Der Müller von Glienicke ermoröet. Mit durchschnittener Kehle aufgefunden.
Zur Aufklärung eines kapikalverbrechens wurde heule morgen die Mordkommission der Berliner Kriminalpolizei nach dem großen Dorfe Glienicke im Kreise Beestow-Slorkow gerufen. Etwa ZVO Meter von diesem Dorfe entfernt liegt das Gehöft des Mühlenbesitzers Emil M ä r k e r, eines Mannes von 44 Jahren. Ebenso weit von dem Gehöft mit der Wohnung ab steht die Windmühl«, die der Besitzer allein betrieb. G« st e r n abend verabschiedete sich Märker von seiner Frau und seinen vier Kindern, um sich zur Nachtarbeit nach der Mühle zu begeben. Die Familie ging gleich darauf zu Bett. Heute morgen vermißte Frau Märker, als sie erwachte, ihren Mann, der schon hätte zurückgekehrt fein müssen. Sie ging nach der Mühle zu, fand dies« zu ihrem Erstaunen offen stehen und noch beleuchtet. Da sie nichts Gutes ahnte, so holte sie einige Leute herbei, mit denen sie dann nachsah. Jetzt fand man vor der Mühl« eine große Blutlach«. Märker wurde vergeblich in der ganzen Mühle gesucht. Als man näher zusah, fand man, daß von der Blutlache eine Spur den Abhang hinunterfllhrte. Man ging ihr nach und entdeckte jetzt in einer Erdvertiesung, etwa zehn Schritte von der Blutlache entfernt, die Leiche Märkers. die mit einem Bund Stroh zugedeckt war. Dem Manne war die Kehle durch- schnitten. Wahrscheinlich ist er auch angeschossen worden. Der Amtsvorsteher Wuls von Glienicke, der sofort von dem Ber - brechen in Kenntnis gesetzt wurde, alarmierte die Landjägerei und
die Staatsanwaltschaft von Frankfurt a. d. O, Der Oberstaats- anwalt wandte sich alsbald an die Berliner Kriminalpolizei um Entsendung der Mordkommission nach dem Tatort. Der Chef der Kriminalpolizei, Regierungsdirektor Dr. Hagemann, entsandte die Kommissare Werneburg und Ouoß mit ihren Beamten und Beamten des Erkennungsdienstes. Die gemeinsamen Feststellungen ergaben, daß Märker in der Nachtzeit auf seiner Mühle noch tätig gewesen und irgendwie von der Arbeit weggelockt worden ist. Mehrere Bewohner von Alt-Glienicke be- künden, daß sie dort gestern abend fremde Leute beobachtet hätten. Sie wollen auch in der Nacht mehrere Schüsse ge hört haben. Es ist möglich, daß diese Schüsse Märker veranlaßt haben, aus der Mühle herauszutreten, um zu sehen, was es gäbe. Er kann aber auch auf eine andere Weife herausgelockt worden sein. Wahrscheinlich ist er gleich beim Heraustreten aus der Mühle angeschossen worden. Die Verbrecher, vielleicht auch nur einer, haben ihm dann sofort die Kehle durchschnitten und die Leiche den Abhang hinuntergeschleift und in der Vertiefung hingelegt. Ob sie dem Ermordeten etwas geraubt haben, ließ sich noch nicht feststellen. Die Mordkommission und die Landjägerei haben die Ermitt- lungen nach allen Richtungen sofort in die Wege geleitet. Eine Spur der Verbrecher ist aber bisher nicht gefunden. Der Mord erregte in der Gegend ungeheures Aufsehen. Am Tatort erschien persönlich auch der Oberstaatsanwalt von Frankfurt a. d. O.
