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Abendausgabe

Nr. 38144. Jahrgang

Ausgabe B Nr. 188

= Vorwärts

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Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292- 297

Tal- Adreffe: Sozialdemokrat Berlin Berliner

Volksblaff

10 Pfennig

Sonnaber

13. August 1927

Berlag und Anzeigenabteilung: Geschäftszeit 8% bis 5 Uhr Berleger: Borwärts- Verlag GmbH. Berlin SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292- 297

Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Heute kein Start der Ozeanflieger. Deutsch - Südtirols Marterung.

Vielleicht Sonntag früh.

Dessau , 13. Auguft.

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Die Ozeanflieger werden heute nicht starten; das ist das Er­gebnis der Besprechungen, die heute vormittag bei Junkers stattfanden und an Hand der heutigen Frühnachrichten über die Wetterlage auf dem Ozean die Frage des Starttermins flären sollten. Gewiß hat sich der Sturm auf dem Atlantik vermindert, hatte er gestern noch eine Stundengeschwindigkeit von 50-60 kilometer, jo werden heute nur 30-40 kilometer gemeldet also so viel, wie die Beranstalter als ungünstigstes Flugwetter durchaus in ihre Be­rechnungen eingestellt hatten. Dazu kommt aber noch, daß die Wolken sehr tief hängen und über starken Nebel berichtet wird. Das Tief, das von den Bermudas fommt, hat sich nach Norden verschoben und somit quer über die Fluglinie gelegt. Man wird also zunächst abwarten müssen, wie schnell es sich weiter nach Norden verlagert, damit die Flugftrede wieder frei wird. Deshalb

AMERIKA

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ATLANTISCHER OCEAN

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AFRIKA

Die Flugroute der Junkerspiloten.

17814

hat man es vorgezogen, den Abflug zu verschieben. Dieser Ent­fchluß ist sicher nicht mit großer Begeisterung gefaßt worden, denn

von denen die Frage abhing, ob die Ozeanflieger nun endlich heute abend starten follten. Auch auf dem Flugplah herrschte schon früh reges Leben. Die Maschinen stehen noch vor den Hallen, Monteure und Anstreicher legen die letzte Hand an. Neben den Flugzeugen ift der Betriebsstoff aufgestapelt, um in die Flugzeug­fants gefüllt zu werden. Die Maschinen werden zur Startbahn gerollt, um dort, fir und fertig, günftigere Wettermeldungen ab­zuwarten und dann sofort ffarten zu können. Zunächst aber hat es damit noch seine gute Weile. Wenn dieses Warten aber auch nicht gerade ein Bergnügen ist, so fann man andererseits doch nicht fagen, daß die Leitung der Junkers- Werke dadurch übermäßig nervös würde. Man weiß, daß auch kein anderer Bewerber abfliegen kann, folange die Europa " und die Bremen durch die Ungunst der Witterung noch zurüdgehalten werden.

Könneckes Transozeanflug.

Koenneckes Start ab Berliner Flughafen mußte der= schoben werden und erfolgt endgültig heute, Sonnabend, nachmittag 3 Uhr. Abends etwa 7 Uhr Uhr Zwischenlandung in Köln ; dort Start zum Transozeanflug aller Boraussicht nach Montag. Es fehlen noch Versicherungsprämien und andere Gelder. Die fameradschaftliche Vereinigung ehemaliger Fliegerbataillone hat Reichsbankdirektor a. D. Bagel in Berlin gewonnen, der alle Be­träge, die auf sein Konto auf der Reichsbank Berlin- Schöneberg für Könnecke eingehen, weiterleitet.

In Dessau liegen Nachrichten vor, wonach in Amerika Meldun gen evrbreitet worden sind, denen zufolge die Junkers- Werfe den Abflug Koennedes absichtlich verzögert hätten, indem sie den bestellten Motor nicht rechtzeitig lieferten. Eine solche schiedenheit be stritten.

stische

wird die neue Geschichte Bozens machen." Innsbrud, Anfang August.

