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die Republi! mit dem Großherzog an der Spitze. wenn wir «livas im Nahmen der bestehenden Gesellschaftsordnung verlangen Man hat gesagt, mir müßten ebenso gut für den Bauernschutz wie für den Arbeiterschutz eintreten. Aber unser Arbeiterschutz besteht� doch nicht darin, daß wir den Plänen anarchistischer Kindsköpfe folgen, sondern daß wir die Arbeiterklasse in ihrer Gesamnitheit fähiger machen wollen, den Klassenkampf zu führen lSehr richtig.) Mochten deshalb die von uns vorgeschlagenen Refonnen noch so wenig einschneiden in das Gefüge der heutigen Gesellschaftsordnung, sie waren eminent revolutionär, da sie den Klassenkampf zuspitzten. Wir wollen den Arbeiter nicht in seiner wirthschaftlicheu Existenz sichern, denn das ist unmöglich, wir »vollen nur verhindern, daß der Arbeiter ein Anhängsel der rodten Maschine wird, wir wollen ihm ein Stück seines Menschen thums zurückgeben. Wir haben uns stets gewehrt gegen Forde rungen, wie Einführung eines Minimallohns, wir haben uns stets gewehrt gegen die Forderung des Rechts auf Arbeit, weil das unmögliche Dinge sind. Im Gegentheil. heute besteht für den Arbeiter nicht nur das Recht, sondern die Pflicht zur Arbeit, eher könnte man ein Recht auf Ruhe fordern. Ganz anders steht es mit dem Bauernschutz. Wenn wir den Borschlägen der Kom- Mission folgen, so schützen wir den Bauer als Privatbesitzer (Sehr richtig!). und das in dem Augenblicke, wo sei» Glaube an die allein seelig machende Kraft des Privateigenthums an- längt, wankend zu werden dank der revolutionären Kraft des wirthschaftlicheu Entwickelungsgangcs. Der antikollektivistische Bauernschädel ist trotz der gegentheiligen Ansicht von Molkenbnhr vorhanden, und es kann nicht unsere Auf gäbe sein. jetzt, wo dieser Schädel endlich dünner zu werden beginnt, durch unsere Vorschläge ein neues Brett vor denselben zu legen.(Beifall und Heiterkeit.) Wenn Genosse Quarck sagt, die Vorschläge sollen nicht Stimmen gewinnen, sondern sie sind von dem höheren Gesichtspunkte der Förderung der Landeskultur zu betrachten, so befindet er sich in überraschender Uebereinstimmung mit Prof. Echmoller, der eine Milliarde für die nothleidende Land- wirthschaft fordert und behauptet, daß dieses Opfer später ersetzt wird. Wenn ich auS Schmoller's Vorschlag den letzten Theil lese, so kommt es mir vor, als hörte ich Dr. Quarck. Aber Schmoller's Vorschlag ist mir lieber als Quarck's, denn Schmoller hat zu seinen Vorschlägen wenigstens eine Rechnung über die Kosten zugefügt, das hat Quarck noch nicht einmal gethan. Gegeu die neuen Reformvorschläge bin ich aus zwei Grün den; ersteuZ, weil sie Bauernschutz predigen, zweitens, weil sie die Sozialdemokratie in die Richtung des Staatssozialis- nius treiben. Es giebt allerdings Staatssozialismus und Staats- sozialismus; um zu wissen. ,n waS für einen Staatssozialismus wir kommen müssen, müssen wir unfern Herrn Staat genau ansehen. Wir leben, wie ich bereits gestern sagte, im kapita- listischen Klassenstaat, der verbösert ist durch Militarismus und Bureaukratismus. Durch die Monopolisirung des Hypotheken wesens und die anderen Vorschläge würden wir diesen Staat ganz bedeutend verstärken. Bebel hat zwar gestern gesagt, daß es uns gleich sein müsse, ob wir mit staatlichen oder privaten Arbeitern zu thun haben. Das ist denn doch nicht richtig. Die Vor- mundschaft des Staates über die Arbeiter in seinen Betrieben ist doch viel zu groß, als daß wir