Nr. 400 44.3ahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Siedler unter Wasser.
Tote Gärten.
Seit sieben Monaten unter Wasser.
Die ursprüngliche sommerliche Erholungslaube da draußen vor den Toren der Stadt ist bei vielen Siedlern längst zur ständigen ,, Bleibe" geworden. Lieber kampiert man noch dürftiger als bisher, lieber läuft man täglich den oft langen und beschwerlichen Weg von und zur Arbeitsstätte, als das ewig drohende Damoklesschwert des Hausgestrengen mit all seinen Härten über dem Haupt zu fühlen. Und dann ist da auch noch ein wenig Licht und Freude mit dabei. Das selbst gepflanzte Obst und Gemüse, die Blumen, das frische Grün und die gute, reine Luft und Sonne nach all dem Staub und Dreck, den man jahraus, jahrein den ganzen Tag über in sich hineinfrißt. Aber, wie schon ein alter Baumeisterspruch sagt ,,, zum Bauen gehört Geld". Und ein paar nofdürftig zurechtgeschusterte Bohlen. stangen, auch selbst die ordnungsmäßig aufgebauten Puppenhäuschen halten Wind und Wetter natürlich nur ungenügend Stand. Und dann, was die Hauptsache dabei ist, es fehlt halt wieder einmal das feste Fundament. Die Bodenbeschaffenheit all dieser Wiesengelände, die von den Siedlern einfach zum Baugelände erhoben wurden, ist feine solche, um einen stabilen Baugrund darzustellen. Der lodere, lehmige oder moorige Boden gibt naturgemäß großen Feuchtigkeitsmengen nach und das Wasser, das durch keinerlei Kanalisation in Abflußbahnen gelenkt wurde, staut sich, unterspält die Keller, überschwemmt die Gärten und all die mühsame Arbeit und Freude der Bewohner ist mit einem Schlage vernichtet. Der diesjährige regenreiche Sommer mit seiner unangenehmen Gefolgschaft von Wolkenbrüchen meinte es mit den Kleinhäuslern besonders schlecht. Tagtäglich ertönen von allen Seiten verzweifelte Hilferufe in die Deffentlichkeit.
Ein besonders trostloses Bild solcher Regenverwüstung bietet das Gelände, das sich von Marienfelde längs der Lichten= rader Chaussee nach Lichtenrade zieht. Die ganze Chaussee hat sich in ein Wasserbecken verwandelt, das sich in einer Länge von mehreren hundert Metern flußartig dahinzieht, alle in unmittelbarer Nähe liegenden Gärten samt Obstbäumen ebenfalls unter Wasser gesetzt hat und den Zugang zu den Häusern einfach aufhob. Die Leute müssen, um in ihre Wohnungen zu ge= langen, Schuhe und Strümpfe in der Hand, durchs Wasser waten,
Die Silberschwärme
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[ Nachdrud verboten
Autorisierte Uebersetzung aus dem Englischen von Julia Roppel
Inzwischen waren sie zu Emersons Hotel gekommen und er führte sie ins Restaurant, wo er, während sie aßen, feine Erlebnisse schilderte, von dem Tage an, als er ihr im Schnee in Kalvik Lebewohl gesagt hatte. Sie hatten ihre Mahlzeit beendet, bevor er mit seinem Bericht fertig war.
Heute ließ Hilliard mich zu sich rufen und teilte mir ohne Umschweise mit, daß die Bank mir die Anleihe, die er mir versprochen hatte, nicht geben könne, obgleich ich auf Grund seines Bersprechens bereits alle Bestellungen an Material und Borräten gemacht hatte."
gegeben?"
Hat er Ihnen einen Grund für sein Verhalten an,, Er gab allerhand Gründe an, aber er fleidete sie in so viele Nedensarten, daß das Ganze in Nebel verschwamm. Aus dem Dunkel ging nur das eine hervor, daß er fein Gelb geben wollte. Er sagte, daß die Bank überlastet sei und daß der Borstand seine Einwilligung nicht gegeben hätte. Es ist erstaunlich, wie geschickt ein Bankdirektor sich hinter dem Borstand verschanzen kann."
