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Nr. 40244.Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Die Heilschule auf dem Exer.

Draußen auf dem alten Ererzierplas, an der Ebers­walder Straße, liegt eine Schule, die ihresgleichen in Berlin nicht hat: die Freiluftschule für Tubertulofe. 250 Rinder, denen ihr Leiden die Teilnahme am regulären Schul betrieb ganz oder zeitweise unmöglich macht, werden hier unter­richtet. Ein Gewimmel sonnenbrauner Körper in den Liegehallen und auf der großen, grünen Wiese läßt dem Besucher nur schwer glauben, daß er es hier mit lauter franken Kindern zu tun hat, Die von den Schulärzten eigens zur Behandlung in das auf dem gleichen Grundstück befindliche Ambulatorium geschickt wurden, mit lauter Kindern, die an tuberkulösen Erkrankungen der Knochen, der Gelenke, der Drüsen oder der Haut leiden. Darum ist der ge= famte Unterricht auf die Unterstügung der Heilbehandlung zu= geschnitten. Sommer wie Winter wird völlig im Freien unterrichtet, Mädel und Jungen tragen dabei gleiche Kleidung: Badehosen, und bei gar zu rauhem Wetter noch eine furze Jade mit Aermeln. Nur an jedem zweiten Tag ist Unterricht, und auch dann nur vier Stunden. Die Kinder bleiben den ganzen Tag, nachmittags werden sie von Schwestern beaufsichtigt, und neben der Frühstücks- und Nachmittagsmilch wird ihnen auch das Mittag= effen geliefert. 32 Kinder, deren häusliche Wohnungsverhältnisse gar zu schlecht sind oder deren Leiden besonders schwer ist, schlafen nachts im Neubau des Ambulatoriums in vier schönen, luftigen Sälen.

Im Unterricht wird das besondere Leiden der Kinder andauernd berücksichtigt: Im Handfertigteitsunterricht wird befon. ders auf die Entwicklung der Linkshändigkeit Wert gelegt, weil viele dieser Kinder einmal den vollen Gebrauch der rechten Hand ver fieren fönnen, im naturkundlichen Unterricht nimmt der Gesundheits­und Tuberkuloseunterricht einen breiten Raum ein, und durch Garten­bau als Arbeitsunterricht und Tierpflege wird nicht nur das natur tundliche Wissen gemehrt, sondern die Kinder auch von ihrer egoistischen und oft ajozialen Einstellung abgeleitet, die sie als Schwertrante in der Umgebung Gesunder sich oft aneignen. Welche Früchte dieser Unterricht trägt, fieht man an den freimidig angelegten Beeten der Schüler, an den großen Karnideldiskussionen", die über die Unterbringung der überzähligen Produkte farnideliger Frucht barkeit gepflegt werden, und ficher wären ohne die Mitarbeit der Lehrer, die hier unter wirklich erschwerenden Umständen arbeiten, auch die Heilerfolge des Ambulatoriums wesentlich geringer. Darum fann man nur Bedauern empfinden, wenn man feststellen muß, wie wenig diese, bei dem ewigen Schülerwechsel( durchschnittlich er neuert sich in einem Jahr das gesamte Schülermaterial) und den oft schwer deprimierten und nervösen Kindern so aufreibende päda gogische Arbeit gewürdigt und unterstützt wird. Wäre es der Stadt wirklich unmöglich, noch eine Barade für drei Klassen zu bauen?

Die Silberschwärme

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Von Rex Beach

[ Nachdruck verbeten Autorisierte Uebersetzung aus dem Englischen von Julia Roppel ,, Ich wünschte, daß es nicht der Fall wäre," antwortete fie. Irgend etwas unerwartetes aber muß eingetroffen sein, daß Herrn Hilliard veranlaßt hat, seine Ansicht in dieser Frage so plötzlich zu ändern. Kann es etwas anderes sein als ein Drud von oben?"

Hat er Ihnen gegenüber eine Andeutung gemacht?" " Nicht die allergeringste, Er war sehr vorsichtig in seinen Aeußerungen

,, Ja, man sagt, daß er in geschäftlichen Dingen ebenso vorsichtig handelt, wie er in seinem Privatleben strupelos ist." ,, So?" sagte Cherry leichthin.

,, Da seine Extravaganzen aber abends um zehn Uhr beginnen und morgens um zehn Uhr aufhören, scheinen sie feiner geschäftlichen Stellung nicht zu schaden. Aber genug von Herrn Hilliard. Wollen Sie heute abend mit mir speisen, dann fönnen wir die Sache weiter besprechen."

