Die Gemütsart der unteren Massen hängt in hohem Maße ab von der Art, wie der Herrschaftsapparat der oberen sie behandelt. Härte und Grausamkeit bei Polizisten und Richtern ebenso wie bei Fabrikdirektoren haben die Tendenz, auch Härte und Grausamkeit im Proletariat zu erzeugen. Sie wirken am erbitterndsten dort, wo sie sich mit Milde gegen- über Verbrechern an dem arbeitenden Polke paaren. Welche Sinnlosigkeit der Sieger von heute, aber der Besiegten von morgen, in den kommenden Siegern durch die eigene Praxis solche Gemütsart künstlich zu züchten! Leider zeigt die Erfahrung, daß solche Erwägungen auf die herrschenden Klassen nie Einfluß übten. Ihre Herrschgier ist ebenso kurzsichtig wie ihre Profitsucht, sie verrohen ebenso unbedenklich die Volksmassen, wie sie Raubbau an den wich- tigsten Produktivkräften treiben. Trotzdem brauchen wir nicht zu verzweifeln. Das Pro- letariat hat es verstanden, indenvier Menschenaltern der demokratischen Bewegung in Europa (auf dem Festland; in England setzte sie schon früher ein) trotz aller Hindernisie und trotz der Infamien der herrschenden Klassen nicht bloß sich selbst immer mehr zu bilden und zu kräftigen, sondern auch seine Ausbeuter immer mehr zu zwingen, es mit vermehrter Rücksicht zu behandeln und so alle überflüssigen Härten und Grausamkeiten des Klassenkampfes immer mehr abzuschwächen. Es wäre ein Illusion, zu erwarten, die ausbeutenden Klassen würden die ausgebeuteten zu immer größerer Mensch- lichkeit erziehen. Ihre Praxis wirkt in entgegengesetztem Sinne. Wohl aber ist es das Proletariat, dessen Praxis dahin geht, nicht bloß sich selbst, sondern auch seine Ausbeuter im Sinne der Humanität zu erziehen, ihnen immer mehr Mensch- lichkeit aufzudrängen. Diese beiden Wirkungen sehen wir in der heutigen Ge- sellschaft tätig. Zeitweise überwiegt die von den Ausbeutern verfochtene, die auf Verrohung der Massen abzielt. Aber sie vermag sich nirgends dauernd durchzusetzen. Schließlich macht sich immer wieder das Proletariat Bahn und es erweitert dabei das Regime der Me n s ch l i ch k e i t in allen Schichten der Bevölkerung. Bor dem Kriege deuteten viele unter uns diese Erschei- nung als eine Milderung der Klasiengegensätze. Das war ein Irrtum. Sie spitzen sich immer schroffer zu. Damit werden auch die Formen, in denen die Klassengegensätze ausgefochten werden, immer gewalttätiger, wenn die steigende Macht des Proletariats das nicht zu paralysieren wüßte. Der Krieg und der ihm vielfach folgende Bürgerkrieg haben auf die nach Humanität oerlangende Gemütsart des Proletariats vielfach schlecht gewirkt und die allgemeine Roheit aller Klassen gesteigert. Aber wo das Proletariat sich Selbständigkeit und Freiheit bewahrt oder erobert hat, da überwindet es rasch die verrohenden Wirkungen des Krieges, da tritt es überall als der stärkste unter den Faktoren der heutigen Gesellschaft hervor, die nach Menschlichkeit verlangen, menschliche Formen des Klassenkampfes anstreben und schließ- lich auch durchsetzen.
Geheime tzanüelsvertragsüiplomatie. Die deutsch -franzöfischen Verhandlungen gefährdet. Paris , 1. August.(Eigenbericht.) Im„Pvpulaire* stellt Grumbach fest, bah einmal mehr ein r u ch der deutsch -französischen Wirtschaftsverhandlungen drohe, ohne daß die öffentliche Meinung in Frankreich oder Deutschland wisse, warum. Diese werde systematisch von den Verhandlungen ferngehalten und erfahre nur durch lächerliche, nichtssagende Kom- muniques davon, daß überhaupt Verhandlungen stattfanden. Es habe sich auf diesem Gebiete eine Art Geheimdiplomatie herausgebildet. Sie ist nicht weniger gefährlich für die Mil- lionen Verbraucher und einen großen Teil der Produzenten sowie für den Frieden als die politische Geheimdiplomati«.