Das Urtek! über Tueatis tzelfer. Haft und Gefängsnisstrafen. S a v o n a. 15. September. 3m Turati-Prozeß wurde in der vergangenen Nacht das Urteil gefällt. Die beiden Flüchtlinge Philippo Turati und der Advokat D e r d I n i. die Professoren R o s e l l i und P a r r i, der Vcrmiltler des Motorbootes da L o o e und der Benzinlieferant B o y a u c e wurden zu zehn Monaten Haft verurteilt. Der Kapitän 0 x i l i a. der das Boot nach Korsika gesteuert hatte, wurde wegen erschwerender Umstände zu 1 3ahr, 1 Monat und 2 0 Tagen Gefängnis verurteilt. Der Reeder Spirito, der Journalist Aldini und zwei andere Angeklagte wurden freigesprochen. Das Urteil von Savona ist an Infamie immerhin hinter dem Antrag des Staatsanwalts zurückgeblieben. Trotzdem bleibt dieser Prozeß und sein Ergebnis eine ungeheure Schmach für das faschistische Italien . Die beiden politischen HaNptangeklagten R o s e l l i und P a r r i haben sich durch ihre tapsere Befreiungstat an Turati den Dank aller anständigen Menschen oerdient, sie sind dadurch selbst zu Märtyrern der italienischen Freiheitsbewegung ge- worden. Professor Carlo R o s e l l i ist erst 29 Jahre alt. Er ist der sozialistischen Bewegung im Jahre 1923 nach dem„Marsch auf Rom " beigetreten, als man das Gefängnis und selbst den Tod ris- lierte, wenn man sich zum Sozialismus bekannte. Er lehrte Ratio- » a l ö k o n o m i e an der Hochschule für Wirtschaftslehre in Genua . Im Jahre 1926 gab er dies« bequeme Stellung aus, um ein k u l t u r- sozialistisches Wochenblatt zu gründen, das wenige Monate später oerboten wurde. Sein Haus in Florenz wurde am IS. Juli 1925 von den Faschisten z« r st ö rt, die«inen Schaden von 150 006 Lire anrichteten. Professar Ferruccio Porri ist«in Liberaler. Vor dem Kriege unterrichtete er in Mittelschulen. Nach dem Kriege trat er in die Redaktion des„Corriere dessa Sera" ein, wo«r bis zum No- vember 1925 blieb, als der Senator Albertini gezwungen wurde, die Leitung des Blattes nlederzulegen und den Faschisten abzutreten____ Als Mitschuldige von Turati verhaftet, der auf irregulärem Wege ins Ausland gegangen war. hotten Rosselli und Parri ein Anrecht, entsprechend dem italienischen Gerichtsverfahren, inFreiheitge- lassen zu werden. Der Richter verordnet« aber ihre Verhaftung. Deshalb wurden sie wie Verbrecher gefesselt und auf der Insel Ustica interniert, von wo sie zu dem Prozeß nach Savona übergeführt wurden. Zu der Tat, für die sie verurteilt worden sind, hatten sie sich mit aufrechtem Stolz bekannt.
Parlament unter Zensur. So regiert man in Spanien . Madrid , 15. September. Der Erlaß über die Einberufung der Nationalversammlung ent- hält folgende Bestimmungen: Der König hat das Recht, die grundsätz- lich auf d r e i I a h r e festgesetzte Dauer der Nationalversammlung zu verlängern und zu kürzen. Die Nationaloersammlung wird aus mindestens 325 und höchstens 375 Mitgliedern bestehen. Frauen dürfen Mitglieder werden. Mitglieder werden u. a. sein: Der Oberbefehlshaber der See streitkräfte, der Chef des A d m i r a l stabes, die Generalkapitäne der Armee, die Präsi- denten des Staatsrates, der obersten Gerichte, sowohl der Zivil- wie der Militär- und Marincgerichtsbarkeit, die E r z b i s ch ö f«, die Staatsanwälte am Staatsgerichtshof, die Gouverneure der Bank von Spanien , der Hypothekenbank und der Bank für Kredit, außerdem als Vertreter von Madrid und Barcelona die kommandierenden Generäle dieser militärischen Befehlsbereiche, ihre beiden Zivilgouverneure, Bischöfe, Bürgermeister und die Rektoren ihrer Universi- täten. Der Präsident der Nationalversammlung wird 25 000 Pesetas Repräsentationsgelder erhalten, der Vizepräsident 10 000 Pesetas, die vier Schriftführer 5000 Pesetas; außerdem die Anwesenheitsgclder von 25 Pesetas für jede Sitzung und 50 Pesetas für jede Dundesrats- sitzung. Der Nationaloersammlung werden ferner angehören die früheren Minister und Generale, die Mitglieder des D i r e k- � o r i u m s und die Präsidenten der amtlichen Kommissionen. Die freien Berufe werden ebenfalls vertreten sein. Die Veröffentlichung der Verhandlungen der National- Versammlung soll der Zensur unterstehen! Keine Vorlage darf mehr als drei Stunden diskutiert werden! Jeder Redner wird nur 20 Minuten zum gleichen Thema sprechen dürfen.