Ich soll mit Herrn Hilliard speisen," sagte Cherry. Ah!" Boyd versuchte seine Enttäuschung zu verbergen, indem er leichthin sagte: Sie scheinen in exklusiven Kreisen zu verkehren, man sagt, daß Herr Hilliard einen wahren Balaft bewohnt."

"

Wir werden nicht bei ihm zu Hause effen." Cherry zögerte und Bond sandte ihr einen scharfen Blid. Ihre Bangen röteten sich leicht, indem sie erklärte: Er fonnte mich heute nicht mehr in seinem Bureau empfangen, darum haben wir verabredet, daß wir zusammen speisen wollen."

Ich verstehe." Boyd war über den Klang feiner eigenen Stimme erstaunt. Morgen will ich noch einen Versuch bei den Banten in Tacoma machen. Haben Sie Lust, mich morgen dorthin zu begleiten? Die Fahrt über den Sund ist sehr schön."

Gern," rief fie. Vielleicht bringe ich Herrn Hilliard zum Reden und kann Ihnen dann den gewünschten Aufschluß geben."

Der Zweck der Schule ist, nach den Bestimmungen, die Kinder während ihrer ärztlichen Heilbehandlung so weit zu fördern, daß fie nach ihrer Wiederherstellung ohne wesentliche Schädigung ihrer geiftigen Entwicklung der Normalschule zurückgegeben werden fönnen. Burzeit aber müssen, aus Raummangel, die oberen drei Klassen gemeinsam unterrichtet werden, und die Klasse hat 45 Schüler! Das find Berhältnisse, die an zweiflassige Dorfschulen erinnern!- Auch hat der Rektor weder ein Amtszimmer, noch steht der Lehrerschaft ein Frühstückszimmer zur Verfügung. Der Rettor hat nur ein großes Bult in dem Klaffenraum, der gleichzeitig die Lehrmittelsammlung beherbergt, und die Lehrerschaft muß auf den von franken Kindern

Der Unterricht im Freien.

benutzten Bänken frühſtüden ein trauriger Gegensatz zu der fast luxuriös anmutenden Einrichtung des Ambulatoriums, besonders der mit Lederklubfesseln ausgestatteten Einrichtung des Sprechzimmers mit Leberklubfesseln ausgestatteten Einrichtung des Sprechzimmers Die Schule untersteht dem Provinzial­des ärztlichen Leiters!

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schulfollegium. Das sollte füglich ein Interesse daran haben, dieser Lehrerschaft alle Arbeitserleichterungen, die möglich sind, zu ver­schaffen außerdem aber sieht sich vielleicht einmal der eine oder der andere Bezirksverordnete die Schule an: er wird bald sehen, was hier fehlt, und staunen, was hier von der Schule trotzdem geleistet wird!

Nummer, die seinerzeit in Cherrys Haus in Salvit solch starten Eindrud auf ihn gemacht hatte. Er blickte auf und sah, daß sie ihn beobachtete.

,, Nein, heute dürfen Sie die Seite nicht herausreißen," fagte sie mit einem verlegenen Lachen.

,, Wo tommt diese Zeitschrift her?"

Ich habe heute morgen alle Buchhändlerläden abgefucht, um diese Nummer aufzutreiben. Sie wissen ja, daß man von den Frauen behauptet, sie seien neugierig."

Ich verstehe Sie nicht."

,, Die Seite, die Sie damals herausrissen, hat mir seit Monaten Kopfzerbrechen verursacht. Jetzt aber bin ich ebenso Bilder, und ich weiß nicht, welches das richtige ist flug wie vorher, denn auf der betreffenden Seite stehen zwei Dame aus der Gesellschaft oder der Filmstar?" Ich weiß gar nicht, was Sie meinen," antwortete er steif

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die

Seine Liebe zu Mildred Wayland war für ihn so heilig und unantastbar, daß Cherrys freimütige Neugierde ihn un­angenehm berührte.