Der Kampf gegen Sie Nacktheit. Don Paul Gutmann. Man erfährt, daß in Duisburg die Monumentalfigur einer knienden Frau, das Werk des verstorbenen Bildhauers Lehmbruck , von Bubenhänden zerstört worden ist. Zur Abwechslung geht es biesmal nicht gegen Reichsbannorleute oder sog mannte Rassen- fremde, sondern gegen den leblosen Steinklotz eines toten Künstlers. Das Werk— es ist offenbar diefelbe„Kniende*, die wir vor Jahren in der neuen Nationalgalerie„Unter den Linden " bewundern durften— ist der Ausdruck eines um die tiefste Beseelung schwer ringenden Asketen, eines die Gegenwart verneinenden Idealisten. Warum also die Wut gegen ein Werk von absoluter Unsinnllchkeit, von einer an die frühe Gotik erinnernden Verzerrung des Leiblichen ins Uebergeiftige? Etwa, weil hier überhaupt ein nackter weiblicher Körper dargestellt worden ist? Dieses Weib könnte selbst die Phan- taste des ausgehungertsten Säulenheiligen nicht berühren. Weil hier Geist zum Vorschein kommt, weil hier der Triumph des Gedan- kens und der Seele über das niedrig Zeitliche geformt worden ist. Jene Zerstörer eines Kunstwerks haben«inen Instinkt bewiesen, der zur Bewunderung reizen könnte, wenn er nicht so kannibalisch roh wäre. Sie haben klipp und klar gezeigt, daß alle Argumente, die im Kampf gegen den sogenannten Schund und Schmutz, gegen die anstößige Nacktheit und dergleichen vorgebracht werden, nichts als lügenhaft« Phrasen sind, und daß in Wirklichkeit ein ganz anderer Feind oerfolgt wird. Sie haben nicht etwa vor Empörung eins jener illustrierten Schundblätter, auf denen lüstern die lesbische Liebe v:r» herrlicht wird, nicht eine jener widerlichen Nacktdarstellungen, die heute allenthalben auf der Straße ausgehängt werden, in den ver- dienten Schmutz getreten, sie haben das Werk eines Geisteskämpfers beseitigt. Und das ist es, was ihrer Untat den Stempel des Symbo- lischen aufdrückt, was sie in Zusammenhang bringt mit allen jenen Finsterlingen, die sich in Verbrechen gegen den Geist austoben. Die Kunstmörder von Duisburg haben in ihrem rohen Fanatis- mus den Geist als den wahren Feind erkannt Das nackte Weib aus Stein war für sie dasselbe, was das Republikanerabzeichen für die Arensdorfer Hunnen bedeutet. Die Nacktheit, die sich in viehischer Lust austobt, ist nicht gemeint, nicht die Rohheit biersaufender, gröhlender Landsknecht«. Aber gefährlich erscheint ihnen der Ge- danke, der Wahvheitsdrang, der Kampf um den Fortschritt. Da die Menschen im allgemeinen sich immer nur gegen das wenden, was sie unmittelbar bedroht, so wäre die Wut gegen ein Steinbild oder gegen ein Reichsbannerabzeichen unbegreiflich, wenn sie nicht darin Heraus- forderungen gegen ihr eigenstes erbärmliches Wesen erblickten. Die demütig kniende von Lehmbruck war das Symbol, das den frechen Dünkel einer Kaste verhöhnt«, ihre Nacktheit war das Zeichen freien Bekennermutes, das den Affen des ewig Gestrigen, den Clowns unter dem Naskenplunder der Monarchie dos wütig erhitzte Blut durch die