Der Sejm vor öem Kampfe. Wird Pilsudsti die Session wieder schlieft«;»? Marschau, 15. September(Eigenbericht.) Dienstag fand eine Konferenz der Partei führer mit Sejm - und Senatsmarschall statt, in der als Termin für die erste Sitzung des S e j n> der Montag festgesetzt wurde. Als Tages- ordnung der Sitzung wurde die Tagesordnung der letzten Sitzung der vorigen Session bestimmt, die zur Schließung des Sejms geführt hatte. Unter anderem handelt es sich um die Ablehnung de» Pressedekret«, der Verleihung des Selbstauslösunge- rechtes an Sejm und Senat u. m. Es bleibt abzuwarten, ob die Regierung diese Frage durch das Parlament erledigen lassen wird oder ob sie auch diesmal die Tätigkeit des Parlaments durch eine plötzliche, nicht dem Geiste der Verfassung entsprechende Schließung des Sejm » unterbrechen wird. In parlamentarischen Kreisen glaubt man, daß die bevorstehende Session den Höhe- punkt des feit Mai vorigen Jahres andauernden Konfliktes zwischen Sejm und Regierung bilden wird.
Die Internationale öer Hausbesitzer. Ter Völkerbund soll ihnen hohe Mieten garantieren! Haag. 15. September. Auf dem hier tagenden Kongreß des internationalen Verbandes der Haus- und Grundbesitzervereine wurden von feiten der österreichischen Haus- und Grundbesitzervereine lebhafte Klage über die Behandlung der Hausbesitzer in Oestsrreich geäußert. Das Verbandsbureau wurde vom Kongreß ermächtigt, in dieser Ange- legenheft einen Protest beim Völkerbund einzureichen, der damit begründet werden soll, daß in Oesterreich die Grundsätze des internationalen Rechts über die Unverletzlichkett des Privateigentums verletzt worden seien. Der Kongreß nahm eine Entschließung gn, die sich gegen die Zwangswirtschaft im Wohnungswesen richtet und in ollen Ländern die Rückkehr zur freien Wirtschaft im Haus- und Grundbesitz als der normalen Wirtschaftsform fordert.
