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Nr. 364 44. Jahrg. Ausgabe A nr. 186

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Donnerstag, den 4. August 1927

Deutsche   Sprengstoffe in China  .

Chinesen beschlagnahmen eine deutsche   Munitionsladung.

Schanghai  , 2. Auguft.( Reuter.)

Die Abteilung der chinesischen   Marine, die die Durchsuchung des deutschen Dampfers Bertram Rickmers" am 20. Juli vor­genommen hat, hatte in dem Dampfer 2950 Riften Dynamit, 105 Kisten 3ündhütchen und 50 Kisten Rateten entdeckt und von Bord entfernt. Der Dampfer, der nach Zeitungsmeldungen freigegeben worden sein soll, ist noch unter Beschlagnahme. Da­gegen ist ein anderer deutscher Dampfer Münsterland  " frei gegeben worden, nachdem eine Lokomotive und ,, anderes Kriegsmaterial" an Bord des Schiffes beschlagnahmt worden war. Anmerkung des WTB.: Wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, handelt es fich dabei um 2200 Kisten Gelinit, 105 Kisten Zündhütchen, 40 Kisten Zünschnur, 100 Faß schwarzes Sportpulver, die die für eine deutsche und eine amerikanische   Firma in Korea   bestimmt waren, sowie um

500 Riften Gelignit, 10 Riften Nivelit, 250 Faß schwarzes Sport­pulver für eine deutsche und eine amerikanische   Firma in Kobe. Diese Ladung war in Wujung bestimmungsgemäß in Leichter über­geführt worden und sollte nach Löschung der Schanghaier Ladung wieder an Bord genommen werden. Gegen die Behauptung der Schanghaier Lokalbehörde, daß die Sprengstoffe Kontre­bande seien, hat das deutsche Generalfonfulat in Schanghai   nach­drücklich Protest erhoben. Die Verhandlungen sind noch nicht ab­geschlossen.

An dieser Meldung und dem Kommentar des Auswärtigen Amtes dazu ist nur das eine flar: Daß deutsche Dampfer nach Ost­afien Sprengstoffe transportieren und daß diese Transporte mit Kenntnis der Berliner   Amtsstellen geschehen. Während es sich bei den noch vor wenigen Monaten gemeldeten Transporten um tschechische Munition gehandelt hatte, wird diesmal über die allerdings wichtige Frage, wo die Sprengstoffe hergestellt worden sind, ge, chwiegen. Wir möchten bis zum Beweis des Gegen­teils noch annehmen, daß es sich auch bei der Ladung der Bertram

"

Letzte Verständigungsversuche. Amerika   prüft den Vorschlag eines ,, Baufeiertages". New York  , 3. August.  ( Reuter.) Staatssekretär Kellogg   ist augenblicklich dabei, den japani­schen Borschlag einer genauen Prüfung zu unterziehen, in der Hoffnung, daß dieser Vorschlag zumindest die Grundlage für ein Abkommen über eine vierjährige Flottenbaupause

bilden werde.

Londoner   Instruktionen nach Genf  .

London  , 3. Auguft. Reuter meldet, daß an die britischen Delegierten in Genf   ein längeres Telegramm gerichtet worden sei, das für die morgige Bollfizung Instruktionen enthält. Borher hatte eine außer ordentliche Kabinettssigung stattgefunden.

Kandidiert Coolidge   nicht mehr?

Ein plöhlicher Verzicht.

Bräsident Coolidge   hatte in Rapid City   die Pressevertreter erfucht, ihn aufzusuchen. Bis unmittelbar vor der Konferenz hatte der Beamten st ab des Präsidenten nicht die geringste Renntnis von dem Bevorstehenden. Als die Pressevertreter im Arbeitszimmer des Präsidenten erschienen waren, trat Coolidge   an das Ende eines langen Tisches, forderte die Pressevertreter auf, sich in einer Reihe aufzustellen und sagte: Ich habe eine kurze Erklärung für Sie. Jedem Pressevertreter wurde darauf die mit Schreibmaschine auf fleinem Blatt geschriebene Er­flärung übergeben. Als sie das Blatt entfalteten und hinein­fahen, malte sich lebhaftes Erstaunen auf ihren Gefichtern. Coolidge   teilte nämlich mit, daß er für 1928 nicht zu kandidieren beabsichtige. Die Zeitungsvertreter fragten darauf, ob Coolidge  irgendeine Erläuterung dazu abzugeben habe, was Coolidge   ver. neinte. Anhänger des Präsidenten betonten später, daß die Tür zur Nominierung Coolidges durch seine Erklärung noch nicht geschlossen sei.

