eine Nenienoersichcrung itas Heilverfahren von der größten BeÄetrtmtg. Gegenwärtig ist die Gewährung des Heiloer- fahretts in das Belieben des Versicherungsträgers gestellt. Die fozialdemvkrvtische Reichstagsfraktion hatte bei den da- maligen Beratungen an Stelle der Willkür die Einführung von Rechtssicherungen gefordert. Die Berechtigung dieser Forderung ist damals auch von einzelnen Vertretern der bürgerlichen Parteien anerkannt worden; dennoch wurde auch dieses Verlangen von der bürgerlichen Mehrheit abgelehnt. Ein durchschlagender Grund für das Versagen solcher Rechts- garan-tien kann ernsthaft nicht ins Feld geführt werden. Die immer noch erschreckend hohe Zahl der Ablehnungen beweist vielmehr, wie dringend notwendig eine Aenderung des gegen- wärtigen Zuftandes ist. Sie ist angesichts der Vermögenslage der Reichsversicherungsanstalt auch durchaus tragbar. Der Jahresbericht der Reichsverficherungsanftalt ist eine Mahnung an Reichsregierung und Reichstag, den Ausbau der Angestelltenversicherung unverzüglich in Angriff zu nehmen, damit sie für den berufsunfähigen oder alten oder heilbedürf» tigen Angestellten einen wirklich ausreichenden Schutz be- deutet. Ebenso dringlich ist aber auch ein Ausbau ihrer Selbstverwaltung. Der maßgebende Einfluß der Versicherten, wie ihn die Reichs Verfassung für die gesamte Sozialversick)e- nrng verspricht, muß auch in der Angestelltenversicherung ein- geführt werden. Die Sozialdemokratie wird sich bei den kom- Menden Auseinandersetzungen, wie bisher, mit aller Kraft für die Drnchfetzung dieser Forderungen einsetzen.
Sorsigs Sozialpolitik. r ►»(?§ kann sei«, daß 30 000 Menschen zugrunde gehen." Wie erinnerlich, hat der Führer der Bereinigung Deut- scher Arbeitgeberverbände, Ernst o. Bvrsig, vor der Deut- schen Gesellschaft im Mai eine Rede gehalten, in der er die bekannten Bedenken der Unternehmer gegen eine positive Sozialpolitik zum Ausdruck brachte. Da- bei sind Aeußerungen gefallen, die den Teilnehmern jener Versammlung als eine ausgesprochene Aufforderung zum Klassenhaß erschienen und von uns auch als solche gewürdigt wurden. In der„B o r f i g- Z e i t u n g" ver- offen tlicht nun der bekannte Berliner Metallindustrielle einen Aufsatz, der größtenteils eine wörtliche Wiedergabe des Vor- träges ist. Hier lautet die umstrittene Stelle folgendermaßen: In diesem Zusammenhang mächt« ich auch auf ein« grund» fätzliche Erwägung hinweisen, mit der man sich, gleichgültig, zu welchem praktischen Ergebnis man kommt, einmal auseinandersetzen muß, wenn man sich überhaupt mit den Problemen der Sozialpolitik beschäftigt; das ist die folgende: die soziolpoliti- fchen Maßnahmen des Staates sollen denjenigen Gliedern des Volkes, die ohne solche Fürsorge iu wirtschaftliche oder kultn- ■pelle Not geraten würden, helfen, mit dem Leben fertig zu wer- den. Die anderen, die zufolge ihrer größeren eigenen Energie, körperlichen und geistigen Begabung urch Beweglichkeit schon an sich lebenskräftiger sind, werden durch diese Maßnahmen, die, wie alle Fürsorgcmaßnahmen, zugleich eine gewiss« Beoormon- d u n g darstellen, in der Entwicklung ihrer Fähigkeiten und damit in ihren, Leistungen wahrscheinlich mehr gehemmt als gefördert. Dinkt m.q..n sich nun einmal die hanptsLchlichsten Maßnahmen der"Sozio lpolitik weg, so können— -�.zweierlei Folgen eintreten, die durch ein Bei- spiel»eronschaulicht seien: Es kann allerdings sein, daß ohne die vom Staat ausgeübte Jfltfergc vielleicht 50 000 ZNenschca, die heule mit Hilfe dieser Fürsorge mit dem Leben fertig werden, zugrunde gehen. Es kann aber auch etwas ganz anderes eintreten, nämlich, daß 4000 bt» 50 00 andere schon an sich leistungsfähigere und lebenskräftigere Menschen bei dem Wegfall der ihnen heute aus der Sozialpolitik entstehenden Hemmungen der oben geschilderten Art ihre Fähig- ketten in solchem Maße entwickeln und ihre Leistim-
