fin üen Katholikentag! Ein katholischer Fachmann gegen Bekenntnisschnlen.
Aus dSm Buche eines echten Katholiken ist zu ersehen, daß auch im katholischen Lager nicht alle einer einhelligen Parteinahme für die konfessionelle Schule sind. E r n st Michel, der Leiter der Frankfurter „Akademie der Arbeit", lieh bei Eugen Diederich eine Auf- satzsammlung„Politik aus dem Glauben" erscheinen, in der er mit den wissenschaftlich-einmandfreiesten Mitteln nachweist, daß die Kirche in ihrer Starrheit und Herrschsucht sich Wegen zugewandt hat, die sie nicht befähigen, der Jndustriemenschheit Führer in die Zukunft zu sein. Er ver- langt eine tiefe Bersenkung der Katholiken in die soziologisch- politische Problematik der Gegenwart und eine solche Um- schmelzung ihres Bestandes durch Neubefeuerung, daß sie sich durch Liebesdienst inmitten des Zeitgeschehens als Täter und Verwirklicher echten, weltumfassenden Christentums beweisen. Dies Ringen eines ganzen Mannes um die Totalität von Mensch, Volk, Menschlichkeit und Heilslehre wird auf alle Fälle unsere Sympathie finden, auch wenn wir die Farbe seiner Weltanschauung ablehnen. Aber geradezu imponierend in der konsequenten Haltung erscheint uns Michels Stellungnahme zur konfessionellen Schule. Seine Argumente finden wir im Kapitel„Katholische Schul- Politik und christliche Zeitaufgabe" seines Buches. Zitieren wir einiges daraus: „Die Forderung nach der Bekenntnisschule bedarf ihrer Recht- fertigung... durch den tatsächlichen Erweis, daß katholische Religion befreiende Kraft für die eigentümliche Ausgabe der Schule auswirkt; dann aber auch vor dem Gewissen der Kirche selbst errungene Ge- wißheit, daß diese befreiende Durchdringung der Schulbildung nicht anders denn durch die Aussonderung besonderer Bekenntnisschulen aus dem Volk erfolgen könne."—„Die spezifisch religiöse Unter- Weisung... ist eine innerkirchliche Angelegenheit— und hat mit dem Aufgabenbereich der Schule zunächst nicht» zu tun. Die Auf- gäbe der öffentlichen Schule ist nämlich: den jugendlichen Menschen in das Leben des„Volkes", In seine geistigen und leiblichen Ordnungen einzuführen, ihn durch sie zu bilden und für das zu- künftige tätige Mitwirken die seelischen und geistigen Grundlagen zu schaffen. Bildung des jugendlichen Menschen durch den lebendigen Bestand und für die Aufgabe des Volkslebens—: diese zentrale Ausgabe der Schule aber ist die gleiche für alle Schichten des Volkes, für Katholiken und Richttatho- likcn."—„Absonderung Ist für den Katholiken, gerade weil und wenn er aus den Kräften der Kirche lebt, die Sünde."— „Die Vertreter jener Auffassung(der konfessionellen Schul«) treiben K i r ch e n p o l i t i t mit weltlichen Mitteln, aber keine eigentliche Schulpolitik."— Der Standpunkt des kirchlichen Amtes, das wünscht (nicht befiehlt!), daß die Katholiken katholische Schulen besuchen und gründen, ist wesentlich aus der Verantwortung für das Seelenheil der Gläubigen begründet. Die Katholiken trogen ober auch Verantwortung für das öffentliche Leben In allen seinen Formen mit, uno müssen sich in irdischen Situationen kraft eigenen Ge- Wissens entscheiden.... Aus den Geist und nicht auf den Buch- staben gesehen, gehen auch die bindenden Weisungen des kirch- lichsn Gesetzbuches nur auf die Si cherftellung des Religions-
