Ziehungsbeginn der 5. klasse.
Unter großem Andrang des Publikums.
Gestern vormittag um 8% Uhr wurden im Gebäude der Lotteriebirektion in der Jägerstraße von dem technischen Direktor die lezten Prüfungen vorgenommen und die Lose und Gewinne eingeschüttet. Zunächst wurden alle vor= liegenden Beschwerden verlesen und dem Publikum die Lose, die angeblich nicht mehr in der Lostrommel sein sollten, gezeigt. Auch sämtliche große Gewinne wurden gezeigt und dann einzeln in die Gewinntrommel gelegt.
Heute vormittag war der Andrang in der Jägerstraße erheblich stärker. Um 8 Uhr sollte die Ziehung beginnen. Als der Zuschauerraum geöffnet wurde, waren sofort alle Bänke bejezt. Nur schubweise konnte das Bublifum eingelassen werden. Der Beginn der Ziehung verspätete sich etwas. Die für den heutigen Ziehungstag bestimmten Kommissare sind Beamte der Preußischen Bau- und Finanzdirektion. Sechs Beamte haben vormittags Dienst und sechs nachmittags. Den einzelnen Beamten wird die Art der Tätigkeit von dem technischen Direktor erst zu Beginn der Ziehung angegeben. Einige Minuten nach 49 Uhr nahmen die drei 3iehungs: tommissare und hinter ihnen, auf erhöhten Stühlen, die drei Kontrollkommissare ihre Pläge ein. Ein Klingelzeichen verkündete den Beginn. Beide Trommeln werden gedreht und dann die Klappen geöffnet. Zu gleicher Zeit faßt ein Kommissar ein Los, der andere einen Gewinn. Losnummer und Gewinnhöhe werden verlesen. Dann wiederholt der zweite Kommissar, der in der Mitte figt, die Angaben und spießt Los und Gewinnrolle auf eine Nadel. Nachdem die ersten hundert Gewinne gezogen sind, werden die Trommeln geschlossen und gedreht. Die gezogenen Los- und Gewinnröllchen werden auf einen Faden gezogen und versiegelt.
„ Bitte, wo ist hier Nr. 57?"
Ein Groß- Berliner Straßenkuriosum.
Eine Straße, die mit 57 zu zählen anfängt und mit 57 am anderen Ende wieder aufhört und mitten dazwischen auch noch ein Grundstück mit der rechtmäßigen Nr. 57 besitzt Wie, das gäbe es nicht in Berlin ? So etwas täme nur in Schilda vor? O nein, Sie fennen Berlin nicht oder Sie bedenken wenigstens nicht, daß es erst sieben Jahre her ist, seit es ein einheitliches Groß- Berlin gibt. Und sieben Jahre reichen eben nicht aus, um einen einheitlichen Straßenzug auch einheitlich durchzunumerieren. Beweis: Die Attilastraße in Tempelhof , die künftige große Ausfallstraße im Zuge der Manteuffelstraße, zufammengefeßt aus der alten Attilastraße Tempelhofs und der Tempelhofer Straße Mariendorfs. Eine Straße mit stärkstem Berfehr( nach den Bahnhöfen Mariendorf und Südende), seit Jahren Und jedes Haus darf in eifrigster Bebauung begriffen. numerieren, wie es will, nach alter oder nach neuer Zählung, nach Tempelhofer oder Mariendorfer Muster. Da gibt es also tatsächlich kilometerweit voneinander entfernt zwei Häuser Nr. 57, da gibt es zwei Na ch bar häuser, von denen das eine die Nr. 41, das andere die Nr. 78 trägt! Auch 106 und 56 liegen dicht beieinander!
Bis sich der Bezirk zu einer einheitlichen Numerierung entschließt, geben wir daher zum Nutzen und Frommen unserer Leser, die etwa dienstlich oder außerdienstlich einmal ein Haus in der Attilastraße zu suchen haben, den nachstehnden Straßenführer" durch das Nummernlabyrinth dieser kuriosen Hauptstraße:
43 laufend bis 57.. 46 laufend bis 16.. unbebaut. Attila straße.
( fünftig) 57. 23.. 40. 41. 78 laufend bis 97.... 106. 56. 57.
Eine ganze Familie verschwunden.
