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Menschen, der noch niemals mit den Gerichten in Ronflitt geraten war.

Unter den bisherigen Verhandlungen spielten gerade die Anklagen wegen des Anhaltens von Kraftwagen eine große Rolle. Und besonders diese Prozesse haben zu ganz eigen tümlichen juristischen Konstruktionen geführt. Zunächst sah die Polizei in dem von Drohungen begleiteten An­halten von Autos nur eine Uebertretung der öffent­lichen Ordnung. Dann aber bemächtigten sich die Juristen dieser Fälle und konstruierten, vielleicht um den furchtbaren Worten des Bundeskanzlers Dr. Seipel gerecht zu werden: ,, Verlangen Sie von mir feine Milde", den Tatbestand der -- Erpressung! In Desterreich fett nämlich der Erpressungsparagraph nicht eine Bereicherungsabficht voraus, sondern lediglich eine gefährliche Drohung gegen Körper, Freiheit, Ehre oder Eigentum, die zu dem 3 wed begangen wird, einen anderen zu einer Leistung, Duldung oder Unter­laffung zu zwingen.

Die Unhaltbarkeit dieses Erpressungsbegriffs ist heute auch in Desterreich allgemein anerkannt. Der österreichische Strafgesehentwurf verlangt wie das in Deutschland bereits geltende Strafgesetz als Vorausfegung für eine Be­strafung wegen Erpressung die Absicht der unrechtmäßi­gen Bereicherung. Man hat eben eingesehen, daß der alte Erpressungsbegriff nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Die Anklagen wegen Erpressung, begangen durch das von Drohungen begleitete Anhalten eines Autos, widersprechen also der auch heute schon in Desterreich herrschenden Rechtsauffassung. Im Kampf gegen die Arbeiter, die wegen der Beteiligung an den Juliunruhen angeflagt find, verschlägt das aber nichts: auch veraltete Geseze werden aus der Rumpelfammer hervorgeholt, um der Klassenjustiz mit den Buchstaben eines Paragraphen den Schein des Rechts zu geben.

Die gewaltsame Auslegung und unberechtigte Anwen­dung des Erpreffungsparagraphen muß naturnotwendig neue Empörung in die durch die Justiz ohnehin bereits auf­gepeitschte Arbeiterschaft tragen, muß das Rechtsgefühl des Volkes von neuem verlegen.

leichteren Fälle schweren Kerker von 6 Monaten bis zu Der österreichische Erpressungsparagraph droht für die 5 Jahren an! Das Schöffengericht verurteilte auf Grund dieser Gesezesbestimmung zu 2 und 3 Monaten schweren Kerkers, in einem Falle auf Grund des Strafmilderungs­gesetzes von 1918 zu einem Monat strengen Arreſt. Die Ge­richte gaben auch teilweise bedingten Strafaufschub. Aber die Angeklagten haben wochenlange Untersuchungshaft er­litten, und vor allem sie sind wegen des infamierenden

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zu teuer. Demgegenüber weist das Baukonsortium darauf hin, daß| Sorge getragen worden. Die Erhebung von Ermittlungen über sich nur ein Betrag von 37 M. ergebe, der von Stadtbaurat Umfang und Höhe der Schäden ist in die Wege geleitet, Dr. Wagner selbst als angemessen bezeichnet werde. Die bekannten um eine Prüfung zu ermöglichen, ob und in welchem Maße die Bauten in Briz seien zu einem Preise von 37,50 M. errichtet Einleitung weiterer Notstandsmaßnahmen erforderlich iſt. worden. Da inzwischen aber die Baupreise wesentlich gestiegen seien, crgebe sich in Wirklichkeit, daß das Bauangebot für Berlin billiger sei als die in Briz errichteten Bauten.

Die reinen Baukosten berechnete Dr. Wagner auf 31,50 Mart, während sie mit 28 M. gut ausgeführt werden könnten. Dem­gegenüber behauptet die Denkschrift der Baugruppe, daß nur 28,70 Mart reine Bautosten bei ihrem Angebot zu errechnen seien und auf 26 Jahre hinaus eine Gefahr für die Stadt Berlin und die Berliner Mieterschaft bedeuten. Die Dentschrift der Baugruppe aber meint, daß die Mieten in den neuen Häusern nur unwesentlich höher seien als in den alten, wobei die Qualität der Wohnungen durch die reine Randbebauung eine höhere sei als früher.