Nürnberg , 1. August. Am Sonntagabend starb in Fürth der Genosse Martin S e g i tz im Alter von 74 Iahren. Am 26. Juli 1853 wurde er in Fürth geboren und lernt« nach dem Besuch der Polksschul« als Zinngießer. Ihm wurde so die Not der kleinen Meister und das Elend der Heimarbeiter wohl bekannt, was für den geistig regsamen und sozialempfindenden jungen Mann bestimmend für seinen weiteren Lebenslauf wurde. Gar bald fand er Anschluß an die empor- strebende freie Arbeiterbewegung. Mit vielem Fleiß studierte er die sozialistisch« Literatur und stand bald in den Reihen der leiten- den Genossen. Bald war er über die Grenzen seiner Vaterstadt Fürth hinaus in der Arbeiterbewegung bekannt und nahm sowohl in der Partei wie in der Gewerkschaftsbewegung Vertrauens- stellungen ein. 1879 kam er zum Fürther Kopfblatt der„Frön- tischen Tagespost," der„Fürther Bürgerzeitung" und einige Jahre darauf in die Redaktion der„Fränkischen Tagespost" nach Nürn- berg. Mit den Genossen Grillenberger und S ch e r m gehörte Segitz zu den Begründern der Metallarbeiter- zeitung. Die Arbeiterschaft hatte unter dem Sozialistengesetz oft genug Gelegenheit, die Tätigkeit Segitz' schätzen zu lernen. Als im Jahre 1894 die Nürnberger Arbeiterschaft daran ging, das erste Arbeitersekretariat in Deutschland zu gründen, wußte sie keinen Geeigneteren für die Leitung dieses wichtigen Institutes als den in sozialpolitischen Dingen so überaus erfahrenen Martin Segitz . Unter seiner Leitung entwickelte sich das Arbeitersekretariat zu einer Mustereinrichtung, die später vielfach nachgeahmt wurde. Als der Bestand des Arbeitersekretariats gesichert war, wurde die Arbeitskraft von Segitz auch für parlamentarische Dienste benötigt und nun trat Genosse Segitz wieder in die Redaktion der„Frän- tischen Tagespost" ein, der er bis zum Herbst 1923 an- gehörte. Im bayerischen Landtag zählte Genosse Segitz mit zu den ersten sozialdemokratischen Abgeordneten. Er gehörte der Kammer 30 Jahre lang an und war in der letzten Zeit ihr Alters- Präsident. In den letzten Monaten hinderte ihn allerdings Krankheit daran, sein Mandat auszuüben. Nach der Revolution hatte Ge- nosse Segitz zuerst das schwierige Amt eines D e m o b i l- machungskommisfars zu verwalten und später stand er sowohl dem Ministerium des Innern wie dem Sozial- Ministerium vor. Dem Reichstag gehörte Genosse Segitz als Abgeordneter des Wahlkreises Fürth-Erlangen-Hersbruck-Lauch vom Jahre 1898 bis 1903 an. Mit der Fürther Parteibewsgung war Segitz verbunden wie kein zweiter. Zwar gehörte er nicht zu den Gründern der örtlichen Parteiorganisation, aber als er Ende der 1860er Jahre zur Parteibewegung stieß, war er bald ihr geistiger Leiter. Als die Parteibewegung in Fürth soweit gestärkt war, daß sie bei Wahlen mit einem eigenen Kandidaten austreten konnte, war es nur ein einziger, der als Nachfolger August Bebels für die Reichstagskandidotur in Frag« kam, Martin Segitz . Auch in den örtlichen Körperschaften war Genosse Segitz als Mitglied tätig. Schon 1893 wurde er in das Gemeindekollegium Fürth gewählt, dessen Mitglied er blieb, bis die neue Gemeindeordnung das Einkammersystem brachte. Die Beerdigung ist auf Mittwoch nachmittag 3 Uhr angesetzt.