Dampfer um neun Uhr erreichen," fügte er hinzu, indem er Ich hole Sie morgen früh rechtzeitig ab, damit wir den sich erhob, um zu gehen. Inzwischen wäre es wünschens­wert, daß Sie etwas von Hilliard erfahren."

und verstimmt. Obgleich seine eigenen Angelegenheiten ihn Sich selbst überlassen, verbrachte Boyd den Abend einsam vor allen Dingen niederdrückten, konnte er sich auch nicht von einer leisen Berstimmung gegen Cherry freimachen. Sie wußte sicher, wie unvorsichtig es war, mit dem Bankdirektor, dessen Ruf nicht der beste war, allein zu speisen! Obgleich er sich fagte, daß sie im Interesse ihrer geschäftlichen Unter­nehmungen handelte, und obgleich er sich gestand, daß weib­liche Geschäftsmethoden nicht immer für Männer verständlich waren, fonnte er sich dennoch nicht mit der Situation ver­föhnen. Schließlich mußte er einräumen, daß der Gedanke daran ihm höchst peinlich war.

Am Morgen aber fand er, daß es sehr schwierig war, Cherry gegenüber eine kritische Haltung zu bewahren. Sie hatte schon gefrühstückt als er sie abholte, und erwartete ihn in einem neuen Kostüm, das ihr vorzüglich stand. Sie war schön wie der junge Morgen.

,, Na, fragte er, indem sie zum Hafen gingen, hat Hilliard das Mysterium aufgeklärt?" Ja, er hat mir die Lösung des Rätsels gegeben." Hat er etwas von dem Zeitungsartikel gesagt," fragte

,, Ja, es würde mich intereffieren, seine Beweggründe zu erfahren," sagte Bond, indem er gedankenverloren in einer Reitschrift blätterte, die neben Cherrys Tasche lag. Er wollte fie gerade beiseite legen, als sein Auge auf ein Bild fiel; er stutzte und fah nach dem Datum der Zeitschrift. Es war dieselbe Boyd erschrocken, |

Freitag, 26. August 1927

Der Regen und seine Folgen.

Die großen Regenmengen, die während des gestrigen Tages un­aufhörlich niedergingen, haben in verschiedenen Stadtteilen wieder erhebliche Ueberschwemmungen verursacht. In mehreren Fällen mußte die Feuerwehr alarmiert werden. Einen besonders großen Umfang nahmen die Ueberschwemmungen an der Bahnunter­führung in der Stadthausstraße zu Lichtenberg an. Da sich an diesem sehr tief liegenden Straßenabschnitt jedesmal bei heftigen Regenfällen infolge der ungenügenden Kanalisation große Seen bildeten, wurden nor einiger Zeit bereits Erweiterungsarbeiten in Angriff genommen, die gegenwärtig noch im Gange find. Infolge des starken Regens stauten sich gestern an dieser Stelle die Wasser­maffen in einem noch nicht dagewesenen Ausmaß. Bereits in den Nachmittagsstunden hatte sich an der Unterführung ein etwa 1 meter fiefer See gebildet. Die Feuerwehr wurde alarmiert, die mit einer Motorsprize die Wassermengen abzusaugen versuchte. Nach fast zwei­stündiger Tätigkeit mußten die Arbeiten jedoch, obgleich die Pumpe in der Minute über 1000 Liter absaugte, als aussichtslos aufgegeben werden, da zu allem Unglück auch noch aus den höhergelegenen Stadt­teilen erhebliche Wassermengen in das tieferliegende Zweignez und aus den Gullys an die Oberfläche gedrückt wurden. Der gesamte Straßenbahn- und Fuhrwertsverkehr mußte umge= teitet werden.

Die mangelhafte Kanalisation auf dem Flugplah Tempel­ hof hatte auch dort wieder große Ueberschwemmungen zur Folge. Die gementierten Flächen vor den Hallen und große Teile des Geländes bildeten einen einzigen großen See. Die Feuerwehr war mit drei Motorspritzen bis in den späten Abend hinein mit Bumparbeiten beschäftigt. Für die Gebäude soll keine Gefahr bestehen. Bie es bei jedem größeren Regenwetter üblich ist, hat auch 3 ehlen­dorf wieder unter Ueberschwemmung einer seiner Hauptverkehrsstraßen zu leiden. Unter der Ueberführung am Bahnhof Zehlendorf- Mitte hatte sich gestern abend wie stets in solchen Fällen ein veritabler See gebildet, der es den Autos, Wagen und Fußgängern unmöglich machte, durchzu­tommen. Die Bahn baute wieder ihre extra zu diesem Zwecke be­reitgestellten Notbrücken auf: Der gegenwärtige Zustand wird immer unerträglicher und an der Kanalisation, die diesem Mißstand endlich ein Ende machen soll, wird bereits im zweiten Jahr gearbeitet. Der Dorfteich in Zehlendorf war über seine Ufer getreten und hatte den Fahrdamm in erheblicher Breite überflutet.

Verkehrsnöte am Halleschen Tor.