Reichslandbund und Bauernbund. Ueberraschender Vergleich auf Kosten Hackbarths.

Die Privatklage der Herren von Kaldreuth und Kriegsheim gegen den Redakteur und Geschäftsführer des Bauernbundes, Herrn Jerks, über die wir in dem gestrigen Abendblatt berichteten, nahm einen ganz unerwarteten Verlauf; die Herren verglichen sich. Doch bevor es zum Vergleich fam, wurde u. a. noch der General­sekretär des Bauernbundes, Herr Müller, vernommen; und da er­strahlte Herr Hackbarth in seinem ganzen Glanze.

Es ergab sich, daß Herr Hackbarth als Mitglied des Präsidiums Gegenüber der Kritik der städtischen Mietzuschüsse wird vom eine Zeitlang beauftragt war, gewissermaßen als Beobachtungs­Bautonsortium festgestellt, daß als reiner Mietzuschuß der posten zu fungieren, da der Geschäftsführer des Bauernbundes Stadt die Summe von 1,67 Millionen genüge, die nur aus 3wed- Herr Boehme, sich schwere Uebergriffe hatte zufchulden kom­mäßigkeitsgründen zur Verbilligung für besonders bedürftige Mieter men lassen. Im Sommer 1926 erklärte Herr Hackbarth, daß an ihn auf zwei Millionen erhöht werden sollten. In der Tat sind in dem ein Herr Hölzel mit dem Vorschlag herangetreten sei, eine Aus­von der Stadt vorgesehenen Mitzuschuß Amortisationsquoten, Ber- sprache über die Art der gegenseitigen Bekämpfung zwischen dem waltungstoften und ein erhebliches Risiko für Mietenausfall ein- Bauernbund und Landbund zu vermitteln. Da man im Vorstand gerechnet. jedoch Bedenken hatte, sich der Vermittlung eines unbekannten Herrn zu bedienen, so wurde der Hadbarth veranlaßt, dem Herrn Hölzel eine Absage zu schreiben.

Der Haushaltsausschuß hat bekanntlich bis zum kom­menden Montag über die Projekte und auch über diesen Dent­schriftenstreit zu entscheiden. Er wird bei seiner Arbeit auch die Be Im Dezember 1926 war bei einzelnen Mitgliedern des Präfi­rechnungsmethoden zu prüfen haben, die in den beiden Dent- diums gegen Hackbarth ein Mißtrauen aufgekommen. Man ver­schriften sehr verschieden sind. Wir fürchten allerdings, daß bei diesem mutete, daß er innerhalb des Bauernbundes gegen den Vorstand Kampf um Dentschriften die Wohnungsinteressenten den schüre. Obgleich laut Statuten des Bauernbundes nur der Hauptvor­fürzeren ziehen werden. Es ist dringend notwendig, daß eine sach- stand vertretungsberechtigt war, griff Herr Hackbarth mehrmals in verständige Entscheidung mun bald zu der Errichtung der die Verwaltung ein, gab auf eigene Faust hin Anordnungen und Wohnungen führen wird. trieb es so weit, daß der Vorstand sich gezwungen sah, in einer speziell einberufenen Sigung ein Protokoll aufzunehmen, nach dem in Zukunft den einzelnen Herren des Präsidiums verboten sein sollte, eigenmächtig zu handeln. Hackbarth erklärte anfangs, er müsse sich die Sache überlegen und würde unter Umständen ausscheiden. Als man ihm darauf die fühle Schulter zeigte und meinte, er könne es bezahlte Stellung im Bauernbunde einnahm, hatte er aber, wie der sich ja überlegen, da erklärte er, daß er sein Unrecht einsehe und in Bukunft seine eigenmächtige Handlungsweise einstellen wolle. Troy­dem Hackbarth nicht allein Präsidialmitglied war, sondern auch eine Protokoll gehandelt und zwecks Sprengung des Bauern­Zeuge bekundete, gegen das von ihm unterschriebene bundes seine berühmte leberleitungtsstelle" beim Reichs­landbund geschaffen.

Die Wetterschäden in Pommern .

Hilfsmaßnahmen Preußens.

