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Str. 436 44. Jahrgang Ausgabe A nr. 222

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Telegramm- Abreffe: Sozialdemokrat Berlin  "

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Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutfchlands

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Donnerstag, den 15. September 1927

Ausschaltung des Reichstags.

Die Bürgerblockregierung will den Reichstag weiter vertagen. im Aeltestenausschuß.

Der Aeltestenrat des Reichstags trat gestern zu der angekündigten Sigung zusammen, um über den Vorschlag des Präfi­denten Löbe, die Zwischentagung des Reichstags am 3. Oftober beginnen zu lassen, zu beraten. Der Reichskanzler Marx hatte jedoch dem Präsidenten mitgeteilt, daß bis zu diesem Termin weder Das Reichsschulgesetz noch das Liquidationsschädengesez noch die Besoldungsordnung soweit gediehen seien, daß diese Vorlagen vor den Reichstag kommen fönnten. Mit Sicherheit wären die drei Geseze erst am 17. Oktober für die Reichstagsberatungen fertiggestellt.

Abg. v. Guérard( 3.) erklärte, daß er bei dieser neuen über. raschenden Sachlage sich an den weiteren Beratungen des Aeltesten. ausschusses nicht mehr beteiligen könne, vielmehr zunächst den Bor­fland seiner Fraktion befragen werde. Er schlug deshalb Vertagung des Aeltestenrats auf Donnerstag vor.

Reichsinnenminister Dr. v. Keudell legte dar, daß die Be. ratungen des Reichsrats über das Schulgeset längere 3eit in Anspruch nehmen müßten, und zwar wegen der preußi­schen Anträge und auch wegen der Fristen, die die übrigen Länder. regierungen, mit Ausnahme von Bayern  , für ihre Stellungnahme zu diesen Anträgen verlangt haben.

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Ueberraschung

Die Abgg. Dittmann( Soz.) und Graf v. We starp( Dnat.) schlossen sich dem Antrag auf Bertagung an. Der Aeltestenrat vertagte hierauf die Beschlußfassung über den Wiederzusammentritt des Reichstags auf Donnerstag nach mittag.

Der Strafrechtsausschuß des Reichstags nimmt seine Arbeiten am 21. September auf, während am 22. September sich der Reichshaushaltsausschuß versammeln wird, um über die Höhe der Vorschüsse auf die kommende Neuregelung der Besoldungs­ordnung zu beschließen.

Der Reichsrat hält seine erste Sigung nach den Sommer­ferien am Donnerstag, dem 15. September, ab. Auf der Tagesord. nung stehen fleine Vorlagen.

Der Breußische Staatsrat tritt am 28. September wieder zusammen. Der Hauptausschuß des Landtags ist zum 26. September einberufen worden. Auf der Tagesordnung steht die Aussprache über die Steuervereinheitlichung.

Die Bollsizungen des Landtags werden am 11. Oktober wieder aufgenommen werden. ( Siehe auch 2. Seite.)

8000 neue Berliner   Wohnungen.

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Wolken am Zentrumshimmel.

Umschichtung im Wesen.

Von August Erdmann.

Auf allen Katholikentagen, die von 1848 bis 1927 statte gefunden haben, ist hingewiesen worden auf die Tatsache, daß der katholische Boltsteil in Deutschland   in der Minderheit und infolgedessen die Einigkeit der Katholiken um so notwendiger sei. Am dringlichsten ist das betont worden in heißen Zeiten des Kulturkampfes, und in der Tat ist es neben dem Geschick der Führer nur dem Zu­sammenhalt der katholischen Massen beschieden gewesen, die schweren Bedrängnisse von Kirche und Zentrum abzuwenden. Auch in der Folgezeit ist die Mahnung zur Einigkeit auf den Katholikentagen nicht vergessen worden, aber am lautesten und dringlichsten seit langem ist sie ertönt auf der eben ver­flossenen Tagung in Dortmund  . Das waren nicht nur Mahnrufe, das klang deutlich wie Rufe aus der Not, Hieran ändert der Umstand nichts, daß der Katholikentag in Dortmund  , wie immer, halb Parteitag, halb Kirchenversammlung, unter riesenhafter Beteiligung und in voller Einmütigkeit verlaufen ist. Das ist, was die Sache als Massenkundgebung betrifft, eine Frage der Organi­sation, der Verkehrsbewältigung, und, was die Einigkeit an­langt, eine Frage der auf hinreichender Ueberlieferung und Erfahrung beruhenden Kunst der Regie, die feine Uneinig­feit, feine vom bewährten Ritus abweichende Meinung, kein störendes oder gar auffäffiges Wort aufkommen läßt.

