�rbeitsmarkt und Sozialverstcberung. Was geschieht mit den Arbeitsbeschränkten und Arbeitsunfähigen. Zlnhflltenden Rückgang der Arbeitslosigkeit ver- künden seit Monaten die amtlichen Ausweise über die Zahl der Unterstützungsempfänger in der Erwerbslosensürsorge und Krisen- sürsorge. Kein Zweifel: die Lage des Arbeitsmarkles hat sich erheb- lich gebessert— leider jedoch bei weitem nicht so. wie die amtliche Statistik uns einzureden oersucht. Trotz Hochkonjunktur besteht immer noch eine Arbeitslosigkeit, die an Umfang und Dauer alles früher Erlebte weit in den Schatten stellt.� Wiederholt haben wir an Hand amtlicher statistischer Unterlagen das näher beleuchtet. Die Veränderung in der Zusammensetzung des Arbeitslosenheeres spiegell nicht nur eine Tragödie auf dem Arbeitsmarkt wider, sie stellt uns auch vor bestimmte sozialpolitische Aufgaben. Um diese Aufgaben zu erkennen, gilt es, zunächst den Tat- bestand zu erforschen. Die Reichsarbeitsverwaltung läßt zurzeit durch die öffentlichen Arbeitsnachweise ein« Erhebung in der Krisenfürsorge durchführen. Es ist anzunehmen, daß durch diese Erhebung wichtige Anhaltspunkte für die Beurteilung dieses Teils der Unterstützungsempfänger gewonnen werden. Welche Zwecke das Reichsarbcitsministerium und die Regierung des Bürgerblocks mit dieser Erhebung verfolgen, ist zunächst noch ins Dunkle gehüllt. Wahrscheinlich sollen die Ergebnisse zu einem neuen Vorstoß gegen die Krisenfürsorge dienen. Zu dieser Schlußfolgerung komnit man, wenn man sich der bisher vergeblichen Versuche eines direkten Abbaues der Krisenfürsorge erinnert. Auch die Ausführungen des Reichsarbeitsministers über eine unstatthafte Ausnutzung der Irisenfürsorge in der Sitzung des Reichstagsaus- schusfes für soziale Angelegenheiten am 2. Mai reden nach dieser Richtung eine deutliche Sprache. Einer solchen rein negativen Einstellung muß man von vornherein mit allem Nachdruck entgegentreten. Wenn der Reichsarbeitsminister bei seinen Darlegungen im Reichstage be- sonders betonte, daß es sich nach den bisherigen Feststellungen bei den Unterstützungsempfängern in der Krisenfürsorge vielfach um nicht vollarbeitsfähige Personen handelt, so sollte auch das zu einigem Nachdenken Anlaß geben. Man beseitigt den hier vorliegenden sozialen Notstand nicht durch eine Entziehung der Krisenunterstützung. Damit vermindert man zwar die Z a h l der Unterstützungsempfänger und schont die Finanzen des Reichs, kehrt sich aber den Teufel daran. ivas aus diesen Opfern der kapitalistischen Ausbeutung wird. Die Bezirksfllrsorgeverbände mögen sich dieser Bedauerns- werten annehmen, sie sind ja aus Grund der allgemeinen Fürsorge dazu da. Im gleichen Atemzuge schimpfen Bürgerblock und Unter- nehmer aber über die. hohen sozialen Aufwendutzgen der Gemeinden, obwohl die Bezirksfürsorgeoerbände bei weitem nicht das Notwendige tun. Diese widerwärtige Heuchelei wird gekrönt durch die geplante weitere Einschränkung der finanziellen Selbständigkeit der G e m e i n d e n. Durch die eingeleitete Erhebung soll auch festgestellt werden. inwieweit auf Grund einer ärztlichen Untersuchung Boll- arbeitsfühigkeit, Arb�itsbeschränkung oder A r- beitsunfähigkeit vorliegen. Da ist zunächst darauf hinzu- weisen, daß das geltende Recht eine solche Unterscheidung überhaupt nicht kennt. Die Unterstützung ist arbeitsfähigen Erwerbslosen zu gewähren. Den Beweis ihrer Arbeitsfähigkeit haben sie erbracht