,, und dennoch hatten Sie, wenn ich Sie recht verstanden habe, die ganze Produktion im voraus zu festgesetzten Preisen
verkauft."
,, Ganz richtig."
,, Die Bank hätte also volle Sicherheit gehabt! Seltsam! Auf irgendeine Weise aber müssen wir das Geld schaffen, sonst sind wir ruiniert," fügte Cherry entschlossen hinzu. Das sind wir" stimmte Bond mit einer verzweifelten Grimasse bei.
Cherry lachte. Herr Hilliard und ich haben uns heute Vormittag nur auf den Zahn gefühlt. Ich soll um vier Uhr mieder zu ihm fommen."
Cherrys Anwesenheit hatte außerordentlich belebend auf Boyd eingewirkt. Ihr strahlendes, lebhaftes Gesicht ihm gegenüber am Tische flößte ihm eine Art frohen Mutes ein, wie er ihn seit ihrer Trennung faum empfunden hatte. In ihrer Gesellschaft war er drauf und dran seine Sorgen zu vergessen.
W
die ganze Ernte ist vernichtet, im Keller, wo das Wasser steht, verfault Gemüse und Kartoffeln und außerdem bringt diese starke Feuchtigkeit natürlich eine Gefährdung der Gesundheit mit sich. Etwas Aehnliches gibt es in Ruhlsdorf bei Teltow . Hier stehen seit Monaten die Keller von drei
Keller eines Hauses der Sputendorfer Straße.
Und ich kann Ihnen nicht sagen, was das für mich bedeutet, Sie würden es auch gar nicht verstehen. Ich könnte dieses nördliche Land und alles, was es für mich bedeutet, verlassen. Ich fönnte werden, was ich sein möchte und was ich wirklich bin."
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Boyd sah die große Sehnsucht in ihren Augen, sah, daß die Aussicht auf Verwirklichung ihrer Wünsche ihr fast den Atem benahm. Er streckte ihr seine Hände entgegen und sagte freimütig:„ Wenn ich Ihnen auf irgendeine Weise behilflich sein kann, stehe ich Ihnen mit dem größten Vergnügen zur Berfügung."
Bei seinem ruhigen Blick schlug fie die Augen nieder und antwortete: Sie sind ein guter Mensch, und ich bin froh, daß ich Sie als Freund zur Seite habe. Aber entschuldigen Sie meinen Egoismus, daß ich von meinen eigenen Sachen spreche, während es mit den Ihrigen so schlecht steht. Glauben Sie, daß der Zeitungsartikel an Herrn Hilliards verändertem Benehmen Schuld ist?"
Donnerstag, 25. August 1927
Häusern 30-60 3entimeter unter Wasser, ebenso find auch hier die Gärten überschwemmt und alles Obst und Gemüse vernichtet. Hier handelt es sich um Häuser, die zum Teil schon seit 25 Jahren stehen und bisher noch niemals unter der= artigen Ueberschwemmungsschäden zu leiden hatten. Die Ursache wird in diesem Falle auf st eigendes Grundwasser zurückgeführt, das vom Bauen eines Brunnens herrührt. Man kann sich die Verzweiflung der Bewohner wohl vorstellen, deren bischen Hab und Gut, das sie sich unter allerlei Entbehrungen erworben haben, ganz plötzlich und noch dazu auf lange Zeit hinaus vernichtet wurde. Die Lebensfähigkeit und vor allem die Tragfähigkeit der Obstbäume ist in den meisten Fällen gänzlich zerstört. Einer der Siedler hatte sich erst im vorigen Jahre für 350 Mart Obstbäume gekauft, die jetzt vernichtet sind. Abhilfe zu schaffen wäre natürlich nur im Wege der Kanalisierung des Terrains möglich, doch mangelt es den Siedlern hierzu am nötigen Kleingeld. Man kann also nur hoffen und wünschen, daß beffere Witterungsverhältnisse den Jammer beenden.
Wer sie erhalten kann!