Der Magistrat billigt den Bauvertrag. Beim Reichsfinanzminister liegt die wisse Bestrebungen im Zentrum, die Partei aus den

Das Nachrichtenamt der Stadt Berlin   teilt mit:

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Entscheidung.

Der Magistrat hat in seiner gestrigen Sihung dem Abschluß des Bebauungs- und Pachtvertrages mit der Bewoag, vorbehaltlich des Erlaffes der Wertpapier- und Kapitalertragsffeuer, zugestimmt. Der Haushaltsausschuß hat sich gestern mit der­felben Frage beschäftigt und wird seine Beratungen am Donnerstag fortsetzen.

Fortschritt der Beratungen.

Der Magistrat legte gestern abend dem Haushaltsausschuß der Stadtverordnetenversammlung den verbesserten Bertrags­entwurf für den Abschluß der 8000 Wohnungen mit der Bewoag( der aus den sozialen Bauhütten und dem Haberland Konzern neugebildeten Baugesellschaft) vor. Alle Bestimmungen, durch die der Charakter eines reinen Bachtvertrages beeinträchtigt merden könnte, sind nunmehr beseitigt. Außerdem ist die Zahl der Kleinwohnungen ganz beträchtlich erhöht mor­den: Es sollen nunmehr 3400 Wohnungen mit zmsi Zimmern, Küche und Bad  , 4400 Wohnungen( 1000 mehr als bisher) mit drei Zim­mern usw., dagegen nur 524 Wohnungen mit vier Zimmern gebaut werden. Die Vermehrung der kleineren Wohnungen erhöht den von

der Stadt zur Verfügung zu stellenden Zuschuß zur Mietsenkung auf 2,84 Millionen. Der Mietpreis wird dann 66 M. für die Zweieinhalbzimmerwohnung, 100 m. für die Dreieinhalbzimmer­wohnung und 150 m. für die Biereinhalbzimmerwohnung betragen, wobei die Bierzimmerwohnungen bereits zur Berbilligung Der Zweizimmerwohnungen mit herangezogen sind.

Die Bewoag hat die Verpflichtung übernommen, selbst um die Befreiung von der Kapitalertragssteuer, die be­fanntlich jährlich 756 000 m. betragen würde, und um die Sen= fung des Effettenstempels von 2 Millionen Mark auf 500 000 m. einzukommen.

meitere 8324 Wohnungen in diesem Jahre in Angriff nehmen.

Die Entscheidung wird dann beim Reichsfinanzministe rium bzw. bei der Beratungsstelle für Auslandsanleihen liegen, die für den Erlaß der Kapitalertragssteuer zuständig sind. Die Stadt Berlin   hat ein Recht, zu verlangen, daß diese Stellen in Be­rücksichtigung der großen Wohnungsnot der Bevölkerung in diesem Punkte das erforderliche Entgegenkommen zeigen und nicht ihrerseits das Projekt aufs neue gefährden. Die schaffenden Massen Berlins   und insonderheit die wohnungslose Bevölkerung würden es schlechtersdings nicht verstehen, wenn hier bureau­fratische Engherzigkeit über ihre Lebensintereffen triumphieren sollte. Mit der Verabschiedung der Vorlage darf in der heutigen Stadt­verordnetenversammlung gerechnet werden.

