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Nr. 35$ 44.Fahrgaag

7. Seilage ües vorwärts

Sonntag, 31. Juli 1427

Das große Museum öer Natur.

Unerbittlich hat der Mensch in die ursprünglichen, natürlichen Verhältnisse eingegriffen und sie verändert. Er hat Wälder ver- nichtet, Seen verschwinden lassen, Flüssen einen anderen Lauf ge- geben, Berg« versetzt und die ungeheuren Schätze aus dem Erd- inneren herausgegraben. Aus der durch verschiedene Entwicklungs- stufen gebildeten Erdoberfläche hat er da, wo das Land dicht be- siedelt ist, eineKultursteppe' geschossen und nur wenig von dem unverfälschten Bild der Natur übrig gelassen. Die Bestrebungen, dieses Wenige zu erhalten, haben die Noturschutzbestrebungen ins Leben gerufen. Vie Natursthotzbewegung. Die-Naturschutzbeivegung erstreckte sich zunächst tiuf die Erhal­tung gewisser Tierarten, die, durch die Kultur bedrängt, dem Unter- gang gewe ht oder zum Verlassen ihrer Heimat gezwungen waren. wenn sie es nicht verstanden, sich den neuen Verhältnissen anzupassen. So war besonders durch die Anlage der tünstlichen Fischzucht mit ihrem ausgedehnten Teichbetriebe der in tropischer Farbenpracht schimmernde Eisvogel schwer bedrängt, und das Dasein des Fisch­reihers, der in den Kronen hoher Bäume seine Nistkolonien baut, in Frage gestellt. Ein lehrreiches Beispiel, wie auch Säugetier« unter der Verfolgung des Menschen und der Einwirkung der Kultur leiden, ist der Biber, dessen früher ausgedehntes Berbreitungsgebiet auf unseren Flußläufen«ingeschränkt ist aus ein kleines Gebiet der Elbe, wo ihm der Staat unbedingten Schutz gewährt. Kaum sollte man es für möglich halten, daß auch das Dasein von Tieren, die im Verborgenen leben, wie Schlangen und dergleichen, seiner völligen Vernichtung, teils auch durch den Unverstand der Menschen, ent- gegen geht. Selbst Insekten, der die Blüten umgaukelnde Schmetterling und der summende Käfer, die schwirrende Libelle und der muntere Grashüpfer sind in ihrem Dasein gefährdet. Nicht besser wie den Tieren geht es den Pflanzen. Zllllleidlo» werden die Blumen der Wiese und des Walde» gepflückt. Gedankenlos werden sie sortgeworfen, weil sie welk geworden oder ihr Mitnehmen zu unbequem ist. Weidenkätzchen ein besonderes Kapitel! Wi: oft kann ma« es sehen, wie fast jedes Mädchen, dos von' einem Schul- ausflug heimkehrt, mit einem nicht gerade bescheidenen Bündel von Weidenkätzchen den Vorortbahnhof verläßt, anscheinend ohne von dem begleitenden Lehrer auf diesen unerlaubten Raub an der Natur, der noch dazu strafbar ist, hingewiesen zu sein. Aber nicht nur unter den Mädchen finden wir solche Sünder, auch unsere lieben Jungen sind an der Vernichtung manchen Lebens in der Natur schuldig. Bei ihnen ist es die in nicht geordnete Bahnen gelenkte Sammelwut, der