Nach den neuen Beförderungsbestimmungen genießen eine ganze Reihe von Fahrgästen auf der deutschen Reichsbahn eine Fahrpreisvergünstigung, die sich teilweise auf den halben Fahrpreis, in einzelnen Fällen sogar auf freie Fahrt erstreckt. Zweifellos find diese Personenkreise größer, als man allgemein annimmt. Im Nachfolgenden sollen die hauptsächlichsten Kategorien genannt werden und die Bedingungen, die zur Fahrpreisermäßigung führen.
Bei Ausflügen zu wissenschaftlichen und belehrenden Zwecken werden Studierenden der akademischen Anstalten, Schülern von Fachschulen und öffentlichen Schu= len bei einer Mindestteilnehmerzahl von 10 Per so nen halbe Fahrpreise für die 3. und 4. Wagenklasse gewährt, den Studierenden auch solche für die 2. Klasse. Bei Verschickung von Kindern in Ferienkolonien gilt ebenfalls die Ermäßigung bis zur Hälfte in der 3. und 4. Klasse für Eil- und Personenzüge, auch die mitreisenden Begleiter bekommen die gleiche Vergünstigung. Jugendgruppen von behördlich anerkannten Vereinen werden bei eirer Mindestzahl von 10 Personen bei einer Mindestentfernung von 10 Kilometern ebenso befördert.
Die Mitglieder von Theatern und Orchestern gemeinnüßiger Art, Angehörige von Vereinen, die sich der öffentlichen Krantenpflege widmen und ebensolche, die als Leiter und Pfleger der Bahnhofsmission Berufsreisen unternehmen, haben bei entsprechenden Personalausweisen ergünstigung auf halbe Fahrt in den unteren Klassen. Ein Att öffentlicher Für forge ist es, wenn die Reichsbahn mittellosen Kranken und den franken Kindern Erwerbsloser bei Aufnahme in öffentlichen Anstalten, bei Besuchsbehandlung und Ueberführung in Heilstätten die genannte Ermäßigung gewährt, sofern ein Aitest auf Mittellosigkeit brigebracht wird. Dasselbe gilt auch für 3öglinge von Blindenanstalten, Waisenhäusern, mittellose Blinde, Taubstumme, Schwerhörige und deren Begleitpersonen, soweit sie unbedingt nötig sind. Soweit eine amtlich anerkannte Dienstbeschädigung vorliegt, er. halten Kriegsbeschädigte die bisher erwähnte Fahrtvergünstigung. Das Zeugnis muß vom Arzt oder der amtlichen Fürsorge ausgestellt sein. Solche Kriegsbeschädigte, die sich durch amtliches Zeugnis ausweisen, daß sie fizen müssen, zahlen den Preis für 4. Klasse bei Benuzung der 3. Klasse. Der Begleiter eines Schwertriegsbeschädigten, der die Bescheinigung der Ortsbehörde über die Notwendigkeit der Begleitung beibringt, erhält die Fahrt frei. Auch die Beförderung der Führerhunde bei Kriegsblinden ist frei, wenn der Blinde Inhaber eines Eisenbahnausweises für den genannten Zweck ist.
Die Bestimmungen über di: Ermäßigung bei Schülermonatsfarten, Arbeiterwochenkarten, Schüler und Arbeiterrückfahrkarten und Arbeiterkarten für Binnenschiffer sind ja allgemein bekannt, daß fie nicht besonders hervorzuheben sind.
Die Bahn gibt ferner Schülerferienfarten zu halben Preisen und solche für die Verschickung von Stadtkindern aufs Land. Auch Kleingärtrier find Nuznießer der Vergünstigung, wenn die Höchstentfernung zu ihrem Grundstück nicht über 40 Kilometer beträgt und dieses nicht über 2500 Quadratmeter Größe hat.
,, In wieviel Banken sind Sie gewesen?" In dreien. Morgen will ich es bei den anderen versuchen. Und wie ist es Ihnen ergangen?"
,, Glänzend! Ich merke, daß Herr Hilliard in mein Netz gehen wird. Aber jetzt kein Wort mehr von geschäftlichen Dingen. Nein, nicht eine Silbe. Ihnen tut eine Ausspannung not. Wissen Sie, daß Sie ganz vergrämt aussehen? Sie sind erschöpft.