Unterrichts und der religiösen und sittlichen Erziehung."—-- „(Es gibt nicht eine besondere katholische Bildung, Wellanschauung. Wissenschost. Politik, Kunst usw„ die den Inhalt besonderer katholischer Schultypen ausmachen könnten, sondern alle diese Ord- nungen und Aufgaben gehören dem naiürlich-menschlichen, eben ocm geschöpflichen Reiche an."—„Bleibt noch die Frage, ob überhaupr heute die geistigen Voraussetzungen realiter vorhanden sind, um B e- kenntnisschulen unter ihrer echten Aufgabe zu oerwirklichen. Rur wenn sich die Bekenntnisschule als führend im ganzen Volk bewährt, nur wenn sie— immer vorausgefetzt, sie sei geschichtlich geboten— die Aufgabe der„Schule der Voltschast" wirklich- keitsnäher, weltossener, beherzter, mutiger und verantwortungsvoller, weil gläubiger erfaßt und verwirklicht als es sonst im Volk geschieht, geschehen kann, nur dann vermag st« den Kampf gegen sich zu überwinden."—„Ee ist mit der Bekenntnisschule zunächst nur eine stärkere Verantwortung im Volt übernommen, die t«in „Rechtsanspruch" und kein Reichsschulgesctz mildern oder beseitigen kann: die katholische Bekenntnisschule steht und fällt mit dies«r Verantwortungsübernahme. Dieser Verantwortung aber könnte... wahrlich nicht mit den bisherigen Methoden, etwa einem vom Religionsunterricht umrahmten, in religiösen Uebungen einge- betteten weltlichen Unterricht üblicher Art genüge getan werden."— „Der Katholik... hüte sich deshalb vor allem, Schranken gegenüber seiner Witwelt zu setzen, die keinen hellsgeschichtlichen Rotwendig- ketten entsprechen, sich i n« i n Ghetto zurückzuziehen, das eine katholische Welt neb«n der anderen abgrenzt. Denn die U r s ü n d e ist die Absonderung."— Den Glauben in die Gemeinsamkeit de» Doltsschicksal» wirkend einsetzen, heißt aber für den Katholiken: auch die Schranken d«r Konfession, insofern sie in die irdischen Institutionen und Lebensbereiche hineingebaut sind, überwinden und die Glaubenskrost... gerade in der rückhaltlosen Begegnung mit Angehörigen aus allen Schichten und Bekenntnisse« bewähren, die Schule, die Bildungsanstalten sind die Stätten, an d«n«n sich diese Begeg- nung am tiefst«« ermöglichen läßt."—„Der später« Lehrer kann kein guter Volkelehrer s«in,«r kann nicht aus dem Volke lehren und für das Volk bilden und erziehen, wenn er nicht in dieser entformten, entvolklichten Zeit in«iner Urzell« werdenden Volkstum», eben in einer aus allen Bekenntnissen und Schichten vertretenen geistigen Lebensgemeinschaft, wie sie die simultane Lehrerakademie werden kann und werden muß, gelebt und darin seine christliche Glaubenskrast wahrhaft als Erneu«rungsquell schon bewährt hat."— „Wir stehen also in einer Front, deren katholisch« Schulpolitik auf Abbau der sogenannten katholischen Bekenntnisschule hinzielt!" Liest man diese tapferen und unanfechtbaren Sätze eines absoluten Katholiken, so spürt man den Menschheitsgeist am Webstuhl der Zeit und— bekommt Mut, weiterzustreiten für die produktive Gesamtschule zur Welt und zum Volk, zur Gerechtigkeit und Klassenlosig- keit. Es leben uns viele Bündnisbereite im Volke. Wir müssen nur jedem seine Eigenart lassen, wenn er nur mit uns die Wege der Zukunft sucht. Dieser Katholik lehrt uns überzeugend': Keine Kompromisse mit diesem Reichsschulgesetz'. In den Orkus damit! Kämpfen wir um die Verwelk- l i ch u n g der ganzen Schule! Paul Oe st reich.