Als Kandidaten werden Dames und Hoover genannt.

New York  , 3. Auguft. Hoover, der infolge Coolidges gestriger Erflärung als eventueller Präsidentschaftskandidat bezeichnet worden ist, erklärte in Palo Alto  ( Kalifornien  ): Ich bedauere den in der Erklärung des Präsidenten angekündigten Entschluß. Ich glaube aber noch immer, daß Coolidge   wieder nominiert und wieder gemählt werden sollte, wie ich das vor 14 Tagen in Chikago gefagt habe

Rickmers" nicht um deutsche Fabritate gehandelt hat. Das amtliche Schweigen über die Herkunft der Sprengstoffe läßt aber jeder Auslegung Tür und Tor offen. Das kann aber gegenüber den Vertragspartnern von Versailles   böse Folgen haben.

Den

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Wer trägt die Steuerlast?

Steigerung der Maffenbesteuerung.- Rückstand der Vermögensstener.- Erstattungen bei der Lohnsteuer. Die Finanzstatistik schafft Klarheit! Bon Dr. Paul Herz.

Seit vielen Jahren unterschäßt die Reichsregierung die Einnahmen aus den Massensteuern, überschätzt aber die Ein­nahmen aus den Besitzsteuern. Es fällt schwer, dabei an einen Aber auch gegenüber dem chinesischen   Volke ist die Wiederholung Zufall zu glauben, zumal nie die Absicht erkennbar wurde, zu­solcher Transporte eine unverzeihliche Kurzsichtigteit. perlässiger und einwandfreier zu schäzen. Auch im Etatsjahr gleichgültig, ob sie den Generälen des Nordens oder der National Jahren. Es liegen jetzt die Ergebnisse der Ein­Waffenhändlern und schiebern ist es natürlich völlig 1927 bahnt sich dieselbe Entwicklung an wie in den früheren armee des Südens Kriegsmaterial gegen ihre Gegner liefern. Dem nahmen des Reiches aus Steuern und Zöllen für das auf Politik an. Die Bestimmungsorte der Transporte jedoch, Korea   In dieser Zeit betrug der Gesamtbetrag der Steuern 1925 Mil­internationalen Waffenhandel kommt es auf Profite und nicht erste Quartal( April bis Juni) des Rechnungsjahres 1927 vor. Ladungen für die Nordarmee bestimmt waren. Wenn dem aber ein Weniger von 12 Millionen. Trotzdem haben die Massen­und der südjapanische Hafen Kobe, lassen darauf schließen, daß die lionen gegenüber einem Voranschlag von 1937 Millionen, also so ist, so ist es nicht nicht erfindlich, warum das Sprengmaterial unter- Steuern( Lohnsteuer, Umsatzsteuer, Zölle und Verbrauchsab­wegs in dem Vorhafen von Schanghai   auf Leichter umgeladen und dann bestimmungsgemäß" wieder in das Schiff zurückgeladen

werden sollte. Gerade bei so gefährlichem Material vermeidet man unnötiges Hin- und Hertransportieren, so sehr man irgend fann. Hätte die Umleitung auf Leichter nicht gerade im Schanghaier Gebiet statt­gefunden, so wäre alles klar: die für die Nordarmee bestimmte Mu­nition wäre auf Leichter gebracht worden, um dann gestohlen" und den eigentlichen Empfängern zugeleitet zu werden. Dies aber erscheint in diesem Falle nicht wahrscheinlich, weil Schanghai   mitsamt seiner Umgebung in sicherem Besize der Nationalarmee ist, wie ja auch die Beschlagnahme gezeigt hat.

