Einzelbild herunterladen
 

Str. 384 44. Jahra. Ausgabe A nr. 196

Bezugspreis.

17

Böchentlich 70 Pfennig, monatlic 3, Reichsmart voraus zahlbar. Unter Streifband im Sn. und Ausland 5,50 Reichsmart pro Monat.

-

Der Borwärts" mit der illustrier ten Sonntagsbeilage Bolt und Beit sowie den Beilagen Unterhaltung und Wissen", Aus der Filmwelt", " Frauenstimme", Der Rinder. freund"," Jugend- Borwärts", Blid in die Bücherwelt" und Kultur arbeit" erscheint wochentäglich zwei mal, Sonntags und Montags einmal

-

Telegramm- Adresse:

Sozialdemokrat Berlin

Morgenausgabe

Vorwärts

Berliner Volksblatt

10 Pfennig

Anzeigenpreise:

Die einfpaltige Nonpareille. geile 80 Pfennig. Reklamezeile 5, Reichsmart. Kleine Anzeigen" das fettgedruckte Wort 25 Pfennig ( zulässig zwei fettgebrudte Worte), jedes weitere Wort 12 Pfennig. Stellengesuche das erfte, Wort 15 Pfennig, jedes weitere Wort 10 Pfennig. Worte über 15 Buch­staben zählen für zwei Worte.. 60 Pfennig. Arbeitsmarkt Reile Familienanzeigen für Abonnenten Reile 40 Pfennig.

Anzeigen für die nächste Nummer müssen bis Uhr nachmittags im Hauptgeschäft, Berlin SW 68, Linden. ftraße 3, abgegeben werden. Geöffnet von Uhr früh bis 5 Uhr nachm.

Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297.

Dienstag, den 16. August 1927

Vorwärts- Verlag G.m. b. H., Berlin SW. 68, Lindenstr.3

Boftichedtonto: Berlin 87 536

1

Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Wallstr. 65; Diskonto- Gesellschaft, Devoktentafe Lindenstt. 3.

Bremen " in Dessau glatt gelandet.

Wegen des Orkans über dem Ozean den Kurs gewendet und zurückgeflogen.

Das Flugzeug ,, Bremen " der Junkers- Werke, das man über dem Atlantif in Sturmgefahr glaubte, ist gestern etwa 100 Seemeilen westlich der irischen Küfte umgekehrt und ist nach rund zweiundzwanzigstündigem Flug 16 Uhr 25 Minufen wieder glatt auf dem Flugplah feines Heimathafens Dessau gelandet. Flugzeug und Motor befanden sich nach der Landung in bestem Zustand. Die Piloten Loose und Koehl, sowie der Begleiter v. Hünefeld find wohlauf.

In Berliner Luftfahrtfreisen wird die Durch führung des Rückfluges und der Landung der Bremen " als eine große flugtechnische Leistung bezeichnet. Dabei wird besonders hervorgehoben, daß Köhl und Loose die Maschine nicht irgendwo unterwegs abgefeßt, sondern trotz der außerordentlichen Witterungsschwierigkeiten sicher in den Heimathafen zurückgeführt haben. Der Entschluß zu dem Rückflug wird als die einzigmög­liche Lösung angesehen, und es wird besonders anerkannt, daß die Piloten ihn gefaßt haben, obwohl sie natürlich den Ehrgeiz hatten, den Flug nach Amerika zu Ende zu führen.

Die Meldung daß die Bremen " in Dessau gelandet sei, wirfte wie eine Befreiung. Als in den ersten Nachmittags­stunden befannt wurde, daß über dem Atlantik Sturm, Wind­Stärke 11 bis 12 herrsche, mußte man eine Katastrophe be­fürchten. Windstärke 12 bedeutet Orfan .

Die Führer der beiden Ozeanflugzeuge follten das Mög­liche versuchen, nicht das Unmögliche. Sie sollten die Ent­fernung besiegen, nicht den Orfan. Es war von vornherein Die Absicht der Junkers- Werke, nach Möglichkeit alle Unsicher heitsfattoren auszuschalten und einen Versuch zu unternehmen, Deffen Vorbereitung der Prüfung durch die Vernunft stand­hält. Nicht Tollkühnheit, sondern sicheres, wohlberechnetes menschliches Können sollen bewiesen werden. Es scheint uns, daß dies die Voraussetzungen für systematischen Fortschritt überhaupt sind.