die Vermehrung dieser abhängigen Arbeiter wünschen könnten. Erinnern Sie sich doch an die Postarbeiter und Unterarbeiter, für die jedesmal der Postetat-Redner Schoen lank mit gewohnter Sachkenntniß und Schneidigkeit eintritt. (Sehr gut.) Nun sagt man: Stumm'» Arbeiter leben ebenso, wie die Postleute. Aber, überall ist doch nicht Neunkirchen; und wäre das auch der Fall, dann wäre doch immer die Sklaverei der Arbeiter schon groß genug. Bebel's Beispiel von den Landschaften trifft nicht zu Landschaften find noch lange keine Staatsbetriebe. Unsere Junker find nicht abhängig vom Staat deshalb, weil nicht der Staat die Junker hat, sondern weil die Junker und Schlotbarone den Staat haben.(Sehr gut!) Ja, hätten wir eine revolutionäre Regierung, dann wären die Vorschläge wohl zu gebrauchen; jetzt aber treiben sie uns in einen äußerst gefährlichen Staats- sozialismus. Vom StaatssozialiSmus hat bereits 1868 Liebknecht ge­sprochen. Er führte aus, daß die industriellen Unternehmer in dem Maße, als sie von Krisen ic. heimgesucht werden, der Staats- monopolisirung ganz geneigt wären, und daß das vielleicht auch die Grundbesitzer einst thun würden.(Sie liest einen Theil der damaligen Ausführungen Liebknccht's vor.) Schärferes zur Charakterisirung des Staatssozialismus kann ich «ewiß nicht sagen. Bebel erwiderte damals Liebknecht, eine aatsfozialistische Strömung in der Partei ist nicht vorhanden Liebknecht konnte in der Thal nicht voraussehen, daß in der Partei selber eine zwar nicht sehr große, aber durch einflußreiche Kreise getragene Strömung zum Staatssozialismus hin sich ent­wickeln könnte.(Sehr wahr! und Heiterkeit.) Die Organisation des ländlichen Hypothekarkredits würde «ur Posten für verabschiedete Unteroffiziere, Stellen für Militär- anwärter schaffen.(Beifall.) Ich kann einer Richtung mich nicht anschließen, deren Vorschläge wirthschaftlich die Kapitalisten- klaffe stärken und die politischen Machtmittel des Klassenstaates vermehren würde.(Beifall.) Aber auch als praktische Agitatorin wende ich mich gegen die Vorschläge der Agrarkommission. Ich habe den Bauer nicht bloS auf der Bühne oder im Roman kennen gelernt, ich habe mit wirklichen Bauern zu thun gehabt, von denen ich nur bedaure, daß ich sie nicht auf den Tisch des Hauses niederlegen kann.(Stürmische Heiterkeit.) Ich habe mit größtem Ersolg gesprochen, wenn ich diesen Erfolg auch nicht so überschätze, daß ich glaube, es würde nächstens die schwäbische Sozialrepublik entstehen und ich als Präsidentin an der Spitze(große Heiterkeit), oder daß ich auch nur hoffte, als Altersprästdentin den schwä- bischen Landtag zu eröffnen.(Heiterkeit.) Immerhin aber haben wir durch unsere Agitation auf dem Lande viel gewonnen. Nicht mehr werden wir mit den Hunden aus den Dörfern gehetzt. (Sehr gut!) Dabei hatte ich als Sozialistin und Frau mit einem doppelten Vorurtheil der ländlichen Bevölkerung zu kämpfen. Sie hat mir trotzdem beigepflichtet, und das ist der Beweis, daß die Bauern auch unserem alten Programm zugänglich sind. Wenn wir ohne die schönen Geschenke der Agrarkommission aufs Land hinausgehen, bieten wir denn da den Bauern gar nichts? Nein, wir haben ihnen viel zu bieten in den Forderungen unseres alten Programms auf dem Gebiet der Steuerfragen, des Mililärwesens und der Bildung. Darin bieten wir ihnen viel mehr als irgend eine bürgerliche Partei ihnen bieten kann. Grade hierin bieten die bürgerlichen Parteien von den Konservativen bis zur Volkspartei unserer Kritik die Breitseite ihrer miserablen Haltung.