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geborenen Aufeinanderfolge von Schuld und Strafe, gilt einem Strafrecht, das sich hinter sittliches Werturteil und göttliches Gebot versteckt. Der Vergeltungsgedanke, das instinktive Sühneverlangen, das die Wissenschaft, die moderne Strafrechtslehre für überwunden ansieht, lebt jedoch traditionell und instinktiv im Volk als Masse, es lebt im ein- zelnen. der von anderen verletzt wird, es lebt instinktiv selbst in der Brust des radikalsten Kriminalisten, der es mit dem Intellekt korrigieren muß. Es ist eine große Lehre, die die moderne Straf- rechtslehre formuliert, und die, wenn auch nicht rein, in die Strafrechtsreform eindringt. Die Thesen, die der Kongreß von Karlsruhe angenommen hat, führen logisch r a d i- kalen Konsequenzen. Wenn die Strafbemessung von der Erwägung abhängig gemacht wird, welche Mittel nötig sind, um den Täter wieder zu einem gesetzmäßigen und geordneten Leben zu führen, so liegt darin die radikale Ab- wendung vom Vergeltungsgedanken und vom sittlichen Wert- urteil in der Strafe und die Einwendung zum Gedanken des Schutzes der Gesellschaft durch das Strafrecht. Es ist damit ein Weg betreten, der in weiterer Zukunft zur Ausmerzung oller jetzt strafbaren Tatbestände aus dem Strafgesetz führen muß, die nur mit dem Sühneprinzip zu rechtfertigen sind man denke nur an die Bestrafung eines Lokomotivführers, dem das Unglück zustößt, daß momentanes- Versagen seiner Aufmerksamkeit zur Katastrophe und zur Vernichtung von Menschenleben führt. Die radikale Konsequenz leitet zu dem unendlichen Ziele hin, daß die Strafe aufhört. Strafe zu sein, daß an die Stelle des BegriffsSchuld" der BegriffGefähr- lichkeit für die Gesellschaft" tritt, an die Stelle des Begriffs Strafe" der BegriffSanktion", Sicherungsmaßnahme. Eine große Lehre und groß? Zukunftsperspektiven, getragen vom Ideal wahrer Humanität! Aber dem Laien, der dem Meinungskampf auf der Ta- gung der IKV. in Karlsruhe folgte, mußte notwendig der Gedanke kommen, ob nicht diese Gedankengänge dem Emp- finden des Volkes von heute fremd sind wie eine Geheim- lehre, und nicht nur dem Empfinden des Volkes! Lebt doch instinktives Sühneverlangen heute nicht nur noch im Volke, sondern auch im Richtergeschlecht von heute. Ist es doch be- sonders stark bei allen politischen Komplexen! Deshalb ist es eins Gefahr, daß die Reform dem Volke gegeben werden soll, als Geschenk eines Stoßtrupps der Reform, ohne Appell an feine Mitarbeit, unter Mißachtung seiner Vertretung. ohne daß die großen Grundgedanken wie mit Fanfarenstößen den breitesten Massen verkündet werden. Hier liegt ein großer Fehler der Vergangenheit aber er darf nicht ein Fehler der Gegenwart und Zukunft bleiben, um der wahren Reform des Strafrechts willen nicht. Denn die Wirksamkeit des neuen Geistes erfordert tiefes Eindringen in Verständnis und Rechtsgefühl des Volkes, erfordert eine tiefgehende Umwälzung überkommener verstockter Anschauungen. Sie erfordert, daß das Volk selbst darüber reden kann, daß nicht das neue Gesetz vom alten Richtergeist verfälscht wird. Mit der gesetzgeberischen Aktion von heute ist die Reform des Strafrechts deshalb nicht zu Ende. Es beginnt das Problem der Wandlung der Anschauungen, es erhebt sich das Problem der Heranziehung eines neuen, von neuem Geiste erfüllten Richtergeschlechts, das Problem der Umgestaltung der Erziehung der Richter. Die retardierenden Kräfte auf der Karlsruher Tagung wollten endlich die Strafrechtsreform los werden aber die Tagung konnte trotzdem nicht an diesen brennenden Problemen vorübergehen und an der Tatsache, daß die eigentliche Problematik erst beginnt. Hinter dem Strafrecht aber steht das große Kapitel des Strafvollzugs. Auch hier ist ein Reformgesetz vor- bereitet und auch hier liegt die wahre Reform erst in der Zukunft. Ohne die Reform des Strafvollzugs schwebt die Strafrechtsreform in der Luft. Hier lautet das Problem, das in Karlsruhe scharf herausgearbeitet wurde: Ersetzung des Prinzips der Leidzufügung gegenüber dem Gefangenen durch