Drei Zahlen bemeisen, daß die Fortsetzung des Fluges mehr als Tollkühnheit gewesen wäre: Windstärke 12 über dem Dzean, Geschwindigkeit der, Bremen " über England 92 Kilo­meter in der Stunde, Geschwindigkeit über der Irischen See 88 Kilometer in der Stunde. Das bedeutet, daß die Piloten mit Sicherheit damit rechnen mußten, daß ihnen auf bem Ozean der Betriebsstoff ausgehen würde. Tollkühnheit amter folchen Umständen hätte den Führern der Bremen " das Schicksal Nungeffers und Colis bereitet.

Die Führer der Bremen " haben wie Männer gehandelt. Sie haben verantwortungsbewußt gegenüber dem Unmög­lichen den Mut zu einer Entscheidung gefunden, die ihnen ficher nicht leicht gefallen ist. Sie dürfen des echten Beifalls für diese Entscheidung gewiß sein, und sie werden bei der Wiederholung des Versuchs von um so herzlicheren Wünschen begleitet werden.

Die Piloten berichten.

Der erste furze Bericht Looses und Röhls lautete folgender­maßen:

manchmal wirftlich nicht," so erklärten die Piloten, ob wir noch in der Luft waren oder schon im Wasser saßen, jo tanzte unsere aller Gile wurde an Bord der Bremen " überlegt, was in dieser Bremen " in den Regengüffen und Sturmböen hin und her." In beinahe verzweifelten Lage zu tun sei. Die Berechnungen ergaben, daß man bei dem starken Gegenwind über der Nordsee und über England bereits etwa vier bis fünf Stunden mehr an Flugzeit ge­braucht hatte, als vorher angenommen worden war. Ein weiteres Anfämpfen gegen den Orkan schien sinnlos, denn das Flugzeug hätte sich dauernd mit Vollgas nach Westen durchkämpfen müssen, hätte seine Brennstoffvorräte vorzeitig verbraucht und wäre so in die Gefahr geraten, noch vor Erreichen der rettenden Küste Neufund­ lands wegen Benzinmangels auf die See niederzugehen. Diese auf ihnen lastende schwere Verantwortung, die sie auch gleichzeitig gegenüber ihrem Passagier trugen, gab Loose und Köhl den Mut, schweren Herzens

den Entschluß zur Umkehr zu fassen.

Wenige Seemeilen westlich der Irischen Küste drehte die" Bremen " und nahm, vom Weststurm getrieben, wieder Kurs auf Irland zurück. Aber an der Ostküste Irlands stießen die Flieger erneut auf Un= metter, durch das sie sich schwer hindurchzufämpfen hatten. Ueber den St.- Georgs- Kanal ging es nach Mittelen gland, und gegen 12 Uhr mittags wurde in der Gegend von Norwich , wieder die Nordsee erreicht. Südöstlich ging es dann nach Holland und Deutsch­ land auf Dessau zu.

"

aber es war überall dasselbe, es herrschte immer der gleiche starte

Die Flieger werden jezt zunächst eine gewisse Zeit zum Aus­ruhen brauchen, inzwischen wird die Bremen " genau unter. holt werden. Dann werden die Erfahrungen und Ergebnisse des sucht und der Motor in allen Einzelheiten überprüft und über­Fluges eingehend erörtert werden. Diese Erfahrungen sind für den nächsten Versuch der Ozeanüberquerung zweifellos von erheblichem Wert. Wann er unternommen wird, hängt von den erwähnten Besprechungen der Aenderung der Wetter­lage ab. Die Piloten der Bremen " erklären, daß die Bravour, mit der die Maschine diese gewaltige Sturmfahrt überstanden hat, ihr Vertrauen in das schließliche Gelingen des Unternehmens noch verstärken konnte.

"

Das Unwetter über England.

London , 15. Auguft.( WTB.)

Der amtliche britische Funkdienst meldet heute abend, daß wegen der einlaufenden Unwettermeldungen in ganz England große Be­jorgnis über das Schicksal des zweiten deutschen Ozeanflugzeuges Bremen " geherrscht habe. Ueber das Unwetter meldet der amtliche Funkdienst: In der vergangenen Nacht und im Laufe des heutigen Tages herrschten in vielen Teilen von England heftige Stürme, die größtenteils von wolkenbruchartigen Regenfällen begleitet waren. Das Unwetter hat großen Sachschaden angerichtet. Verschiedene Straßenbahn- und Autobus. linien mußten ihren Betrieb einstellen. In Cumberland mar die Eisenbahnlinie zwischen Carlisle und Appleby infolge Dammrutsches gesperrt. Auch an der Südküste wurde durch die schwere See großer Schaden angerichtet.