Kommunalpolitifche Konferenz. Die Bedeutung des Verhältniffes zur Landwirtschaft. Kassel . 1. August.(Eigenbericht.) Im Gewerkschaftshaus zu Kastel tagte am Sonntag eine kommunalpolitische Konferenz der Partei, die von über 100 Delegierten des Agitationsbezirks Hesten-Kastel besucht war. Die Tagesordnung enthielt als Hauptpunkt ein Referat des Landtagsabgeordneten G«- nosten W i t t i ch, Frankfurt a. M. Genosse Wittich stattete sein Referat mit ungemein reichem Zahlenmaterial aus und gab einen instruktiven Einblick über die Entwicklung der Landwirt- s ch a s t und der Industrie, wobei er besonders auf die Weltwirtschaft- lichen Veränderungen hinwies. Als Hauptaufgabe der deutschen I
Adern jagte. Sie hätten vielleicht lieber mit den Stiefelabsätzen einen Reichsbannermann zertreten, sie haben sich begnügt, das Werk eines freien und wahrhast Schaffenden in Trümmer zu schlagen.
Scheiöungsfitber in Rußland . Die Scheidungen nehmen in Rußland immer mehr zu, wie die letzten Statistiken beweisen, die in der„Krasnaja Gazeta" veröfsent- licht werden. Während der ersten fünf Monate dieses Jahres wurden in Petersburg 9681 Ehen und 7255 Scheidungen in die Register eingetragen. Die entsprechenden Zahlen während derselben Monate 1926 waren 8472 Ehen und 2126 Scheidungen. Während im Jahre 1926 auf je 100 Ehen 26 Scheidungen kamen, hat sich in diesem Jahre der Prozentsatz verdreifacht, so daß er jetzt mehr als 75 Proz. aller Ehen ausmacht. Dieses Scheidungsfieber ist nicht verwunderlich, wenn man die Entwicklung der Ehescheidungsgesetze während der Sowjetregierung berücksichtigt. Seit der Revolution werden immer neue Versuche mit der Vereinfachung der Ehe- schließung und Ehetrennung gemacht. Im Dezember 1917 wurden alle religiösen Zeremonien bei der Ehe verboten und nur die Zivil- trauungen zugelassen. Die kirchliche Heirat, die unter der Zaren- Herrschaft die einzig gültige in Rußland war, wurde durch einen ein- fachen Gesellschaftsoertrag ersetzt. 1925 ging man dann noch weiter und erklärte die Tatsache des Zusammenwohnens zweier Personen verschiedenen Geschlechts für genügend zur Eheschließung. Ueber diese Bestimmung waren besonders die Bauernfrauen aufgebracht und erklärten, daß sie es sowieso schon schwer genug hätten, ihre Männer bei sich zu behalten. Daraufhin wurde die Maßnahme zurückgenommen, aber am 1. Januar 1927 wieder durchgesetzt mit der einzigen Rücksichtnahme auf die Bauernbevölterung, daß es für „wünschenswert" erklärt wurde, wenn sich die Eheschliehenden im Standesamtsregister eintragen ließen. Dies geschieht aber besonders in den Städten nur selten. „Sie sind zusammengezogen" ist der ganz übliche Ausdruck für den Abschluß einer Heirat. Ein junger Mann, der ein junges Mädchen kennen und lieben lernt, bittet sie einfach, zu ihm zu ziehen, es sei denn, daß sie selbst ein größeres Zimmer hat, worauf er sich bei ihr einquartiert. Nur wenn sie beide gewissen Wert auf Acußer- lichkeiten legen, begeben sie sich innerhalb eines Monats auf ein Standesamt und teilen dort ihre Heirat mit. Die Ehescheidung, die ja nach dem kanonischen Recht in Rußland verboten war, ist etwas ganz neues; sie vollzieht sich jetzt in den einfachsten Formen. In der amerikanischen Zeitschrift„Liberty" schildert Elias To- benkin eine solche Scheidung, wie sie allgemein üblich stt. Die Szene ist auf einem Mostauer Standesamt. Ein junges Paar tritt ein und übergibt dem Ehescheidungsbeamten, einem Mädchen von etwa 22 Iahren, seine Personalpapiere.„Etwas über ein Jahr ver- beiratet" stellt diese fest.„Kinder vorhanden?"„Kein Kind," er- klären beide.„Welchen Namen wollen Sie künftig tragen?" wendet sich nun die Beamtin an die Frau.„Meinen Mädchennamen," er- widert diese. Die Beamtin streicht«ine Zeile in einem Buch aus, schreibt etwas auf die Papiere der Frau und die des Mannes, stempelt sie— und die Scheidung ist erfolgt. Solche Scheidungen werden in einem Bormittag viele auf einem Standesamt vollzogen.
