Freitag
2. September 1927
Kulturarbeit
Der Examendeutsche.
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Seit dem Tage, da Bethmann- Hollweg in kritischer Zeit den Ausspruch getan hat: Freie Bahn dem Tüchtigen, ist in der Schule manche Reform durchgeführt worden, aber die wesentlichste: die Befreiung des Menschen von dem übermäßigen Examenszwange ist noch immer nicht eingetreten. Es ist nun einmal so: der Deutsche hat von allen zivilisierten Völkern die größte Ehrfurcht vor dem ab gestempelten Wissen, und man muß leider verzeich nen, daß dieses unfreie Wesen auch im neuen Staate sich ungebührlich breit macht. Wohl ist auf politischem Gebiete die Schar derer, die aus dem Volke heraus als neue leitende Kräfte emporstiegen, nicht gerade klein zu nennen, während 3. B. das graufige Kriegshandwerk in den Jahren 1914-1913 feinen führenden Kriegshelden aus der Masse der Muschfoten" schuf. Aber es tam nicht dazu, den Beamtenkörper so umzuformen, daß die Republik auch wirklich von Republikanern verwaltet wird. Und dort, wo das Kapital herrscht, wurde der Bildungsdünkel erst recht genährt; heute wird von dem Lehrling, den die Maschinenfabrik sucht,
das Abiturientenexamen verlangt. Erfreulich ist, daß trop der schwierigen wirtschaftlichen Lage ein Anwachsen der Zahl der Schüler höherer Lehranstalten aus dem unteren Beamten-, Angestellten- und dem Arbeiterstande nachgewiesen werden kann. Daß von der oberen Gesellschaftsschicht dieser Aufstieg nicht sympathisch begrüßt wird, ist begreiflich; sie ist in der Lage der baltischen Barone, die nicht dulden wollten, daß die lettischen Dienstmannen deutsch lernten. Wer als Schulleiter sich um das foziale Moment der häuslichen Erziehung fümmert, wird den höher strebenden Kindern das vollste Lob spenden können; die so oft prophezeite Entfremdung des an Wissen reicheren Kindes von den einfachen Eltern tritt nicht ein. Dies sei zur Ehre unserer oft verleumdeten Jugend bemerkt. Die große Masse des Durchschnittspublikums hängt aber nach wie vor an der offiziellen Abstempelung ihrer Sprößlinge durch die Schule. Ein Beispiel bietet die Abschaffung der Verteilung der Klaffen plätze nach der Güte der Zensuren; was dem vernünftigen Pädagogen eine durchaus einleuchtende Sache ist, wird von vielen Eltern bejammert. Denken Sie sich, unser Gustav ist wieder sechs Pläge heraufgekommen da muß man ihm doch etwas dafür faufen," solche Reden sind heute nicht mehr möglich. Nur dreimal im Jahre zieht die Zensur den Querschnitt durch das Wissen und Betragen des Schülers.
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Für die Mehrzahl der Berufe, so für den Beamten -, Gelehrten, Techniferstand usw., ist die Voraussetzung die Absolvierung der ganzen Schule, also das Abiturium, oder die Erreichung einer gewissen Klasse. So hat sich im Sprach gebrauch der Schüler noch das sogenannte„ Einjährigeneramen" erhalten, das aber auch früher für den Schüler der Bollschulen fein Eramen war. Vielmehr brachte der Aufstieg von Unter- nach Obersekunda die Berechtigung bei, nur ein Jahr zu dienen, und das ältere Geschlecht wird wiffen, wie sich die Schar der Schüler lichtete, sobald die Zensur des Untersekundaners den Vermerk ,, wird versetzt" enthielt.
Dieses Berechtigungswesen,
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das sich, wie gesagt, an bestimmte Klassenerreichung knüpft, ist nicht nur wie im alten Obrigkeitsstaat geblieben, sondern hat sich noch stärker durchgesetzt; weit ab ist man vom amerikanischen System: hier hast du ein Amt, eine Tätigkeit fieh zu, wie du fertig wirst. Jenem System hat nun der Bund entschiedener Schulreformer"( Berliner Vorstand: i. A. Paul Destreich) den Krieg erklärt, aus der Grundanschauung heraus, daß das Berechtigungswesen als Auslesesystem falsch ist und das mehr oder weniger mechanische Schulwissen an die Stelle sachlicher Eignung fett." Man wird der hierin liegenden Kritik unbedingt beipflichten können; jeder Schüler in höherem Semester weiß, welche Wissenslast er mit sich umherschleppt, die er nur des Eramens wegen sich aneignet, und die er nachher so schnell als möglich zu vergessen trachtet. Wenn auch manches hiervon unter der Flagge: Geistesgymnastik segelt, so wäre dieser Zweck auch auf bessere Weise erreichbar. Zweifellos ist das im Schachdorf Ströbeck den Schülern beigebrachte Schachspiel oder auch die hier und da betriebene Zeitungslektüre ein gleichartiges Moment.