( Siehe auch 3. Geite.)

Konkordat in Sicht.

der Kirche. Von Georg Beyer.

Hauptmann a. D. Köhl gab folgende Darstellung des Fluges der Bremen ":" Wir sind auf sehr starken Rebel gestoßen und mußten infolgedessen gleich zu Anfang vielfach große Umwege machen, die uns mehrere Stunden Flugzeit tosteten. Wenn wir dann einen Umweg gemacht hatten und auf bessere Sicht stießen, dann war wieder der Gegenwind außerordentlich start, so daß man buchstäblich aus dem Regen in die Traufe tam. Ganz schlimm blies es uns an der irischen Westküste vom Atlantik entgegen. Wir haben nichts unversucht gelassen, um uns durch den Dreck" hindurch Erste Erklärung der Bischöfe.- Entscheidungsfragen zuarbeiten. Wir sind nördlich und wir sind füdlich geflogen, wir haben den Nebelflug versucht und sind auch über den Nebel gestiegen, Gegenmind. Bir hätten gegen den Sturm mit unserer braven Maschine natürlich angehen können, aber wir durften es nicht auf diesem Kampf verbraucht hätte. Deshalb hielten wir es für beffer, längere Zeit wagen, weil fich fonft unser Brennstoff vorzeitig in nach Dessau zurückzukehren. Aber vielleicht war diese Generalprobe, die unsere Bremen " einfach glänzend bestanden hat, für uns ganz gut, denn sie zeigte uns, mit welchen Wetterverhältnissen wir auf dem Ozean zu rechnen haben. Ich habe mir die Gegend, soweit das bei dem Nebel möglich war, recht genau angefehen, damit ich mich beim nächstenmal, wenn wir bei hoffentlich befferem Wetter uns wieder auf die Reise machen, mich gleich zurechtfinden kann. An Bord der Maschine hat alles vorzüglich geklappt. Die Wetter­meldungen der Station Norddeich famen pünktlich und gut an. Die Europa " haben wir ziemlich bald nach dem Abflug von Dessau aus dem Auge verloren, denn sie schlug noch über Deutschland einen anderen Kurs ein als wir. Natürlich batten wir feine Ahnung, daß unsere Kameraden schließlich in Bremen gelandet maren. Das erfuhren wir erst in Dessau , als wir uns nach dem Ber­bleib der Europa " erkundigten."

Amerikas Bedauern.

In Dortmund tritt in vierzehn Tagen der deutsche Katho­likentag zusammen, um wieder einmal die Wacht des Katho­lizismus über Sachen und Seelen zu demonstrieren. Mit der katholischen Kirche zum ersten Male ihre bisher so streng diefer Tatsache hängt es wohl zusammen, daß die Autoritäten bewahrte zurückhaltung in der Konkordats­frage aufgegeben haben. Mochte der Evangelische Bund Proteste sammeln, mochten liberale Kreise die päpstliche lebermacht in ihre Schranken weisen: mit einer bewunderns­würdigen Disziplin haben die weltanschaulichen und politischen Organisationen des deutschen Katholizismus ihren Kampfgeiſt Organisationen des deutschen Katholizismus ihren Kampfgeiſt gezügelt. Auch in jener kritischen Woche, als Stresemann die Die von oben her gegebene Barole, von ,, kommenden Dingen" später so peinlich widerrufene Antikonkordatsrede hielt, ist so wenig wie möglich zu reden, im Zeichen echter Autoritäts­gläubigkeit aufs treueste befolgt worden.

"

Jetzt aber zieht die Konkordatswolfe herauf. Kardinal Bertram, Fürstbischof von Breslau , hat im Auftrage der Fuldaer Bischofskonferenz der Deffentlichkeit soeben eine Er­flärung übermittelt, in der von Verhandlungen". die Rede ist, die zwischen dem Vertreter des Hei= ligen Stuhles und der Staatsregierung über Neuordnung von Verhältnissen der fatho= lischen Kirche in Preußen eingeleitet worden sind". Es wird Bezug genommen auf eine Bewegung in nichtkatholischen Kreisen" die durch die Kunde von diesen Ver­handlungen veranlaßt worden sei und die das Episkopat mit Sorge erfülle. Die in diesen Kreisen aufgestellte Forderung, daß der Staat die einschlägigen Angelegenheiten selbständig Vorausseßung", da sie die Natur der schwebenden Ber­handlungen verkenne. Die Kirche, so heißt es dann, leite ihre Befugnisse unmittelbar von Christus und nicht vom Staate ab. Staatliche und firchliche Autorität seien jede auf ihrem Gebiet selbständig. Daraus folge ,,, daß in Angelegenheiten, die gemeinsamer Natur sind und die Rechte und die Aufgaben­gebiete beider Autoritäten berühren, die Verhältnisse Burch Vereinbarungen beider geordnet werden müssen.