Hotel am Vauquois . Bon Hermann Schützinger. So ein Hotel an dem zertrampelten Erdstreifen, der sich vom lhartmannsweilerkopf zum Kurhotel von Ostende zieht, hat ja seit Jahren sein eigenes Gesicht angenommen und beibehalten, etwas Reklame für das„große Geschäft" der Fremdensaison der„regions d'evastes", eine etwas stillere Werbung für die Angehörigen„cke noz soldats glorieux", die hier bestattet find und drittens den simplen, regionalen Kur- und Erholungsbetrieb der kleinen Leute aus den umliegenden Mittelstädten, deren Geldbeutel weder für Nizza noch für die große Badestadt Deauville geschaffen ist. Je nach dem Bor - herrschen einer der drei Elemente ändert sich das Gesicht des „Schlachtfelder-Hotels": Am Fuß des Hartmannsweilerkopfs steht so ein ganz neuer, von der.Friedhofkonjunktur emporgetriebener Kasten, dessen Plakate durch das ganze Elsaß schreien:„Grande Hotel St. Anne",„au pied du Hartrnannsweilerkopf";„herrlicher Blick auf das Schlachtfeld", den „Vieil Armand " und den„Grand Ballon ",„120 Betten, Zentralheizung, Schwimmbad, Große Garage". Auf den„Salon- Schlacht- feldern", in Berdun und Reims steht ein Dutzend ähnlicher Klötze und den Rekord schlägt das Ostender Kurhotel, da gibt es Stahlhelme als Blumentöpfe auf der Bive. o'clock- Terrasse und Tanztees mit Chorleston auf den gesprengten Panzerbatterien der„großen Zeit". Unser Hotel in Barennes am Bauquois in den Argonnen ist ein ganz kleines, stilwerträumtes Ding. Als wir im Jahr 14 nach dem ersten großen Chok der Angriffsschlacht in den ersten, richtigen Gräben aus den Bergen lagen, schauten wir voll brennender Sehn- sucht auf das Argonnenstädtchen und sein schmuckes Hotel am Markt- platz hinab. Aus der Sphäre der Unterstände und Gräben voll Schlamm und Dreck nahm sich dieses Hotel wie der Inbegriff aller Wunschträume aus; Madame Curie schenkte damals am weißge- deckten Tisch schon weißen Burgunder aus und wir aßen Weißbrot dazu und waren furchtbar stolz darüber, daß wir alles bezahlten. Frau Curie ist etwas dicker geworden, ihre Hüften find nicht mehr so schlank wie damals, am Ende der großen Bewegungsschlacht und Herr Curie hat einen regelrechten Bauch� Dafür haben sie beide ein entzückendes Mädelchen hervorgebracht, die kleine Uvonn«. Die tanzt wie ein Bögelchen auf dem vom Granatensegen immer noch recht holprigen Marktplatz umher, und wenn man sie fragt:„Yvonne — wo warst du eigentlich im großen Krieg? Weißt du das große Geschieße nicht mehr?" Dann trillert sie wie eine Lerche:„Da war ich doch noch da oben am Mond, mein Herr!" „Na, und möchtest du nicht wieder Krieg haben? Da war doch allerhand los am Vauquois?" .„Nein, mein Herr! Bater ist arg traurig, wenn man davon spricht und Mutter heult immer gleich los— beim ersten Wort!" Das Essen!-- Gut ist nur der Wein! Madame Eurie schlägt zum Abendessen den Gong und ein Dutzend Männlein und Weiblein oersammelt sich auf der kleinen Terrasse des Hotels— kleine Leute, ehrbare Bürger aus Valmy und St. Menehould , Postsekretäre und Handlungsgehilfe« cm» Nancy