Zwei geheimnisvolle Kriminalfälle.
Faft zu gleicher Zeit werden die Behörden auf 3 wei höchst| gemuntelt wird, daß der Verbrecher die Opfer betäubt und dann merkwürdige und geheimnisvolle Kriminalfälle aufmerksam, die seit auf die Schlackenhalden gebracht hat und diese dann anzündete, Jahren unaufgeklärt jind, aber an den Orten, an denen sie sich zudann ist ein Aufhellen des Verbrechens nicht möglich. Nur ein getragen haben, unausgeseht die Gemüter beschäftigen. Es sind in Geständnis des Wissenden kann die Bevölkerung des Gebietes pon einem schweren Druck befreien, unter dem sie steht, solange das dem ersten Fall jeht genau 2½ Jahre her, daß die Familie Thema Broda besteht. Wie es heißt, hat die Polizei die Unterdes Bergmannes Broda in Redlinghausen, bestehend suchung jetzt nach einer anderen Seite hin vorgenommen, über deren aus der Frau Broda und ihren fünf unmündigen Kindern, Ergebnis aber noch nichts gesagt werden kann. wie vom Erdboden verschwunden ist. Alle Recherchen der Polizei ganz Deutschlands blieben bisher ohne jeden Erfolg, und es scheint, als sollte der rätselhafte Verbleib der Personen in ewiges Dunkel gehüllt bleiben. Der zweite Fall hat sich in Görlitz zugetragen und liegt bereits 8 Jahre zurück. Hier handelte es sich um eine damals 35jährige Poftbeamtin Hildegard Fritsche, die von einem Gang zum Posttasten nicht zurückgekehrt ist und seitdem spurlos verschwunden ist.
Im Februar des Jahres 1925, also vor nunmehr zweieinhalb Jahren, tauchte in Redlinghausen zum ersten Male das Gerücht von dem spurlosen Verschwinden der Familie Broda auf. Der Ehemann Broda, ein Mann in den Bierzigern, gab an, Frau und Kinder zur Bahn gebracht zu haben, damit sie zu Verwandten in dem nahen Lünen fahren sollten, denn Broda, der auch mit seiner Familie in Unfrieden lebte, war arbeitslos, und es ging ihm herzlich schlecht. Aber weder Frau noch Kinder find in Lünen angefommen, trozdem Broda sie bis auf den Bahnsteig geleitet hatte und auch die Fahrkarten nach Lünen gelöst haben wollte. Im Laufe der Zeit recherchierte die Polizei auch nach der Richtung hin, ob die Frau mit ihren fünf Kindern nicht etwa in die ost preußische Heimatgefahren sein könne. Aber nichts, rein gar nichts ist von den sechs Personen bisher ermittelt worden. Was Wunder, wenn die Polizei eine sorgfältige Beobachtung des Bergmannes Broda vornahm und ihn mit allen polizeilichen und psychologischen Mitteln bearbeitete, um ein eventuelles Geheimnis zu lüften. Es war aber nichts aus ihm herauszubekommen. Die Polizei ist jedoch der festen Ueberzeugung, daß Broda, dem die große Familie unter den obwaltenden Umständen eine Last sein mußte,
seine Frau und Kinder ermordet
hat. Nach zweijähriger Untersuchungshaft mußte man den VerEin neuer furchtbarer dächtigen aus dem Gefängnis entlassen. Verdacht tauchte mit einem Male gegen den Bergmann auf. Man entjann sich, daß zur faſt ſelben Zeit, als das Verschwinden der Familie Broda bekannt wurde, die großen Schladenhalden auf Zeche Graf Blumenthal, die in unmittelbarer Nähe liegen, auf unerklärliche Weise in Brand geraten waren. Der Brand dauerte wochenlang an. Wenn es wahr ist, was jetzt
Die Junkers- Werke in der Abwehr.
Die Wetteraussichten waren günstige.