Kaum hatte die Bremen " die deutsche Küste verlassen und mit nordwestlichem Kurs die Nordsee erreicht, als sie auch schon in dichteftem Nebel geriet, der jede Orientierung nach den Leuchtfeuern New Borf, 15. Auguft. der Küste unmöglich machte. Trotzdem flog die Maschine nur nach Das Scheitern des deutschen Ozeanfluges wurde in New York dem Kompaß gesteuert weiter, erreichte schließlich, wie bei durch Ertrablätter bekanntgegeben. Die Nachricht hat überall das einem kurzen Durchblick durch die Nebelwände fonstatiert werden größte Bedauern hervorgerufen, aber nicht die Hoff­konnte, die englische Küste, fand hier aber keineswegs besseres Better mun untergraben, daß die deutschen Junkersflieger in fürzester als über dem Meere. Bis fief auf die Erde hinab hingen die Wolfen , 3eit noch einmal und dann erfolgreich die Ozeanüberquerung so daß die Piloten riskierten, bei Nachtzeit buchstäblich in Baumhöhe wagen werden. Chamberlin gab seinem Bedauern in einer Bresse über unbekanntes englisches Gebiet dahinzufliegen. Trotzdem die erklärung besonderen Ausdruck. Es wird daran erinnert, daß auch durch Staatsgewalt regeln solle, beruhe auf einer ,, irrigen Maschine von Böen hin und her geschüttelt wurde, gab man die Hoff- mußten, bevor Lindbergh der Flug nach Paris gelang. nung nicht auf, weiter nach Westen zu besseres Wetter zu finden, aber diese Erwartung ermies sich als trügerisch. Bei Tagesanbruch wurde der füdliche Teil der Irischen See passiert und Iriand erreicht, noch ohne daß das Wetter auch nur eine Idee beffer geworden wäre. Wenn die Flieger aber geglaubt hatten, daß sie bisher Hartwetter" von stärkstem Grade gehabt hatten, so mußten sie um 7 Uhr früh, als sie den Atlantik erreichten, die Erfahrung machen, daß ihnen noch weit Schlimmeres bevorstand. Der starte Gegenwind aus West steigerte sich zum Sturm und wurde alsbald zum Orkan. Bährend die Geschwindigkeit der Maschine immer mehr abnahm, murde der Eindeder von den fürchterlichsten Böen hinauf- und heruntergeriffen. Regenschauer praffelten über das in allen Fugen ächzende Flugzeug, während Nebelfehen und Wolfen jebe Sicht auf Das Wasser oder den Himmel unmöglich machten. Wir wußten

Keine Entscheidung über neuen Start.

In melcher Form der Ozeanflug erneut in Angriff genommen werden soll, ob bei Eintritt besseren Wetters die Bremen " allein oder beide Maschinen erneut an den Start gehen sollen, darüber find am gestrigen Montag noch keine Entscheidungen ge: troffen worden. Um 6 Uhr abends landete in Dessau dann auch das Begleitflugzeug G 31 mit Risticz und Edzard an Bord, so daß faft die ganze Ozeanmannschaft wieder beisammen war. Das Großflugzeug brachte auch den Motor der Europa " mit, der im Junkers- Motorenwert einer eingehenden Prüfung zur Feststellung über den plöglichen unerklärlichen hohen Brennstoff­perbrauch unterzogen werden foll.

Nach der Auffassung der Bischöfe ist zu solchen Berhand­lungen allein der päpstliche Stuhl zuständig. Ihm sie zu verweigern, sei gleichbedeutend mit einer Störung des Friedens und mit mangelnder Rücksichtnahme auf die Grundrechte der katholischen Kirche . Jedenfalls bestätigt diese Erklärung num auch tirchenoffiziös, baß bie Stontordatsverhandlungen mit