durch eine krankenversicherungspflichtige Beschäfti- gung, die sie vor Eintritt der Erwerbslosigkeit ausgeübt haben nufssen. Auch das neue Arbeitslosenversicherungsgesetz, das am t. Oktober in Kraft tritt, kennt nur eine Arbeitsfähigkeit. Danach ttt arbeitsfähig, wer imstande ist, durch eine Tätigkeit, die seinen Kräften und Fähigkeiten entspricht und ihm unter billiger Berück- sichtigung seiner Ausbildung und seines bisherigen Berufes zu- gemutet werden kann, wenigestens ein Drittel dessen zu er- werben, was geistig und körperlich gesunde Personen derselben Art mit ähnlicher Ausbildung in derselben Gegend durch Arbeit zu verdienen pflegen. Soweit nach dem gegenwärtigen wie künftigen Recht die Ar- beitsfähigkeit zu bejahen ist, bleibt der Sorge um den notwendigen Unterhalt für die Arbeitslosen eine Aufgabe der Träger für die Durchführung des Arbeitslosenschutzes. Wenn die Unterbringung von Arbeitslosen, die nicht mehr voll leistungsfähig sind, Schwierig- keiten macht, so erwachsen hier der Arbeitsmarktpolitik besondere Aufgaben. Das freie Spiel der Kräfte erweist sich eben auch hier als unfähig zur Beseitigung sozialer Not- stände. Di« Einstellung der Arbeitskräfte kann dann ebenfalls nicht länger der Willkür der Unternehmer überlassen bleiben. Noch wichtiger ist jedoch, durch vorausschauende Sozialpo- l i t i k der Verminderung der Arbeitsfähigkeit entgegenzuwirken. Hier fällt der Sozialversicherung eine große Aufgabe zu, wie auch ihrer Sorge das Wohl der Arbeitsunfähigen anvertraut ist. Unter den gegenwärtigen Unterstützungsempfängern in der Krisenfür- sorg« befinden sich nach den Erklärungen des Reichsarbeitsministers viele Rentenempfänger. Bei den kümmerlichen Renten, die insbesondere die Invalidenversicherung zahlt, müssen diese Renten- empfänger selbst bei noch so gesunkener Arbeitsfähigkeit als Ar- beitsangebot auf dem Arbeitsmarkt erscheinen, weil mit der küm- merlichen Rente einfach nicht auszukommen ist. Die Erfahrung lehrt tagtäglich, daß die ergänzend« öffentliche Fürsorge ebenfalls keine wirkliche Abhilfe schafft. Für die Arbeitsunfähigen ist das ein ganz unhaltbarer Zustaiid. Sie hoben ei» An- recht darauf, daß endlich jener Artikel 161 der Rcichsverfassung in die Wirklichkeit umgesetzt wird, der zur Erhaltung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit, zum Schutz der Mutterschaft und zur Vorsorge gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Schwäche und Wechsel. fällen des Lebens die Schaffung eines umfassenden Versicherungs- wesens unter maßgebender Mitwirkung der Versicherten verspricht. Bis dahin müssen die Renten in allen Zweigen h�r Sozialversicherung so bemesien werden, daß sie ein menschenwürdiges Dasein ermöglichen. Spiele nicht mit Schießgewehr... ... den« das ist Staatsgefährdung! Man schreibt uns: In Tannroda bei Weimar wurden vor längerer Zeit bei Aufräumungsarbeiten in einer Fabrik, verpackt in einen Sack. Massen gefunden: ein Militärgewehr(ohne Schloß) mit 220 Patronen, eine Pistole mit vier Sprengkapseln. Auf dem Sack stand der Name Scharf. Es gehörte daher kein be- sonderer Spürsinn dazu, den Sozialdemokraten, Vorsitzenden des Ortskartells, Scharf in Tannroda mit den Waffen in Verbindung zu bringen. Die weiteren Nachforschungen ergaben dann folgenden Tatbestand: Ein inzwischen nach Amerika ausgewanderter und ver- storbcner Arbeiter hatte nach dem Kapp-Pntsch ein Gewehr und Patronen auf dem Felde vergraben. Al» er Deutschland verließ, teilte er dem Arbeiter Bachner mit, wo er diese Sachen versteckt hatte. Bachner und Scharf haben alsdann im Frühjahr 1y?4 die Waffen ausgegraben und zunächst in die Wohnung des Scharf gebracht, bis dieser im Herbst 192i zur Kur verreisen mußte, Dam»