das SrztehvngsprinLip. Aber auch hier zeigten fich die hemmenden Kräfte. Eine starke und eindrucksvolle Be- tonung des Reformwillens durch Professor L i e p m a n n und Iustizrat G e n tz, durch Professor R a d b r u ch und durch Vorkämpfer des modernen Strafvollzugs wie Ministerialrat Stacke vom sächsischen Justizministerium und Regierungsrat Krebs, den Direktor der Strafanstalt Unter-Maßfeld auf der anderen Seite Reformunwilligkeit einer Reihe von Ge- fängnisdirektorcn, die mit sich selbst sehr zufrieden sind. Auch hier Reformarbeit im stillen und Notwendigkeit, das Massenverständnis dafür zu wecken. Es ist leider so, daß für große Teile des Volkes die Strafjustiz am Tore des Ge- fängnisfes aufhört und dahinter eine unbekannte außergesell- schaftliche Welt beginnt. Es ist noch schlimmer! Gegen Schluß der Debatte, in der Theoretiker und Praktiker des neuen Strafvollzugs sich auseinandergesetzt hatten, erhob sich ein hoher Richter, dankte für das, was er gehört chatte und sprach: Un Richtern ist das Schicksal der Menschen in die Hand gegeben. Wir geben ihn hinaus und mir wußten bisher doch recht wenig, wohin. Endlich eröffnet sich uns eine weitere Aussicht. Wir müssen lernen aus der Praxis. Es muß sich ein Geschlecht von Richtern entwickeln, das mit dem Strafvollzug verbunden ist und verbunden sein soll." Ein Geständnis, das stärker als alles andere zeigt, daß mit der gesetzgeberischen Aktion von heute und morgen erst ein Anfang der Reform gemacht sein wird, daß demnach die Reform von Strafrecht und Strafvollzug an Haupt und Gliedern brennende Notwendigkeit der Zukunft ist. Diese wahre Reform, ein echter Faktor des Kulturfort- schritts, ist eine Bewegung von säkularer Bedeutung. Mehr noch als bisher muß die Sozialdemokratie als Kulturbewegung lebendiges Verständnis des Volkes dafür wecken. Die sozialistischen Juristen in der JKV. stehen als radikale Kriminalisten an führender Stelle der Reformbewe- gung, eine treibende Kraft, ein mahnendes Gewissen. Das Strafrecht ist im tiefsten Grunde verbunden mit den gesell- schaftlichen Zuständen und der Lage der gesellschaftlichen Kräfte und die großen Kämpfe dieser Kräfte wirken auf das geistige Ringen um wahre Strafrechtsreform zurück. Zieht man die Bilanz der Tagung von Karlsruhe , so wird diese Rückwirkung sichtbar: lebendiger Reformwille, eindrucksvoll verkündet, in die Zukunft weisend, weit über die gesetzgeberischen Pläne von heute hinaus aber Be­schlüsse, die zu einem guten Teil von der Kraft der reaktiv- nären Mächte zeugen, politisch, ja antisozial gefärbt: Ableh- nung der Beseitigung der Zuchthausstrafe, Ablehnung der Ausscheidung von-Bettelei und Landstreicherei aus der Zahl der strafbaren Handlungen, Ablehnung der Streichung der Kautschukbestimmungen aus dem Hochverratsparagraphen, Ausweichen gegenüber einer klaren Stellungnahme zum Landesverratsunfug, Ausweichen vor einer Entscheidung über die Todesstrafe, Ablehnung der Forderung, daß ohne Ver- schulden nicht beitreibbare Geldstrafen nicht in Freiheits- strafen verwandelt werden dürfen was direkt antisozial gegen Arbeiter und Nichtbesitzende gerichtet ist, Ablehnung der Zuziehung des Laienelements zum Strafvollzug. So gewinnt man nicht das Interesse, die Sympathie, die lebendige Teilnahme des Volkes am Strafrecht und an der Strafrechtsreform! Bei aller Anerkennung der Leistung der JKV. in der Vergangenheit muß deshalb ihre Schwäche von heute betont werden, die zugleich die Schwächen der Straf- rechtsreform von heute kennzeichnet uns selbst aber auf die Notwendigkeit verstärkter Aktivität in die Zukunft hin- weist.

