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Unrationelle Tabakwirtfthast. Verfehlte staatliche Eingriffe. Das Problem des Handels. Die zn hohen Spesen.

Wenn der Reichstag wieder zusammentritt, wird er die Schmie- rigkeiten in der Zigarettenindustrie durch«in paar Ver- ordnungen des Reichsfinanzministeriums und durch unglückliche Einigungsversuche der Zigarettenindustrie selbst nicht viel verändert vorfinden. Die Beschäftigung und die Produttion zeigen eine ge- wisse Besserung, doch scheint es. daß sie zum Teil durch künstliche und nur vorübergehend wirkende Eingriffe hervorgerufen ist. Beschäftigungsgrad der im deutschen Tabakarbeiterverband organi- sierlen Zigarettenarbeiter und die versteuerten Zigareltenmengen.

Monat

Januar. Februar. März.. April.. Mai... Juni.. Juli.. August.. September Oktober. November Dezember

19-25

Monats­zahl dft Scfdjöfti- gung in Pro».

Quartal» zahlen der Prod. in Milli-rd. Stück

!.bi .9

78,5' 71 78, 86,0 80,3 86,8 83,6 84,6 70,6 27, 28 28,

6.94 8,29 12,69 3,58

1926

Monats. zahl der Beschiilli. gung in Pro».

Quartals zahlen der Prod. in Milliard. Stück

31,8 31,1 39,0j 41,3' 49,4 69, 9i 58,21 47,7 482, 52, 61 46,

6,06 7,37 7,70 7,21

1927

Monats» zahl der Beschäm» gung in Pro,.

63,1) 53,7j 57,3] 70,0 83,7 85,8 82,2

Quartal«. zahlen der Prod. in Milliard. Stück

6,87 8,12

Die grohen Schwankungen, deren erstes Opfer stets die Arbeiter- schaft ist, sind zum Teil die Folge der häusigen gesetzgeberischen Aenderungen: so namentlich die riesige Vorversorgung im Sommer 1925 vor dem Inkrafttreten der starken Steuer- erhöhung durch Einführung der Materialsteuer. Auch die Pro- duktionssteigerung, die das letzte Quartal verzeichnet, wird zu einem grohen Teil auf das Konto des berüchtigten Maierlasses des Reichsfinanzministeriums zu setzen sein, der die Unternehmungen zu starken Umsatzsteigerungen angepeitscht hat. Das läßt auch das Wiederabsinken der Beschästigungszahl der Zigaretten- a r b e i t e r im Juli vermuten.(Dieses Absinken ist noch etwas größer als in der Tabelle, da in die Julizahl zum erstenmal die Ueberstundenarbeiten besonders mit eingerechnet sind.) Aber nicht nur der amtliche Erlaß, sondern auch die kartellähnlichen Vorverhandlungen innerhalb des Gewerbezweiges selbst haben zunächst einmal dazu geführt, daß man allseitig die Umsätze steigerte. Diese Kartellverhandlungen scheinen für diesmal ge­scheitert zu sein. DerSchutzverband" der Großziaarettenindustrie, der aus Anlaß der amtlichen Versuche, die Handelsspesen zu regeln, «inen Ausschließlichkeitsvertrag mit dem gesamten Handel ab- schließen wollte, ist auf einen unüberwindlichen Widerstand der Außenseiter und auf den Unwillen des Handels selbst gestoßen. Damit ist die Frage aus de» Verhandlungszimmern der Privat- Wirtschaft wieder vor die politischen Entscheidungsstellen gekommen. Denn die Ursache der Aufblähung bleibt in der heutigen gesetz- lichen Regelung, mit ihrem System der übergroßen Steuerstun­dungen. begründet. Diese Stundungen bedeuten einen sich ewig er- neuernden zinslosen Betriebskredit, der die Firmen zu einer übermäßigen Erweiterung ihrer Betriebe und erst recht zu einer weiteren Beschleunigung des Um- schlags, dadurch auch zu starken Reklameausgaben und zum Kampf um den Händler antreibt. Nach den Berichten einiger Aktiengesell- schasten betrug nun die Steuerschuld in Prozenten des Aktienkapitals: bei Reemtsma 257 Pro,;., bei Muratti 374 Proz., bei Batschari 322 Pro;., bei Greiling 438 Proz., bei Laferme allerdings 0 Proz., bei Jasmatzi 55 Proz., bei Manoli 104 Proz. Auch die Verschuldung bei Waldorf-Astoria sowie bei Haus Bergmann, die das je Fünfsache des Aktienkapitals beträgt, dürfte zum großen Teil eine Verschuldung an den Fiskus sein. Auf das wirklich investierte Gesamtkapital der Zigaretten- industrie bezogen, wird die Steuerschuld als das Eineinhalb- bis Zweifache des Kapitals angegeben! Diesem Zustand, der die Steuer- einnahmen wie die normale Jndustrieentwicklung gleich gefährdet, sollte man zunächst durch eine vernünftige Aenderung der Stundungsbestimmungen begegnen. Die hohen Handelsrabatte find, wie schon gesagt, mit die Folge der Produktionsaufblähung. Das bedeutet nicht, daß es jedem einzelnen Tabakhändler gut geht, vielmehr verteilt sich der gesamte Umsatz auf«ine übergroße Zahl von Händlern, die bei geringster Verschärfung der Krise an den Rand des Eristenz- Verlustes gestellt würden. Es genügt der folgende Vergleich der Be- deutung des Tabakwarenkleinhandels in Deutschland und in andepen Ländern(die Zahlen beziehen sich für Deutschland , Oesterreich und Schweden auf das Jahr 1925, für Großbritannien und Frankreich auf das Jahr 1924): Zigaretten- unS Tabakverbrauch. Der jährliche Zigarettenverbrauch pro Kopf der Be- völkerung betrug in Deutschland 483, in Großbritannien 652, in Oesterreich 586, in Frankreich zirka 200 bis 250, in Schweden 197 Stück. Da der Tabakwarenhandel sich nicht auf Zigaretten beschränkt und der Anteil der Zigaretten am Tabakverbrauch in verschiedenen Ländern verschieden ist, sei noch der gesamte Tabakoer- brauch in Kilogramm pro Kopf angegeben:

Deutschland. , Großbritannien Oesterreich 4, Schweden ,, Frankreich ..

13 Kilogramm 1,3 1,6 1,4 1,4

In allen diesen Ländern ist also der durchschnittliche Gewichts- Umsatz ziemlich gleich(Deutschland an erster Stelle), während in dem Zigarettenumsatz England an erster, Oesterreich an zweiter und Deutschland an dritter Stelle steht. Die verschiedene Verteilung der Bevölkerung zwischen Stadt und Land erklärt zum Teil diesen Unter- schied in den Rauchsittcn. Die Ueberfetzung Ses Hanüels. Die verteilt sich aber der Umsah auf die Gesamtheit der Tabak- warendetallhändler? ZähU man olle Tabakwarenkleinhändler, also nicht nur die sogenannten Spezialisten, sondern auch die Gastwirt- schasten, Kölonialwarengeschäfte usw., die einen ausgedehnten Ziga- rettenhandel betreiben, zusammen, so entfallen in Deutschland aus 10 000 Einwohner 83 solcher Geschäfte. Man vergleiche damit die entsprechenden Zahlen in anderen Ländern: In Schweden beträgt-die Zahl der Händler per 10 000 Ein- wohner 32: die Zahl der von dem österreichischen Tabak- Monopol konzessionierten Tabakhändler(Trafikanten) pro 10 000 Einwohner beträgt 24, die Zahl der vom französischen Mono- pol konzessionierten 12 pro 10 000 Einwohner. Allerdings hat England, das weder ein Handelsmonopol des Staates(wie in Oesterreich und Frankreich ) noch die zwangsweisen Abfindungen der Kleinsthändler(wie in Schweden ) kennt, eine noch größer« Zahl von Kleinhandelsgeschäften pro 10 000 Einwohner als Deutschland , näm- lich 95. Verechnet man also den Durchschnittsumsah, so steht Deutsch . load au letzt« Stelle. Es entsieleu jährlich Zigaretten auf ein«in-