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Weiter führt der Bund" zum Beweise der Schädlichkeit des jezigen Systems aus: dieses unnötige Wissen wird Kindern beigebracht, deren Eigenart es feineswegs entspricht, denen aber die Tatsache, daß ihnen und zwar ihnen allein dieses mechanische Wissen den Weg zu diesen und jenen Aemtern und Stellungen öffnen kann, einen geistigen Hochmut verleiht, der zum Schaden für die Beziehungen der verschiedenen Bevölkerungsklassen zu einander ausschlägt. Man fennt das Rastenwesen in Beamten- und Angestelltenfreisen, das in früherer Zeit im Reserveleutnant seinen typischen Ausdrud fand man weiß auch, daß die Abschließung der Stände in Süddeutschland nie so weit gegangen ist und geht, wie dies im preußisch beeinflußten Norden der Fall ist. Der Schluß, den der ,,, Bund" zieht, ist die
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„ volle Beseitigung des Berechtigungswesens". Um die Jugendbildung zur Entfaltung aller wesentlichen Gaben jedes einzelnen zu bringen, wäre nötig, die„ gleich mäßige produktive Schulung der intellektuellen, fünstlerischen, technisch- werftätigen, sozialen Anlagen, ohne Trennung in verschiedenen berechtigten Schulen". Wie bekannt, ist man heute wenigstens so weit vorgeschritten, daß vor der Berufswahl eine Begabtenprüfung erfolgt, die die vorhandenen Fähigkeiten feststellt. Daß das von dem ,, Bunde " angestrebte Ziel einen weit größeren Einfluß auf die Entwicklung der im Kinde schlummernden Eigenart haben muß, ist einleuchtend, da die Schulung sich bereits auf solche Anlagen erstreckt.
Zur Erreichung des idealen Zieles soll der Abschluß der allgemeinen Bildung mit der Pubertät erfolgen zugunsten einer längeren und nieljeitigeren Berufsschulung. Wie soll
Schöpferische Jugend.
Beilage des Vorwärts
Kritische Bemerkungen zur Berliner Jugendausstellung.
Wiederholt schon sind in den vergangenen Jahren in größeren Städten Ausstellungen der Jugend veranstaltet worden mit dem Bestreben, der breiten Deffentlichkeit das Eigenleben der modernen Jugend, soweit sie sich zur Jugendbewegung bekennt, zum Bewußtfein zu bringen. Diese Ausstellungen erwiesen sich fast stets als ein mehr oder minder großes Fiasko. Das war natürlich. Der positive Gewinn der Jugendbewegung läßt sich nicht leicht auf einer Ausstellung zur Schau bringen. Was die Ausstellungen zeigten, waren zum größten Teil ungenügende Resultate irgendwelcher Selbstbetätigung der Jugend in ihrer freien Zeit, war ein Dilettantismus, der in seiner Leistungshöhe oft weit hinter der Hausarbeit, den Freizeitarbeiten früherer, fleinbürgerlicherer und familiärer Beiten zurückstand. Zurückstehen mußte, denn da die Lebensformen der modernen Jugend andere geworden sind, muß folgerichtig auch das schöpferische Leben anderen Ausdruck finden.
Wenn das so ausdrücklich betont wird, muß man annehmen fönnen, daß sich die Veranstalter auch wirklich darum bemüht haben, hierfür den Beweis zu bringen. Im Interesse des guten Rufes der Jugendbewegung möchte man das bezweifeln, denn das, was von diesen Anfäßen zu neuer Lebensgeftaltung auf der Ausstellung gezeigt wird, ist wenig, und selbst das wenige verblaßt, mag es fich nun um Zeugnisse auf politischem, wissenschaftlichem oder fünftlerischem Schaffensgebiete handeln, gegenüber den Leistungen, den wirklich revolutionären, das ganze gesellschaftliche Leben beein= fluffenden Schöpfungen, die uns eine nicht als Jugendbewegung, wenn auch als die Jungen" in die Geschichte eingegangene Generation geschenkt hat, ich meine die achtziger Jahre.