Ich glaube, Sie haben recht," räumte er nach einer Weile ein. Ich, ich bin sehr froh, daß Sie hier sind, Cherry."
14.
Trotz der niederdrückenden Ereignisse des Tages schlief Boyd Emerson gut in dieser Nacht, dank Cherrys taktvoller Art, mit der sie jedes Gespräch über Geschäfte, Trust und Lachstonserven vermied, wie ein tüchtiger Trainer, der vor dem Tag der Entscheidung den Athleten von der ermüdenden Einförmigkeit des Trainierens befreit. Das Gehirn ist auch nur eine Masse aus Fleisch und Blut und wie die Muskeln Ist es nicht ungefähr eine der Ruhe bedürfen, so muß man auch den Gedanken eine Ausspannung gewähren.
Ich konnte nicht flug daraus werden." ,, Lassen Sie mal sehen! Woche her, seit er erschien?" Woche her, feit er erschien?" ,, Genau fünf Tage."
,, Ein Brief nach Chitago gebraucht drei Tage, nicht und Sorgen und Beschwerlichkeiten hatten Cherrys über
war?"
,, Was hat das damit zu tun?"
Finden Sie es nicht auffallend, daß Herr Hilliard mit angesehen hat, daß Sie sich in ein ganzes Gewebe von Kontrakten und Verpflichtungen verwickelten, bevor er Ihnen die schlechte Nachricht mitteilte."
,, Sie meinen, daß Marsh und sein Trust dahinter stehen? Das hätte ja alles telegraphisch erledigt werden können."
Nicht alle Dinge lassen sich telegraphisch erledigen. Im übrigen," fuhr sie nachdenklich fort, wenn der Trust wirklich dahinter steht, wird es Ihnen nicht leicht fallen, in Seattle andere hunderttausend Dollar aufzutreiben."
,, Wir werden ja sehen," sagte er, indem er sich erhob. Ich hole Sie um sieben Uhr ab und möchte darauf wetten, daß Ihre Furcht unbegründet ist."
,, Sieben Uhr präzise," sagte sie. Inzwischen werde ich die Modengeschäfte unsicher machen."
Als sie um sieben Uhr in die Hotelhalle fam, ging er mit einem trogigen Gesicht auf und ab. ,, Na, wie steht," fragte sie.
Sie hatten eine vergnügte Mahlzeit zu zweien gehabt, strömender Laune weichen müssen. Darauf waren sie ins Theater gegangen, und später hatte das Abendessen, das sie mit George und Alton Clyde zusammen einnahmen, Boyd zu Cherrys großer Freude wieder ganz ins Gleichgewicht gebracht.
Es schien mirklich, als ob seine öffentliche Feindschaft gegen den Trust ihn zum Feinde der ganzen Finanzwelt erklärt hätte. Die Banken, die er am nächsten Tage aufsuchte, lehnten ebenfalls jedes Darlehen ab, und zwar auf eine Weise, die deutlich zeigte, daß sie sich vor den Kopf gestoßen fühlten. Die Gründe, die man ihm gab, waren ebenso bestimmt wie unflar, und als der Abend fam, war der junge Handelsmann ganz außer sich über das Unglück, das ihm während der letzten sechsunddreißig Stunden überfallen hatte. In seiner Berzweiflung wandte er sich natürlich an Cherry, die seinen Bericht mit gerunzelten Brauen anhörte und sich die Sache ernst und gründlich überlegte, als ob sie die Verantwortung zu tragen hätte. Schließlich sagte sie: ,, Der Kampf hat schneller begonnen als ich erwartet habe. Ich glaubte nicht, daß der Trust so bald Einfluß auf die Banten gewinnen würde. Ich kann mir nicht denken, daß der Trust dahintersteht,"
Sie haben richtig geweissagt. Es ist mirklich sehr schwer, meinte Emerson zweifelnd.
,, Wenn Herr Hilliard die Kupfermine ausbeutet," sagte sie mit strahlenden Augen, werde ich reich reich werden! in Seattle Geld aufzutreiben."
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( Fortsetzung folgt.)