Vogeleier, unzählig« Schmetterlinge und noch größere Mengen von Käfern zum Opfer fallen. Um allen diesen und noch anderen Uebelständcn, deren Auswirkung nicht unterschätzt werden darf und denen auch durch Belehrung nicht beizukommen war, wirksam ju be- gegnen, muhte die Staatsgewalt eingreifen. Das ist auf Drängen der NaturfchuAvereine auch geschehen durch Schaffung der staalllchen Stellen für Nalurdenkmalpslege in Preußen und in anderen Län- dern. Sie sind den zuständigen Mbiisterisn unterstellt. Die preu­ßische Stelle untersteht dem Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung und für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Der staatlichen Stelle eines Landes unterstehen die Stellen für Ilalur- denkmalpflege der einzelnen Provinzen, so in Preußen die Prooin- zialstellen in Ostpreußen , Brandenburg , Berlin usw. Diese Behörden haben die Aufgabe, charakteristische Landfonnen, Denkmäler der Erdgeschichle. Standorte seltener Tiere und Pflanzen zu ermitteln, zu inventarisieren und zu beobachten. Zu ihren Obliegenheiten ge- hört es, Anregungen z�ir Aufklärung und Werbung für den Natur- schutzgedanken durch Vorträge vor den Erziehern der Jugend, den Lehrern, der Schuljugend, den Wandervereinen usw. zu geben. Mit Erfolg bedient sich die staatliche Stelle des Rundfunks und der Tageszeitungen, um weite Kreise' von ihrem Bestehen und ihrer Tätigkeit in Kenntnis zu setzen und sie für ihre Bestrebungen und ihr Wirken zu interessieren. Wirksame Unterstützung findet sie bei den Vereinen, welche dasselbe Ziel verfolgen. Naturschutzgebiete. Aber nicht nur vie Erhaltung gefährdeter Titte und Pflanzen liegt der Landesstell« ob. Sie hat noch weit größere und schwie- rigere Aufgaben zu lösen, die Schaffung von Naturschutzgebieten. Während unter Naturdenkmälern nach den amtlichen Bestimmungen besonders charakteristische Gebilde der heimatlichen Natur zu ver- stehen sind, vornehmlich solche, welche sich noch an ihrer Ursprung- lichen Stätte befinden, seien es Teile der Landschaft oder Gestaltungen des Erdbodens oder Reste der Pflanzen- und Tierwelt', so sind unter Naturschutzgebieten mehr oder minder große Strecken Landes zu ver- stehen, die ihren ursprünglichen Charakter bewahrt haben und in diesem Zustande durch den Schutz des Staates erhalten werden. Neben dieser wichtigen Ausgabe liegt ihr auch der Schuh der Land- schast gegen vttschandelung ob. zu deren Bekämpfung das preu- ßische Gesetz gegen die Verunstaltung von Ortschasten und land- schostlich hervorragenden Gegenden eine Handhabe bietet. Hier ist es besonders die Bekämpfung der mehr oder minder geschmacklosen Reklame. Bilder und Tafeln, durch die viele an sich schon nicht sehr

reizvolle Eisenbahnftköcken verschandelt sind. In den unter Natur- schütz gestellien Gebieten ist Tieren und Pflanzen völlig unbeein- flußte Entwicklung gewährt, ähnlich wie es in den großen Natur- schutzparken Nordamerikas der Fall ist. Natürlich mit dem Unter- schied, daß die bei uns unter Naturschutz gestellten Gebiete jenen an Ausdehnung weit nachstehen. Das größte und ält�te Naturschuh- gebiet Deutschlands ist das in der Lüneburger Heide . In neuerer Zeit sind auch Gebiete unweit Berlins und auch innerhalb des Stadtbereiches unter Naturschutz gestellt. Auch seitens der Stadt Verlin wird größter Wert auf die Erhaltung landschaftlich hervor- ragender Gegenden gelegt. Schon 1915 erwarb der damalige Ver- band Groß-Berlin den Dauerwold an den Grenzen des damaligen Stadtgebietes im Umfange von 10 000 Hektar. Dabei blieben auch hygienische Rücksichten Nicht unbeachtet,«o wurde auch von dem im jetzigen Stadtgebiete gelegenen Schloßpark In Groß-Lichterselde der Rest eines Auenwaldes im Umfange von drei Hektar geschützt, desgleichen die Krumme Laake bei Rahnsdorf , die Grunewaldmoore am Barsch- und Pechsee, am Riemeistersee und zwischen Grunewald und hundekehle. In der näheren Umgebung Verlins ist die Psauen- insel bei Potsdam , das Plagesenn mit dem Plagesee bei Ehorin und das Moossenn in der Oberförsterei Potsdam staatlich geschützt. Das Golmer Luch wurde vom Volksbund Naturschug und Bund für Vogel- schütz angekauft. Um kreise Angermünde liegt das Moorschuhgebiet Pöhendiebel; bei Freienwalde ein Waldschutzgcbiet,. in dem uralte Eichen, Buchen usw. wachsen. Außer diesen Naturschutzgebieten sind in Berlin und Umgebung eine Anzahl von Naturdenkmälern ge- schützt, so erst kürzlich durch eine Verordnung des Polizeipräsidenten die Heilandsweide in Marienselde,«in 209 Jahre alter Weidenbaum. Dieser von der Legende umwobene Baum ist 20 Meter hoch und hat einen Umfang von ü'A Meter. Ferner genießen durch Verordnungen des Polizeipräsidenten ein« Anzahl von Pflanzen- und Tierarten innerhalb Berlins Naturschutz. Unter anderem ist die an Bächen und Tümpeln lebende Ringelnatter geschützt, eine Sch'mge, die an den beiden gelben halbmondförmigen Flecken an den Kopsseiten gut kenntlich ist und sich ebenso gut auf dem Lande wi« im Wasser fort- bewegt. Auch verschiedene Schmetterlingsarten dürfen nicht ge- fangen werden und find als Naturdenkmäler zu betrachten. Das trifft vor allem für den schönen Schwalbenschwanz und den seltenen Apollosalttt zu. * Di« Pfleg« des Naturschutzes muß jedem am Herzen liegen. Jeder känn das seine dazu beitragen, schon dadurch, daß«r es ver- meidet, durch unbedachtes Fortwerfen von Butterbrotpapieren, Flaschen und Konservenbüchsen den Wald oder den Wiesenrand zu verunreinigen.