Mit dem Rücktritt von Tan Ping-San, dem Leiter des politi- schen Bureaus der Chinesischen Kommunistischen Partei und Land- wirtschaftsminister sowie von Ehen Tu-Shiu, dem Arbeitsminister und Sekretär der Chinesischen Kommunistischen Partei von der Hankauregierung, ist in der chinesischen Revolution eine neue Wendung eingekrelen. Im Widerspruch zu den Weisungen der Komintern sind die chinesi- schen kommunistischen Führer viel weiter gegangen, als es von Moskau aus gewünscht war. Ihr voreiliger Versuch, Arbeiter- und Bauernräte unabhängig von der Kuomintangregierung zu schaffen, die gewaltsame Enteignung der Familien der Soldaten und Offiziere, die in der Nationalarmee an der Front Dienst leisten, und andere radikale Maßnahmen örtlicher Natur in den Provinzhaupfftädten, hat die Stimmung gegen eine politische Zusammenarbeit der Kuomintang und der Chinesischen Kommunistischen Partei wesentlich gestärkt. So konnte es zu. dem Staatsstreich des Generals Ho Chien in Hankau kommen, der mit der Auflösung und der Erneuerung der Arbeiter- und' Bauernverbände in Wuan endete. Der Abmarsch der kommuni st i schen Mitglieder aus der Hankauregierung und der Rücktritt von Dr. Hfu Chien von dem Amte des Justizministers der Hankauregierung dürften voraussichtlich mit Hilfe von Feng Iu-Hfiang, der Nanking wie Hankau die Notwendigkeit des Zusammenschlusses predigt, den Weg für die Versöhnung der politischen Führer beider Richtungen bereiten. Schon wurde berichtet, daß Verhandlungen für einen Waffenstillstand zwischen den beiden Nationalnrmeen im Gange sind, damit sie wirksamer den Feldzug gegen Tschangsolin durchführen können. Aber diese Meldung stimmt mit den neuesten Berichten nicht überein. Sie sprechen von einer bevorstehenden Entscheidungsschlacht zwischen der Hankau- und Nankingarmc« wegen her Herrschaft über das Iangtfe-Tal. Tatsächlich ist jedoch die Entsendung des Generals Chang Fa-Kwei mit seiner bekannten„Eisernen Armee" nach Kiu- kiang, von wo aus er Nanking bedroht, nur ein Versuch, den Rücktritt Tschiangkaischeks zu erzwingen. Seine hervorragende Rolle im Rate der Nankingregierung ist zweifellos das Haupthindernis für die Zusammenarbeit zwischen Hankau und Nanking . Alles weist jedenfalls darauf hin. daß Tschiangkaischeks Lage schwierig ist. Sein« Armeen sind mit Hantauagitatoren durchsetzt, die gegen ihn mit der Behauptung vorgehen, daß er eine Stellung an sich gerissen habe, die nur der Kuomintangpartei gehöre. Es kommt hinzu, daß feine Versuche, von dem christlichen General Feng Pu- Hsiang diese zu erhalten, keine sichtbaren Ergebnisse gehabt haben, und während Chang Fa-Kweis Truppen voller revolutionärer Be- geisterung sind, kann Tfchiangkaischek nicht mehr auf die unbedingt« Treue seiner Anhänger rechnen. Würde er im Felde geschlagen, so dürfte die Hankauregierung nur wenig Schwierigkeiten haben, ihr« Autorität über das ganze nationale China herzustellen. So kann das Ende Tschiangkaischeks als eines wesentlichen"Fak- tors der chinesischen Revolution bald erwartet werden. Höchstwahr- scheinlich wird der Streit um ihn jedoch durch eine V e r e i n b a- r u ng der beiden Richtungen beendet, wobei, wie schon in früheren Fällen. Tschiangkaischek einen unbegrenzten Urlaub er-