Das Ergebnis der gestrigen Dessauer Beratungen über die Wiederholung des Dzeanfluges ist von einigen Blättern so ausgelegt worden, als hätten die Junkers- Werke auf einen neuen Versuch überhaupt verzichtet. Wie das Wolff- Bureau von einer Junkers nahestehenden Seite erfährt, trifft diese Auffassung aber nicht zu. Das Projekt des Ozeanfluges wird von den Junkers- Werken auch
Ebenso rätselhaft und unheimlich ist das Verschwindender Postbeamtin Hildegard Frißsche aus Görlitz . Am 20. Oftober 1919 war sie wie üblich nachmittags 4 Uhr aus ihrem Dienst gekommen, den sie seit 10 Jahren zur vollen Zufriedenheit ihrer Vorgesetzten ausgeübt hatte. Sie ging dann bis 7 Uhr spazieren. Als sie zurückkehrte, stand das Abendbrot bereits auf dem Tisch. Sie ging aber mit dem Bemerken wieder hinaus, daß sie rasch noch eine Postkarte in den Kasten steden wolle und gleich wiederkommen werde.
Von diesem Ausgange ist sie nicht zurückgekehrt. Sie kann nicht die Absicht gehabt haben, wegzubleiben, denn sie hatte weder Mantel noch Hut noch Handtasche oder dergleichen, auch feinen Pfennig Geld mitgenommen. Der Briefkasten ist nur sieben Minuten von der Wohnung entfernt. Die sorgfältigsten Nachforschungen haben auch nicht die geringste Spur von dem Verbleib der Vermißten ergeben. Niemand hat sie auf dem Wege nach dem Briefkasten beobachtet oder gesehen, wohin sie sich von da aus gewandt hatte. Auch unter den unbekannten Leichen ist die ihrige nicht gefunden worden. Bekanntschaften pflegte die Vermißte nur mit Herren, die auch in ihrer Familie verkehrten. Keiner von ihnen hat eine Ahnung, was sie veranlaßt haben könnte, das Elternhaus zu verlassen. Ganz flüchtig hatte sie, wie festgestellt wurde, einen Mann fennengelernt, der damals noch in einem Militärverhältnis stand aber am 21. Oftober entlassen werden sollte. Diesen Mann hatte sie drei- oder viermal vorübergehend gesprochen. Ob er mit ihrem Verschwinden in Verbindung steht, weiß man nicht, denn es war nicht möglich, ihn zu ermitteln. Man weiß auch gar nicht, wie er heißt. Weil man annehmen muß, daß das Mädchen einem Verbrechen zum Opfer ge= fallen ist, so hat jetzt die Mordkommission der Kriminalpolizei die Nachforschungen noch einmal aufgenommen und erbittet Mitteilungen, die irgendwie zur Aufklärung beitragen fönnen. Hildegard Fritsche, die jetzt 43 Jahre alt sein müßte, iſt 1,68 Meter groß, von schmächtiger Figur, hat graue Augen, eine etwas aufgeworfene Oberlippe und trug zwei falsche Zöpfe. Besondere Kennzeichen sind eine Brandnarbe am linten Arm und eine Blinddarmoperationsnarbe. Als Schmuck trug sie an der linken Hand einen Trauring mit der Gravierung F. A. F. 16. 10. 52.
Bauernrennen.
Auf zum Bauernwettreiten! prahlen Plakate in den südlichen Bororten. Der Berliner , der glaubt, daß die Grenze der Vergnügen am Spreetunnel in Stralau endet, fühlt sich geschlagen, denn ein Bauernreiten hat er noch nicht mitgemacht. So ist auch eine an= dächtig zuschauende Menge auf dem flachen Stoppelfeld der Budower Dorfmart versammelt, eine größere steht hinter
erhair hoffen, daß er bereinst einen Platz im Märkischen Muſeum fügung, sondern mit der ruhigen Gachlichteil und Ueberlegung, die von hier aus mur ben aller centien als Baungate, held and
Die Zwillingswagen" der Straßenbahn.
