partei. veröffentlicht. Danach ist die Zahl der Kommunisten in der USSR., die Anfang 1926 1078 185 betragen hat, am 1. Januar 1927 auf 1 210 954 gestiegen. Die herrschende Partei umfaßt also gegenwärtig etwas mehr als 1 Proz. der der Partei in drei Hauptgruppen eingeteilt: 1. Arbeiter, erwachsenen Bevölkerung des Landes. Nach ihrer sozialen Lage werden die Mitglieder Arbeiterpartei gebührt, ist die erste Gruppe die zahlreichste. 2. Bauern, 3. Beamte, Angestellte und andere. Wie es einer Es waren in der Partei:
Arbeiter. Bauern
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Beamte, Angestellte u. andere.
1 Januar 1926 1. Januar 1927 582 300 634 900
246 800
249 085.
297 400 278 654
Die Arbeiter" der RKP. werden jedoch weiter in zwei Klassen eingeteilt: a) Arbeiter an der Werkbank", und b) ,, Arbeiter nicht an der Werkbank". Zu den ersteren werden jene Mitglieder der Partei gerechnet, die in die Belegschaftslisten eines Industrie-, Handels- oder Verkehrsbetriebes oder eines staatlichen Instituts eingetragen sind. Es iſt alſo nicht erforderlich, daß der entsprechende Betrieb wirklich Werkbänke besitzt: ein Chauffeur einer Bank oder ein Heizer eines Krankenhauses wird der
monstration gegen das ungerechte Urteil einer Klassengerichtsbarkei: Frantrei ollunion vorschlagen will. Damit soll sehen, auch wenn er nie in seinem Leben an einer Werkbank
von der getötet worden sind. Mit ihnen fühlen wir tiefe Entrüftung über die brutale Aktion der Regierungsbehörden, welche zu ernsten Unruhen, zur Tötung von hundert Personen und zur Berwendung vieler anderer geführt haben."
Zollunion für Oesterreich.
Um es vom Anschluß abzuhalten.
In den Ländern, deren Regierungen die Heimtehr Deutschösterreichs ins Deutsche Reich nicht gestatten wollen, haben die Wiener Bluttage ziemlich stark gewirkt. Man beginnt die jahrelange Berelendung der Donaurepublik
Der Endkampf um die Kreuzer. England besteht auf der Ueberlegenheit in kleinen Kreuzern.
London , 27. Juli. ( Eigenbericht.) Die britischen Delegierten auf der See- Abrüstungstonferenz, Bridgeman und Lord Cecil , haben die Rückreise nach Genf angetreten. Ueber seine Auffassung
Deutschösterreich sicherer und leichter Absatz seiner Industrieprodukte und der Bezug billiger Lebensmittel verschafft, feine Wirtschaftslage gebeffert und sein Anschlußstreben gebrochen werden. Man rechnet wohl damit, daß Wien ein folches Angebot nicht gut ablehnen könne.
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Aber ein Hindernis besteht auf alle Fälle: die Meist begünstigung, die sowohl Prag als auch Wien einer ganzen Menge anderer Staaten eingeräumt haben. Diese Staaten fönnten also gleichfalls Zollunion verlangen Deutschland . Würde man Deutschland in einen solchen Zollverband einbeziehen, so hätten wir nichts dagegen zu sagen.
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vor allem
vollen Antwort des Bergarbeiterführers Herbert Smith, in der er erflärte, er sei feineswegs bereit, die Bergarbeiter in den Morast zu führen. Er sei nicht gewillt, die Massen der Bergarbeiter und ihrer Familien noch einmal durch so furchtbare und grausame Ent= behrungen wie die des Vorjahres zu führen, selbst nicht um den Preis des Sturzes einer reaktionären Regierung.
der Lage befragt, stellte Lord Cecil fest, er betrachte die Situation. Die Botschafterkonferenz nimmt Kenntnis" in Genf als unzweifelhaft tritisch eine Bemerkung, die Sie wartet noch auf die Mitteilung über die Polizei in scharfem Kontrast zu seinen optimistischen Aeußerungen bei seiner Ankunft in London steht.