(Sehr wahr!) Mit den sozialen Reformvorschlägen der Agrarkommission bleiben wir aber weit zurück hinter den Versprechungen der gewissenlosen Antisemiten und Konservativen. (Sehr richtig!) Wir sind selbst bei unfern Versprechungen gebunden durch die Rücksicht auf das Interesse des Proletariats, während die bürgerlichen Parteien das Blaue vom Himmel herab versprechen können. Wir würden auf dem vorgeschlagenen Wege die ganze Breitseite unserer Hallung der Kritik der bürgerlichen Parteien bieten. Unsere Versprechungen müssen wir beständig verklausu- kiren. Der Bauer aber wird sagen: Verklaufulirung hin. Ver» klausulirung her! Mir ist der Mann ohne Verklaufulirung lieber! (Bravo.) Der Bauer wird den bürgerlichen Reformer uns vorziehen. weil dieser in bürgerlicher, politischer, religiöser Beziehung sich seinen bürgerlichen, politischen, religiösen Vorurtheilen anschmiegt. (Sehr richtig!) Wir würden seine Sympathien nicht ge- winnen, vor allem nicht auf die Tauer. Von morgen auf übermorgen würde er uns hassen lernen, hassen mit der ganzen Wuth der enttäuschten Hoffnung!(Beifall.) Gerade vom praktischen Gesichtspunkt aus müssen wir uns da- gegen verwahren, daß wir diesen Weg beschreiten. Daß die Frage «ine brennende geworden«st. gebe ich zu, aber es aiebt«ine aanz e Reihe von Fragen, die brennend sind und die wir in der heutigen Gesellschaft nicht lösen können. Solche Fragen haben wir kritisch zu untersuchen und unsere Hallungslinie in Theorie und Praxis festzulegen. An die Lösung können wir erst später gehen. Genosse David hat ausdrücklich gesagt, wir sind nicht die Partei des Wissens, sondern des Willens. Ich habe immer gemeint, daß die Sozialdemokratie gerade die Partei des eigentlichen zielklaren Wollens, des eigentlichen Wissens ist.(Beifall.) Wenn wir der Ansicht von David bei- pflichten, daß Probiren über Studiren geht, so treten wir in die Fußstapfen des Zickzackkurses, der es ja bisher noch nicht bis zum Studiren gebracht hat, sondern mit allen möglichen Mitteln herum- probirt.(Sehr gut!) Der Umstand, daß uns hier von den Befürwortern des Programms immer gesagt wird, was die Kommission mit ihren Vorschlägen gemeint hat, beweist ja am besten, daß das Programm nicht klipp und klar ist. Die einfache Konsequenz der von David ent wickelte» Absicht wäre, daß wir uns ein Programm in folgender Fassung geben: 8 1. Jeder hat das Programm und die Taktik, die ihm beliebt.§ 2. Niemand ist beauftragt,§ 1 durchzu führen.(Heiterkeit und Beifall.) Wir stehen eben den Thatsache» gegenüber, und die Verhältnisse kümmern sich sehr wenig darum. was die Agrarkommission gemeint hat. Die Wirklichkeit ist so rücksichtslos, daß sie nicht nur über die Auffassung der Agrarkommission, sondern über die der ganzen Sozialdemokratie zur Tagesordnung übergeht. Tie Konsequenzen aus unseren Vor- schlügen werden die Gegner ziehen, und je fehlerhafter die von uns gestellten Prämissen sind, desto größer ist der Eiser, mit dem unsere Gegner die Schlußfolgerungen daraus ziehen. Gegen die Vorschläge der Kommission müssen wir uns um so schärfer verwahren, als sie nur eine Lokalisirnng der in letzter Zeit zu tage getretenen Refornnstereien sind, und wir haben um so größere Ursache dazu, wenn wir sehen, wie sich der Genosse Bebel dafür ins Zeug legt. Ich bitte meine Ausführungen nicht als persönlich zu betrachten, unter den Führern jener Richtung sind nicht nur Leute, die als Parteigenossen meine volle Achtung verdienen, sondern die mir auch als Freunde sehr nahe stehen, aber nichtsdestoweniger sind sie mir als Richtung greulich (Heiterkeit), und wenn ich Bebel unter ihnen sehe, so fällt mir unwillkürlich die Stelle anS Faust ein:Es thnt mir in der Seele weh, daß ich Dich in der Gesellschaft seh'."