Doch, wie gesagt, ganz so gering, wie es nach der Ausstellung scheint, find in Wirklichkeit die geistigen Ergebnisse der Jugendüber zwanzig Jahre alt. Ihre ersten Führer und Vertreter stehen bewegung nicht. Die deutsche Jugendbewegung ist heute bereits in reifen Jahren, haben also längst Gelegenheit gefunden, ihre Eine von einer Reichszentrale aus organisierte Ausstellung, wie lebensreformatorische Kraft, ihr gesellschaftsgestaltendes Wirken zu die jetzige Berliner Schau, durfte nun aber zu der Hoffnung berech: erproben. Peter Bolter fragte vor längerer Zeit in einem Auffah tigen, daß es den Veranstaltern gelingen werde, das so oft erstrebte in der Weltbühne, Alter Wandervogel" betitelt, einmal nach diesen Ziel wirklich einmal zu erreichen, das charakteristische Wesen der Proben. Er fam zu dem Urteil, daß von erfolgreichen Ergebnissen Jugendbewegung zu erfassen, zum Ausdruck zu bringen, ob eigene der Jugendbewegung taum etwas zu spüren sei. Warum nahm die gestaltende Kraft in der Jugendbewegung vorhanden ist, und wie sie Jugend jetzt nicht die Gelegenheit wahr, sich gegenüber diesen Ansich im gesellschaftlichen Leben innerhalb seiner politischen, fünftle schauungen, die keinesfalls vereinzelt sind, zu rechtfertigen? Warum rischen und wissenschaftlichen Bereiche, sowie allgemein kulturell versuchte man nicht in gleicher lebendiger Form, wie man die zeitdarstellt. lichen Nöte der Jugend veranschaulicht hat, den Einfluß der Wie sind die Veranstalter mit ihrer Aufgabe fertig geworden? Jugendbemegung, so weit er vorhanden ist, auf das gesellDer erste unmittelbare Eindruck von der Ausstellung ist dentschaftliche Leben zur Darstellung zu bringen. Also zum Beispiel auf bar günstig. Die Art, wie diese Ausstellung arrangiert worden ist, die Fähigkeit ihrer Gestalter, nicht nur das an sich schon hochschulen, Volksbibliotheken, Arbeiterbildung), auf die Jugenddie junge Lehrerschaft, das neuzeitliche Volksbildungswesen( Bolksanschauliche allgemeine Jugendleben und treiben lebendig darzu- gerichtsbarkeit, das Fürsorgewesen, die Jugendpflege, den Lehrlingsstellen, sondern auch nüchterne, sonst nur in abstrakten, vom Ausschuß, aber selbst auf Gewerkschafts- und Barteibewegung, sowie auf stellungsbesucher doch übergangenen Zahlenstatistiken, bearbeitete das fünstlerische Leben( wenngleich er auf diesem Gebiete am Fragengebiete durch künstlerische und technische Mittel so eindrucks schwächsten sein dürfte). Man hat sehr geschickt das Freizeitenvoll und verlockend zur Anschauung zu bringen, zeugt von sicherem, problem behandelt. Zahlreiche der erwerbslosen Freizeitenfurse pädagogischen Gefühl und verrät einen Arbeitswillen, der der haben unter ausschließlicher organisatorischer und geistiger Leitung Jugend alle Ehre macht, ist eine schöpferische Leistung. Der Eindruck von der Ausstellung wäre restlos befriedigend, würde sich ein gen nicht? Sie verdienten, ebenso in den Vordergrund gestellt zu von Jugendlichen gestanden. Warum würdigt man diese Leistun gleich starker und schöpferischer Wille und ein ähnliches originelles werden, wie es die Erscheinung des fast rein aus der proletarischen Gefühl auch sonst noch äußern. Daß man es bezweckte, daß die Jugendbewegung hervorgewachsenen Arbeiterstudententums Ausstellung tatsächlich vom kulturellen Willen der Jugend zeugen diente. Gezeigt werden hätte ferner müssen der lebensgestaltende sollte, verrät das Vorwort der Programmschrift, in dem es heißt: Wille der Jugend in der Wohnungsgestaltung, der Kampf der " Der Anspruch auf ein lebhaftes Allgemeininteresse wird aber vor Jugend mit den alten Gewalten, den überlieferten Formen, den allem durch den Teil des Ausstellungsplanes begründet, der vom überholten Sitten. Alles das ist wesentlich, ist selbst da noch wesentin der deutschen Jugendarbeit nicht nur vor einer weit verzweigten Unterliegen kann ein Wille sichtbar oder fühlbar werden. Kulturwillen der deutschen Jugend Zeugnis ablegen soll. Wir stehen lich, wo es nur negative Ergebnisse gezeitigt hat, denn noch im jugendpflegerischen Tätigkeit, sondern die deutsche Jugendbewegung ist heute gleichzeitig in hohem Maße Kulturbewegung. Wir sehen in der jungen Generation der Gegenwart Anfäße zu einer neuen Lebensgeftal tung, wir sehen überall eine eigenartige Einstellung der Jugend tung, wir sehen überall eine eigenartige Einstellung der Jugend zu den großen Problemen unserer Zeit, und mehr und mehr greifen diese neuen Kräfte auch in das gegenwärtige Geschehen ein."