Zwei neue Bauprojekte.

Die Verkehrsverhältnisse am Halleschen Tor sind froh der vom verkehrs- und gartenbautechnischen Standpunkte sehr praktischen Neueinteilung des Belle- Alliance- Plates immer noch unhaltbare, so daß die städtischen Körperschaften erneut eine andere Rege= lung des Verkehrs vor dem Halleschen Tore und auf dem Blücher plat anstreben. Hierzu liegen verschiedene Projekte vor, deren hauptsächlichste Grundzüge hier besprochen werden sollen.

Ein Projekt sieht in seinen Grundzügen vor: 1. den Fort­fall beider Torgebäude, 2. eine Verbreiterung der Belle Alliance Brücke auf zirka 120 Meter, also ungefähr das Dreifache der jetzigen Breite, so daß eine Ueberleitung der Königgräger Straße in gerader Flucht zum Blücherplatz möglich würde, 3. auf dem Blücherplatz einen freisrunden Schußdamm mit zwei Aufbauten für Rolltreppen zur U- Bahn und Kreisverkehr der Straßenbahn nach fünf Richtungen, 4. Abriß einiger Häuser auf der Südseite des Blücherplatzes zwed's Verbreiterung der Blücher­und Belle- Alliance- Straße. Als Bariation täme dann noch eine Lösung in Frage mit Doppelgeleisen ähnlich den auf dem Spittel­marft angelegten, die sich gut bewährt haben. Das Gesamtprojekt wird nach vorsichtiger Berechnung auf 5 bis 6 Millionen Mark geschätzt.

Ein Borschlag des Bezirksbauamts Kreuzberg will unter allen Umständen die vom städtebaulichen Standpunkte aus sehr wert­

der

Nein!"

,, Nicht. Woher wissen Sie?"

Er hat mich darüber aufgeklärt, daß Sie in die Dame Gesellschaft und nicht in den Filmstar verliebt sind. Er fagte, Sie feien mit Fräulein Wayland verlobt."

Was hat das mit der Anleihe zu tun?" ,, Alles. Wären Sie weniger geheimnisvoll gewesen, hätte ich die Sache gleich durchschaut. Wayne Wayland und Willis Marsh schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe, sie wollen Sie als Ronkurrenten und als unwillkommenen Freier unschädlich machen."

bin?"

,, Wer sagt Ihnen, daß ich ein unwillkommener Freier

,, Das, haben Sie mir selbst erzählt, ohne es zu wissen. Wären Sie ein willkommener Freier gewesen, hätten Sie ohne die geringsten Schwierigkeiten das Geld in Chikago bekommen. Außerdem erinnerte ich mich Ihres Gemütszu­standes in Kalvitund manche andere kleinen Beobachtungen haben mir die Lage vollkommen erklärt."

Was hat das alles mit meinen jezigen Schwierigkeiten

zu tun?" ,, Das ist doch höchst einfach! Sie wollen die Tochter des reichsten Mannes im Lande heiraten, er aber will Sie nicht als Schwiegersohn. Sie rufen ein Unternehmen ins Leben, das anderen Sache trohen. Alles geht gut, bis er ihre Pläne seine finanziellen Interessen ernstlich bedroht, und wenn Sie damit Glück haben, können Sie auch seinem Widerstand in der fennen lernt, da schlägt er Sie mit Ihren eigenen Waffen. Die Banten bekommen einen Wint und Ihr schönes Luftschloß stürzt zusammen. Ich glaubte, Sie hätten eine schärfere Be­obachtungsgabe."

Ausdruck alternder Müdigkeit, den Boyd schon früher beob= Cherrys Stimme flang hart, und ihr Gesicht trug jenen achtet hatte. Er dachte, welche bittere Erfahrung sie wohl um ihre Illusionen gebracht, welche Umgebung ihre Weltklugheit und Menschenkenntnis so geschärft hatte!

,, Und welche Rolle teilen Sie Marsh in diesem Stüd zu?" fragte er zögernd.

,, Das werde ich Ihnen gleich zeigen. Sehen Sie brüben auf der anderen Seite jenen fleinen grauen Mann?"

Als Boyd sich umdrehte, sah er einen Mann im grauen Anzug mit einem sprizen Mausgesicht, der offenbar auch auf dem Weg zum Tacomadampfer war.

Sie glauben, daß er uns verfolgt? Sollte er ein Spion von Marsh sein?" Ich sehe ihn wo wir gehen und stehen." ( Fortfehung folgt.)