(Große Heiterkeit und lebhafter Beifall.) Nachdem wir erlebt haben, daß derjenige unserer Genossen, der noch wochenlang nach dem Frankfurter Parteitag als ein schnaubender Saulus gegen die agrarische Richtung zu Felde gezogen ist, in der Kommission sein Damaskus gefunden hat, können wir er- klären, die Sozialdemokratie geht nicht nach Soiensaß. Nein, halten wir an dem Charakter unserer Bewegung fest! Seien wir Reformler, seien wir Praktiker, Ivo wir es fein können, ohne den revolutionären Charakter der Partei preiszugeben! Aber bleiben wir Revolutionäre zum ersten Male, Revolutionäre zum zweiten Male und Revolutionäre zum dritten Male.(Lang- anhaltender lebhafter Beifall.) Liebknecht: Genossinnen und Genossen! Ich bin in der angenehmen Lage, allen theoretischen Ausführungen der Bor- rednerin meine volle Zustimmung zu geben. Meine Worte über den Staatssozialismus , den sie zitirte, decken sich auch heute noch mit meiner Ansicht. Aber hier handelt es sich doch gar nicht um unsere theoretischen Grundsätze. Zunächst habe ich einige Worte zum Gang der Debatte zu sagen. Die Sachlichkeit, mit der für und wider gesprochen wurde, ist bei keiner andern Partei möglich. So lange die Partei besteht, hat niemals eine Diskussion gründlicher und tiefer geführt werden können, als die über die Agrar- Srage. Die sachliche Debatte über das Agrarprogranim lat in der Presse wochenlang gedauert; erst zuletzt kamen Vorwürfe unsächlicher Natur. Ter erste Vorwurf richtete sich dagegen, daß sich die Mitglieder der Kommission in die Diskussion nicht hineingemischt hätten; man warf ihnen eigheit vor. Nun gehört aber doch ein großer Muth dazu, ein rogramm den Genossen vorzulegen, und es ihrer freiesten Kritik überlassen. Auch das persönliche Mome... yat sich hineingemischt: Bebel ist angegriffen worden, weil er nach dem Ruf, der auf dem Partei- tag in Frankfurt an ihn erging, sich nicht auf denselben Stand- punkt stellte wie vorher, sondern in die Kommission ging und dort arbeitete. Statt ihn zu tadeln, sollte man das anerkennen. (Sehr richtig.) Tann warf man den Kvu.>...n"io»suutglieder» vor, sie hätten hinter dem Berge gehalten mit den drei Entwürfen der Unter- kommissionen. Nun, sobald wir merkten, daß die Ver- öffentlichung gewünscht wird, haben wir sie freudig und ein- stimmig beschlossen. Diese Vorwürfe sollte man der Kommission nicht machen, sie waren häßlich.(Sehr wahr!) Die Diskussion hier auf oem Parteiluv« ist gestört worden nur durch einen Mißklang. Nur von einer Seite aus ist der sachliche Boden verlassen und das persönliche Gebiet betreten worden. Das geschah von feiten des Korreferenten Schippel. (Sehr richtig.) Er hat um sich geworfen mit Ausdrücken wie: Bosheit, Charlatanismus und Gewissenloflgkeit! Er hat die Kommissions-Mitglieder als Kinder hingestellt, die sich an eine Aufgabe herangemacht haben, von der sie nichts verstehen. Nun muß jedes Kommissions- Mitglied darüber besonders empört gewesen sein, daß dieser Vor- wurf von Schippel kam. Jedes Mitglied konnte diese Vorwürfe in viel schärferer Weise gegen Schippel machen. Denn hat er denn das, was er vorgestern sagte, erst jetzt gelernt, oder hat ernichtall