Aber wie dem auch sei: Mit deutschen Dampfern werden aus oder über Deutschland   Sprengstoffe nach Ostafien transportiert. Diese Transporte bringen das deutsche   Bolt bei der chinesischen  Nationalbewegung in den berechtigten Verdacht, ihre Gegnet mit Kriegslieferungen zu unterstützen. Das ist ein Zustand, dem endlich ein Ende gemacht werden muß. Es geht nicht länger an, daß die Profitgier einzelner die Position | Deutschlands   vor den erwachenden Völkern Ostasiens   mindert!

Der deutsch  - französische Vertrag. Serruhs über die Wirtschaftsverhandlungen. Paris  , 3. Auguft.

Die Information" veröffentlicht heute Ausführungen des Wirt schaftsdirektors im Außenministerium, Serruys, über die deutsch  - französischen Wirtschaftsverhandlungen, bei denen er bekanntlich eine maßgebende Rolle spielt. Darin be­zeichnet Serruns dic Berhandlungen als außerordentlich schwierig. Es sei bisher noch nicht gelungen, alle Schwierigkeiten zu über­brüden. Es wäre leichter, zu fritifieren, als über so delitate und verwickelte Gegenstände zu verhandeln, da jedes Zugeständnis der einen Seite, Gegenforderungen der anderen Seite hervorrufen müsse. tung weit über die deutsch  - französischen Wirtschaftsbeziehungen Das in Vorbereitung befindliche Abkommen gehe in seiner Bedeu­hinaus, da es Kardinalprobleme der französischen   Birt schaftspolitik berühre. In großen Zügen könne das Abkommen folgendermaßen charakterisiert werden:

gaben) statt der veranschlagten 1192 Millionen den Betrag von 1216 Millionen erzielt, alfo 24 Millionen mehr. Einem Rückgang der Betriebssteuern von 36 Millionen steht also eine Bunahme der Massensteuern von 24 Millionen gegenüber.

Sind diese Abweichungen gegenüber dem Voranschlag auch nicht sehr erheblich, so sind sie dennoch als Symptome be­deutungsvoll. Die Umsatzsteuer hat in diesem Quartal einen Minderertrag von fast 80 Millionen gehabt, auch die Lohn­steuer hat einen größeren Ertrag aufzuweisen, als er ausge­300 Millionen aus der Lohnsteuer muß man die Erstattungs­miesen wurde. Denn zu den ausgewiesenen Einnahmen von beträge hinzurechnen, die in diesem Quartal etwa 20 Millionen Quartal die Einnahmen aus Massensteuern erheblich höher betragen haben. Beides läßt erkennen, daß im nächsten sein werden. Umgekehrt ist es aber zum Beispiel bei der Ver­mögenssteuer. Sie hat in diesem Quartal 116 Millionen ge­bracht. Darin steden aber 20 bis 25 Millionen aus rückstän­digen Vermögenssteuern des Vorjahres. Man kann aus alle­dem folgern, daß die nächsten Monate eine noch ungünstigere Entwicklung des Verhältnisses zwischen Besitz und Massen­steuern ergeben werden, d. h. also: bereits die gegenwärtige Gesetzgebung entlastet den Besitz und steigert die Lasten aus Arbeitseinkommen und Verbrauch.

3wei Sicherungen gegen zu geringe Be­lastung der Vermögen und zu hohe Belastung der Arbeitseinfommen sieht die Steuergesetzgebung Dor.

Der Gesamtertrag der Vermögenssteuer des Jahres 1926 war auf mindestens 400 Millionen festgesetzt wor­den. Falls diese Summe nicht erreicht wird, soll die Ver­mögenssteuer nachträglich um den Fehlbetrag erhöht werden. Da im Rechnungsjahr 1926 nur 359,3 Millionen eingegangen find, so ist also noch ein Rest von 40,7 Millionen zu erheben. Auf sozialdemokratischen Antrag hat der Steuerausschuß des Reichstages beschlossen, daß zur Durchführung dieser Nach­erhebung der Vermögenssteuer im Herbst ein besonderes Ge­set erlassen wird.

1. Die vorläufigen Abkommen zwischen Deutschland   und Frankreich   seien nur Teilabtommen gewesen, die nicht alle Industriezweige betroffen hätten, während das neue Abkommen fich auf alle 3weige der industriellen Produktion beider Länder erstrecke. 2. Deutschland   und Frankreich   hätten sich in dem neuen Ab- stattungen) betrugen in der gleichen Zeit: Januar 103,6, fommen gegenseitig die tatsächliche me i st begünstigung zuzu gestehen bemüht.