Auf eine Kleine Anfrage im Preußischen Landtag

bienst mitteilt, der Landwirtschaftsminister die folgende Antwort: über die infolge der anhaltenden Regengüsse in der Provinz Pom­mern entstandene Notlage gibt, wie der Amtliche Preußische Presse­schäden in der Provinz Bommern hat die preußische Staatsregierung Auf die Berichte über die in letzter Zeit eingetretenen Unwetter­fofort die erforderlichen Maßnahmen getroffen, um den Geschädigten bie erste notwendige Hilfe zuteil werden zu lassen. Hierzu erschien einmal die Schaffung von Erleichterungen bei der Einziehung kommenden Regierungspräsidenten erneut darauf hingewiesen, daß der Steuern angetan. Der Finanzminister hat die in Betracht wettern, die sich über große Gebietsteile erstreckt haben, von Amts wegen Steuererleichterungen zu bewilligen sind. wegen Steuererleichterungen zu bewilligen sind. Der Reichs­minister der Finanzen ist gebeten worden, für die ihm unterstellten Behörden entsprechende Anordnung zu treffen.

So sieht also Herr Hackbarth aus. Im Oftober findet übrigens die Verhandlung in der Privatflage statt, die er gegen Herrn Jerks über seine Persönlichkeit und Tätigkeit erfahren.

Deliks der Erpressung in ihren Strafregistern für immer ge nach der bereits früher von ihm getroffenen Anordnung bei Un angestrengt hat, bei dieser Gelegenheit dürfte man noch Näheres fennzeichnet. Daß man sich in Desterreich nicht begnügt hat, bei solchen Delitten wegen Störung der öffentlichen Ordnung, megen groben Unfugs zu bestrafen, zeigt, daß in diesen Fällen die Justiz die besondere Aufgabe erfüllen sollte und erfüllt hat, die Arbeiterschaft besonders hart zu treffen. Die österreichische Justiz hat sich bereits in diesen Tagen der deutschen ebenbürtig erwiesen, schon vor Durchführung der geplanten Strafrechtsangleichung, und es besteht die größte Gefahr, daß bei den noch bevorstehenden, wegen schwererer Delikte anhängigen Prozessen sich noch schlim­mere Justizegzesse ereignen werden.

39 sist patie

In der gestrigen Verhandlung schien auch der Reichsland­bund von diesem Herrn abzurüden; wenigstens erweckt der Tert des geschlossenen Vergleiches diesen Eindruck. Der Beklagte fagte darin: den offenen Brief an den Reichslandbund und die gleich­Um den Landwirten die zur Fortführung ihrer Be- lautenden Flugblätter habe ich in der Absicht geschrieben, den Reichs­triebe notwendigen Mittel zu verschaffen, werden die landwirt- landbund auf die Persönlichkeit des Herrn Hackbarth hinzuweisen, fchaftlichen Kreditinstitute, insbesondere die Preußentasse, be deffen Verhalten ich selbst für verwerflich hielt. Diese Stellungnahme müht sein, der Landwirtschaft der Provinz Pommern durch Zu- hielt ich für meine Berufspflicht. Ich habe mich durch die gericht­führung von Krediten nach Möglichkeit Erleichterung zu gewähren. lichen Verhandlungen davon überzeugt, daß weder gegen die Privat­Auch sind sofort mit den in Betracht kommenden Kreditinstituten fläger persönlich, noch gegen andere leitende Persönlichkeiten des Verhandlungen aufgenommen worden, um sie zur größten SchoReichslandbundes der Vorwurf erhoben werden kann, daß sie nung bei Eintreibung der fälligen Verpflichtungen der Land- missentlich verräterische Handlungen begünstigt oder Angehörige des Bauernbundes durch Bestechung zum Uebertritt zum Reichslandbund haben bestimmen, wollen. Soweit etwa in den fraglichen Drud­schriften Beleidigungen irgendwelcher Art gegen die Privatkläger enthalten sein sollten, nehme ich diese zurück.

Denkschriftenkampf um den Wohnungsbau. wirtschaft Bomunerns zu veranlassen.

Wann wird nun gebaut?

Das Baukonsortium für die Errichtung der 8000 Wohnungen in Berlin macht den Inhalt seiner Denkschrift bekannt, in der die schrift­liche Kritik des Stadtbaurats Genossen Dr. Wagner im Haushalts­ausschuß beantwortet wird.