Gegen Ausfuhr deutschen vrotgetreide,. Die an der Vrotver- sorgung i» Bayern beteiligten Organisationen haben an den Reichs. ernährungsminister ein Telegramm gerichtet, in dem sie um so- sortigc Maßnahmen gegen eine weitere Ausfuhr ein- heimischen Brotgetreides nach dem Ausland« ersuchen. Es wird darauf hingewiesen, daß die diesjährige Ernte Deutschlands durch schlechtes Wetter oerzögert sei und stark gelitten habe.

Wahrheit über Rußlanö! Eine Erklärung des Genossen Tr. Ffriedlaudcr. Zu Veröffentlichungen derRoten Fahne" bittet uns Genosse Dr. Otto Friedender folgender Erklärung Raum zu geben: In meinem vor den Berliner Jungsozialisten gehaltenen Referat habe ich mich ebenso wie bei den verschiedenilichen Borträgen vor anderen Parteikreifen und bei meinen ausführlichen Berichten in der Textil-Zeitung" als deren Berichterstalter ich Sowjetrußland bereist habe, bemüht, die Dinge nach bestem Wissen und Gewissen so dar- zustellen, wie sie sich mir gezeigt haben. Sind auch in der Bericht­erstattung über meinen Vortrag vor den Iungsozialisten nicht alle von mir entwickelten Gesichtspunkte mit aller Deutlichkeit zur Sprache gekommen, so wundere ich mich doch, daß dieselbeRote F a h v. die es gestern noch für gut befand, mich zumausgehaltenen Doktor" und.Lügner" zu stempeln, nun aus mir einen Kronzeugen für ihre Auffassungen von Sowjetrußland machen möchte. Gewiß, ich habe in dem Streben nach vollendeter Objektivität das Gute und das Schlecht« in gleicher Weise hervorgehoben. Ich wollte damit gerade dortun, daß Sozialdemokraten, wenn sie nur die Möglichkeit haben, sich frei in Rußland zu bewegen, ungeachtet oller parteipolitischen Gegensätze bereit sind» zu loben, wo es zu loben, freilich auch zu tadeln, wo es zu tadeln gilt. Im übrigen ist dafür, welchen Schluß ich aus meinen Eindrücken zu ziehen für gut befand, der beste Beweis der. daß ich durchaus als überzeugter Sozialdemokrat aus Sowjetrußland zurückgekehrt bin. Wir haben dieser Erklärung nur hinzuzufügen, daß sie vollständig unseren eigenen Auffassungen entspricht. Wie un- sinnig die Behauptung des kommunistischen Blattes ist, wir wollten die Darlegungen des Genossen Fricdländer ver- fälschen, geht schon aus dem Umstand hervor, daß wir bereits am 18. August einen Artikel Friedländers über seine Ruh- landreise unverkürzt und unverändert zum Abdruck brachten. Ein weiterer wird folgen._