gen dementsprechend in solchem Maße steigern könnten, daß sie zu- folge ihrer erhöhten Leistungen und mit Hilfe der von ihnen ge- schaffenen größeren wirtschaftlichen Werte imstande wären, auch jene 50 0000, die der Fürsorge bedürfen, mit durch. zuschleppen. Aber das sind natürlich Ding«, bei denen jeder einzelne schon rein gefühlsmäßig die Bedeutung der verschiedenen Faktoren ganz verschieden bewertet. Daraus geht hervor, daß der Industrielle und Wirt- schastsführer infeiner theoretischen Betrachtung g a n z p o s i- t i o mit der Möglichkeit gerechnet hat, daß bei einer Preisgabe der Sozialpolitik SVOOV Menschen dem Verderben ausgeliefert würden. Er nannte die Zahl nur als Beispiel— wer könnte sie auch genau schätzen! Seine These ging dahin, es sei allerdings möglich, daß zehn Pro- zent dieser 50 000 in Werte schaffender Arbeit für die Be- drohten den Lebensunterhalt mitverdienen könnten. Wohl- gemerkt: könnten! Herr v. Borsig wagt selbst es nicht zu sagen, daß diese zweite Möglichkeit auch wirklich eintreffen muß. Er findet sich eben damit ab, daß das Risiko Äner Vernichtung von— um bei der Zahl zu bleiben— 50 000 Menschenleben eingegangen werden müßte, bloß weil unseren madernen Wirtschaftsführern die Art und die Richtung der Sozialpolitik nicht gefällt. Als Elemenceau das Wort nachgesagt wurde, es lebten 20 Millionen Menschen zuviel in Deutschland , erhob sich ein wahrer Sturm der Entrüstung aller nationachenkenden Kreise. Lediglich der Reichslandbund brachte damals den traurigen Mnt auf, dieses Wort ihrer Propaganda für eine staatliche Unterstützung der Landwirt- schaft zugrundezulegen. Jetzt kommt der gewählte Führer der Vereinigung Deutscher Arbeitgeberver- b än.d« und begründet seine neue Theorie von der Minder- Wertigkeit staatlicher Sozialpolitik mit Beispielen, die be- weisen, daß das deutsche Unternehmertum sich der G e f a h- ren einer sozialen Reaktion für das Volk voll bewußt ist und sie verrannter Ideologie zuliebe trotzdem eingehen will. Das ist eine Ungeheuerlichkeit, die man nicht niedrig genug hängen kann, damit alle Arbeiter wissen, was ihr Leben in den Augen der Industriellen wert ist. Es ist keine Eni- schuldigung. wenn man dieser Auffassung gegenüber erklärt, es handele sich ja nur um theoretische Darlegungen. Das arbeitende Volk muß verhindern, daß derartige brutale Theorien durch einen sozialpolitischen Dilettantismus grausame Wahrheit werden.
Tage Sarmat-prozeß. Schluß der Beweisaufnahme Ende des Jahres? Am gestrigen Dienstag fand in Moabit ein stilles I u b i- l ä u m statt, denn gestern erfolgte die 10 0. Verhandlung im Barmat-Prozeß, der am 11. Januar d. I. begann und Voraussicht- lich das Gericht unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Neumann noch bis Ende dieses Jahres beschäftigen wird. Dieser Monstre-Prozeß steht in der Kriminalgeschichte einzig da, denn vor ihm hat es wohl keinen Prozeß gegeben, der das Gericht solange in Anspruch genommen hat, wie das Verfahren gegen Barmat und Genossen. Nach fiebenmonatiger Ver- Handlung ist man jetzt endlich nach Erledigung der Anklage- punkte, die sich mit der Geschäftsverbindung zwischen der Preußi- schen Staatsbank und der„Amcxtma" Barmats, mit dem Fall Lange-Hegermann, mit den Beziehungen Barmats zur Deutschen Girozentrale und der Reichspost bzw. zur Brandenburgifchen Giro- zentrale beschäftigten, zum 6. Teil der Anklageschrift vor- gedrungen, der die Ausgabe der I. Roth-Obligationsanleihe behan- delt, bei der Barmat nur eine Nebenrolle spielt. Es sind noch drei Teile der insgesamt 648 Seiten umfassenden Anklageschrift zu behandeln. Bisher hat das Gericht, dem mehrere Ersatzrichter und -Schöffen zur Verfügung stehen, etwa 185 Zeugen vernommen, allerdings einige davon mehrere Wochen hintereinander Tag für