Stadtbaurat Dr. Wagner hatte die Bautosten als be trächtlich zu hoch bezeichnet. Der Kubikmeter umbaute Raum tofte einschließlich Grundstück und Anliegerbei träge über 40 m. Das Projekt sei um 3,50 m. pro Kubitmeter

Herbststück.

Bon Salamon Dembiher.

In schwerer gedrückter Stimmung irrte ich seit einigen Tagen in einer mittleren Provinzstadt umher. Es war Ende Herbst. Der Himmel war ewig bewölkt und zu jeder Stunde fing es an zu reg­nen, hörte auf und fing wieder an. Früh am Nachmittag wurde es dunkel, und in den Schaufenstern der Geschäfte blizten die Lich­ter auf. Von Zeit zu Zeit ratterte eine menjchenbepackte Elektrische durch die Straße, ächzend und freischend. Ich ging in einem fort von einer Gasse zur anderen, ließ mir das Gesicht einregnen, be= trachtete die Vorübergehenden und stellte bei mir zum hundertsten Male fest, daß es nichts Furchtbareres gibt als Langeweile, und daß da kluge und dumme Gesichter vorhanden waren, hauptsächlich aber dumme. Gut, daß sie so schnell vorübergingen, sie hätten einen sonst manchmal zur Berzweiflung bringen können. Von Zeit zu Beit stellte ich mich bei irgendeiner Haltestelle auf. Ich fühlte eine gewisse Schwäche, vielleicht deshalb, weil ich allzuwenig Geld hatte und in den letzten Tagen mit dem Essen sparen mußte... Und ich dachte bei mir: Wäre es nicht möglich, daß irgend jemand Geld verlöre und ich hundert oder gar tausend Mark finden würde? Warum sollte das nicht möglich sein? Hatte nicht vor einem Jahre ein Kassenbote achtzigtausend Mark verloren? Ob ich es ihm zurückgeben werde? Ich denke nicht daran. Natürlich, ethisch wäre das nicht. Aber in einer solchen Lage pfeift man auf Ethit, wahr haftig, das tut man. Dann bin ich weiter gegangen, bis ich mich in eine sehr stille, lange, vornehm aussehende Straße verlor. Die Häuser waren in Gärten abgesondert, und vor jedem Hause standen Bäume, durch welche das Fensterlicht schimmerte. Die Straße selbst lag finster und still. Ab und zu jah man jemand vorübergehen und dann schnell in ein Haus verschwinden. Und wieder dachte ich: Wenn ich doch wenigstens das Bermögen hätte, das die Einrichhing eines dieser Häuser fostet Ganz zu schweigen vom Gold und Silber, welches sich dort befindet. Wenn man Hunger hat, es falt ist, der Regen ins Gesicht flatscht und man keine Heimat hat, kann man da etwas anderes denken?

Plöglich öffnet sich mir gegenüber ein Tor und zwei Damen traten heraus. Man konnte sie noch nicht genau sehen, aber die eine schien, ihrem Gange und ihren Bewegungen nach, in den pierziger Jahren zu sein, während die andere wohl halb so alt war. In dem Moment, als sie vorbeigingen, nahmen mich zwei große, schwarz glänzende Augen gefangen und ein Profil, so edel geformt und von so eigenartiger Schönheit, daß ich mich gleich umdrehte und instinktmäßig nachging, langsam und schüchtern, in großer Ent­fernung, von Straße zu Straße, während sie beide in ein leises Ge­spräch vertieft waren, von dem ich nur unverständliche Worte auf schnappte.

Das ging so eine halbe Stunde. Plözlich blieben sie stehen und ich konnte zu meiner Genugtuung feststellen, daß die Aeltere sich verabschiedete und irgendwo verschwand, während die Jüngere mit eiligen Schritten in eine andere Richtung einbog.

Ich nahm meine ganze Energie zusammen und holte sie ein. Zuerst drehte fie sich einige Male um und musterte mich falt und schweigend von oben bis unten, so daß ich deutlich die Unnahbarkeit

Mit der Reichsarbeitsverwaltung sind Vereinbarungen ge­troffen, um die für die Erntearbeiten erforderliche Zahl von Landarbeitern sicherzustellen und die Arbeitszeit der in der Landwirtschaft vorübergehend beschäftigten Schnitter zu verlängern. Das Kontingent an ausländischen Arbeitern ist um 3200 Mann zur sicheren Bergung der Ernte erhöht worden.