Die erst fürzlich auf der Linie 177 versuchsweise in Betrieb genommenen zehn willingswagen" haben sich bereits gut bewährt, so daß sich schon jetzt die Straßenbahn mit dem Gedanken trägt, bei Wagenneubestellungen diesem Typ den Vorzug zu geben und ihn auf allen weiteren Linien laufen zu lassen. Die Beobach tungen haben gezeigt, daß die Zwillingswagen eine wesentlich schnellere Abfertigung ermöglichen und auch eine Berminderung der Fahrzeit zur Folge haben. Die bisher geltende Anordnung wurde so geändert, daß ein Motor dem Triebwagen entnommen und in den Anhängewagen eingesetzt wurde, so daß jeder Wagen einen modernen, luftgefühlten Motor erhalten hat. Der zweite Wagen wird dadurch nicht mehr vom ersten gezogen, beide Wagen laufen gleichzeitig an und bremsen gleichmäßig und selbständig. Das Gesamtgewicht des Zuges wird zum Anfahren und Bremsen ausgenugt; infolgedessen kann mit großer Kraft angefahren und gebremst werden. Durch den nach der Mitte verlegten Eingang fonnte die Zahl der Sigpläge von 24 auf 32 erhöht werden. Zur Unterstügung des Glockenzeichens ist ein Lichtsignal vorgesehen, das bei jedem Anschlag der Glocke des zweiten Wagens auch im Vorderwagen und vor den Augen des Führers aufblißt. Die Lüftung wurde durch die sogenannten Flettner Lüfter" wesentlich verbessert; auch mit den als Schiebetüren angeordneten Eingangstüren, die durch ein Handrad bedient werden, hat man die denkbar besten Erfahrungen gemacht. Im letzten Jahr sind 1000 veraltete Wagen aus= rangiert und 1000 neue die bekannten gelben Wagen in Dienst gestellt worden. Die alten Wagen wurden nach Herausnahme Der Eisenteile vollständig verbrannt, da die Verbrennung die billigste Art der Vernichtung darstellte. Schade um das schöne Brennholz. Zahlreiche arme Familien hätten auch noch die Arbeit des Verbrennens allerdings im eigenen Ofen ebenso wie den Abtransport fostenlos übernommen. Die Wirtschaftlichkeit in allen Ehren aber genau so wie zahlreiche Großfirmen ihre Holzabfälle verkaufen, hätte sie die Straßenbahn oder wer immer hier verantwortlich sein möge, ihr überflüssiges Holz für Heizzwecke abgeben fönnen. Oder haben sie unter Dampfteffeln ein immerhin noch wirtschaftlich einwandfreies Ende gefunden? Bielleicht äußern sich die in Frage kommenden Stellen zu dieser Angelegenheit!
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Weitere Vernehmung Gutowskis.
Der Seifenhändler Gutowski wurde in der vergangenen Nacht von Kriminalrat Gennat und Kriminalkommissar Nebe bis in die frühen Morgenstunden hinein weiter verhört. Was er zu den Todesfällen in der Rosenthaler Straße und in seiner Wohnung in der Kurfürstenstraße ausgesagt hat, ist bereits bekannt. Mit anderen ungeklärten Todesfällen will er nichts zu tun haben. Er bestreitet, daß außer der Hedwig Desterreich in seiner Wohnung ein Mädchen gestorben oder gar von ihm zerstückelt worden sei. Für die Zeit, die für den Tod der Hausangestellten Frieda Ahrendt, die Zerstückelung ihrer Leiche und die Beseitigung der Leichenteile in Betracht tommt, machte er bestimmte Alibiangaben, die genau festgelegt wurden und jetzt im einzelnen nachgeprüft werden. Unter den Sachen, die in der Wohnung gefunden und beschlagnahmt wurden, befinden sich auch blut befleckte Wäsche stücke, und zwar Leib- und Bettwäsche. Gutowski gibt für diese Besudelungen eine Erklärung, die, wenn sie sich bestätigt, harmlos wäre. Das ganze beschlagnahmte Material muß noch chemisch untersucht werden. Daß er häufiger Besuch von Straßenmädchen und auch von anderen Mädchen in seiner Wohnung gehabt hat, bestreitet der Verhaftete nicht. Er wird heute, nachdem die Berhöre nunmehr abgeschlossen find, wegen Totschlages dem Untersuchungsrichter vorgeführt werden
auch, wie in der Presse durchaus anerkannt wurde, den Vorberei tungen des ersten Versuchs zugrunde lag. In diesem Zusammenhang wird übrigens auch die Darstellung als falsch bezeichnet, wonach der Start am Sonntag nur aus Prestigegründen erfolgt sei, obgleich die Wettermeldungen ausdrücklich abgeraten hätten. Tatsächlich liegen die Dinge so, daß die Hamburger Seemarte, ebenso wie die anderen beratenden Meteorologen, die Wetterlage am Sonntag als besonders günstig dargestellt haben. Sonntag als besonders günstig dargestellt haben. Entscheidend war dabei, daß man den Flugzeugen, wenn sie die verabredete Nordroute über die Orkney- Inseln wählten, auf dem größten Teil des Weges nach Amerita günstiges Wetter und sogar Rüdenwind voraussagte. Auf der Nordsee fanden die Maschinen dann aber so außerordentlich schlechtes Wetter, daß es ihnen unmöglich war, überhaupt bis zur Nordroute durchzudringen. Diese Tatsache bestimmte das Schicksal des Fluges.