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Das Joch der unter Fremdherrschaft geratenen 230 000 Deutschen in Südtirol wird seit der bereits fünf Jahre währen­fühlt sich ja berufen, die politische und wirtschaftliche Freiheit den Faschistenherrschaft immer drückender. Der Faschismus des einzelnen zugunsten des Staates aufzuheben. Die faschi­fifche Juſtiz- so schrieb man dieser Tage in dem von Musso­linis Bruder geleiteten ,, Il popolo d'Italia" Staat herab und wird in den Personen zu Fleisch und Blut; gelangt vom um dies zu erreichen, muß unbedingter Gehorsam geübt wer­volution, müssen alle unreinen Vorbehalte verschwinden, muß den gegenüber dem Oberhaupt und den Gesetzen der Re­jedes selbstfüchtige Bestreben bekämpft werden. Alle müssen losigkeit zum Leben der Nation beitragen. In allererster mit vollem Verantwortungsgefühl und mit absoluter Selbst­Linie haben die nationalen Fremdkörper im italienischen Staate die volle Wucht einer solchen Lehre zu spüren, zumal der allgewaltige Staat einerseits von den Faschistenverbänden, andererseits von den Trientinern immer wieder zur voll= ständigen Unterdrückung des Deutschtums in der Provinz Bozen fortgesetzt aufgeftachelt wird. Man haẞt diese mit den herrlichsten Kleinodien der Natur gefaßte deutsche Reliquie mit aller südländischen Leidenschaft. Man haßt sie noch mehr, weil sie würdevoll und unver= agt Widerstand leistet und leidend und duldend der Befreiung harrt.

Wer etwa geglaubt hat, daß die eigene Provinz Bozen und der eigene, scheinbar entgegenkommende Präfekt die Leidenszeit der Südtiroler Deutschen beendige, der wurde bald durch drakonische Urteile und Berbannungen eines Schlechteren belehrt. Während beispielsweise ein fönigliches Dekret vom 31. Januar 1924 die Errichtung von arabi­

fchließlich ist gerade das Auf und Ab von Hoffnung und Berzögerung Absicht wird von der Leitung der Junkers- Werte mit aller Entschen Schulen für die Staatsbürger fŋbischer Natio=

beizustehen.

den Beranstaltern des Fluges nicht genehm. Daß fie felbft fobald als möglich beginnen wollen, geht schon daraus hervor, daß als frühstmöglicher Starttermin jeht der Sonntag-- morgen angegeben wird, man also bereit ist, die bisherige Absicht aufzugeben, unter allen Umständen abends zu starten. Ernstlich wird doch nicht daran geglaubt, daß der Start Sonntag früh erfolgt, denn die ganze Wetterlage gestattet jetzt noch keineswegs Schlüffe auf eine so schnelle Wandlung. Mit dieser neuen Verzögerung hat die starke Spannung ihr Ende gefunden, die heute früh in Dessau herrschte. In dem Goldenen Beutel, dem Hauptquartier der Jour­naliffen, ging es schon in den frühen Morgenffunden lebhaft zu. Jeder wartete auf die für 11 Uhr angekündigten Wetternachrichten,

einen Junters Spezialmotor der Art beftelt habe, wie ihn die Es wird hinzugefügt, daß Koennicke Europa " und die Bremen " führen. Herrn Koennide ist darauf als Liefertermin Mitte August angegeben worden, da die besonders sorgfältige Ausprobierung durch Durchleuchtung des Motors eine fürzere Lieferfrist beim besten Willen unmöglich mache. Daraufhin hat Herr Koennice sich entschlossen, den Serienmotor zu nehmen und auf die Durchleuchtung zu verzichten, da auch dieser Motor nach seiner Ansicht ausgezeichnet funktioniert.

St. Johns ( neufundland ), 13. August.

Das französische Kriegsschiff Bille d's" ist heute nach dem Blämisch Rap, einem Teil der Grand Bant, abgefahren, wo es verbleiben wird, bis die bevorstehende Reihe der atlantischen Flüge beendet ist, um allen Fliegern, die sich in Schwierigkeiten befinden,

Reichsbannertag in Leipzig .

Letzte Vorbereitungen- erste Gäste.