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In London verlautet, daß sich als Resultat der zahlreichen Rabinettsbesprechungen der legten Tage die endgültigen britischen Vorschläge wie folgt darstellen: 1. Die Anzahl der schweren 10 000- Tonnen- Kreuzer soll beschränkt werden; Beibehaltung der gleichen Anzahl von Kreuzern dieser Kategorie in England und Amerita; 2. teine Beschränkung der Anzahl der leichten Kreuzer; Freiheit, soviel leichte Kreuzer zu bauen, als der Küftenbewachungs- und Patrouillendienst und der Schuß der Handelsschiffslinien erfordert.
Im Unterhaus gab Sir Austen Chamberlain auf eine Frage des Abgeordneten der Arbeiterpartei, Clynes, eine Erflärung zur See Abrüstungstonferenz ab, in welcher er betonte, der Kleine Kreuzer Typ stelle bei der geographischen Lage des britischen Weltreiches eine Lebensnotwendigkeit dar. Nach Auffassung der Regierung dürften keine Schwierigkeiten darin bestehen, zu einer provisoriscen Lösung in der Frage des Kreuzerbaues zu kommen. Großbritannien könne jedoch einer folchen Abmachung nicht den Anschein einer definitiven grundsätzlichen Lösung geben, welche als Präzedenzfall betrachtet werden tönnte. Jedes andere Vorgehen würde in Zukunft als eine Auf gabe der maritimen Gleichheit durch das britische Reich aufgefaßt werden.
Bergarbeiter und Gewerkschaftsgeseh.
Ablehnung eines neuen Streiks.
London , 27. Juli. ( Eigenbericht.) Der Verbandstag der britischen Bergarbeiter nahm einftimmig eine Resolution an, in welcher das Gewertschaftsgesetz der Regierung als eine reaktionäre, gegen die Freiheiten des Volkes gerichtete Maßnahme aufs schärfste verdammt
wird.
Der Annahme der Resolution ging eine lebhafte Debatte voraus, in welcher das fommunistische Mitglied der Bergarbeiter eretutive, orn es, die Notwendigkeit eines Generalstreits propagierte. Die Rede Hornes' führte zu einer überaus temperament
beamtengesetze.
Paris , 27. Juli. ( Eigener Drahtbericht.)
Die Botschaftertonferenz ist am Mittwoch am Quai d'Orsay zusammengetreten und hat von dem Bericht über die erd'Orsay zusammengetreten und hat von dem Bericht über die erfolgte Zerstörung der deutschen Ostfestungen Kenntnis genommen. Der Bericht ist von deutscher Seite von General v. Pawelsz, von alliierter Seite von den belgischen und französischen Militärsachverständigen unterzeichnet.
Die Blätter bemerken zu dem Verlauf der Sigung angesichts der Tatsache, daß der Reichstag in Ferien sei und alle Entwürfe, besonders über das Statut der deutschen Polizei, nicht verabschiedet werden konnten, könne Deutschland vorläufig noch fein endgültiger Bescheid über die vollständige Erfüllung der Abrüstungsverpflichtungen entsprechend dem Friedensvertrag von Bersailles erteilt werden.
Rothermere und Benesch.
,, Ein neues Elsaß- Lothringen ."
Auf das Antworttelegramm von Benesch hat Lord Rothermere ebenfalls telegraphisch geantwortet. Er lehnt Beneschs Hinweis auf die Unterdrückung der Tschechen durch die Ungarn in der Vorfriegszeit als ein unzulässiges Argument für die jeßige Behandlung der Ungarn in der Slowakei entschieden ab. Schließ. lich spricht er daven, daß die Engländer ,, ein neues Elsaß- Lothringen " in der Tschechoslowakei. , mit Entsetzen entdeckt" hätten.
Wir haben die Motive Rothermeres bereits gekennzeichnet. Deshalb vermögen wir uns für seine Argumente, so berechtigt sie an fich sein mögen, nicht zu erwärmen. Denn ihn intereffiert nur das Echicksal der madjarischen Minderheit in der Tschechoslowakei . Das gleiche Schicksal der 3½ Millionen Sudetendeutschen läßt ihn falt. Ein so einseitiger Gerechtigkeitsdrang verdient nicht ernst genommen zu werden.