Feuer auf Bahnhof Köpenick.
Mehrere Züge der Feuerwehr waren gestern nacht fast zehn Stunden lang mit der Bekämpfung eines gefährlichen Feuers auf dem Bahnhof Köpenid beschäftigt. In dem Lagerraum eines Bahnhofsgebäudes, in dem viele hundert Zentner Breßfohlen lagerten, war vermutlich infolge Selbstentzündung Feuer entstanden. Die Gefahr wurde erst bemerkt, als ein Teil des Preßkohlenvorrates in Flammen stand. Große Wassermengen mußten in den Brandherd geschleudert werden. Erst gegen 11 Uhr vormittags waren die Ablösch- und Aufräumungsarbeiten beendet. Etwa 25 000 Kilo Breßfohlen fielen den Flammen zum Opfer.In einer Tischlerei auf dem Grundstück Urbanstraße 19 brach heute früh gegen 4 Uhr Feuer aus, das sich in kurzer Zeit auf den ganzen Betrieb ausdehnte. Der Feuerwehr, die mit zwei Löschzügen anrückte, gelang es, das Feuer nach fast dreistündiger Tätigkeit niederzufämpfen. Die Entstehungsursache ist noch unbekannt. Die Zwangsvorführung.
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herüberschallen. Da drinnen aber sind die bevorzugten Gäste, es ist auch in Buckow wie überall, das zahlende Publikum hat den Vortritt.
Alles zeigt die laute Angeregtheit des großen Borganges, daß nunmehr die Buckower Bauern reiten. Die mehrere Kilometer lange Bahn auf einem abgeernteten Roggenfeld ist dicht bestanden mit Zuschauern aller Schichten, Alters und verschiedenen Geschlechts. An den Biertheken dagegen stehen die rechten und echten Bauern, die nur gelegentlich einen Blick auf die Bahn werfen, wenn es gilt, eine Behauptung gegen die andere zu stellen, welches Pferd welchen Befizzers das jeweilige Rennen machen wird. Der unterliegende Teil ist dann meist auch derjenige, der die Zeche für die Runde zu bezahlen hat. Hinter diesen Vergnügungsfüchtigen ist die Hautevolee aufgefahren, die stehend auf ihren schmuden Zweispännern gleichsam die Tribünenpläße einnimmt. Schlächtermeister Lehmann aus Berlin SD. und Pferdehändler Schulze aus Neukölln zeigen, daß bei ihren Familien noch alles beieinander ist und daß es ihnen gut geht.
Mittlerweile wickelt sich auf dem Gelände das große Programm ab, das mit musikalischen Einlagen einer handfesten Kapelle gewürzt, mit Tusch und Trara darin besteht, 3 ug- und Aderpferde, auch solche vielleicht mit Halbblut, also keine berufsmäßigen Rennpferde, über den Acker zu jagen. Sie werden von fühnen und zähen Burschen geritten, meist von den Söhnen der Besizer, die eine gute Figur auf den Pferden machen, als wären fie geborene Kavalleristen. Ein harmloses und natürliches Vergnügen, gegen das man nichts einzuwenden hat und das sogar zu begrüßen wäre, fönnte man nur den Reitern mehr Pferdeverstand wünschen. Sie sollten ihren Tieren jetzt nach der schweren Arbeit der Ernte ein wenig Ruhe gönnen. Dagegen glaubt man bei den Pferden, die diese Rennen bestreiten, umgekehrt mehr Menschenverstand wahrs nehmen zu können; bei einem Teil zeigt er sich darin, daß sie trog der Schwere der Aufgabe Feuer und Temperament genug aufbringen, als erste durchs Ziel zu schießen, bei einem anderen auch wieder in der Bedächtigkeit und Schlauheit dieser undressierten guten Geschöpfe, wie sie z. B. beim Hürdenspringen erst einmal mit dem Borderfuß gegen die Hindernisse stoßen und wenn diese umfallen, froh ihren Weg weiter fortsetzen. Da hilft dann feine Empörung und fein Spott der enttäuschten Zuschauer, so ein Bauerngaul hat seinen Kopf für sich.