W. Tr. Ceipzig, 13. Auguft.( Eigenbericht.) Den Abschluß der deutschen Verfassungsfeiern wird die Ver fassungsfeier des Reichsbanners bilden, die am Sonn­abend und am Sonntag in Leipzig stattfindet. Zu dieser Beran­staltung sind bisher 50 000 bis 60 000 Reichsbannerleute angemeldet, wozu noch die Mitglieder der Arbeiter, Angestellten- und Beamten verbände hinzukommen. Man rechnet mit einer Teilnahme von achtzig bis hunderttausend Personen. Ist doch eine sehr große Zahl von Sonder- und Vorzügen gemeldet, die im Laufe des Tages ein­treffen werden. Aus Berlin waren ursprünglich 3000 Kameraden angemeldet, doch wird diese Zahl wahrscheinlich noch weit über­troffen werden. Bisher sind nicht weniger als 30 000 Quartiere zur Verfügung gestellt, aber sie werden vermutlich nicht ausreichen. Jedoch gewinnt man aus der Arbeit der Quartierfommission den Eindrud, daß alles ausgezeichnet vorbereitet worden ist, so daß feinerlei Sorge besteht, die noch später Eintreffenden unterzubringen.

S

stellt sich mehr und mehr auf das große Ereignis ein. Aus den Vororten und aus der Provinz fommen bereits die Lokalzüge an, die die Reichsbannerorganisationen mit sich führen. Aus dem Reiche find bisher Reichsbannerorganisationen aus Baden und vom Nieder rhein eingetroffen, die mit flatternden Fahnen und flingendem Spiel durch die dem Bahnhof nahegelegenen Straßen zu ihrem Quartier marschierten.

Verfassungstag im Rundfunk. Sabotage in München .

Aus München schreibt man uns:

nalität und mohammedanischer Religion in Tripoli­ tanien und in der Cyrenaika vorschrieb, erklärte der Unter­richtsminister Casati einige Monate später den deutschen Abgeordneten Dr. Tinzl und Sternbach die Eninatio­nalisierung der sprachlichen Minderheiten als das Biel der italienischen Schulpolitik, welche aus den Deutschen national gefinnte Italiener" machen müsse. Der deutsche Privatunterricht wurde durch eine geheime Feme bis in die unterirdischen Keller verfolgt und unmöglich gemacht, so daß heute die Ausbildung unserer heranwachsenden Landsleute in der deutschen Sprache sich nur mehr auf das Elternhaus beschränkt. Eine Reihe drücken­der Ausnahmegesetze so die Unterdrückung des Landes­namens Südtirol , die versuchte Ausmerzung der deutschen Familiennamen, die Beseitigung der deutschen Aufschriften, die Unterdrückung der deutschen Presse usw. vervollständi­gen mit stets wachsamer Ergänzung die planmäßige und völlige Unterdrückung des deutschen Wesens in Südtirol .

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Noch gewaltsamer und gefährlicher fast sind die Be­mühungen der Faschisten, das deutsche Wirtschaftsleben zu Dernichten. Ein Blick in den Handelsteil der reichsitalienischen Zeitungen zeigt, wie groß die Zahl der Insolvenzen in allen Städten und Gebieten des Landes ist. Die verschiede­nen faschistischen Anleihen und insbesondere das durch nichts zu rechtfertigende Hinauftreiben der Lira auf 90 für das englische Pfund hat eine fast beispiellose wirtschaft­liche Not hervorgerufen, die noch dadurch gesteigert wird, daß die wichtigste Einnahmequelle des Reiches, der Fremden­verkehr, fast vollständig versiegt. Südtirol leidet schredlich unter dem Ausbleiben der Frem= den. Im Bustertal, auf der Mendel, in Bozen und in den Dolomitenhotels sind nur ein Bruchteil der Gäste früherer Jahre zu treffen. Man bemüht sich nach Möglichkeit, billige Preise anzubieten. Umsonst. Der Ruf, daß Italien heute das teuerste Land Europas ist, noch mehr aber die Scheu vor den faschistischen Handschellen hält insbesondere die Deutschen vom Besuche Italiens ab. Immer und immer wieder auch jetzt noch hört man, daß harmlose Passagiere wegen einer unbedachten Aeußerung oder wegen fleinlicher Paßvergehen mit den italienischen Gefängnissen Bekanntschaft machen müssen. Sie werden auch vielfach durch Berufs= angeber, die bis in die tiefsten Täler und auf den höchsten flifte mit den unzähligen Gesezen, Verordnungen und Vor­schriften verstrickt. Als abschreckendes Beispiel für die Frem­den und Einheimischen gehts dann mit schweren Retten und unter Bewachung, wie sie sonst für Rebellen oder Raubmörder üblich ist, ins Gefängnis. So ist es fein Wunder, wenn es auch in dem seinerzeit reichen Südtirol mit seiner tüchtigen und sparsamen Bevölkerung zu großen Insolvenzen kommt. Das legte größere deutsche Geldinstitut, die Bozener Zentralkasse, mußte zu Beginn des Sommers in den Ausgleich gehen, weil die italienische Regierung gerade in Südtirol die Auszahlung der Kriegsanleihegarantien im Gegensatz zu allen anderen Gebieten verweigert hatte. Auch ein gewaltsamer Ein­bruch der Faschisten in den Berwaltungsrat des Instituts, das Bentralstelle der Raiffeisenkaffen und Genossenschaften war, führte zum Zusammenbruch. Zwei fast hundert Jahre alte Bozener Firmen von internationalem Ruf teilten das gleiche Schicksal. Weittragender sind noch die Schäden, die der Fa­schismus den füdtirolischen Gemeinden und ben gemeinnützigen oder politischen Verbänden schlägt. Sozialdemokra= tisches Eigentum in Südtirol , insbesondere das Gemert­