halten dürfte. Diese Annahme setzt allerdings voraus, daß Feng Pu-Hsiang, der jetzt in Honan ist, der Kuomintangpartei treu bleibt. Es hat neuerdings merkwürdige Gerüchte und Gegengerüchjc über ihn gegeben. Aber insgesamt betrachtet, sieht es so aus, als ob die Be- richte über seinen Abfall falsch sind und er seine unabhängige Haltung nur aus taktischen Gründen anwendet, um seine Rolle als Vermittler beibehalten zu können. Wollte man ihn als einen bloßen Opportu- nisten betrachten, der seine Zeit abwartet, bis er selbst alle Macht an sich reißen kann, so hieße das die Grundzüge der chinesischen Re- volution übersehen, deren hervorstechendster Zug die Geltung der Prinzipien Sunyotsens im chinesischen Volks- körper ist. Mit der Beseitigung der umstrittensten Persönlichkeiten aus den Regierungen von Hankau und Nanking wird der Weg zu einer Wiedervereinigung der kuomintangführer sicherlich frei. Bis dahin muß man sich aber vor Augen halten, daß sich die Meinungsverschiedenheiten nicht auf die nationalen Führer beschränken. Sie sind noch schärfer zwischen den nörd« liehen Armeeführern, die im Augenblick nicht durch grund- sätzliche politische Ziele, sondern nur aus militärischen Gründen zu- sammengehalten werden. Das Bündnis zwischen Tschangsolin, Sun Chuan-Fang und Chang-Chung-Tsong ist zum Beispiel nur plato- nischer Art; es wäre ohne die Unterstützung der A�stmächte nicht möglich. Die Unzuverläfsigkeit ihrer Armeen ist sprichwörtlich ge- worden. Ein allgemeiner Aufstand der Bevölkerung wegen ihrer Mißwirtschast wartet nur auf den geeigneten Augenblick. Von den drei Kriegsherren scheint Tschangsolin am sichersten zu stehen. Trotz seiner Wahl zum Generalissimus der Nordannee ist jedoch seine Lage recht gefährdet. Seit seinem Eingreisen in die chinesische Politik nach Feng-Pu-Hsiangs Staatsstreich 1321 schwindet der frühere Wohl st and seiner mandschurischen Be- Völker ung dahin; das hat Unruhen und Unzufrieden- heit zur Folge. Außerdem hat die übermäßige Ausgabe der Gelder für das Militär die mandschurische Wirtschaft in Unordnung geraten lassen und seine willkürlichen Hinrichtungen von Kauslcuten und Finanzleuten haben nicht nur die öffentliche Meinurch aufge- bracht, sondern auch die japanische Unterstützung wankend gemacht, durch die er seine jetzige Stellung überhaupt erst erlangt hat. Inzwischen hat sich unter der Führung des Generalstabchefs von Tschangsolin eine neue Partei gebildet. Sie will Tschangsolin zum Rücktritt zwingen und an seine Stelle dessen Sohn Chang Hsueh-Liang setzen, damit die mandschurische Partei die Nationalflagge und Sunyotsens Grundsätze annehmen kann. Schon waren geheime Verhandlungen zwischen Pang-Pu-Iing und Tschiang- kaischeks Abgesandten im Gange, während ein Staatsstreich gegen ihn vorbereitet wird. Diese Verhandlungen sind anscheinend vorläufig ins Stocken geraten. Aber die Tatsache, daß sie stattgefunden haben, zeigt, daß Tschangsolin keine wirkliche Macht mehr Hot. Nur weil die nationalen Führer zurzeit mit sich selbst beschäftigt sind, bleibt ihm vorläufig die völlige Vernichtung erspart. Aber trotz dieser ganzen unerquicklichen Ereignisse wächst der revolutionäre Geist der chinesischen Massen unaufhaltsam und von diesem Machtfaktor wird letzten Endes Chinas Schicksal end- gültig bestimmt werden. T'ang Leang-Li.