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Was ist Cos?' fragt« Emersoir barsch. Es sieht nach Sturm aus,' antwortete Bast, indem er bedenklich den Kopf schüttelte. Der Eingeborene sprach und gestikulierte erregt, und während sie noch standen, fühlten sie plötzlich, wie eisiger Wind ihr Gesicht streifte. Als sie aufblickten, sahen sie, daß die Luft dick wie Xauch war. und zu ihren Füßen begannen weiche, leichte Schneewolken sich träge zu bewegen. Kfeine Säulen von Schneerauch tanzten über die Bergkämm« und verschwanden ebenso hastig, wie sie gekommen waren. Plötzlich merkten sie, daß die Temperatur kälter wurde, und bevor sie sich noch darüber klar geworden waren, was alle dies« Zeichen bedeuteten, war der Sturm schon über ihnen, fegte über die Schneefelder und heulte mit zunehmender Heftigkeit durch die Löcher zwischen den Felsklippen. Die unsichtbare, furchtbare Hand des kalten Nordens hatte die Fukien losgelassen, die Luft war von ihrem häßlichen Geschrei erfüllt. Es war, als ob die gemarterten Seelen der Ber » bannten durch die Schattentäler der Unterwelt kreischten. Der Sturm kam von hinten, hob die Haare aus dem Fell der Hunde und überschüttete sie mit Schneepuder. Er peitschte sie mit scharfen Eissplittern, bis sie sich weigerten, ihm Wider- stand zu leisten und sich im Schutze der Schlitten mit hängen- den Lhren niederlegten. Im Lauf« einer Minute waren die verschwitzten Gesichter der Männer getrocknet und ihre dampfenden Kleider so steif wie Rüstungen, während ihr Blut langsamer durch die Adern rollte. Fräser brüllte etwas, Emerson aber, der ihn in all dem Lärm nicht verstehen tonnte, lief auf die Hunde zu. löste ihr Zaumseua. während Bali und der Eingeborene die Schlitten abzuladen begannen. Die Zipfel ihrerParka' flatterten im Winde wie die Segel eines Bootes und die Riemen ihrer Mützen peitschten ihnen das Gesicht. Als sie den letzten Knoten gelöst hatten, riß ihnen der Orkan einen Zipfel des. Persennings aus ihren steifen Fingern, ergriff eine Decke, die dem Eingeborenen gehörte, und entführte sie. Der Mann griff danach� aber sie flog, als ob sie Flügel hatte, faltete sich