nun die Feststellung der für Aemter und Berufe notwendigen Befähigungen, Kenntnisse und Fertigkeiten gemacht werden? Der Bund" schlägt hierfür den Nachweis
„ durch Einstellungsprüfung und Erprobung" bor . Gleichzeitig fordert er die Einrichtung von Prüfungsund Feststellungämtern, bei denen jeder Jugendliche unabhängig von seiner Vorbildung sich prüfen lassen kann. Da nun die erstere Forderung, Einstellungsprüfung, wohl das pädagogisch- technische Leistungsvermögen der in den Schulen tätigen Männer und Frauen übersteigen wird, dürfte das zu zweit genannte Prüfungsamt den ausschlaggebenden Faktor bilden. Dabei wäre zu beachten, daß schließlich doch die Lehrfräfte den heranwachsenden Schüler am besten zu beurteilen vermögen und daher bei der Errichtung solcher Prüfungsämter nicht übergangen werden könnten. Auch würde ihre Mitwirkung sich günstig in dem Sinne erweisen, daß die der Auslese aller Begabten dienende Institution nicht wieder bloß den aus höheren Schichten stammenden Schülern zugute fäme, die durch weltmännisches Auftreten den Vorrang vor dem weniger gewandten, aber begabten, ärmeren Mitschüler erhielten.
Daß als eine weitere prinzipielle Forderung der Fortfall aller Schulgelder verlangt wird, sei noch erwähnt. Schließlich eine scheinbar einfache, aber in der Praxis doch wohl nicht leichte Forderung: Ersag der Klassenzensuren durch Leistungs- und Veranlagungszeug nisse. Hiermit wird dem Lehrförper eine Aufgabe zugewiesen, die nicht leicht zu lösen ist. Wäre es nicht möglich, daß die Lehrer je nach ihrer eigenen Veranlagung und Einstellung verschiedene Veranlagungsmomente entdecken? Da die neue Forderung aber auch Leistungszeugnisse aufführt, so ist hier wohl mehr eine Zusammenfassung der Einzelzenfuren zu einem allgemeinen Urteil anzunehmen, dem dann die Veranlagungsprophezeiung angehängt wird.
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Unstreitig hat die Erklärung des Bundes entschiedener Schulreformer" eine Frage zur Diskussion gestellt, die das größte Interèsse für alle Kreise hat. Gerade die hart arbeitenden und mit jedem Pfennig rechnenden Klassen müssen in die Lage gesetzt werden, für ihre Kinder die Möglichkeit eines Aufstiegs zu erhalten. Und alle in das Leben eintretenden Jünglinge und Mädchen sollten stets auf ihre Schulzeit als auf eine Periode der Arbeit zurückbliden fönnen, die nicht der Schule, den Lehrern gewidmet war, wohl aber in ihnen selbst das Bewußtsein weckte, nicht nur an Wissen, sondern auch an innerer Bildung ein Höchstmaß erreicht zu
haben.
Das„ Kinderfest".
Als Antwort an den Festkritiker in der letzten Nummer der Rulturarbeit" geht uns folgendes Schreiben zu:
Es sei mir als einem, der in dem Spiegel der Kritik vom 26. August 1927 fich selbst erkennen will und der die Richtigkeit der Kritik anerkennt nicht aber die Berechtigung des Kritikers vergönnt, dem Kritifer folgendes zu antworten. Es ist zu bedauern, und fordert vieie Genoffen zur Selbsttritit heraus, daß in dem in
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Selbstverständlich ist es schwer, geistiges Leben sichtbar zu machen, das nicht in abgeschlossenen Arbeiten vorliegt, sondern verflochten und einbezogen ist in das organische gesellschaftliche Leben. Aber irgendwie hätte es versucht werden müssen. Da man es unterlassen hat, kann die Ausstellung das Wesen der Jugend auch nur un
vollkommen zum Ausdruck bringen.