Revolverkampf in Ravenna  . Oberfaschisten angeschossen, der Täter getötet.

Ravenna  , 14. September.

Auf der Piazza Vittorio Emanuele gab ein Kommuniff namens miffiroli mehrere Revolverschüsse auf eine Gruppe von Offi­3ieren der faschistischen Mi113 ab. Er verlekte den Komman deur der 81. Legion der Miliz schwer, während der Sekretär der faschistischen Partei in Ravenna   leichter verwundet wurde. Letzterer erwiderte das Feuer mit zwei Revolverschüssen, durch die Miffi­

toli getötet wurde.

Neuer polnischer Schulraub.

In Ostoberschlesien.

In der Partei des Zentrums und in der katholischen Presse, fern vom 3wange fatholikentäglicher Tradition, sieht's etwas anders aus. In der katholischen Monatsschrift ,, Abendland"( Heft 9) findet sich ein Aufsatz von H. A. Berning, dem Leiter der politischen Bildungsarbeit im Zentrum, überschrieben: Die Problematik der Zentrumspartei  ." Darin wird hingewiesen auf ge= tieferen geistigen Voltstomplegen zu lösen, fie aus Gründen stärkerer Konzentration, größerer Stoßfähig­feit und lebhafterer Aktivität auf bestimmte erklusine 3 me de hin zu rationalisieren, sie mit dem übrigen Partei­gefüge konstruktiv zu gestalten." Man glaube, daß die ,, bis­herige weltanschauliche Verankerung nicht mehr den Kitt für den Zusammenhalt so mannigfaltiger Ideen­und Volkskomplere abgebe; man solle den weltanschaulichen Bezirken ihre Autonomie gewähren, um auf diese Weise eine größere politische Beweglichkeit der Politik und eine ungehemmtere, rein fachlich zweckmäßig bestimmte Frat­tionsbildung zu erzielen." Es gebe andere Störungen im Katholizismus, die nicht mehr glauben an die Durchdrin­gungsfähigkeit des Christentums in den Gesamtkomplex der Welt", es sei besser, sich mit den christlichen Kulturforderun­gen von den exponierten Vorposten der Kirchenpolitik zurück­zuziehen, um die christliche Substanz zu retten, zu vertiefen und den Willigen zugänglich zu erhalten".

Man kann nicht sagen, daß sich die Aeußerungen des Leiters der politischen Bildungsarbeit im Zentrum durch be= sondere Klarheit auszeichnen. Begnügen wir uns also mit der Feststellung, daß nicht nur im Zentrum, sondern auch allgemein im Katholizismus mancherlei Strömungen und Meinungsverschiedenheiten, die mit der gewaltigen politischen und geistigen Umwälzung von 1918 zusammenhängen, vor= handen sind. Berning selber steht auf dem Boden der alten Auffassung: Das Bentrum fann als Gesamtheit weder ein­feitig fortschrittlich, liberal, noch ausschließlich konservativ oder radikalsozial fein... Nie wird eine Richtung, eine Idee sich verabsolutieren und die Gesamtheit der Partei annettieren fönnen, ohne daß ihr Gefüge zersprengt undin alle Windrichtungen zerstreut würde." Mit diesen beiden Säßen beschäftigt sich in Heft 10 der genannten Zeitschrift eine Erwiderung von Dr. Heinrich Scharp  . Er will sie nicht angreifen, denn sie seien nur

streiten ist, des Sachverhaltes nämlich, daß es eben ein einheitliches die logische Konsequenz eines Sachverhaltes, der nicht zu be= und einziges, rationell und logisch durchgeformtes Gestaltungsprinzip der Zentrumspartei   nicht gibt.