3m Chorzow- Streit um den Schadenersaz Bolens für die Ent. eignung der bekannten oftoberschlesischen Stichstoffwerte hat der Haager Gerichtshof mit 10 gegen 3 Stimmen den polnischen Einwand der Unzuständigkeit abgewiesen und sich für entscheibberechtigt erflärt.
geftanden hat. Es genügt, daß er in einer Belegschaftslifte eingetragen ist. Ebenso werden die kommunistischen Bauern" eingeteilt: es wird zwischen den ,, Bauern am Pflug", die wirkliche Bauern sind, und ,, Bauern nicht am Pflug" unterschieden. Mit dieser Ergänzung sieht der Mitgliederbestand der RKP. folgenderweise aus: 1. Januar 1926 1. Januar 1927
Arbeiter an der Werkbant Bauern am Pflug.
Arbeiter nicht an der Werkbank Bauern nicht am Pflug Beamte und andere
409 400
430 300
114 600
131.900
172 900
204 600
132 200
165 500
248 095
278 654
Die Arbeiter an der Werkbant" machen also etwa 30 Proz. des Bestandes der Arbeiterpartei, die den ,, Arbeiter= staat" regiert und etwa 8 Proz. der Arbeiterschaft der Union aus. Was aber die kommunistischen Bauern anbetrifft, so gehören sie in der Mehrzahl nicht zur Gruppe, die mit dem Pflug etwas zu tun hat.
Was sind aber eigentlich diese Arbeiter" und ,, Bauern", die weder an der Werkbank zu arbeiten, noch den Boden zu
bebauen brauchen? Es sind Personen, die aus der Arbeiter
klasse bzw. aus dem Bauerntum stammen, die aber ihrer Klasse, sowie ihrer bisherigen Arbeit entfagt haben, um ein leichteres und besseres Dasein, das ihrem Ehrgeiz entspricht, zu suchen.
Die Statistik der Bewegung des Mitgliederbestandes der Partei zeigt, wie diese Leute ihr Ziel erreichen.
Im Jahre 1926 wurden in die RKP. 70 900,, Arbeiter an der Werkbank" neu aufgenommen und 23 700 traten teils aus und wurden teils ausgeschlossen. Der Zugang in dieser Gruppe müßte demnach 47 200 betragen, er betrug aber bloß 20 900. Es wurden im Laufe desselben Jahres in die Bartei 41 800. ,, Bauern am Pflug" neu aufgenommen, 4800 sind aus= geschieden, der Zugang müßte also 37 000 betragen, er betrug aber 17 300. Wo blieben denn die fehlenden 26 300 fommunistischen Arbeiter an der Werkbank" und 19 700 Bauern am Pflug"? Sie haben von ihren Werkbänken und Pflügen Abschied genommen und sich in Staatsbeamte verwandelt.
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Eigentlich fängt diese Verwandlung früher an, als sie statistisch erfaßt werden kann. Ein kommunistischer Arbeiter/ an der Werkbant" braucht nicht immer wie seine Berufsge= nossen zu arbeiten und kann dieses auch nicht. Als Mitglied der herrschenden Partei ist er vielmehr mit der Ueberwachung seiner Kollegen und der Fabrikleitung beauftragt. Er braucht nicht durchaus ein Spizel zu sein, er ist aber verpflichtet, die Stimmung der Belegschaft zu prüfen, die antikommunistischen Elemente zu enthüllen, seine Vorgesetzten bei der Unterdrückung der Streifbewegungen und bei der Durchführung der Wahlen zu unterstützen, er hat in verschiedenen Ausschüssen zu tagen, verschiedenste Ausweise und Berichte zu unterzeich nen. Es ist eine harte Aufgabe, und nicht alle sind ihr gewachsen auch werden nicht alle Arbeiter in die Partei aufgenommen. Diejenigen aber, die ihre Mitgliedskarte erhalten haben, sind nicht weiter einfache Arbeiter, wie ihre parteilofen Kollegen: mit dieser Stunde werden sie kommunistische Arbeiter an der Wertbant". Sie bleiben noch in den Belegschaftsliften der entsprechenden Betriebe, dieses ist aber wohl das einzige Band, das sie noch mit ihrer Klasse vereinigt. Und meistenteils streben sie dieses Band los zu werden. Hier entsteht ein eigenartiger Kampf zwischen der Partei und ihren neuen Mitgliedern: die Partei will in ihren Reihen