ver polnische Antrag in Genf . Die Stellungnahme der anderen Länder. Unser Genfer Berichterstatter V. Leb. meldet nachts Uhr weiter(vgl. den Bericht auf Seite 1): Der polnische Antrag dürfte aus den Widerstand(Englands stoßen: beim heutigen Empfang der englischen Pressevertreter hat sich Chamberlain sehr entschieden gegen jeden neuen Patt und gegen jeden Versuch, da» Genfer Sicherheits- Protokoll von 1924 in irgendeiner Form wiederzubeleben, aus- gesprochen. Die Polen vermuten allerdings, daß sich diese scharfe Absage vor allem gegen den holländischen Vorschlag richtet, zumal die holländische Resolution noch weiter geht als das polnische Projekt. Andererseits soll Chamberlain den Polen gesagt haben, daß ihre Idee nur dann Auesicht auf Verwirklichung hätte, wenn sie auf die E i n st i m m i g k e i t der Versammlung rechnen könne. Ob er damit versuchen wollte, die Verantwortung für ein Nicht- Zustandekommen im voraus Deutschland zuzuschieben, bleibt dahin- gestellt. Es ist bisher nicht bekannt geworden, daß sich die deutsche Regierung jemals gegen das Protokoll geäußert hat. Dagegen ist es unbestreitbar, daß das Protokoll vor allem an Eng- l a n d und an den Dominien gescheitert ist, und das neuer- dings auch das imperialistische Italien zu seinen Gegnern zählt. Wenn also die politische Initiative an der mangelnden Einstimmig- keit scheitern sollte, so wird die Verantwortung dafür In erster Linie bei der konservativen Regierung Englands zu suchen sein. Deutsch - land dürfte sich dafür bedanken, die Rolle des Sündenbocks und des Störenfrieds zu spielen und dadurch seine Beziehungen zu Polen verschlechtern zu lasten. Am besten ließe sich das dadurch vermeiden, daß die deutsche Delegation sich sobald wie möglich ohne Rücksicht auf die Wahlbedürfnisse der englischen Tory« zugunsten de« allgemeinen Sicherheitsprotokolls von 1924 aussprechen würde. Stresemann soll bleiben. V. Sab. Genf , 6. September. (Eigenbericht.) Die deutsche Delegation hat heute abend in einer internen Sitzung, an der sämtliche Delegierten teilnahmen, beschlosten, daß Stresemann erst zu Beginn der nächsten Woche nach Berlin abreisen würde. Stresemann wird das Kabinett telegra- phisch bitten, den Kabinettsrat über die Besoldungsvorlage um einige Tage zu verschieben. Gefängnis für die Demonstranten. Genf , ü. September.(TU.) Das Genfer Korrektionelle Gericht verhandelte in den letzten Tagen gegen fünf Manifestanten, darunter zwei Italiener, die an den Ausschreitungen vor dem Völk«rbund»g«bäude vor dem amerikanischen Konsulat teilgenommen hatten. Die Angeklagten wurden mit Gefängnisstrafen von drei bis sechs Monaten bestrast. Ein Italiener wurde ausgewiesen.
flpostel üer Einheitsfront. Oder: der Streit um die Jnvalidenkarte des kommunistischen Abgeordneten. Vor dem Mannheimer Arbeitsgericht standen sich in diesen Tagen zwei Kommunisten einander gegenüber. Der eine in der Rolle des Unternehmers war der badtsche Landtags- Ab geordnete Paul Schreck, Mannheim , Sekretär für den Bezirk Baden , der andere in der Rolle de» klagenden Angestellten, der badische Londtogsabgeordnete Ritter, ehemal» kommunistischer Parteiangestellter. Ritter klagte auf Herausgabe seiner Invalidenkarte zur Anforderung von Erwerbslosenunter- stützung. Beide stritten sich vor dem Arbeitsgericht nach Leibes- kräften. Ritter forderte, daß die Bezirksleitung der KPD . den ein- fachsten sozialen Verpflichtungen nachkommen sollte, Schreck drückte sich von der Verantwortung, indem er erklärte, daß die KPD. keine juristische Person sei! Ein seines Brüderpaar: der ein«, der immer noch Landtags- abgeordneter ist, will zu den Landtagsdiäten noch Erwerbslosen- Unterstützung hinzubeziehen und begründet die Forderung mit dem Hinweis darauf, daß die Diäten kein steuerpflichtiges Einkommen seien, der andere hat zwar die Inoolidenbeiträge des Angestellten entgegengenommen, will aber die Karte nicht her- ausgeben. Schließlich einigte man sich dahin, daß Ritter die Klage zurück- nahm und Schreck sich bereit erklärte, eine Bescheinigung über die Abführung der von Ritter geleisteten Krankenversicherung»- beitrüge herauszurücken. Im badischen Landtag ober sitzen die beiden feindlichen kommu- nistischen Brüder einträchtig nebeneinander auf einer Bankl Da» ist das Bild der kommunistischen Einheitsfront in der Praxis des Alltags.