auseinander und sank auf das Schneefeld herab, um im nächsten Augenblick wieder von einem Wirbelsturni erfaßt zu werden und wie eine riesige Fledermaus über die Höhen zu stiegen, von dem verzweifelten Geschrei des Besitzers begleitet. Alles, was lose auf dem Schlitten gelegen hatten wurde wie Späne weggefegt Pfannen, Kaffeekannen, Schüsseln und Eßkörbe wurden durcheinander gewirbelt und rollten und hüpften über das Schneefeld, bis sie am nächsten Klippenrand verschwanden. Die Männer aber waren viel zu verstört, um des Ver- lustes zu achten. Es war nicht möglich, das Gesicht in die Richtung zu drehen, woher der Wind kam, sein beißende? Atem war brennender als die Flammen eines offenen Feuers. Den ganzen Morgen war die Luft still gewesen, ein Temperaturwechsel auf einem Meer aber hatte die Lust- Verhältnisse aus dem Gleichgewicht gebracht, und jetzt rasten die losgelassenen Stürme über Meer und Land. Die Umrisse der umliegenden Höhen veränderten sich, das ganze Land bekam eine andere Physiognomie. Das Sehfeld des Auges wurde kürzer, und auf Grund der schnellen Ver- änderung der Luftverhältnisse merkwürdig verzerrt. Obgleich der Schnee vorläufig nur vom Boden ausgewirbelt wurde, wußten die Männer, daß sie sich bald durch dichte Wolken von Schnee vorwänskämpfen müßten, die jede Spur, jedes Kenn- zeichnen auslöschten und deren Berührung wie ein Regen von glühenden Funken sein würde. Balt trat dicht an Emerson heran und brüllte ihm ins Ohr:Was wollen wir machen, uns in Schlafsäcke rollen oder irgendwo in Sicherheit bringen?" Wie weit ist'es bis zum nächsten Wald?' Drei oder vier Meilen.' Wir wollen versuchen, ihn zu erreichen! Wir haben nicht mehr viel Proviant und der Sturm kann vielleicht Tage dauern.' . Es war unmöglich, sich mehr Kleidungsstücke von ihrem Vorrat aus dem Schlitten zu holen. Sie mußten iky: Gepäck preisgeben, sich von dem Sturm treiben lassen und avs den Ortssinn des Eingeborenen vertrauen. Die Hunde�waren schon halb eingeschneit und wollten sich nicht mehr rühren. Die Männer mußten eng aneinandergedrängt gehen. Alz sie sich emen Steinwurf vom Schlitten entfernt hatten, war ihnen jeder Rückweg abgeschnitten, und obgleich sie den Wind im Rücken hatten, war es ungeheuer schwer, vorwärts zu

kommen: sis mußten über Klüfte und Abhänge, wo der Sturm den Schnee weggefegt hatte, so daß die harte Eiskruste bloß lag und so glatt war, daß sie nur auf Händen und Füßen kriechen konnten. Sie waren ganz gefühllos, geblendet, halb erstickt von der Wut des Orkans, ihre Gesichter waren steif, ihre Lungen wie Eis. Bisweilen brachen sie zusänunen, der Wind aber zwang sie immer wieder vorwärts. Einmal kamen sie zu einem Höhenzug, dessen Gipfel wie ein steiler Dachrücken geformt war: dort mußten sie sich niedersetzen und Fuß für Fuß vorwärtsschieben, bis ihre Kleider und Hand- schuhe durchgeschlissen waren. Sie aber fühlten es nicht, und es gab keine Zeit zum Rasten, keine Möglichkeit einer Linde- rung. Nicht lange und Blutspuren bezeichneten den Weg, den sie zurückgelegt hatten. Alle vier Männer waren das Leben im Norden gewohnt und kannten die Gefahr, in der sie sich befanden; ihre Leiden waren ungeheuer, nicht am wenigsten der furchtbare Durst, der sie quälte. Von der physischen Ausdauer der Eingeborenen ist viel geschrieben worden. Meistens aber kann der Indianer sich nicht mit seinem weißen Bruder messen, Mangel an seelischer Kraft, schlechte Lebensverhältnisse und mangelhafte Er- nährung machen ihn wenige/ widerstandsfähig; darum war es nicht überraschend, daß der Aleut mit der Zeit immer schwächer wurde. Er mußte häufig rasten und bedurfte der Unterstützung, um wieder in Gang zu kommen. Häufig stürzte er und konnte unr mit großer Mühe wieder aufstehfn: die anderen abek waren abhängig von seiner Wegkenntnis und konnten die Führung nicht übernehmen. Als die Dunkel- heit hereinbrach, taumelten sie noch immer vorwärts und unterstützten den Indianer, so gut es ging. Schließlich aber war er nicht mehr imstande, sie zu führen, und Balt, der den Weg schon früher gemacht hatte, nahm seinen Platz ein, während die beiden anderen den armen Burschen auf Kosten ihrer eigenen Kräfte mitschleppten. Einmal bat er sie, sie möchten ihn zurücklassen, und Bast sah, daß Fräse? dazu bereit war; Emerson aber wollte nichts davon hören. Er wird es doch nicht durchhalten,' meinte der Fischer. Er ist ja schon halb tot,' fügte Fräser hinzu,und wir haben noch zweiundeinehalbe Meile vor uns, bevor wir den Wald erreichen.' Ich habe ihn überredet, uns zu begleiten,' sagte Emer- son bestimmt,ich lasse ihn nicht im Stich.' (Fortsetzung folgt.)