zelnes Kleinhandelsgeschäft(in 1000 Stück): in Deutschland 53, in Eng- land 65. in Schweden 62, in Frankreich zirka 160 bis 200, in Oester- reich 243. Dem Umsatzgewicht aller Tabakwaren nach scheint Eng- land wiederum schlechter dazustehen als Deutschland (England 140 Kilogramm pro Geschäft, Deutschland 220 Kilogramm, Frank- reich 1180 Kilogramm, Oesterreich 2110 Kilogramm und Schweden 4970 Kilogramm), doch dürfte dies infolge des relativ viel höheren Wertes der Zigaretten gegenüber den anderen Tabakwaren die Richtigkeit des ersteren Vergleiches, soweit Umsatzwert« in Betracht kommen, nicht in Frage stellen. Uebermäßig hohe Spesen. Diese relativ geringeren Umsätze haben zur Folge, daß aus 1000 Zigaretten in Deutschland größer« Spesen entfallen, und daß daher größere Handelsrabatt« verlangt werden müssen als in anderen Ländern. Die deutschen Sätze für den Kleinhandels- rabatt sind nach der Iuliverfügung des Reichsfinanzministeriums je nach dem Umsatz auf 27 bis 2914 Proz. erhöht worden, doch dürften die wirtlichen Rabattsätze noch um einige weitere Prozente über den amtlichenRichtlinien" liegen: so hatte der.Schutzverband" den kartelltreuen Händlern noch einen weiterenTreurabatt" in Aus- ficht gestellt. Für Länder mit freier Tabakwirtschaft haben wir keine genauen Angaben, aber es genügt schon ein Vergleich mit den Monopolländern. In Prozent des Verkaufspreises betrug der Handelsrabatt: in Frankreich 1924 8,1 Proz., in Oesterreich 1925 10 Proz.,(dto. unter Berücksichtigung der Gewinnrückzahlungen der Händler 9,3 Proz.), in Schweden 1925 13,4 Pro,;. Die Uebersetzung im Tabakhandel ist in Deutschland zum großen Teil die Folge der Inflation. Die Probleme des Tabakwaren- Handels bilden sicherlich nur einen Teil vom Gesamtproblem der Zigarettenindustrie. Denn auch in d« Produkttonssphäre ist eine übergroße Iersplilkernng in dieser an sich entwicklungsfähigen Industrie festzustellen. Das überraschende Steigen des Verbrauchs, das zum großen Teil auf die Zunahm« des Rauchens der Frauen und auf den Zuwachs der städtischen Bevölkerung zurückzuführen ist, haben wir schon oben in Ziffern gezeigt. Dieser Konsumsteigerung ist es zu verdanken, daß die Zigarettenindustrie nicht nur den vollen Betrag der Steuer- erhöhung, die nach Einführung des Dawesplanes erfolgt«, getragen hat, sondern daß sie auch noch darüber hinaus erhöhte Preise von den Konsumenten verlangen konnte, sei es zur Deckung notwendiger Ausgaben, die die Qualitätsverbesserung erforderte, sei es zur Deckung übergroßer Produktions-, Reklame- und Handels- spesen, die das heutige Regime der Steuerstundung und der Betriebs- Zersplitterung ermöglicht und erzwingt. Jedenfalls ist die durch- schnittliche Erhöhung des deutschen Zigarettenprcises nicht nur ein« Folge der hohen Steuern. Der Anteil der fiskalischen Lasten an dem Preis ist im Laufe des Jahres 1925 von 15,5 auf 21,8 Proz. gestiegen, um im Juni 1926 auf 18,5 Proz. zu fallen und 1927 sich auf 19.5 bis 19,6 Proz. zu erhöhen. Im Durchschnitt wird heute eine 4,6 Pf.-Zigorett« statt der 3,6 Pf.-Zigarette vom Sommer 1925 geraucht. Dieser Mehrpreis von 1 Pf. verteilt sich aber zwischen dem Fiskus und dem Gewerbezweig fast zu gleichen Teilen. Die gestiegene Kaufkraft der Bevölkerung und die Zunahme des Zigarettenrauchens haben also der Zigarettenindustrie und dem Tabakwarenhondel einen gewissen Sonderverdienst erlaubt, der bisher offenbar zum großen Teil in Form überflüssiger Spesen ausgegeben wurde. Aufgabe der Oeffentlichkeit, vielleicht der Gesetzgebung, wird es sein, Wege zu finden, um diesen Sonderverdienst dem Ver- braucher in Form von Preisermäßigungen oder Qualitäts- erhöhungen oder, soweit es nötig ist, der S t e u e r k a s s t! zu­zuführen. Die freie Konkurren;, die sich allerdings-n den letzten Iahren unter den abnormen Bedingungen der übermäßigen Steuer- stundung abspielt, hat diese Aufgabe nicht gelöst, und auch die privatmonopolistischen Versuche der letzten Monate haben sich als der Aufgabe nicht gewachsen erwiesen.