Der Daron sucht Dumme. Ein adliger Heiratsschwindler verhaftet. Der Titelsucht und der stummen und dummen Verehrung des Aristokratentums sind wieder einige von denen, die nicht alle werden, zum Opfer gefallen. Ein 27 Jahre alter Baron Eberhard von Schoeller war früher wegen kleinerer Schwindeleien zu einer Strafe oerurteilt worden, die er noch verbüßen sollte. Um sich ihr zu entziehen, begab er sich nach Schweden . Der schwedischen Sprache mächtig, fand er leicht Anschluß. So lernte er auch eine nicht mehr ganz junge Dame kennen, die sich in ihn verliebte. Obwohl sie verheiratet und noch nicht geschieden ist, reiste sie ihm nach Berlin nach, weil ihr der Baron, der in Schweden seinen richtigen Namen führte, versprochen hatte, sie sofort nach der Scheidung zu heiraten. Beide wohnten in einem Pensionat in der Augsburger Straße. Von Schoeller erzählte der Dame, daß er ein Autofuhr- wefen gründen wolle. Zu diesem Zwecke suche er Mittel. Die Dame war gern bereit, ihn zu unterstützen und verkaufte Hypotheken und Aktien, die sie besaß. Vor einigen Tagen erhielt sie 14 000 Mark ausgezahlt. Der Baron nahm das Geld in Empfang und fuhr angeblich ab, um außerhalb Berlins Autodrofchken anzukaufen. Bald darauf entdeckte die Schwedin, daß er auch ihre Perlen- kette im Werte von 10 000 Mark, einige andere Schmuck- fachen und zwei Damenuhrcn im Werte von 500 Mark mit- genommen hatte. Jetzt wandte sie sich an die Kriminalpolizei, die auch ermittelte, daß der Schwindler einmal geäußert hatte, nach Chemnitz fahren zu wollen, um dort ein Motorrad zu kaufen. Die Chemnitzer Kriminalpolizei konnte den Schwindler fest- nehmen, als er in einem Geschäft erschien, um ein Rad zu kaufen. Der Verhaftete war in einem Hotel unter falschem Namen abgestiegen und hatte die Absicht gehabt, mit dem Motorrad das Weite zu suchen. Ein Teil des Geldes und die Perlenkette wurde bei ihm noch gefunden. Mitteilungen zur weiteren Aufklärung feines Treibens in Berlin nimmt die Dienststelle D. 5 der Kriminal- polizei entgegen._
Oer republikfeinüliche Staötarzt. Das Spandauer Bezirksparlament erlebte am Mittwochabend ein« große Flaggendebatte. Den Anlaß da- zu gab ein Antrag der sozialdemokratischen Fraktion, der forderte, daß der Bürgermeister disziplinarisch gegen den Stadtarzt Dr. v. Vage des vorgehen solle, weil dieser in einer Sitzung der Gesundheitskommission in verächtlicher Weise von den Rcichsfarben gesprochen hatte. Als er in einer Sitzung gefragt wurde, ob er zum Derfassungstage eine Reichsflagge für das Genesungsheim Wons- darf beschafft habe, erklärte der Stadtarzt:„Ich habe ein schwarz- rolgelbes Tuch hlnausschassen lassen!" In dieser Aeußerung er- blickten die Republikaner eine Schmähung der Reichsfarben. Daß v. Vagedes diese Aeußerung mit Vorbedacht getan hatte, geht dar- aus hervor, daß er sie ein zweites Mal wiederholte. Zu dem Antrage erklärte Bürgernieister S t r i t t e r, daß«r der Auffassung sei, die Reichsflagg« müsse wohl gegen Schmähungen geschützt werden: in der Aeußerung des Herrn v. Vagedes erblicke er jedoch keine so schwere Verfehlung, daß er deswegen disziplinarisch gegen ihn vorgehen müsse. Der deutschnationale Be- zicksoerordnete Dr. K r u m r e y. ein noch im Amt befindlicher Landgerichtsrat. vertrat die Meinung, daß o. Vagedes einwandfrei gehandelt habe. Der Kommunist Sellheim benutzre die Ge- jegenheit, in gehässigster Weise gegen die Sozialdemokratie und die Rcichsfarben zu wettern und vor allem seine Bundesbrüder- schaft mit den Deutsch nationalen im Kampfe gegen die Republik wieder einmal dars>utun. Der Vertreter des Zentrums, Rettor Galle, ging scharf mit den Deutschnationalen ins Gericht und legt««in offenes Bekenntnis für die Republik ab. Ein gleiches tat Dr. H l r s ch f e l d von den Demokraten. Schließlich wurde der lozlaldemokratisch» Antrag mit den Stimmen der Sozialdemokraten, des Zentrum« und der Demokraten angenommen. Od jedoch der Bürgermeister gegen v. Vagedes vorgehen wird, scheint mehr als zweiielhast: erklärte er doch, daß er trotz Annahme des fozialdemo- kratischen Antrages keinen Grund zum dlsziplinari- scheu Einschreiten gegen den Stadtarzt sehe.