R beglückwünscht. Michaelis Verdienste, wie JEH sie auffasse. Unser Ehemaliger tdnn bekanntlich von seinen alten Liebhabe- reien nicht lassen. So hat er an den Drei-Monate-Reichskanzler Michaelis zu dessen 70. Geburtstag folgendes Handschreiben ge- richtet: Mein lieber Dr. Michaelis! Zu Ihrem Geburtstage gedenke Ich Ihrer mit den herzlichsten Wünschen in dankbarer Erinnc- rung Ihrer Verdienste um Mich und das Reich in schwerer Zeit. Möchten Sie noch lange segensreich sür das da- niederliegende Vaterland wirken können, insbesondere für die so notwendige religiöse und geistig« Erneuerung unseres Volkes. An- bei sende Ich Ihnen M« i n B i l d. gez.: Wilhelm I. R. Daß sür Wilhelm, der trotz Thronverzichtes noch als Impe- rator Rex zeichnet, sein Ich vor dem Reich steht, verwundert uns nicht. Bor mehr als hundert Iahren hat schon der Philosoph I. G. Fichte diesen monarchistischen Größenwahn mit den beißenden Worten getadelt:Der Monarch ist vor dos Volk gesetzr, gleich als ob er nicht dazu gehöre." Im vorliegenden Falle trifft Fichte? Wort durchaus zu. MichaelisVerdienste" um das Reich bestanden bekanntlich darin, daß er den vom Papst unternommenen Friedens- versuch sabotierte und damit die Vorbedingungen des Zusammen- brucl-s von 1S18 schuf. WUhelm hat ja immer ein scharfes Auge für Verdienste ge- habt. So dekorierte er, wie bekannt, nach der Uebergabe Port Arthurs den russisckzen Kommandeur der Festung, General Stoesscl, mit dem Orden Pour le Merite, was auch fürVerdienst" heißt. Die Russen selber schätzten Stoessels Verdienste so hoch, daß sie ihn vor ein Kriegsgericht stellten und zum Tode verurteilten. Auch Michaelis Verdienste um das deutsche Volk könnten nur von einem Staatsgerichtshof voll gewürdigt werden.

Der Sowjetgesandle In Wien , Jen Bersin, ist zum Vertreter der Sowjetunion bei der Ukrainischen Sowjetregierung ernannt worden; nach Wien kommt I u r j e n j e w.

Isaöora vuncan. Di« einst weltbekannteBarfußtitnzerin-- Isadora Diman würbe, wie wir an anderer Steile unseres Blatt»« melden, das tragische Opler eines eigenartigen Unglückssalles Ein Vierteljahrhundert ist es her, daß die amerikanische Tänzerin Jsadora Duncan ihre erste Rundreise durch Europa antrat, um für eine neue Art des Tanzes Propaganda zu machen. Es waren nicht durchaus eigene Ideen, die sie uns brachte. Der französische Schau­spieler und Tanzlehrer Delsarte hatte eine Lzhre> von der neuen Körperkultur geschaffen, und mit ihr namentlich in Amerika Beifall und Anhänger gefunden. Don dieser Lehre gwg die Duncan aus, als sie den ersten Anstoß zur Reform des Kunsttanzes gab. Der Tanz lehrte sie müsse natürlicher und müsse ernster werden. Um die Natürlichkeit zu fördern, legte die Dunccan das Gazcröckchen, die Trikots und Tanzschuhe ab und tanzte nacktbeinig in Gewändern, die an antike Formen erinnerten. Um dem Tanz ein ernsteres Gepräge zu geben, lehnte sie die übliche Begleitung leichter Tanzmusik ab. Sie tanzte nicht mehr Strauß und Couperin , sondern Beethoven , Bach und Chopin . Di« Tanzleistungen der Duncan waren kaum mittelmäßig. Die Amerikanerin hatte keinen Tropsen echten tänzerischen Blutes. Aber durch ihre Theorie, durch die Vorträge, mit denen sie bei ihrem ersten Auftreten ihre Vorsllhrungen einzuleiten pflegte, hat sie auf- klärend und reformatorisch gewirkt. Freilich war auch Ihre Theorie keineswegs einwandfrei. Die Duncan ging von der Kunst der alten Griechen aus, bei denen sie ihr Ideal einer schönheitlich stilisierten Natur zu finden meinte. Sie gab Gesten und Stellungen wieder, die sie auf antiken Vasenbildern, an Reliefs und Statuen gesehen hatte, und ihre Kunst bestand im wesentlichen darin, durch tänzerisch? Bewegungsreihen eine dieser Stellungen mit einer anderen zu ver- binden, gewissermaßen von einem lebenden Bild zu einem anderen hinüberzutanzcn. Sie gestaltete also ihre Tänze nicht schöpferisch aus ihrem Inneren heraus, sondern sie ahmte äußere, gegebene Formen nach. Sie bot nicht eigene Kunst, sondern Kunst aus zweiter Hand. Und sie ließ die Tanzbewegungen nicht organisch eine aus der anderen herauswachsen, sondern sie fügte äußerlich, Verstandes- mäßig eine Bewegung an die andere, um zu künstlerischen Be- wegungsreihen zu gelangen, die die Höhepunkte ihres Tanzes, die gegebenen antikisierenden Attitüden, miteinander verknüpften. Das Verfahren der Dunccan war von Grund aus unfrei, un- künstlerisch, unfruchtbar. Einen Fortschritt gegenüber dem alten, dem Ballettanz, bedeutet« es aber insofern, als es den ganzen Körper m den Dienst des tänzerischen Ausdruckswillens stellte. Die Tänze der Duncan beruhten nicht, wie der Ballettanz, auf einseitiger Bein- atrobatik, sondern es wirkt in ihnen, und zwar als vornehmstes Ausdrucksmittel, die Spräche der Arme und sogar das Mienenspiel mit. Dadurch erhielten ihre Tänze wenigstens äußerlich den Schein des Durchgeistigten. Bcscellcn. Aber wenn auch die Duncan nichts weniger als eine gute