Bor furzem wurde erst gemeldet, daß Polen   den Schulraub gegen die Deutschen   in Ostoberschlesien entsprechend den Entscheidungen Die Mitglieder des Haushaltsausschusses äußerten sich im all Calonders einzuschränken scheine. Jetzt wird schon wieder berichtet, gemeinen zustimmend zu dem neuen Vertragsentwurf; eine daß die deutsche Minderheitenschule in Kosch entin( Kreis Lub­Reihe von Einzelheiten soll noch bis zur Plenarberatung nachgeprüft liniz) von der Woiewodschaft vor kurzem geschlossen wurde merden. Die Kommunisten lehnten das Projekt auch in seiner mit der Begründung, daß die vorgeschriebene 3 a hl. von 40 Kin­jezigen Form ab. Die sozialdemokratische Fraktion brachte bern nicht erreicht sei. Tatsächlich kommen zu den für dieses Nun sei, so fährt Scharp fort, die Entfaltung der politischen einen Antrag ein, nach dem die Stadtverordnetenversammlung Schuljahr angemeldeten 32 Rindern 16 aus dem Vorjahre, die Energie des Zentrums nicht schon damit gegeben, daß sich ihre grundsägliche Zustimmung zu dem Vertrag erklärt unter der rechtzeitig angemeldet, aber unberechtigt zurüd- innerhalb der Partei die Vielheit der in ihrer volkhaften Sub­Bedingung, daß die Kapitalertragssteuer erlaffen gewiesen worden waren, so daß die vorgeschriebene Bahl über- stanz eingeschloffenen Kräfte und Tendenzen widerspiegeln; und der Effetten stempel auf 0,5 Proz. ermäßigt wird. fchritten ist. Als die Erziehungsberechtigten am Tage des Schul- fie beginne vielmehr erst da, wo die Partei in ihrer Gesamt­Sie beantragten ferner, daß die Finanzgrundlage des An beginns ihre Kinder der deutschen   Schule zuführen wollten, wurden heit der politischen Wirklichkeit gegenübergestellt werde, wo gebots noch einmal nachgeprüft werden solle mit dem Ziele, darauf sie wieder zurückgewiesen. Gie beschlossen deshalb, in den ihre politischen Energien auf eine politische Aufgabe stoßen fußende Verbesserungen der Vertragsbedingungen Schulstreit zu treten und sich zu weigern, ihre Kinder in pol- und aus der faßbaren politischen Lage eine Entscheidung er­herbeizuführen. Der endgültige Vertrag foll vor seiner Unterzeichnische Schulen zu schicken. Daraufhin hat die Polizeibehörde zwungen werde. Hier führt Scharp die Aeußerung eines mung noch einmal dem Haushaltsausschuß vorgelegt werden. den streitenden Eltern Strafbefehle wegen Schulperfäumnis, nicht auf dem linken Flügel der Partei zu suchenden Zen­Es ist zu erwarten, daß sich auf dieser Grundlage eine Mehr 3 3loty pro Tag, zugestellt. Die Obersekunda in der Oberreal. trumsführers an: heit für den Bertrag in der Stadtverordnetenversammlung fdule in Rönigshütte wurde zu Beginn des neuen Schul finden wird, und daß damit endlich der Anfang zu einem zufäß jahres am 1. September nicht mehr eröffnet, obwohl acht lichen Wohnungsbauprogramm in Berlin   gemacht wird. zehn Schüler nach dieser Klaffe verseßt waren. Man erreichte ledig Berlin   würde dann in diesem Jahre neben den bereits aus lich die Zusage, daß die in Frage kommenden Schüler in der Ober­Mitteln der Hauszinssteuer unterstützten 20 000 Wohnungen realschule tattowiß Aufnahme finden sollen.

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Das heutige Zentrum sei eine Masse von Menschen, die lediglich durch die gemeinsame Abwehr antikatholischer Instinkte zusammen­gehalten werde, und in der jede 3ntereffengruppe, teine ausgenom­men, für sich selbst einen möglichst großen Borteil herauszuschlagen versuche.