Elsenbahners Tod. Auf dem Güterbahnhof in Königswusterhausen ereignete sich heute früh gegen?L8 Uhr ein tödlicher Unfall. Der 22jährige Schlosser Walter Jen- jen aus der M i r b a ch st r. 24 vom Eisenbahnbetriebswerk Grünau wollte die Gleise überschretten und übersah einen heranrollenden Rangierzug. Er wurde von der Lokomotive erfaßt und schwer ver- letzt. Em sofort hinzugerufener Arzt vermochte dem Verunglückten keine Hilf« mehr zu bringen. Die Leiche wurde beschlagnahmt und in die Königswusterhausener Friedhofshalle gebracht. wer hifl? Die Berliner Arbeitsgemeinschaft der Kinder-' freunde hat in Birkenwerder ein Stück Land gekauft, um den Berliner Kindern Gelegenheit zum mehrtägigen Aufenthalt in freier Natur zu jeder Zeit zu geben. Auf diesem Grundstück steht eine Scheune, die unbedingt abgerissen werden muh. weil sie eine Gefahrenquelle für die Kinder ist und weil der Platz für die Aufstellung einer Baracke gebraucht wird. Die Berliner Helfer, die ehrenamtlich schon alle Sonnabende und Sonntage dort arbeiten können allein den Abbruch vor Beginn der Herbstferien nicht mehr schaffen. Bis zu den Ferien soll aber die neu« Barocke aufgestellt werden, um mehreren Kindergruppen Gelegenheit zum Ferienausenthall dort zu geben. Deshalb bitten die Kinder- freunde Parteigenossen, die bereit sind, ihnen bei der Abbrucharbeit zu helfen, sich bis zum Freitag bei der Ge- nossin Friedet Warmuthzu melden oder am Freitag, von 13 bis
16 Uhr, zu ihr in die Geschäftsstelle, Lindsnstraße 3, 2. Hof, 2 Tr., zur näheren Besprechung zu kommen. Wir erwarten, daß sich Ge- nossen finden werden, die bereit sind, einige Sonnabend- oder Sonntagstunden für diese Hilssarbeit für unsere Kinder zu opfern, damit in den Herbstferien die Kinder in Birkenwerder sich tummeln können.
Jubiläum üer staatlichen Impfanstalt. Vor 125 Jahren, im Jahre 1802, wurde in Berlin die staatliche Jmpfanstalt eröffnet In Preußen war die Schutzpockenimpfung eingeführt worden, und die Jmpfanstalt hatte bei der Durchführung dieser Maßregel mitzuwirken. Die für die Impfung erforderliche Lymphe in einwandfreier Beschaffenheit zu liefern und stets in ausreichenden Mengen bereitzuhalten, ist Aufgabe der Jmpfanstalt. An der Jubiläumsfeier, die gestern im Kaiser-Friedrich- Haus am Luisenplatz stattfand, beteiligten sich Vertreter der Reichs-, Staats- und Gemeindebehörden und der Äerzteschast. Auch ein Vertreter des englischen Gesundheitsministeriums war anwesend. Für das Berliner Polizeipräsidium, dem die Jmpfanstalt unter- stellt ist. begrüßte Polizeipräsident Z ö r g i e b e l die Festteilnehmer. Er wies darauf hin, wie sehr nach Einführung der Schutzpockcn- impfung die Pockenseuchen eingedämmt worden seien. Im Jahre 1796, wo der englische Arzt Jenner iür die Impfung zu werben begann, habe Preußen 25 000 durch Pocken verursachte Todesfälle gehabt. In Berlin sei damals ein Zwölftel der Gesamtsterblichkeit auf diese mörderische Seuche entfallen. Pros. Gins , der jetzige Leiter der Jmpfanstalt, gab in seiner Festrede einen Ueberblick über die Arbeit der Anstalt unter ihren früheren Leitern. Vertreter von Behörden, Anstalten und Vereinen, u. a. von der Medizinalverwal- tung Preußens, vom Innenministerium des Reiches, von der Stadt Berlin , vom Institut Robert Koch , überbrachten Glückwünsche.