Tänzerin war, wenn auch ihre Theorie von falschen Voraus- setzungen ausging, und wenn auch von ihren Reformideen heute nichts lebendig geblieben ist, als etwa die Gewohnheit, nacktbeinig zu tanzen, so muß ihr gerechterweise doch das historische Verdienst zugestanden werden, daß sie als erste den Bann gebrochen hat, der die Entwicklung des Kunsttanzes lähmte. Sie hat nicht den Weg gezeigt, der aus der Sackgasse herausführte, aber sie hat die Welt darauf aufmerilam gemacht, daß es noch eine andere Art von Kunst- tanz geben könne, als das Balleth John Schikowsti.

Marke hat gestohlen. Vor 21 Jahren erblickte sie das Licht einer Stearinkerze auf der als Nachttisch dienenden Apfelsinenkiste. Die markantesten Eindrücke ihrer ersten Jugend rrägt sie noch als dick« Srriemen auf allen Körperteilen. Früh starb die Mutter, und man erzählte dem kleinen Mädchen, der Tod der Mutler fei darauf zurückzuführen, daß diese vielzuoiel Lysol getrunken habe, teueres Lyjol. das die Der- blichene unterschlagen habe, denn es gehörte einem Fabrikdirektor und sollte zum Reinigen von Aborten verwandt werden. Die feinere Psycholog!« führt hierauf die kriminell» erbliche Belastuno. zurück. Weitere belastende Momente findet man in ihren Jugcndennnerun» gen. Sie erinnert sich, von ihren Pflegeeltern abwechselnd Marie undStück Aas" benannt worden zu fein. Der Hang zum leichten Leben und die Putzsucht dokumentieren sich in der Tatsache, daß die Person«inen Bubikopf trägt, oerdächlig ist gleichfalls die sauber- Kleidung. Ihre Angaben, das kurze Haar sei ein« Folg« einer ärztlichen Maßnahm« nach einem gewaltsam verursachten Sturz von einer Treppe und nachfolgender Gehirnerschütterung, erscheint sehr unglaubwürdig, wenn nicht mehr. Di« Fürsorgeerziehung soll nicht die erwarteten guten Frücht « gezeitigt haben, denn es ist erwiesen. daß Marie, kaum einige Monate in der vermittelten Dienststellung als Kuhmagd, von dem guten Arbeitgeber einen freien Nacymittag beanspruchte, was natürlich im Hinblick auf ihre kriminelle Veron- lagung verweigert wurde. Eines Tages bemerkt« der Bauer, die Morgenmilch der von Marie zu melkenden Kühe differiere um drei Liter nach unten. Da Marie mit fremden Leuten keinen Umgang pflegte, log es auf der Hand, daß sie in verbrecherischem Vernichtungswillen die Milch selbst ausgetrunken habe. Jetzt warf die ganze Familie des Dauern je ein scharfes Auge auf Marie. Als zwei Sack Korn aus der Scheune verschwanden und Marie in ihrer Verlogenheit behauptete, sie hätte gesehen, wie der junge Herr Ludwig, achtbarer Sohn de? Hauses, die Säcke eines Abends, fortgefahren habe, da wußte man sofort, diese saute Ausrede soll die'Täterschaft von ihrer Person ablenken. I Aber restlos voll wurde das Maß, als der achtbare Sohn Lud- wig aus seiner Brieftasche einen größeren Geldbetrag vermißte. Die sofort vorgenommene Inoenturaufnahme des gesamten Hofes bestätigte denn auch endlich den gehabten Verdacht: es fehlten zwei Wassereimer, eine Wagenrunge, zwei Teelöffel, ein Hemd der Haus- frau und eine versiegelte Flasche Kognak. Jeder wird verstehen, daß man eine notorische Diebin nicht in einem achtbaren Haushalt dulden darf, ihre Stehlsucht vermag eine reiche Familie in kurzer Zeit an den Bettelstab zu bringen. Luch