hat der Vater des Scharf, nachdem Dachner noch aus e'genern Besitz die Sprengkapseln dazugetan hatte, alles in einen Sack verpackt und in der Fabrik, in der er arbeitete, versteckt. Auf Grund dieses Sachverhaltes wurde gegen die drei beteilig- ten Sozialdemokraten ein Strafverfahren eingeleitet, das -vor einigen Tagen vor dem Amtsgericht Blankenhain zur Eni» scheidung gelangte. Dabei stellte sich heraus, daß der Ober- staatsanwalt Luge in Weimar die Verantwortung trug für die gegen die drei Sozialdemokraten erlassenen Strafbesehle aus je 2 Monate Gefängnis. Es handelt sich hier um den gleichen Staats- anwalt, gegen den jetzt ein Verfahren schwebt, weil er den Staatsanwaltschaftsrat Floel der Strafverfolgung wegen Meineides und Urkundenfälschung entzogen hat. Wenn es nach Oberstaats- anwalt Luge gegangen wäre, wären die Strafbefehle noch schär- f e r ausgefallen. Er hatte nämlich in die Akten die Anweisung geschrieben, daß Strafbefehle von etwa 3 Monaten erlassen werden sollten! Erfreulicherweise war der Amtsanwalt in Blankenhain vernünftiger. Er hatte die Akten zurückgeschickt mit dem Ersuchen um Erwägung, ob nicht ein« geringere Strafe beantragt werden solle, da die Straftat mit Rücksicht äuf die schwierigen wirtschaftlichen und polltischen Verhällnisse im Jahre 1�23/21 milder anzusehen sei. Oberstaatsanwalt Luge antwortete darauf, daß die Straftat augenscheinllch politischen Charakter(!) trüge, weil— in den Akten stand, der Angeklagte Scharf sei 1323 und 1321— Führer der KPD. gewesen! Ja, Luge schrieb sogar in die Akten, daß der Besitz von Waffen und Munition in solcher Menge(!) dem Staate sehr gefährlich sei und der Fall nahe an den schwereren Fall des Waffen- befitzes grenze, für den vom Gesetz.sogar Zuchthausstrafe von S Iahren und bei mildernden Umständen Gefängnis nicht unter 3 Monaten angedroht ist! Immerhin war der Oberstaatsanwalt so„milde", sich schließlich mit einer Gefängnisstrafe von 2 Monaten einverstanden zu erklären. Gegen diese Strafbefehle wurde Einspruch erhoben. In der mündlichen Verhandlung ergab sich, daß Scharf niemals Mitglied der KPD -, vielmehr immer Mitglied der SPD . war und der ganze Fall äußerst harmlos war. Dr. Kurt Rosenfeld , Berlin , der die Angeklagten vor dem Gericht verteidigte, kritisierte mit Recht die ganze Behandlung des Dalles, und warf die Frage auf: ob überhaupt eine Strafe und welche wohl, festgesetzt worden wäre, wenn nicht Sozialdemokraten, sondern Rechtsraditale die Waffen gehabt hätten. Das Amtsgericht Blankenhain zeigte wenigstens ein gewisses Verständnis für die soziale Lage und verurteilte jeden der An- geklagten nur zu einer Woche Gefängnis unter Strafauf- schub mit dreijähriger Bewährungsfrist, so daß die Angeklagten wenigstens davor bewahrt worden sind, Freiheit?- strafen verbüßen zu müssen. Befriedigen kann das Urteil aber angesichts der viel milderen Beurteilung bei Waffenbesitz der Rechtsradikalen keineswegs. Kommunistische Irreführung. Begnadigung gegen ihre Stimmen. � In«iner der letzten Ausgaben der Berliner „Roten Fahne" wurde lang und breit über die Begnadigung von drei Kommunisten und deren Empfang anläßlich ihrer Heimkehr nach Berlin durch dieKommuntstischePartei berichtet. Aber nichts stand davon zu lesen, daß diese Entlassung einzig und allein der jozialde»