Mit Rücksicht auf die schwierige Wirtschaftslage Pommerns ist von der Abhaltung der diesjährigen Manöver in den Schadensgebieten Abstand genommen und für die Bereitstellung militärischer Kommandos zur Hilfeleistung bei den Erntearbeiten

dieser sicherlich vornehmen Tochter eines Banfiers oder Fabrik. befizers herausfühlte, die jetzt wohl vom Besuch einer befreundeten Familie fam. Wahrscheinlich wurde sie zu Haus von einer zärt lichen Mutter, einem aufmerksamen Vater und untertänigen Dienst­mädchen erwartet, vielleicht auch von einem jungen, eleganten Bräutigam. Später würden sie sich dann zurückziehen in ein Musik­zimmer, sie würde ihm Chopin vorspielen oder vielleicht wür den fie fich still und aufgeregt füffen und sich Geheimnisse zuflüstern, während ich weiter in dieser fremden, kalten Gaffe, ohne Freund, ohne Geld, verbittert und gedrückt herumirren werde. Aber dann fiel mir ein: Mein Gott, was verliere ich denn, wenn ich dieses hübsche Geschöpf anspreche? Mehr als ablehnen tann sie doch nicht. Uebrigens vielleicht hat sie romantisches Blut. Vielleicht wird sie diese Begegnung mit einem Wildfremden in­teressant finden, wer weiß?

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Gnädiges Fräulein", ich wagte näher an sie heranzugehen und mit zitternder Stimme zu stammeln, ich weiß, Sie werden es als unangenehm und widerwärtig empfinden, von einem Ihnen Unbekannten auf diese Weise angesprochen zu werden. Ich weiß aber gibt es eine andere Möglichkeit, sich einer achtbaren, jungen Dame zu nähern? Besonders

Die Worte blieben mir im Halse stecken, denn zu meinem Er­staunen fah sie mich an und begann freundlich zu lächeln. Mein Mut wuchs und ich begann von neuem: Wenn ich wüßte, daß Sie mir eine halbe Stunde widmen fönnten, wäre ich glücklich. Ich weiß, zu Hause erwarten Sie Ihre Anverwandten, aber ich denke, sie werden sich wegen einer halben Stumde nicht beunruhigen. Gnädiges Fräulein, für dieses Opfer werde ich mich revanchieren, indem ich Ihnen morgen einige Bücher schicken werde. Und, weil sie die ganze Zeit lächelte und schwieg, mandie ich mich direkt an sie: Und welchen Schriftsteller ziehen Sie vor: Strindberg oder Ostar Wilde? Gewiß, der erstere wird zu hart und schwer auf Sie wirken. Sie sind ja noch jung und die Leiden, wie überhaupt die komplizierte Persönlichkeit dieses Märtyrers legen sich einem qualvoll auf die Seele, nicht wahr? Dagegen ist Wilde elegant und lebensfroh... allerdings nicht in der Ballade." Blötzlich unterbrach mich ein lautes, merkwürdiges Gelächter, das ich am wenigsten erwartet hatte. Und ganz betroffen und be­stürzt hörte ich, wie sie langsam und lachend zu sprechen anfing, einfach im Berliner Dialekt: Mensch, mach doch bloß feenen Schmuß... Wenn du mit Wenn du mit mir nach Hause gehen willst, meinetwegen. Rostenpunkt: 30 Emmchen, verstehste?... Sag' schnell. Willste oder willste nicht? Ich hab' nicht viel Zeit."

Stärker çoß der Regen. Der Himmel wurde ganz schwarz und die Erde finster. Und ich ging weiter, ziellos und erschlagen. Nur das eine wußte ich: Hätte ich irgendwo ein Heim ich hätte es jetzt nicht finden können.. Und wäre irgendwo ein Gott er hätte sich meiner erbarmen müssen.

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Die Galerie Neumann- Nierendorf, Lüpowstr. 32, eröffnet am 24., 17 Uhr, eine Ausstellung neuer italienischer Kunst. Es handelt sich um die unter der Bezeichnung ,, Novecento Italiano" befannte Zusammenstellung, die einen Ueberblick über die interessantesten italienischen Maler der Gegen wart gibt und zuerst in Mailand gezeigt wurde.