und Bar le Duc, lediglich der glattrasierte Herr mir gegenüber steht etwas interessanter aus. Er ist höflich, reicht uns dienstbeflissen die Platten, das Brot und den Wein und erzählt ganz interessant von Reims und Ehalons. „Er war capitaine du geniek", flüstert mir Madame Curie ins Ohr. Merkwürdig. Da sitzt man sich gegenüber, reicht sich das Essen, trinkt zusammen vorzüglichen Wein, gibt sich Auskunft über die Auwbusverbindung und die Eisenbahn und reibt sich die Augen: Da draußen steht doch noch die Kulisse vom Vauquois ? Tatsächlich! Vor zehn Jahren schlug man sich an dem braunen Buckel da oben noch den Schädel ein! Wir wünschen uns„Gute Mahlzeit", stellen uns in Gruppen auf den Marktplatz und, da wir als Deussche erkannt sind, erzählt man sich vom Krieg. — Nicht von Heldentaten und herrlichen Attacken, sondern vom Alltag. Wie wir uns hier im Wald von.�arazee" über die„Bour de Paris", die„Bille Morte" zum„Vauquois " und zur Höhe 304, drüben bei Verdun einander gegenüberlagen. Die Aire rauscht in ihrem steinigen Bett und füllt die August- nacht. Es ist wie damals, als die Muschkoten der fünften Armee das Lied vom„Argonnerwald " zu singen begannen. „Wir hatten auch unser Argonnerlied", sagt der Kapitän, ,cha war auch von einem großen Friedhof die Rede! Den Text weiß ich nicht mehr genau! Unser Oberst fluchte wie Ihr Major, wenn meine Kompagnie ihn sang!— Das Nicht-Sterbenwollen und„Dom Friedhof-Singen" scheint mir ein internationales Laster zu sein!" „Stimmt! Wie das Kanonenmachen und die Schlachtfeld-Hotel- Industrie!" „Jawohl! Aber Madame Curie nehmen wir aus! Die hat zwei Brüder da oben liegen, zwsschen Berdun und dem Bauquoisi" Wir steigen die klapperige Treppe in unsere Hotelzimmer hinauf. Geschlafen haben wir alle beide nicht allzuviel in dieser Nacht. Die Aire, der verfluchte Argonnerbach hielt keinen Augenblick mit dem Singen ein, die alten Bäume warfen wie damals ruhelos ihre breiten Wipfel hm und her und der Vauquois, der Block mit dem heruntergefressenen Dorf hat ja mit den zehntausend Toten den Teufel im Leibi_
Gibt es heute noch Genies? Diese Frage hat der Präsident der xColumbia-Unioersität in New Bork, Dr. Nicholas Murray Butt- ler, aufgeworfen, und er hat ein« lebhafte Erörterung im amen- konischen und englischen Blättterwald hervorgerufen, indem er sie entschieden verneinte. Es wäre heute kein überragendes Genie am Leben, versicherte er mit großer Sicherheit. Man hält ihm nun entgegen, daß zunächst das Wort Genie nicht genügend definiert wäre, aber selbst wenn man eine genaue Bestimmung treffen könnte, wer nun ein Genie ist und wer nicht, so könMe doch niemand etwas darüber sogen, ob heute ein so großer Mann lebt. Es kann sehr wohl ein hoch entwickeltes Genie auf dem Gebiete der Philosophie oder der Naturwissenschaften existieren, das nur einem ganz kleinen Kreise bekannt wird. Die Ergebnisse seiner Arbeit können Jahre brauchen, bevor sie in das allgemeine Bewußtsein dringen und als cvochemachend erkannt werden. Ost genug wird aber ein Mann von Genie von seiner eigenen Generation überhaupt nicht erkannt, eben well er ein- Genie sst und gan.z neue, tiefe Erkenntnisse bringt. Er wivd«cht anerkannt in seiner Zeit, wie ja auch der Prophet m