Unachtsamkeit bei Grenzmanövern. Polen soll besser auspassen. Warienwerder, 6. September. (WTB.) Wie die„Weichselzeitung" meldet, landet« gestern abend gegen TU Uhr ein polnisches Militärflugzeug bei Oberfeld, Kr«is Marien- werder. Bei der Landung wurde der Apparat stark beschädigt und die beiden Insassen, zwei polnische Lizefeldwebel. erlitten leichtere Verletzungen. Sie gaben an. an d«n Manövern bei Lomza beteiligt gewesen zu sein. Wie die..Weichselzeitung" weiter meldet, überschritt am Sonntag abend gegen �11 Uhr in der Gegend von Garnsee eine polnische Patrouille von sieben bis acht Mann die Grenze längs der Straße Garnsee— Herminendorf. Der Führer der Patrouille glaubte, sich noch auf polnischem Boden zu befinden. Die Patrouille gehört einer größeren Abteilung an, die im Graudenzer Gebiet an Manövern teilnimmt. WTB. glaubt noch folgendes„melden" zu müsten: „Der Bevölkerung von Westpreußen hat sich Infolge der Häufigkeit der Grenzverletzungen während der letzten Tag««ine begroislich starke Erregung bemächtigt." Eine solche Erregung war« kaum begreiflich, besteht auch sicher nicht und«s ist auch gar kein Grund zu ihr. Wenn ein paar polnische Soldaten irrtümlich auf deutschen Boden treten, so ist das wirklich noch kein Unglück und schon gar keine Err«gungsursache.
Genosse Dr. Hilserding nimmt zurzeit an der Interpalamen- tarischen Handelskonserenz>n Rio de Janeiro teil und hat dort gesprochen. Auch Genosten aus anderen Ländern sind auf dieser Tagung. Zehn rote Frontkämpfer sind bei Kerkrade nach Holland ein- marschiert. Sie wurden festgenommen und dürften wieder über die Grenze zurückgebracht werden.
Seamtenbefolüung unü Reichsfinanzen. Bayern meldet neue Forderungen an. Zur Beratung über die finanziellen Aus- Wirkungen der Defoldungsreform treten am kommen- den Freitag die Finanzmini st erderLänder zusammen. Wie oerlautet, wird vor allem Bayern , trotzdem es beim Finanz- ausgleich sehr gut abgeschnitten hat, aus Anlaß der Besoldungsreform mit neuen Geldforderungen an da» Reich herantreten. Das Reichs- finanzministerium muß sich auf eine stürmische Aussprach« in der Finanzministertonferenz gefaßt machen. Die Besprechungen des Reichefinanzministeriums m i t den Spitzenorganisationen der Beamten sind nun end- gültig auf Donnerstag angesetzt worden. Da» R e ich» k a b i n e tt hat bis jetzt noch nicht zu den Be- soldungsplänen des Reichssinanzminister» Stellung genommen. Was man also den Spitzenorganisationen vorlegen wird, hat noch nicht den Segen des Reichskabinetts, in welchem die Einflüsse der Industrie und der höheren Beamten sehr wahrscheinlich stärker zur Gellung kommen werden, als das, soweit man hört, bei den Besoldungsplänen Dr. Köhlers der Fall war. voreilige Kombinationen. Der Amtliche Preußische Prestedienst teilt zur Neuordnung der Beamtenbesoldung mit: Im preußischen Finanzministerium sind im Lause der letzten Wochen verschiedene Entwürfe zu einer Besoldungsordnung auf- gestellt worden, um festzustellen, welche Aenderungen der bestehenden Besoldungsordnung notwendig sind, um eine gerechte und der Rot- läge der Beamten Rechnung tragende Besoldungserhöhung durchzu- führen, und welche Erhöhungen der heutigen Bezüge für die Siaats- finanzen tragbar find. Aehnlich ist im Reiche zu verfahren. Diese Referentenentwürfe sind in den letzten Tagen Gegenstand eingehender Verhandlungen zwischen dem Reichsfinanzminlster und dem preußischen Minister gewesen. E» ist damit zu lechneir; daß eine grundsätzliche Einigung über die Erhöhung der Bezüge der vergleichbaren Gruppen zwischen dem Reich und Preußen erzielt werden wird. Der von Beamtenkorrespondenzen und Zeitungen ver- öffcntlichte„vorläufige Referentenentwurs" Preußens entsp.richtin keinerWeisedenim Finanzministerium auf. gestellten Entwürfen-und ist geeignet, Hoffnungen zu erwecken, die mit Rücksicht auf die Finanzlage nicht erfüllt werden können. Der endgültige Entwurf der neuen Besoldungsordnung kann der Oeffentllchkcit erst bekanntgegeben werden, wenn di« Beschlußfastung des preußischen Staatsministeriums stattgefunden hat. Zuvor sollen jedoch noch Verhandlungen mit den Beamtenorganisationen statt- finden.