3. Das neue Abkommen umfasse alle diejenigen Bestimmun­gen, die gewöhnlich den Inhalt von ständigen Handels­verträgen ausmachen. Auf diese Weise tönnte das gegenmärtig behandelte Abkommen, falls die Umgestaltung der Zolltariffäße allen Bedürfnissen gerecht werden sollte, zu einem endgültigen Handelsvertrag umgestellt

werden.

Zusammenfassend erklärte Serruns, daß das neue deutsch  französische Wirtschaftsabkommen, das in weitestem Maße von den Ideen der Genfer   Wirtschaftstonferenz beeinflußt worden sei, ihm die erste Verwirklichung der allgemein erhofften 3ollentspannung zu bedeuten scheine.

Daudet   entwischt.

Trotz aller Polizeimaßnahmen über die Grenze. Paris  , 3. Auguſt.

Die Action Française" gibt heute abend bekannt, daß Leon Daudet  , geleitet von Camelots du Rois, sich nach Belgien  begeben hat, um dort mit seiner Familie einige Wochen in der Sommerfrische zuzubringen. Bereits am Montag feien fämtliche Maßnahmen hierzu getroffen worden. Weder die auf den Straßen Frankreichs   ausgeübte leberwachung, noch die strenge Bewachung, die die Sicherheitspolizei auf den franzöfifchen 30llämtern organisierte, hätten seine Reise verhindern können.

Der Gesamtertrag der Lohnsteuer ist gesetzlich auf höchstens 100 Millionen monatlich begrenzt. Wenn in sechs aufeinanderfolgenden Monaten dieser Betrag überschritten wird, muß eine Ermäßigung der Lohnsteuer erfolgen, und zwar durch Erhöhung der Freigrenzen und der Familien­ermäßigungen. Im ersten Halbjahr 1927 hat die Lohnsteuer folgende Brutto erträge erzielt: Januar 112,4, Fe­bruar 95,2, März 98,1, April 102,4, Mai 105,7, Juni 108,6 Millionen. Die Netto erträge( nach Abzug der Rücker­Februar 79,7, März 81,4, April 91,8, Mai 100, Juni 108,4 Millionen. Es ist anzunehmen, daß im zweiten Halbjahr der Ertrag der Lohnsteuer ebenfalls über 100 Millionen monat­lich betragen wird. Selbst wenn man also nur die Netto­erträge zugrunde legt, so muß spätestens mit Wirkung vom 1. Januar 1928 ab eine wesentliche Senkung der Lohnsteuer erfolgen.

Daß bei der Vermögenssteuer ein Mindestertrag und bei der Lohnsteuer ein höchstertrag vorgesehen sein, gehört zu den wichtigsten neueren Tatsachen im deutschen Steuerwesen. Beide Bestimmungen mußten der bürgerlichen Mehrheit des Reichstags in zähem Kampf abgerungen werden. Daß das aber gelang, ist ein Beweis dafür, daß man weder dem Fiskus den Schutz vor zu geringen Leistungen der Ber­mögenspflichtigen versagen konnte, noch dem Lohnsteuer­pflichtigen den Schutz vor zu hohen Zahlungen.

Durch die Besteuerung des Lohneinkommens an der Quelle sind nämlich mehr Zahlungen an Lohnsteuer überaus häufig. Eine zu hohe Zahlung bei der Lohnsteuer liegt immer dann vor, wenn infolge Verdienstausfalls die steuer­freien Beträge nicht oder nicht voll berücksichtigt worden sind. Für das Jahr 1925 find infolgedessen an 3 bis 4 Millionen Lohnsteuerpflichtige Rückzahlunen erfolgt, die den Gesamt­betrag von 53,6 Millionen Mart erreicht haben. Für das Jahr 1926 find in den sechs Monaten Januar bis Juni 1927 58,4 millionen Lohnsteuer erstattet worden. Beide Schutzbestimmungen bei der Lohnsteuer erweisen sich also als