Die Privatkläger haben sich also mit einer Ertlärung des Be flagten zufriedengegeben, in dem das Verhalten des Herrn Hadbarth als verwerflich bezeichnet und von seinen ver räterischen Handlungen gesprochen wird. Herr Hadbarth fährt aber heute noch im Lande herum und hält für den Reichsland­bund, wenn auch auf Kosten derjenigen, die ihn zu den Versamm­llungen auffordern, Agitationsreden.

Der sozialistische Dichter Hermann Gorter , der zu den großen Reformatoren der niederländischen Literatur in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gehörte und sich bereits 1898 gleichzeitig mit der Schriftstellerin Henriette Roland - Holft den Sozialdemokraten anschloß, ist in Brüssel im Alter von 61 Jahren gestorben. Der Verfasser des wunderbaren Maigedichtes hatte sich in den letzten Jahren allerdings der Bewegung entfremdet und war mehr und mehr ins fommunistische Fahrwasser geraten, wo der große Kämpfer und Idealist jedoch nicht das zu finden vermochte, was er suchte. Er war Dichter durch und durch, und dies erklärt die großen Leistungen wie auch die großen Enttäuschungen seines Lebens. Der Sozialis­mus war ihm ein schöner Traum, ein unantastbares Ideal. Aber er war auch Individualist, und sein Individualismus brachte ihn wieder in Gegensatz zu der gleichen Masse, für die er doch so glühend zu streiten begehrte.

Mag Reinhardt über die deutschen Autoren. Reinhardt hat in Salzburg in einem Interview, das jetzt im Observer" veröffentlicht wird, sich recht abfällig über die deutschen Autoren ausgesprochen. Er behauptet, daß die meisten deutschen dramatischen Autoren der Gegenwart sich mehr oder weniger unfähig erwiesen hätten, für die Schauspieler und die Bühne zu schreiben, so daß der Regisseur jetzt immer mehr gezwungen sei, das Wert den praktischen Erforder­nissen der Aufführung anzupassen. Im allgemeinen sei zu be­grüßen, daß sich immer mehr das Bestreben zeige, daß der Autor zugleich sein eigener Regisseur sei. Vielleicht, sagt Reinhardt, würde an dieser praktischen Arbeit der deutsche Autor dasjenige lernen, was ihm bisher fehlt.

Graphische Werbekunst. Am Sonntag wurde in der Mann­ heimer Kunsthalle die Ausstellung ,, Graphische Werbe­funst" eröffnet. Es handelt sich dabei um eine internationale Schau zeitgemäßer Reklame, die Blafate und Werbeschriften vor dem Kriege bis auf die heutige Zeit enthält. Besondere Beachtung ver­dient in dieser Ausstellung die französische Abteilung, die die bunten, auffälligen Plakate der neunziger Jahre enthält, von denen aus die europäische Werbekunst beeinflußt wurde. Der Weg der Plakat- und Reklamekunst geht von dem dekorativen Stil zu dem der heutigen fachlichen, einfachen Linie. Außerdem sind die einzelnen Blatate, die aus ganz Europa mit vieler Mühe zusammengefucht wurden, fulturgeschichtlich aufschlußreich. fulturgeschichtlich aufschlußreich. Auffallend ist in der Schau auch die Abteilung Sowjetrußland, deren bilderreiche, start primitive Bersinnbildlichungen einen Schluß auf die von europäischer Werbe­funft weitabliegende östliche Psyche ziehen lassen.

Jm Ceffingmuseum spricht am 22., 20 Uhr, Dr. Georg Dröscher über Ritter Glud und seine Obern". Arien aus Alceste ", Armide " und Iphigenie " fingen Charlotte Stache und Ludwig Fräntel. Am Flügel: August Pilz. Eintritt fret.

Eine Eisenbahn durch die Sahara . Die Handelskammer in Algier hat ein Projekt durchberaten, das die Anlegung einer Eisenbahn durch die Sa hara vorliest. Der Ausgangspunkt der Bahn foll Algier sein. Sie fol der französischen Militärftrage nach dem Innern folgen und an einemt noch näher zu bezeichnenden Ort sich in zwei Linien gabeln, von denen die eine zur Sudangrenze und die andere nach der Goldfüste gehen soll. Die Handelskammer hat beschlossen, das Projekt der französischen Regierung dringend zu empfehlen.