mokratischen Reichstagsfraktion zu verdanken ist. Als nämlich Im Rechtsausfchuß des Reichstages der kommu- nistische Amnestieantrag abgelehnt wurde, und zwar gegen die sozial- demokratischen und kommunistischen Stimmen, machten die V«r- treter der Sozialdemokratie einen neuen Vorstoß, um über den Antrag der Regierungsparteien hinaus die Begnadigung durchzu- setzen. Der Abgeordnete Dr. R o s e n f e l d beantragte damals auch. die Strafen zu mildern, die lediglich deshalb nicht unter die Am- nestie gefallen waren, weil die Verurteilung erst nach der Rechts- gültigkeit des Amneftiegesetzes erfolgt war. Der sozialdemokratische Antrag wurde schließlich als Zusatzantrag zum Antrag der Regierungsparteien angenommen. Bei der Abstimmung über den ganzen Antrag aber enthielten lich die Kam- m u n i st e n der Stimme, sie versagten aifo. Erfreulicherweise stimmten die Regierungsparteien für den Gesamlantrag, so daß er auch ohne die Kommunisten angenommen wurde.' Auf Grund dieses Antrages sind jetzt die drei Kommunisten aus dem Gefängnis entlassen worden. Auf diesen sozialdemokratischen Erfolg weisen pür besonders hin, weil die Kommunisten fortgesetzt der Wahrheit zuwider behaupte», daß die Sozialdemokratische Partei für die politischen Gefangenen nichts tut. Was sollten sie in ihrer ständig größer werdenden Verlegenheit auch anderes tun, als fortgesetzt gegen die Sozialdemokratie zu hetzen.
Amnestie in Nexiky. Auf dem Wege zum inneren Frieden. Mexiko-City,!5. August.(Eigenbericht.)' Der mexikanische Staatspräsident Calles hat die Enthaftung sämtlicher wegen hochverräterischer Umtriebe verhasteten Katholiken, unter denen sich sehr bekannte Persönlichkeiten wie der Präsident der Liga für Verteidigung der Religion befinden. angeordnet. Außerdem ist das Innenministerium angewiesen worden, den Rücktransport aller bereits nach der mexikanischen Strafkolonie Isla? Marias gebrachten Katholiken durchzu» führen. Wie in einem offiziellen Kommunique mitgeteilt wird, will die Regierung, nachdem alle Anfftandsverfuche niedergeschlagen worden seien, in diesem Generalpardon ihre versöhnliche Gesinnung zum Ausdruck bringen.
ftas dem flrbeiterparadies. Wo deine Genossen sind? Frage die Tscheka ! J Riga, 5. August.(Eigenbericht.) 1 In einer kommunistischen Betriebsversammlung in Moskau , an der auch ein Mitglied des Zentralkomiitees teilnahm, richtete ein Arbeiter an das Präsidium die Anfrage, was die seit längerer Zeit von der russischen Tfcheka verhafteten 836 Wrbeiter sich haben zuschulden kommen lassen. Diese Arbeiter seien bisher nicht einmal in den Anklagezustand versetzt worden. Der Vorsitzend.? der Versammlung veinvics den Fragesteiler an die T s ch e k a, die ihm die notwendig« Aufklärung erteilen würde. Aus Ptotest gegen diese Erklärung, die den Fragesteller praktisch ebensalls der Tscheka aus- geliefert hätte, verließ ein großer Teil der Versommlungstest- nehmer den Saal,
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