das schon früher gewußt? Die Vorwürfe fallen auf ihn zurück. Ueber die Geschichte des Programmentwurses brauch« ich weiter nichts zu sagen. Aber wie stehen die Dinge? In Frankfurt wird ein Beschluß gefaßt, ein agrarpolitisches Programm durch eine Kommission ausarbeiten zu lassen, das den Bauernschutz enthalten soll. Die Mitglieder der Kommission mußten da entweder ihr Mandat zurückgeben, wenn sich sich von der Nutzloflgkeit deS Bauernschutzes überzeugt hatten, oder sie mußten, wenn sie an die Möglichkeit und Nützlichkeit deS Baucrnsckutzes glauben, sich ihrer Ausgabe unterziehen und ar- beiten. Ich gestehe, daß mir die Hast, mit der man nach dem Fallen des Sozialistengesetzes sich auf die Agrarfrage wie auf ein neues Amerika warf, wenig gefiel. Ich betonte, daß wir mit dem vorhandenen '"rogramm ganz gut auskommen könnten. Wäre in Frankfurt a. M. eit geblieben, dann würde ich mich gegen die Motivirung der Resolution und gegen ihren Wortlaut ausgesprochen haben, wie es auch Bebel beabsichtigt hat. Seit den letzten Jahren haben sich die Verhältnisse geändert, wir waren vor die Frage gestellt, ob wir uns niit der Revolution, die in der Landwirlhschaft ausgebrochen war und die ganze Landbevölkerung aufs innigste berührte, befassen wollten oder nicht. Die Bedeutung der Agrarfrage ist von allen Parteien, vom Junker herab bis zum Demokraten erfaßt worden und sie alle suchen die Landbevölkerung zu gewinnen. Da steht für uns die Frage so, sollen wir jetzt, da alle Parteien Forderungen im Interesse der Landbevölkerung stellen, nicht auch Forderungen aufstellen, die den Genoffen bei der Agitation auf dem Lande zur Richtschnur dienen? Ich selbst war von vornherein da- egen, daß ein neues Programm gemacht werde. Ich war von lnfang an gegen alle Doppelwährung, denn es giebt nur eine Wissenschaft und nur eine Wahrheit. pdeß die vor uns liegende Frage ist weniger eine rage der Theorie, als der Praxis. Es giebt kein einziges . Mitglied der Kommission, das nicht alle theoretischen Aus- führungen Kautsky's und der Frau Zetkin unterschriebe. Seit die Partei konstituirt ist, haben wir wenig theoretische Diskusstonen zehabt. Die Feststellung des Programms ist rasch vor 'ich gegangen, nachdem das Sozialistengesetz vorüber war. Gerade die Einstimmigkeit der Annahme des Programms beweist, daß in bezug auf prinzipielle Tinge Meinungsverschiedenheiten nicht bestehen. die sogenannte auf das, was im Rahmen der keineRepublik Aber da?, was uns beschäftigt auf allen Kongreffen und uns überall die Zeit wegnimmt, das sind die prak- tischen Fragen. Die Partei ist. wenn sie� nicht ihre ganze Existenz aufgeben will, gezwungen, alle Tagcsfragen besonders von der praktischen Seite aufzufassen; und das ist doch klar, daß alle praktische Thätigkeit mehr oder weniger ein Kom- promiß zwischen Theorie und Paxis ist. Da handelt es sich zunächst um die Verstärkung der Staats- gemalt durch die Annahme und Durchsetzung der Progrannu- forderungen. In allen ähnlichen Fällen haben wir uns für die praktische Thätigkeit entschieden. Wir haben für den Nordostseekanal Geld bewilligt; wir haben für den Arbeiterschutz gestimmt, ob- gleich ein solches Gesetz auch die Staatsmacht bedeutend stärkt. Wir haben für Eisenbahnen gestimmt, obgleich wir dadurch das hervorbringen, was Kautsky und Zetkin als verwerflich hingestellt haben, obgleich dadurch eine Menge Existenzen in seine Gewalt kommen. Wenn die Vorschläge der Agrarkommission angenommen werden, dann wird