Ueber eine sehr rigorose Behandlung eines Angeklagten durch das Amtsgericht Neukölln wird uns berichtet. Der Redakteur eines Mitteilungsblattes für die Großsiedlung Briz war angeflagt, eine Berichtigung nicht gebracht zu haben. Den ersten Termin ver= fäumte der Angeklagte. Noch bevor er auf sein Versäumnis aufmerkjam wurde, stellte das Gericht die Vorladung zu einem zweiten Termin zu. In dieser Vorladung war der übliche Satz eingedruckt: Bei Nichterscheinen erfolgt 3wangsvorführung". Troz dieser Ankündigung tamen am Morgen, an dem der Termin stattfinden sollte, zwei Polizeibeamte mit einem Haft- und Vorführungsbefehl. Der Angeklagte durfte von morgens um sechs Uhr bis zum Beginn des Prozesses auf dem Polizeirevier warten. Wenn Auf den Schienen tot aufgefunden. auch zugegeben werden soll, daß es notwendig sein tann, sich des Angeklagten durch Haftbefehl zu sichern, so muß doch gesagt sein: Bei derart lächerlich geringen Strafdelikten hätte eine Androhung von Geldstrafe bei Nichterscheinen weit besser gewirkt. Derartige Maßnahmen sind völlig überflüssig und wirken schitanös. Es ist an der Zeit, daß die Aufsichtsbehörde einmal dem Amtsgericht Neufölln auf die Finger sieht, ob dort nicht weit über das Maß mit derartigen Methoden gearbeitet wird. An das Polizeipräsidium sei die Frage gestattet, ob es nicht taftvoller wäre, wenigstens für derartige Zwangsvorführungen Beamte in Zivil zu verwenden? Der Reviervorsteher des Bureaus in der Lahnstraße in Neukölln hat, das soll hervorgehoben werden, wenigstens die Vorführung vor das Amtsgericht durch einen Beamten in Zivil vornehmen lassen.
So sind eine Anzahl großer Erlebnisse an diesem Sonntag nachmittage zu registrieren, nicht zuletzt das, daß es auch in Budow schön ist und daß es sogar mit der Elektrischen zu erreichen ist. Aber hoffentlich gibt diese Feststellung nicht Anlaß, die Bauernrennen fünftig als Attraktion dem Stadtrummel einzureihen, dazu wären sie zu schade.
Seinen 60. Geburtstag beging Genosse August Strelow, Mitglied der 10. Abteilung, am 15. Auguft. Seit 35 Jahren hat er als Funktionär der Partei stets in vorbildlicher Weise unermüdlich in der Kleinarbeit feinen Mann geftanden.
In der Nähe vom Bahnhof Zehlendorf , zwischen den Kilometersteinen 13,2 und 13,3, auf dem Bahngleis der Fernbahn Berlin - Potsdam wurde heute morgen 5 Uhr die völlig verstümmelte Leiche eines Mannes gefunden, dessen Personalien noch nicht festgestellt werden konnten. Ob Selbstmord oder ein Unglücksfall vorliegt, bedarf noch der Aufklärung. Die Leiche wurde in die Friedhofshalle in Zehlendorf gebracht. Erdbebenopfer in Turkestan .
London , 17. August. Wie Reuter aus Moskau meldet, sind bei dem letzten Erdbeben in Namangan in Turkestan 130 unterirdische Erschütterungen regi striert worden. Im ganzen wurden ungefähr 500 Häufer zeritört und über 2500 beschädigt. Der angerichtete Schaden foll sich auf über eine Million Rubel belaufen. Die Zahl der Loten hat fich auf 30 bis 40 Personen, die der Verwundeten auf 70 bis 80 erhöht.