Während die großen Rundfunksender außerhalb Bayerns am 11. August teils eigene Berfassungsfeiern boten, teils die Beran­staltung im Reichstag übertrugen, hat die Programmleitung der Deutschen Stunde in Bayern es auch in diesem Jahre übersehen", des Verfassungstages in würdiger Weise zu gedenten. Wie zum Hohn übertrug der Münchener Rundfunk am Donnerstag abend eine Hanspurstiade aus dem Münchener Hof- Schutzhütten ihrem schuftigen Gewerbe nachgehen, in Kon= bräuhaus. Man erinnert sich noch, daß die Deutsche Stunde in Bayern an dem Trauertag für die Kriegsgefallenen Bayern an dem Trauertag für die Kriegsgefallenen im ganzen Reich ausgerechnet die geistlosen Hanswurstiaden von der Eröffnung des Salvatorausschants am Nockherberg in München

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übermittelte.

Der Platz vor dem Hauptbahnhof ist durch etwa zwanzig schwarz rotgoldene Fahnen geschmückt. Auf dem Wege vom Georgring zur Stadt sieht man auf dem Neuen Theater die schwarzrotgoldene Fahne flattern. Unmittelbar dahinter liegt der Augustusplaß, der heute Abend und am morgigen Sonntag die De­monstrationszüge aufnehmen wird. Die dort auf dem Platz ge= haltenen Reden der Führer werden durch sieben Lautsprecher verstärkt, so daß sie jedem Teilnehmer verständlich sind. Einen besonders erfreulichen und schönen Eindruck macht die Fassade des Hauses unseres Parteiorgans, der Leipziger Volkszeitung " in der Tauchaer Straße, von der je eine mächtige schwarzrotgoldene und Endlich wieder ein Putsch. rote Fahne herabwallt. Die Fenster sind mit Birlanden geschmüdt, die mit schwarzrotgoldenen Fähnchen verziert sind. In, Portugal war schon zu lange ruhig. der Mitte des Hauses befindet sich ein Reichsadler, von reichem Girlanden und Blumenschmud umgeben. Die Leipziger Volks­ zeitung wird zur Feier des Reichsbanners eine besonders reich ausgestattete Sondernummer herausbringen. Merkwürdigerweise hat sich die Leipziger Rundfunkgesellschaft Mirat geweigert, die Reden am Augustusplatz durch Uebertragung ihren Hörern zu gänglich zu machen, mit der Begründung, daß das Reichsbanner eine- politische Organisation sei! Das Reichsbanner hat sich an die Aufsichtsinstanzen der Miraf gewendet, von denen aber bisher gine Antwort nicht eingegangen ist. Die Stimmung in der Stadt

zuversichtlich".

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Die Regierung

Liffabon, 13. August. Ein heute früh unternommener Staatsstreich versuch wurde durch die rasche Aktion der Regierung im Reime erit idi. Es mird erklärt, die Regierung jei Herrin der Lage, und ein über wältigender Teil des Heeres unterstüße die Regierung, die zuver. fichtlich sei, daß sie imftande sein merde, Maßnahmen für die öffentliche Sicherheit zu treffen. Alle Minister und die Befehls: haber fämtlicher Militärgarnisonen seien in der Berteidigung des bestehenden Regimes vereint.