im Interesse der Gesellschaftsordnung muß reiner Tisch gemacht werden: Marie flog aus die Straße, Mit List und Tücke, dank angeborener Schlauheit, gelang es ihr, eine Stellung bei einer lieben guten Dame in der Stadt zu finden. Obwohl diese durch Er- kundigungen von dem finsteren Aorleben der Marie wußte, wollte die Dame es mit ihr bei entsprechend verkürztem Lohn versuchen. Das Schicksal wollte es, daß die gute Dame in der Stadt in eine Beleidigungsklage verwickelt wurde, und Marie muhte als Be- lastungszeugin vor'Gericht gegen ihre eigene Herrin austreten. Liegt hierin schon die ganze Verworfenheit der Mari«, wieviel erst in dem Umstand, daß sie Positives aussagt«. Zwar wurde man den Eindruck nicht los, Marie glaube in ihrer geistigen Beschränktheit Ihrer guten Drotgeberin einen Dienst erwiesen zu haben, aber jeden- falls wurde die gute Dame oerurteilt. Die gute Dame geriet in ein« maßlos« Wut, versprach Marie die prompte Kündigung und bis dahin die Hölle auf Erden. Auf dem Korridor des Gerichts aber gab sie einem gelangweilten und interessiert aufborchendcn Publikum Maries Lebenslauf zum besten. Marie weint« still in einer Ecke vor sich hin. Die gute Dame sucht «in neues Dienstmädchen, Lohn monatlich 20 Mark, Arbeitszeit von früh 6 Uhr bis abends 11 Uhr, warmes Essen und gutes Bett in gesunder Bodenlust. Bitte nicht drängen. B a r t o l u s.

Slücher gegen LuSenöorff. Ludendorff , der weil crfolßlos Mit dem Schicksal ganz oerzürnt, Hat geschästig«ine Dolchstoß- Neuerklärung sich enthirnt: Nur der Freimaurer Intrigen, Die geheime Herr'n der Welt, Hätten ihm beim schönsten Siegen Hinterrücks ein Bein gestellt. Gegen feine Stirn getupfet Hat ein jeder, der dies las Doch die Maurer, arg verschnuvfet, Sagten: Das geht über'n Spaß, Und sie setzten dem Strategen. Der so falsche Töne bläst. Eines Feldherrn Wort entgegen, Der selbst Freimaurer gewest: Blücher hat mit derbem Fluche Einst energisch Front gemackzt Gegenelende versuche der Berleumdermiedertrocht". Ludendorff , das hat gesessen. Aber daß sie just dein Blech Mit des Siegers Wort gemessen Das ist dein besond'res Pech! Mich, von Lindenhecken.

Za der Volksbühne. Theater am Bülowplatz, findet eine Neileiiistudierung von Schillers..Kabalc und Liebe" unter der Regie von Fritz Holl statt Lühnenbilder: Edward Suhr.