allerdings die Macht des Staats gestärkt, aber es ist hier wie beim Heere; je größer das Heer wird, desto stärker wird es zwar, aber desto weniger sicher wird es; und je mehr Existenzen vom Staat abhängen, desto weniger kann der Junker den Staat beherrschen. Nehmen wir z. B. die Bestimniung von der Hypotheken- Verstaatlichung. In Zukunft würde nicht nur der große Grund- besitzer, sondern auch der kleine Hypotheken vom Staate bekommen. Aber der Vortheil von der Linsenverminderung würde bei den Bauern nicht allzu groß. Ich verweise Sie hierbei auf eine Autorität, auf Karl Marx . Wir haben in London in Dutzenden von Sitzungen darüber diskutirt über die Art und Weise, wie der Bauer zu gewinnen sei. Da wurde be- tont es war nach der Februar- Revolution und nach der Niederwerfung der März- Revolution, daß der Staat da- durch, daß er das Hypothekenwesen in die Hand bekommt, auch einen gewissen Einfluß erhält auf den Betrieb der Landwirthschaft, der rationeller werden müsse, und daß dadurch der Ucbergang des Privateigenthums zum Gemeindeeigenthuin erleichtert werde. Es ist nicht zu befürchten, daß hier der Staat diese Machtmittel ausbeuten kann gegen die Sozialdemokratie; im Gegentheil: während er jetzt monopolisirt ist von den paar Junkern, mit denen die Millionäre der Großindustrie verbündet sind, werden wir nach und nach die gegenwärtige Hauptstütze des Staats, die Bauern- schaft gewinnen. Der Staat selbst wird in gewisser Weise ver- pflichtet sein, für die Kleinbauern zu sorgen, und der Staat wird dadurch mehr und mehr demokratisirt. Ich komme bei dieser Gelegenheit auf Demokratisirung der Staatseinrichtungen und Frau Zetkin sagte in bezug auf die Worte: bestehenden Gesellschastsordnung". Wir wollen mit dem Großherzog an der Spitze". Die Dinge stehen doch etwas anders, als Frau Zetkin sagte. Im zweiten Theile unseres rogramms haben wir Forderungen aufgestellt, die die richtige .emokratisirung herbeifuhren sollen. Wer also von der Demo- kratisirung im Rahmen der bestehenden Verhältnisse nichts wissen will, muß den ganzen zweiten Theil unseres Programms streichen.(Sehr richtig!) Es handelt sich also nicht um prinzipielle, fondern lediglich um praktische Fragen. Daran glaubt doch niemand unter uns mehr, daß der Kleinbetrieb gegenüber dem kapitalistischen Großbetriebe noch bestehen und gedeihen könne. Um solche Tinge zu entscheiden, dazu braucht man kernen Parteitag. Die Frage ist jetzt, ist es praktisch, derartige Forderungen aufzustellen, wie es die Kommission gethan hat? Heule hat man gesagt: das einzig richtige Mittel, die Massen zu gewinnen sei das, daß man ihre völlige Verelendung abwartet; die Verzweiflung werde sie schon uns zutreiben. Diesen Aberwitz glaubt heute niemand mehr, vor allem kein Mitglied der Kommission. Und gerade, weil sie das nicht glaubt, hat sie geglaubt. Ihnen die Vorschläge machen zu müssen, die sie Ihnen gemacht hat. Arbeiterschutz und Bauernschutz sind zwei sehr verschiedene Dinge, darin hat Kautsky vollkommen recht; die Arbeiter stehen im Klassenkampfe, die Bauern nicht. Aber wir haben doch Gruppen in der Bauernschaft, die mit den Arbeitern sehr wohl auf eine Stufe gestellt werden können. Wir müssen unterscheiden: 1. die Land- arbeiter, über die sind wir uns klar; 2. die Großbauern und Großgrundbesitzer, in bezug auf diese hat jetzt sogar Vollmar eingesehen, daß wir diese Gruppe nicht gewinnen können; 3. die Kleinbauern. Ueber die Agitation unter diesen haben wir zwar verschiedene