Landwirtschast bezeichnete er die Sicherung einer ausreichenden- Volksernährung aus eigener Kraft, wobei er sich gegen die Schutzzoll- Politik der Rechtsparteien wandte und für eine Jntenswerung der Viehwirtschaft eintrat. Uns als Sozialdemokratische Partei müsse es ferner angelegen sein, sich mit aller Kraft für die soziale und kulturelle Hebung des deutschen Bauernstandes einzusetzen. Das Referat fand starten Widerhall. Die Debatte bewies, wie wichtig diese Frage be- sonders in den Parteibezirken ist, die einen starken agrarischen Einschlag aufzuweisen haben. Außer diesem Tagesordnungspunkt wurde noch ein Referat des Kreisdeputierten Genossen P r e ch t über Gegenwartsaufgaben der Sozialdemokratie in der Kommunalpolitik behandelt, wobei in erster Linie rein praktische Beispiele herangezogen wurden. Auch an dieses Referat knüpfte sich eine sehr rege Debatte, aus der hervorging, daß noch mehr als bisher die soziale Kommunalpolitik zielbewußter zu gestalten ist._
vertrauenskunügebung für hörsing. Frankfurt a. M.. 1. August.(Eigenbericht.) In der letzten außerordentlich stark besuchten Versammlung des hiesigen Reichsbanners konnte Bankier Frohmann von der Demo- kratischen Partei unter lebhafter Zustimmung aller Kameraden fest- stellen, daß alle Kameraden, ganz gleich welcher Partei sie ange- hören, ihrem Führer dafür danken, daß er jetzt seine ganze Kraft dem Reichsbanner widmen wolle. Die Versammlung gestaltete sich zu einer machtvollen Vertrauenskundgebung für Otto H ö r s i n g._
Hegen Sie tVleüerkehr von Grchies. Paris bedauert die zwecklose Auseinandcrsetzuug. Paris , 1. August. (Eigenbericht) In Pariser Blättern werden die Auseinandersetzungen über die Ereignisse von O r ch i e s und der scharfe Charakter, den sie in einem Teil der deutschen, besonders der Rechtspresse, angenommen haben, lebhaft bedauert. Sämtliche hiesigen Blätter unterstreichen die völlige Zwecklosigkeit einer solchen Auseinandersetzung. die die guten Beziehungen zweier Völker grundlos wieder zu kom- promittieren drohe. Wo alle derartig schmerzlichen Fragen erhoben werden, sind solche Streitigkeiten nutzlos und gesährlich für den Frieden, schreibt der„Ouotidien". Es handle sich nicht mehr darum. sich über das zu streiten, welche Gründe der einen oder anderen Partei ausschlaggebend gewesen sein mögen, sondern nur darum, durch einen Appell an die Vernunft ihrer Wiederkehr vorzu- beugen._
die gescheiterte Polen -Anleihe. Die Oeffentlichkeit erfährt nichts. Warschau , 1. August. (Mtb.) Die polnische Oeffentlichkeit beginnt immer, mehr, sich mit der mißglückten polnischen Anleihe zu beschäftigen. Bor allen Dingen wird verlangt, daß die Oeffentlichkeit über die Lage der Dinge aufgeklärt werde. In Finanzkreisen wird behauptet, daß die Erklärung der Regierung, die Lage in Amerika sei für jede Auslandsanleihe ungünstig, nicht den wahren Grund für den Abbruch der Anleiheverhandlungen bilden könne, denn inzwischen seien andere Anleihen in Amerika zustande gekommen, so z. B. die dänische Anleihe._
Goethe-Bünde gegen Reichsschulgeseh und Konkordat. Den Mit- gliedern des Reichsrats und des Reichstags ist ein von den Goethe- Bünden in Berlin , Bremen (Vorort), Breslau , Delmenhorst , Dresden und Stuttgart unterzeichneter Einspruch gegen Reichsschulgesetz und Konkordat zur Kenntnis gebracht worden. Das isländische Parlament. Das endgültige Ergebnis der Wahlen zum isländischen Alching liegt nunmehr vor. Es erhielten die Sozialisten 6080 Stimmen und 4 Sitze(bisher 2), die Konservativen 13. die Bauernpartei 17, die Liberalen 1, die Unab- hängigen 1.