öO-Pfennig-NIckelslücke werden von der Raechsbank soeben dem Verkehr übergeben. Sie sind im Format etwas kleiner als dl« Zehnpfennigstücke, jedoch weiß in der Farbe. Die Ausgab« hat gestern begonnen._ Tragischer Toü üer duncan. Ans Unachtsamkeit vom Halsschal erdrosselt. Paris , 15. September. Die berühmte Tänzerin I s a d o r a Duncan, die im Jahre 1878 in San Franzisco geboren wurde, wurde gestern in Nizza das Opfer eines eigenartigen Autounfalles. Als der Rennwagen. in dem die Duncan Platz genommen halle, anfuhr, rollte sich der Zipfel ihres Halsschales um eines der Hinterräder, so daß die Tänzeria erdrosselt und ihr Körper aus dem wagen herausgezogen wurde. Bekanntlich wurden auch die beiden Kinder der Duncan das Opfer eines Autounfalles, da der Wagen über die Böschung des Pariser Seineufers in den Fluß stürzte. Ueber den tragischen Tod der Tänzerin Jsadora Duncan werden noch folgende Einzelheiten bekannt. Die Tänzerin, die im Vorjahr eine Tanzschule errichtet hatte, war vor einem Monat von Paris dorthin zurückgekehrt. In der Absicht, ein schnellfahrendes Automobil zu kaufen, hatte sie mit einem Kraftwagenhändler eine Probefahrt vereinbart. Als dieser zur festgesetzten Stunde vorfuhr, spielte sich eine ergreifende Szene ab. Eine- intime Freundin der Tänzerin, die mit ihr zusammen wohnt, beschwor sie, nicht den Wagen zu besteigen, und ries ihr zu:„Wenn Sie nicht auf mich hören, wird Ihnen ein Unglück Zustoßen. Ich habe die Vorahnung einer Katastrophel Jsadora Duncan scherzte jedoch und bestieg trotz aller Bitten der Freundin den Wagen. Sie trug einen um den Hals geschlungenen veneziani- f ch» n Schal, dessen eines Ende aus dem Wagen hing. Im Augen- blick, als der Wagen anfuhr, gerieten die Fransen zwischen Kot- flügel und Karosserie und rollten sich um die Speichen des sinken Rades. Jsadora Duncan wurde aus dem Wagen gezogen und stürzte zu Boden, wo sie mit gebrochener Wirbelsäule liegen blieb.
Die Weltflieger geben auf. New Park. 15. September. Di« amerikanischen Flieger S ch l« e und Brock haben nun- mehr endgültig den Plan eines neuen Rekords im Flug um die Welt aufgegeben. Wie sie selbst erklärten, haben sie Hunderte von Telegrammen erhalten, in denen sie dringend gebeten werden, den Flug über den Stillen Ozean zu unter- lassen, da er einem selbstmörderischen Versuch gleichkäme. Die Flieger haben nun 12 235 Meilen im Flugzeug zurückgelegt, wobei die gefährlichste Etappe nach ihren Angaben die Strecke Omura— Tokio gewesen ist.
Hitzewelle in Chicago . Aus Ehikago werden bereits 12 Todesopfer der völlig unerwarteten Hitzewelle gemeldet. Zum erstenmal in der Geschichte Chikagos sind die Schulen wegen Hitze geschlossen worden. Bon den unfreiwilligen Ferien sind etwa 24 000 Kinder betroffen. Meteorologische Sachverständie« erwarten für Freitag ein Nachlassen der Hitze. Die erschöpfte Bevölkerung klammert sich an die Hoffnung, nur noch einen Tag die Sonnenglut ertragen zu müssen. In Ehikago zeigt das Barometer noch 95 Grad, während die Temperatur iu New Park zwischen 64 und 72 Grad Fcchrenhett schwankt.
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