Urtheile gehört; Frau Zetkin hat unter ihnen keine Erfolge erzielt, während Molkenbuhr mit seiner Agitation unter den holsteinischen Kleinbauern recht zufrieden ist. Ja. wenn Frau Zetkin vor den Bauern so gesprochen hat, wie heute hier, dann will ich glauben, daß sie wenig ausgerichtet hat. Man muß den Bauern sagen, weshalb sie verelenden. Ich habe die Landagitation nie anders betrieben; ich habe sehr lange einen fast ländlichen Wahlkreis vertreten und in Oberheffen, wo die aararische Bewegung sehr lebhaft war. habe ich mit gutem Erfolg Landagitation getrieben. Ich habe ge- sunden, daß man den Bauern, ohne daß wir unsere Ziele zu verschleiern brauchen, den Sozialismus bekiringen kann.(Sehr richtig l) Wenn man ihnen freilich sagt, der Staat übernimmt Eure Hypotheken, wird Euch die alten Rechte belassen und vermehren, wird das Gemeineigcnthum vergrößern, so ist das Charlatanerie; aber das thun eben die Sozialdemokraten nicht. Kein Mitglied der Agrarkommission hat behauptet, daß das Bauern- thum im Besitz erhalten werden kann durch derartige orderungen, wie sie sie stellt. Wir wollen nur den lauern die Existenz erleichtern, sie ihnen nicht sichern als Besitzern. Wenn manche diese Dinge aber vornehm ignoriren wollen, so irren sie sich gewalng. Wenn man in Thüringen sieht, welche Bedeutung das Becrenlesen, Streuholen hat für die Bewohner; dann kann man die Sache nicht als Kleinigkeiten betrachten. Von einer Verderbung der Wälder kann übrigens dabei nicht die Rede sein; es handelt sich um alte Rechte aus dem Mittelalter. Wenn man sagt, man soll die Kleinen je eher desto besser zu gründe zehen laffen. so verweise ich Sie auf Fuchsmühl : Es heiüt den Teufel mit Beelzebub austreiben und den Kapitalismus stärken, wenn man zu diesen Dingen vornehm schweigt. Wenn man chon mit dem alten Programm etwas Tüchtiges leisten kann, dann doch erst recht mit den neuen Forderungen, die gegen unsere Prinzipien nicht im geringsten verstoßen. Man muß den Bauern klar machen, daß wir sie als einzelne unterstützen, als Klaffe aber nie retten können und wollen. Aber haben denn diejenigen von uns, die auf das Land hinausgegangen sind, dort nur prinzipielle Forderungen aufgestellt? Nein, wir sind den Bauern mit praktischen Forderungen gekommen. Ich zum Beispiel habe auf die Bedeutung der Demokratisirung der Gemeinden durch das allgemeine Wahl- recht, aus die Bekämpfung des Militarismus hingewiesen und nachgewiesen, daß die Genieinde gewissermaßen eine natürliche Genossenschaft ist, daß das Genossenschasls- wesen, von dem mgn lange geglaubt hat, es sei wesentlich aus die Stadt beschränkt, auf dem Lande schon vor langer Zeit be- landen hat und daß die Gemeinde den Rahmen für eine Genoflenscbaft auch heute noch bildet. In allen Gegenden Deutschlands sind unsere Genossen mit einem bestimmten Programm vor die Bauern getreten, wir könnten Ihnen fast aus allen ländlichen Kreisen Agrar- Programme vorführen, in denen weil mehr versprochen ist, als in dem vorliegenden Entwurf.«Sehr richtig!) Tie Agrarfrage liegt in der Luft, wir können uns ihr nicht entziehen, wir müssen ebenso wie alle übrigen Parteien Stellung dazu nehmen. Wenn wir je nach Art, Zeit und Gelegenheit ein Programm aufstellen, so 'chwächen wir die Partei. Wir müssen solchen anarchistischen Zuständen ein Ende machen und einen Entwurf aufstellen, an den die Genossen überall sich halten können und über den hinaus- zugehen niemandem gestattet ist. Darüber, vb wir mit unseren