Die Gründe brauchen nicht angegeben zu werden. Der Staat hat nur an den etwa vorhandenen Kindern Interesse, für deren Er- Ziehung einer der beiden Ehepartner sorgen muß. Die Zustände sind soweit gediehen, daß sich viele Moskauer Damen mit jeder neuen Jahreszeit einen neuen Mann zulegen; besonders verlassen junge Frauen ihre älteren Männer, während wieder ältere Herren sich von ihren Frauen trennen, um jüngere schöne zu heiraten. Gegen diese Seuche der Scheidungen gibt es kein gesetzliches Mittel, aber doch immerhin ein gesellschaftliches. Die Frauen schließen sich zu- sammcn und boykottieren den Mann, der seine Frau schlecht behau- delt oder verläßt. Ein solcher findet dann keine andere Frau. Aber das ist natürlich nur in kleineren Gemeinden, besonders unter den Bauern, möglich, nicht in den großen Städten.
hinter rasenöen Motoren. Es genügt nicht, als Besucher auf der Tribüne gesessen zu haben. das Rennprogramm vor sich, in der Hand das Fernglas, um den angenehmen Nervenkitzel des wahnsinnigen Kampfes um den Rekord zu fühlen— es genügt auch nicht, neben den donnernden, keuchenden Motoren gestanden und eine ölschmutzige Hand mit den besten Wünschen zur Fahrt gedrückt zu haben— erst wenn man selbst ein- mal in einem jagenden, rasenden Fahrzeug gesessen ist— wenn alles Denken sich auf das schmale graue Band der Bahn dort vor dem Kühler konzentriert und der Zetter des Taxometers vorwärtsrückl, langsam stetig— erst dann versteht man die Schönheit dieser Tollheit. An jeder Kurve, an jeder Kreuzung hockt der Tod und lauert. Aber daran denkt man nicht. Fühlt nur die Gefahr— fühlt die Maschine, die hämmert und klopft und faucht— fühlt, wenn sie nach- läßt, wenn sie hungrig ist— fühlt, wenn sie steigt in der Leistung— man fühlt, selbst zur Maschine geworden— die letzte Verbindung zwischen Wille und Motor-- Kurve um Kurve. — Die Spannung der Nerven ist ein klammern- der Griff.— Ah— man müßte schreien können— schreien gegen die Spannung— aber dann ist es ja vorbei— dann ist die Kraft fort— die Kompression des Willens. Kurve um Kurve-- der Zetter des Taxometers fällt zurück— hinten rast und donnert der zweite Wagen— nicht umsehen, weiter — weiter— qualvolles Weiter— jagen-- Gas... Gas... l Und wieder Kurve. Und wieder sitzt dort der Tod und grinst. Und wartet. Aber daran denkt man nicht. Eine Maschine denkt nicht-- Gas--- Gas--- n Stunde um Stund « vergeht. Runde um Rund«. An den Tri- bünen vorbei— deren Menschen zu einem grellen Farbenchaos ver- schwimmen. Ein« Fahrt ohne Ziel-- auf einem heimtückischen schmalen silbergrauen Band. Bis ein Reifen platzt— bis der Tank leergssoffen ist. Das sind dann jagende Sekunden— eine Zigarette— keine Hand ist schnell genug. „Los— rasch—?" „Und wenn sich die Schraube lockert?" Rein— nein— nein.— Sie lockert sich nicht— nein.— Und