Tag hindurch. An prominenten Persönlichketten traten bisher im Barmat-Prozeß dp: jetzige Reichspostminister Dr. Schägel. der frühere Reichskanzler Dr. Luther, der frühere Reichswirtschafts- minister Robert Schmidt und der frühere preußische Finanz. minister o. Richter, Generaldirektor Jacob G o l d s ch m i d t von der Darmstädter und Nationalbank auf. Auch mehrere Staatssekre- täre und Ministerialdirektoren des Reichspostministeriums muhten während des Falles Lange-Hegermann. wobei auch die Zu. Wendungen an den stüheren Reichspostminister Dr. Höfte eine Rolls spielten, längere Zeit hindurch als Zeugen Aufklärung geben. Während das Gericht seit dem ersten Tage dieselbe Zusammen- setzung zeigt, hat sich die Zahl der E r s a tz s ch ö f s e n, die zuerst 6 betrug, inzwischen durch Erkrankung des einen bereits auf 5 verringert. Die Anforderungen, die dieser Prozeß an alle Be- teiligten stellt, sind ganz ungeheure. Besonders schwierig sind aber die wirtschaftlichen Folgen für die Schöffen, die zum Teil Gewerbetreibende sind und sich zur Aufrechterhal'ung chrer Ge- schäste einen Stellvertreter haben annehmen müssen, dessen Gchalt allerdings von der Gerichtskasse bezahlt wird, da die Schössen selbst derartige Lasten aus die Dauer nicht tragen können. Die K o st e n dieses Prozesses sind natürlich ungeheuer groß und lassen sich bisher auch nicht annähernd schätzen
Das schwierige Schweriner Lonü. Neue Regierungskrise. Schwerin . 16. August.(Eigenbericht.) Die langwierigen Verhandlungen der mecklenburgischen Regierungsparteien,'Sozialdemokraten und Demokraten, mit der Deutschen Volkspartei und der Wirtschaftspartei, die sich seit Ende Juli zwecks Erweiterung der Regierung hinzogen, sind am Dienstag ergebnislos abgebrochen worden. Die Bolkspartei ver- langte den Rücktritt des demokratischen Kultusministers Dr. M ä l l e r und wollte der demokratischen Gruppe überhaupt keinen Minister zubilligen. Der frei werdende Ministersitz sollte von der Deutschen Volkspartei besetzt werden. Die Regierungsparteien lehnten diese Forderung entschieden ab. Die sozialdemokratische Fraktion hatte den Vorschlag gemacht, das Ministerium um einen Ministersitz zu erweitern, so daß sich die Regierung aus zwei Sozialdemo- traten und je einem Demokraten und Volksparteiler zusammengesetzt hätte. Dieser Vorschlag wurde jedoch von Bolkspartei und Wirtschafts- parte! abgelehnt. Darüber hinaus wurde ein nichtiger Dorfall zum Vorwand für den Abbruch der Berhandlungen genommen. Die Regie- rung hatte sich nämlich veranlaßt gesehen, den offiziellen Regierung?- Vertreter zu der am Sonntag stattgefundenen Deutschen MeistcrschaflS- ruderregatta in Schwerin zurückzuziehen, weil diese Deranstaltung unter einseitig schwarzweißroter Beflaggung durchgeführt und die Hissung der Reichsflagge abgelehnt wurde. Durch den Abbruch der Koalitionsverhandlungen sst die Regierungskrise wieder akut ge- worden. Im Landtag wurde am Dienstag der kommunistische Mißtrauensantrag gegen den demokratischen Staatsminister Dr. Möller von den Rechtsparteien unter st ützt und mit 26 gegen 24 Stimmen angenommen. Dr. Möller nahm daraufhin seine Entlassung, er führt sein Amt jedoch bis zur Reu- wähl eines Nachfolgers weiter. Da das Etatnotgesetz am 1. September abläuft, legte die mecklen- burgische Staatsregierung den im April abgelehnten Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1927 wiederum dem Landtage vor. Nach eingehender' Beratung in erster Lesung wurde der Boranschlag zur beschleunigten Verabschiedung dem Hauptausschuß überwiesen Sem Schicksal ist noch ungewiß. Es besteht nach wie vor die Möglichkeit, daß der Haushalt auch diesmal in dritter Lesung abgelehnt wird.