Konzentration in üer Elektroindustrie. Zusammenschluß süddeutscher Großkraftwerke. Die Verhandlungen zwischen Württemberg und Baden über den Zusammenschluß des Leitungsnetzes der Württembergischen Landes-Elektrizitäts-A.-G. und des Badenwertes sind jetzt zum Ab- schluß gekomnien. Damit wird zwischen Pforzheim in Baden und dem württembergischen Obertürkheim die noch fehlende 100 OOO-Volt- Verbindung hergestellt. Mit dieser Verbindung ist ein durch- laufendes.100 OOO-Volt-Leitungsnetz von annähernd 600 Kilometer Länge vom Oberrhein bis zu den bayerischen Groß- kraftwerken am Walchensee geschaffen. Das Bedeutsame ist, daß sämtliche Großkraftwerke Süddeutschlands an dieser Leitungsstrecke gelegen sind, so daß die Werke untereinander in den Perioden der Ueberlastung oder des Absatzmangels ausgleichend eingreifen können. Dadurch wird nicht nur die Sicherheit der Stromversorgung verstärkt, sondern die Werke können auch durch den gegenseitigen Ausgleich gewisse Unregel- Mäßigkeiten im Absatz und der Stromherstellung leichter überwinden, so daß die Ersparnis erheblicher Unkosten sich künftig auch im Strom- preis bemerkbar machen wird. Bedeutend« Ausbauken bei dem Preußischen Kraftwerk Ob«. weser A.-G. Das dem preußischen Staat gehörende Kraftwerk Oberweser A.-G. in Kassel gibt in ihrem mit dem 31. März 1927 abschließenden Geschäftsbericht interessante Einzelheiten über die vorgenommenen Betriebserweiterungen an. Die Stromabgabe stieg von 141 auf 169 Millionen l<WH, also um 20 Proz., währenid die Strom e r z e u g u n g mit 186 Millionen l-WK nur wenig über der des Vorjahres liegt. Trotz der gestiegenen Stromabgabe konnten die Anlagen nicht voll ausgenutzt werden. Jedoch vertritt die Verwaltung den Standpunkt, daß der großzügige Ausbau der Anlagen trotz der zutage tretenden Be- lastung durch die nicht voll ausgenutzten Betriebe seine Berech- t i g u'n g habe, da sie bereits unter Berücksichtigung der künftig ver- stärkt einsetzenden Strombedarfs errichtet wurden. Da- her mußte jetzt bereits die Basis zur Uebernahme neuer Stromliefe- rungen geschaffen werden. Insbesondere wird auf zwei neue Projekte hingewiesen, die der weiteren Entwicklung des Unternehmens ihren Stempel aufdrücken: Eine Verbindungsleihing von 60 000 Volt zu dem gleichfalls preußischen Großkraftwerk Hannover und die bereits fertiggestellte 100 OOO-Tolt-Leitung von Borken nach Frankfurt und Dettingen. Da» zweite Kraftwerk an der Edder- talsperre soll als Spitzen wert arbeiten. Der Bau dieser Neuan- läge wurde durch Darlehen vom preußischen Staat finanziert. Im Einvernehmen mit dem preußischen Staat wurde von einer K a p i- talerhöhung abgesehen, da in Verbindung mit der Z u s a m- menfassung der preußischen Elektrobetriebe ohne- hin auch die finanziellen Fragen neu geregelt werden. Die Aschlngn A..G. V«lia. wird für das Geschäftsjahr 1926 wieder eine Dividende von 12 Proz. auf da» Lkttenkapital von drei Millionen Mark verteil«»