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Frage kommenden Wahlverein deffen Struktur allerdings eine andere ist als in einem Arbeiterbezirk von über 1000 Mitgliedern, sich nur etwa 10 Pro 3. Genossen zur Parteiarbeit bereit finden, die in allen mit der Partei verbundenen Organisationen ebenfalls als Funktionäre tätig sind. Gerade jene, die den besten Willen haben, Gutes und Großes zu leisten, geben oftmals ihr
schwaches können zu und beklagen fich bitter, baß all die Kritiker all niemals für eine praktische Mitarbeit zu haben sind. Es ist nicht bekannt, ob der Kritiker zu dem Stab der tätigen Parteigenossen gehört, was aber bezweifelt wird, denn wäre es der Fall, so wären die fritisierten Mängel und Fehler nicht vorgekommen, da fein Rat und seine Mitwirkung sie vermieden hätten. Das Recht zur Kritik kann nur dem zuerkannt werden, der den chrlichen Willen zeigt, positiv und praktisch mitzuarbeiten.
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Wandern als Rulturaufgabe. ,, Das Wandern, das Wandern" ein frischer, lebendiger Rhythmus, eine befreite, jelige Stimmung zieht durch die frohe Melocie des Schubert- Liedes vom Müller, der sich hinaus sehnt in die weite Welt. Diese Sehnsucht nach vollkommener Entspannung, nach Schweigen und Stille ist nur zu verständlich. Denn der über= müdete, abgeheizte Mensch hat genug und übergenug von Eriebnissen und Eindrücken, er will endlich einmal allein jein, um auf bedeutet das Wandern das selige Bewußtsein, losgelöst zu sein von stilen, abgelegenen Wanderwegen zu sich selbst zu kommen. Für ihn dem Hetzten po der Arbeit, an Stelle der Maschinen den Gesang der Bögel, das Rauschen der Baumfronen hören zu dürfen. Für ihn schließt der stille, gemächliche Wandertag das Glück in sich, endlich einmal sein eigenes Tempo, seinen eigenen Rhythmus bestimmen zu dürfen.
nehmen wollte, die wirtschaftlichen und sozialen Berhältnisse hätten es fertig gebracht, die gesamte Arbeiterklasse in dieser Weise zu zermürben. Glücklicherweise gibt es überall sportgeftählte, fraftvolle, gesunde Proletarier, die immer wieder mutig den Kampf mit dem Leben, mag er noch so mühselig und schwer sein, aufnehmen. Für sie bedeutet die Autagsarbeit ein immer sich erneuerndes Messen ihrer eigenen Fähigkeiten. Das nervenzerrüttende Rattern der Schlag hämmert in ihr Bewußtsein nur noch fefter das große Ziel der Maschinen vermag ihre Seele nicht zu zermürben, sondern jeder Verwirklichung des Sozialismus. Für diese Arbeiter bedeutet auch das Wandern einen Teil ihrer Weltanschauung. Nicht Abgeschiedenheit, Naturfrieden, volllommene Entspannung, sondern die Aufnahme neuer Eindrücke, die Kenntnis neuer Lebensumstände, den Gedankenaustausch mit Werftätigen anderer Gegenden, anderer Bedas Bandern nicht nur das selige, beschauliche Ruhen in Heide und rufe das ist es, was sie in die Weite hinaustreibt. Für sie ist Wald. Sie haben den Drang in sich, tiefer hineinzublicken in die
Aber man müßte an der Zukunft verzweifeln, wenn man an
Wirklichkeit des Daseins, das für sie nicht losgelöst von den Menschen ihrer Klasse, in der reinen Freude an der Naturschönheit, besteht. Wenn andere sich begeistern am Anblick der stillen, im tiefsten Frieden
liegenden Dörfchen und das Geschick der Menschen rühmen, die darin wohnen dürfen, so tann ihnen diese Art des Wanderns nicht genügen. Sie betrachten das friedliche Dörschen nicht nur aus der Ferne, sondern sie gehen hinein in die kleinen Holkäufer und versuchen einen Einblick in das Leben seiner glücklichen" Bewohner zu bekommen.
Der Arbeiter, der auf diese Weise seine Heimat und, wenn er über Sprachkenntnisse verfügt, auch das Ausland durchwandert, wird mit der Zeit eine Förderung seiner voltswirtschaftlichen und poli tischen Kenntnisse, eine Bertiefung seiner gesamten Bildung erfahren, wie sie ihm anschaulier und eindrucksvoller faum dargeboten merden tann, Em