verfassungsgrnß aus Mexiko . An den Reichstag gelangte aus Mexiko -City folgendes Telegramm:„Die Vercini- gung deutscher Republikaner in Mexiko , oersamme.t zu einer eindrucksvollen Bersossungsfeier, entsende: dem deutschen Dolksstaai das Gelöbnis treuen Einstehens für deutschen Geist und deutsches Volkstum."
seinem Baterlande nichts gilt. Erst die künftige Generation erkennt seine Bedeutung und gibt dem Toten die ihm gebührende Ehre. Es ist ja auch viel leichter, die Größe eines Menschen zu beurteilen, wenn man Distanz zu ihm gewonnen hat und wenn die Wirkung seiner Arbeit erkennbar wird. Eine merkwürdige Erscheinung ist es auch, daß jedermann nur schwer dazu zu bringen ist, zu glauben, daß ein ihm persönlich Bekannter oder auch nur ein Zeitgenoise wirklich ein großes Genie sein könnte. Erst wenn eine Berühmtheit die Zeitprob« bestanden hat, erkennt man das Große. Aus diesem Grunde ist es auch unmöglich, festzustellen, daß es in der heutigen Welt an Genies fehle; eher kann man annehmen, daß es so viele gibt wie zu anderen Zeiten auch— das sst das Resultat der meisten Stimmen, die sich gegen den amerikanischen Professor erheben. Photographien der Sonnencorona bei Tageslicht. Der Präsident der britischen astronomischen Gesellschaft Dr. Steavenson will in kurzem Versuche machen, die Sonnencorona bei Tageslicht zu photo- araphieren. Dr. Steavenson sah während der letzten totalen Sonnen- sinsternis den geheimnisvollen Kreis von Feuerstrahlen drei Minuten lang nach dem Ende der völligen Verfinsterung, obwohl er gewöhn- lich für das Auge unsichtbar bleibt und nur bei diesen Gelegenheilen zu sehen ist. Dr. Steavenson hat sich nach Zermatt begeben, wo er seine photographischen Versuche vom Gipfel des Gornergrat, des großen Gletschers, ausnehmen will. Es ist dazu ein besonderer Apparat gebaut worden, mit dem viele Photographien der Sonne aufgenommen werden. Das zerstreute Himmelslicht wird durch Filter abgehalten, und man hofft, ein klares Bild der Corona zu erlangen, in dem das eigentliche Sonnenbild vollständig abgedeckt wird. Die Expedition will etwa zwei Wochen arbetten. Ein Denkmal der Tungsra« von Orleans . In New Dort besteht eine Gesellschaft, die es sich besonderen Aufgabe gemacht hat, die Erinnerung an die Jungfrau von Orleans wachzichalten. Auf ihr Betreiben ist soeben eine Stawe der Jungfrau zu Pferde der Stadt San Franziska zum Geschenk gemacht worden. Es ist eine Wieder- holung des Werkes von Miß Anna Vaughan Hyatt Huntington. das bereits in New York an den Usern des Hudjon aufgestellt worden ist. Ein englisches Aationallhealer. Nach lanawierigsn Verhand- lungen wird der englische Ehakespeare-Erinnerungsfands nunmehr verwandt werden, ein englisches Nationaltheater in London zu errichten. In Aussicht genommen ist dos Dorchester House, Park Lane. Der Fonds beträgt zurzeit 80 000 Pfund Sterling, und die Regierung sowohl wie die Stadt London haben sich bereiterklärt, im Falle der Verwirklichung des Planes dem Theater eine laufende Subvention zur Verfügung zu stellen. Neue römische Ausgrabungen in England. Die Ausgrabungs- arbeiten an dem alten romischen Kastell Canovium, fünf Meilen süd- lich von Eonway. dessen erste Spuren im vorigen Jahre entdeckt worden waren, sind nach einem Bericht der Ausgrabungskommission in diesem Jahre mit gutem Erfolg weitergeführt worden. Man hat dabei neben den üblichen Toren solcher Kastefle auch die Fundamente eines Stalles und einer großen Reithalle entdeckt, woraus geschlossen wird, daß di? römischen Bosatzungstruppen in dem ihnen unge- wohnten feuchten Klima einen Teil ihrer Hebungen in gedecktem Raum ausführte«.