Zur bevorftehenüen Mietenerhöhung. Ein demagogischer Antrag. Die Bürgerblockregierung begann im Frühjahr ihre Tätigkeit mit der Anordnung, die Mieten am 1. April und am 1. Oktober um je 10 Prozent zu steigern. Diese Anordnung beruht aus einer Bestimmung des Geldenlwertiingegesctzes vom Jahre 1925, die gegen den Widerstand der Sozialdemokratie zustande ge- kommen ist. Auch die neue Anordnung der Reichsregicrung ist im Reichstage von der Sozialdemokratie heftig bekämpft worden. Monatelang hat sie olle Mtitel versucht, um die Erhöhung der Mieten
über die Friedensmiete hinaus zu verhindern. Aber alle An- strengungen waren vergeblich. Di« Regierungsparteien einschließ- lich aller ihrer sogenannten Arbeiteroertreter unterstützten die Mieterhöhungen und lehnten die sozialdemokratischen Anträge ab. An dieser Stellung halten die Regierungsparteien auch jetzt sest. Alle bürgerlichen Parteien wollen Mieterhöhungen, angeblich um den Wohnungsbau zu fördern, in Wirklichkeit um die freie Wirtschaft auch im Wohnungswesen herbeizuführen. Daher ist gar kein Zweifel daran, daß sie auch jetzt neue Anträge auf Unter- lassung der Mieterhöhungen bedenkenlos ablehnen, zumal bereits durch früher bekannt« Beschlüsse der Länder die Erhöhung um 1l> Proz. am 1. Oktober fest beschlossen ist. Unter diesen Umständen hat ein Antrag der kommunistischen Reichstagsfraktkon auf sofortige Einberufung des Reichstages zum 16. September. um zur Mieterhöhung Stellung zu nehmen, kaum Aussicht auf An- nähme. Selbst wenn ihm aber stattgegeben würde, ließe sich auf diesem Wege die drohende Mieterhöhung bei der jetzigen Haltung der Regierungsparteien nicht vermeiden. Der Antrag der Kommu- nisten oerfolgt also nur den Zweck, die Aufmerksamkeit der Wähler auf die von vornherein nutzlose Aktion zu lenken— ein Vergnügen, das man der KPD. wohl gönnen kann, da sie es offenbar sehr nötig hat.
Lebhaftes Sefremöen/ Eine milde Strafe. Wie der„Amtliche Preußische Pressedienst" mitteilt, hat aus Anlaß der Vorfälle bei der v e r f a s s u n g s f« i« r in Halle der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung am Tage nach der Feier«inen besonderen Untersuchungskommisia: noch Halle entsandt. Dieser Hai eine erschöpfende Aufklärung de» Tot- bestandes vorgenommen. Auf Grund dieser Feststellungen hat der Minister dem Professor Menzer sein lebhafte- Be- fremden darüber ausgedrückt, daß er durch Vertennung des Sinnes der V e r s a s s u n g s f e i e r ihren würdigen Verlauf unmöglich gemacht hat.
folgen völkischer Ausschreitungen. Bcrsammlungsvcrbot in BrcSlau. Breslau , 6. September. Das Polizeipräsidium Breslau teilt mit: Gestern abend wurd« eine größere Stahlhelmabteilung beim Einmarsch in die Turnhall« aus dem Publikum heraus angepöbelt. In der Halle wurde festgestellt, daß z w e i L e u t« f« h l t« n. In dem Glauben, daß diese von der Menge festgehalten worden seien, stürmten die etwa 200 Stahlhelmleute entgegen den Be- fehlen ihrer Führer wieder auf die Straße, um die Leute zu suchen. und entfesselten dort unter Verwendung von abgeschnallten Koppeln und abgerissenen Zaunlatten eine große Schlägerei, wobei auch zwei Schüsse sielen. Die herbeigerufene gesamte Bereitschafr der Schutzpolizei griff sofort mit Gummiknütteln ein und stellte in kurzer Zeit die Ruhe wieder her. Verschieden« Derhafrungen wurden vor- genommen. Aus Anlaß dieser Ausschreitungen hat sich der Polizei- Präsident veranlaßt gesehen, bis auf weiteres alle V e r s a m m- l u n g e n unter freiem Himmel, insbesondere alle Um- züge de s S l a hl h e l m s und der Frontsoldaten der Ortsgruppe Breslau und seiner Unterorganisationen im Stadtbezirk Breslau z u verbieten.