Warum nicht gleich so? Der Landbundminister Schiele wird fortschrittlich. Reichslandwirtschaftsminister Schiele er nennt sich jetzt bereits in offiziellen Mitteilungen so und nicht mehr fälschlich Er- nährungsminister veröffentlicht einen Erlaß über die Hebung der Milchproduktion. Dieser Erlaß ist in verschiedenen Punkten auch für die Arbeiterschaft bemerkenswert. Es heißt darin: Da die Milchviehhandlung vorwiegend in den Händen der land - wirtschaftlichen Klein- und Mittelbetriebe liegt und die Milchgelder vielfach die einzige regelmäßig lausende Einnahmequelle dieser Be- triebe bilden, so bedeutet die erhöhte Einfuhr von Molkereierzeug- nisten eine starke Gefährdung der bäuerlichen Besitzer. Infolge von handelsoertraglichen Bindungen kommen zurzeit zur Beseitigung der geschilderten Umstände Maßnahmen auf zollpolitischem Gebiete nicht in Betr ach t. Um so mehr liegt Veranlassung vor, die Mittel zu ergreifen, die aus eigener Kraft eine Besserung herbeizuführen vermögen. Ein« der Haupt- Ursachen für die Einfuhr ausländischer Molkereierzeugnisse, insbeson- dere von Butter, liegt in dem Umstand«, daß im Gegensatz zum Zluslande in Deutschland die Herstellung von großen Mengen Ware gleicher Beschaffenheit und Güte noch nicht in dem Umfange erfolgt, wie die Bedürfnstse des Marktes es erfordem. Ich halte es daher für notwendig, daß mit oller Energie und größter Beschleunigung versucht wird, hier den Hebel zur Besserung der Verhältniste einzusetzen und daß die Standardisierungsbestrebungen der Wirtschaft, der Landwirtschaftskammern und der sonstigen hierzu berufenen Stellen nach Kräften geförden werden. Die Herstellung von Standardwore in großem Umfang« wird indes davon abhängig fein, daß die Qualität der gewonnenen Milch und der Milcherzeugnisse allgemein gehoben wird. Neben den hier nicht näher anzuführenden, als bekannt voraus- gesetzten Mitteln zur Erreichung dieses Zieles wird ein besonderes Augenmerk auf die Verbesterung der technischen Einrichtun- gen für Milchgewinnung, Milchtransport sowie Milchverarbeitung zu richten und auf eine Rationalisierung der Molkereibettiebe hin- zuwirken sein. Hierzu rechne ich auch die Zusammenlegung unwirtschaftlich arbeitender Kleinbetriebe zu leistungsfähigen genossenschaftlichen Betrieben, die Errichtung großer Butter herstellender Molkereien und endlich den Ausbau der groß- städtischen Milchversorgung. Endlich wird auch der Absatz der milchwirtschaftlichen Produkte, gegebenenfalls durch Schafung von besonderen Absatzorganisationen und dergleichen zu fördert, sein. Soweit die Herstellung von Standardware und die Erreichung der sonstigen, als erstrebenswert hingestellten Ziele davon abhängig ist, daß die technischen Einrichtungen für die Milchgewinnung, den Milchtransport und die Milchverarbeitung, soweit sie neuzeitlichen Anforderungen nicht mehr entspre6)en, ergänzt od« neu beschafft werden, oder daß ßsonstige Maßnahmen ergriffen werden, deren Durchführung größere Geldmittel erfordert, ist die R e i ch s r e g i e- r u n g entschlossen, sich für eine Bereitstellung der erforderlichen Mittel im Kreditwege einzusetzen." Was für die Milchwirtschaft gilt, gilt natürlich in erheblichem Umfang für andere Zweige d« landwirtschaftlichen Produktion auch. So hat zum Beispiel die Standardisierung im Gartenbau mancherorts erfreuliche Erfolge für die Produzenten gebracht, ohne die Konsumenten zu belasten. Jetzt fängt Herr Schiele auch mit der M i l ch an. Longe genug hat's gedauert. Vorher aber hat man die erhöhten Zölle nach Hause gebracht. Man hat dadurch den Markt für Milchpro- dukte künstlich eingeengt. Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Herr Schiele beeilt sich, den Brunnen jetzt zuzudecken, indem er Maßnahmen vorschlägt, die durchaus die Billigung der Arbeiterschaft haben, die aber, zweckmäßig angewandt, auch auf anderen Gebieten die unsinnige Schutzzollpolitik entbehrlich machen könnten. Die verbrauchenden Massen werden jede wirkliche Förderung der Landwirtschaft, wie sie in solchen Maßnahmen ihren Niederschlag findet, unterstützen. Warum hat man sie nicht von vornherein als Ersatz für Zölle vorgeschlagen? Der Land­bund und sein Minister Schiele werden es schon wissen. Di« ganze Zolldemagogie wäre nämlich dann zusammengebrochen, wenn ihre Verfechter rechtzeitig zugegeben hätten, was die Verbraucher seit jeher betont haben: nämlich daß es bessere und wirk- samere Mittel zurFördderung derLandwirtschaft gibt als den Hochschutzzoll._ Sapikalerhöhung Im Zellstosf-Waldhof konzern. Der Zellstoff­konz«» Waldhos-Mannheim, der das bedeutendste Unter- nehmen seiner Art auf dem europäischen Kontinent darstellt, Hot ein« Erhöhung seines Aktienkapitals um 7,14 auf 34,6 Millionen Mark beschlossen. Das Stammaktienkopital wird mit 32 Millionen somit seinen Vorkriegs st and wieder er- reichen, der Rest entfällt auf die Vorzugsaktten. Die Art der Ver- wendung der jungen Aktien läßt einige interessante Schlüsse auf die künftigen Pläne des Walohof-Konzerns zu. Von den 7 Mil- lionen wurden 5 Millionen Mark den Aktionären zu einem Kurse von 225 Proz. angeboten, wodurch dem Unternehmen an neu.» Mitteln rund 11 Millionen zufließen. Die restlichen 2 Mil- lionen junger Aktien bleiben für eventuelle Zusammen. s ch l ü s s e zur Verfügung der Verwaltung. Ferner ist bei dieser Aktion bemerkenswert, daß ein unmittelbarer Kapitalbedarf bei dem Unternehmen nicht vorliegt. Nach der Aufnahm« der lang- fristigen England-Anleihe von 20 Millionen konnte der Waldhof- Konzern seine laufenden Schulden auf 12 Millionen her- untersetzen, denen beim Jahresabschluß für 1926 yn Forde- rungen, Wechseln und Wertpapieren mehr als der dreifache Betrag gegenüberstand. Zur Abdeckung lästiger Verpflichtungen werden daher die neu Hereinströmenden 11 Millionen nicht bestimmt sein, vielmehr ist anzunehmen, daß sie für N e u i n v e st i 0 n e n und Betriebserweiterungen Verwendung finden. Gut« Geschäftsgang bei d« R. trister A.-G. Die bekannte Metallwarenfabrik R. Frister A.-G. in Berlin-Oberschöneweide hatte, wie berichtet, die Dividendenzahlung mit 5 Proz. wieder auf- nehmen können. Die Ergebnisse des Berichtsjahres 1926 waren also sehr gut gewesen. Wie die Firma jetzt in ihrem Prospekt zur Herausgabe neuer Aktien mitteilt, waren die Betriebe in den ersten sieben Monaten des neuen Geschäftsjahres in sämtlichen Ab- teilunaen voll beschäftigt. Der Auftragsbestand am 1. August betrug 500 000 M. Die Stärke der Belegschaft ein- schließlich der Angestellten, betrug am 1. Mai rund 1950 Mann. Genossenschaftlich« Rokhilfe. Die Großeinkaufsgesellschaft Deut- scher Conjumvereine m. b. H., Hamburg , hat der beim sächsischen Arbeits- und Wohlfahrtsministerium errichteten Hilfszenlrale für die durch das Hochwasser im östlichen Erzgebirge Geschädigten 10 000 M. überwiesen. Den sächsischen Genossenfchaftsverbänden, die un- mittelbar nach dem Unglück Kraftwagen mit Nahrungsmitteln und Kleidung zur Linderung der ärgsten Not in die überschwemmten Gebiete geschickt hatten, folgen jetzt andere Genosienschaftsverbände mtt bedeutenden Geldspenden. Schöner kann der genossenschafttiche Gedanke nicht in die Tat umgesetzt werden, als durch diese praktische Nothilfe. Die dritte Znl«nattonale v«kehr». und Transitkoaf«en; wurde Dienstag vormittag im großen Saal des Völkerbundssekretariats er- öffnet. Der Präsident Aguero y Bethancourt(Kuba ) hieß die Dele- gierten willkommen, die insgesamt 28 Staaten vertteten. In seiner Ansprach« wies er auf den Einfluß der Verkehrsmittel auf die Eni- wicklung der Zoilisation, der Kultur und des Reichtums der Ratio- nen hin.