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ungleich gefährlicher als diejenigen, die der Reichsgewalt eine Borrangstellung einräumen wollen.

Die Stärkung der Reichsgewalt ist ohnedies eine Ent­wicklung, die aus der wirtschaftlichen und politischen Lage Deutschlands   zwangsweise herauswächst und, wie von auto­ritativer kommunalpolitischer Seite anerkannt worden ist, unaufhaltsam ihren Fortschritt nimmt. Bereits por Jahresfrist hat der Präsident des Deutschen Städtetages, Dr. Mulert, in einem Aufsatz der Frankfurter Zeitung  ": Staatspolitische Bandlungen" auf die inneren Gründe auf merksam gemacht, die zu der Ausdehnung der Gesetzgebung und Berwaltung des Reiches führen. Er anerkannte, daß die daraus entstehenden Schwierigkeiten nicht mit fleinen Mitteln überwunden werden können, sondern daß eine grundlegende Reform den gesamten Zuständigkeits­bereich des Reichs, der Länder und Gemeinden erfassen muß". In der Tat ist die Neuregelung der Beziehungen zwischen dem Reich und den Gemeinden und den Ländern und den Gerneinden das entscheidende.

Die Flaggenfrage am Hindenburgtag.

Halber Rückzug der Hoteliers.

Ein Vertretertag der Hotelbesitzer hat in Magde­ burg   beschlossen, am 2. Oktober, dem 80. Geburtstag des Reichspräsidenten Hindenburg  , keinem zu Liebe und feinem zu Leide die ruhm- und ehrenvolle Bergangenheit und die arbeits- und schicksalsschwere Gegenwart des deutschen Reiches zu ehren". Das heißt, ins Ronfrete übertragen, die Hoteliers werden schwarzrotgold und schwarz­weißrot flaggen.

Im Vergleich zum bisherigen Zustand bedeutet der Be­schluß einen Fortschritt. Der Boykott der Reichsflagge, der die preußische Regierung und die Bertreter der Stadt Berlin   zu Gegenmaßnahmen nötigte, ist fallen gelaffen worden. Das Nachgeben der Hoteliers fällt um so mehr ins Gewicht, als man am 11. August ursprünglich beabsichtigt hatte, nur die schwarzweißrote Fahne zu zeigen. Die deutschnationale Regierungs- und Richt= Wenn das Reich materiell für die Gemeinden mefent- linienpartei, die am Verfassungstag Schulter an lichste Fragen mehr und mehr selbst regelt, und zwar sowohl Schulter mit den Hoteliers gestanden hatte, bemüht sich auch bei den Ausgaben, als auch bei den Einnahmen, dann ist der jeßt wieder, den 80. Geburtstag des Reichspräsidenten zu bisherige staatsrechtliche Zustand nicht mehr aufrechtzuerhaften. einer antirepublikanischen Demonstration zu mißbrauchen. Sie Gemeindeangelegenheiten sind dann eben nicht mehr Länder fordert dazu auf, die Reichsflagge wie am Verfassungstage angelegenheiten, sondern sie sind Reich s angelegenheiten. zu boykottieren und schwarzweißrot zu flaggen. Die Hoteliers Der bisherige Zustand, der die Gemeinden in völlige Ab- werden ihr diesmal feine Gefolgschaft leisten. Der Er­hängigkeit von den Ländern bringt, wird unhaltbar. Schon ziehungsunterricht der preußischen Regierung und bisher hat er dazu geführt, daß die Lasten immer weiter der Stadt Berlin   hat seine Wirkung nicht verfehlt. abgewälzt wurden und von den Gemeinden getragen werden Allerdings, den Mut zur Klarheit läßt der Entschluß müffen. Der letzte Finanzausgleich hat das besonders deut vermissen. Man wird den Präsidenten der Re­lich gezeigt. Und wenn auch nicht in allen Ländern die Gepublik nicht eindeutig durch die Fahne der Re­meindeinteressen ebenso brutal mißachtet wurden wie in publik ehren, sondern zu gleicher Zeit die Farben des Bayern  , so ist doch die Tendenz überall die gleiche: Ein Raiserreichs zeigen, indem man sich auf den ehemaligen schränkungen, die das Reich Ländern und faiserlichen General beruft. Die legte Entscheidung wird Gemeinden auferlegt, werden von den Län- damit aufgeschoben. Umgehen läßt sie sich auf die Dauer dern den Gemeinden allein aufgebürdet. nicht. Ehrt man die Persönlichkeit Hindenburgs durch schwarzrotgold und schwarzweißrot, so wird man die Re­ publik   fortan logisch durch das ich warzrotgofbene Reichsbanner allein ehren müssen!

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Im Interesse der städtischen Bevölkerung, deren Lebens­Schicksal und Daseinsmöglichkeit in weitestem Umfang von blühenden örtlichen Gemeinwesen abhängt, darf der Städte tag an dieser Entwicklung nicht vorbeigehen. Er fann von den Reichsgemalten, verlangen, daß den Gemeinden der notwendige Spielraum für die Erfüllung ihrer umfang­reichen und bedeutsamen Aufgaben gewährt wird. Er muß aber auch erkennen, daß in der heutigen Lage Deutschlands  die Abhängigkeit der Gemeinden von den Ländern zu einem Hemmnis der Selbstverwaltung geworden ist und die viel fachen sozialen Aufgaben der Gemeinden erschwert. Mit Recht hat der Frankfurter   Oberbürgermeister Dr. Land­mann auf der Tagung des Reichsverbandes der Industrie gejagt: Das Leyte   und Bedeutsamfte im wirtschaftlichen Produktionsprozeß sind nicht die Maschinen, sondern die Menschen." Deutschlands   Wiederaufbau verträgt deshalb feine nur durch antifoziale Interessen verursachte Be­schränkung der Selbstverwaltung. Die Gemeinden brauchen Freiheit für wirtschaftliche, ful­turelle und soziale Arbeit.

Schwarz- Rot- Gelb."

Ein Meisterstück journalistischer Lausbüberei. schon sehr oft gegen die Bezeichnung der Reichsfarben als Die republikanische Presse einschließlich der Zentrumspreffe hat Schwarzrotgelb" durch die Schwarzweißroten Verwahrung eine gelegt. Warum, das wissen die Schwarzweißroten selber am besten. Rathenaumord und den Hitlerputsch herum fagten die Schwarz­In der Zeit nationalistischen lleberschwangs so um den Rathenaumord und den Hitlerputsch herum Schwarzrotsch.... Als weißroten statt Schwarzrotgold" wegen diesen Ausdrucks Bestrafungen erfolgten, zog man sich aus Bedem dem Klosett ins Speisezimmer zurück und sagte Schwarzrot­most rich". Und erst als auch dies gefährlich wurde, tam man

Preußen und das Schulgesetz. Abänderungsanträge mit ausführlicher Begründung beschlossen.

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auf die dritte Formel: Schwarzrot gel b". Diese Formel ist jetzt allgemein geworden, sie dient der bestimmten Absicht, ohne eigene Gefahr Andersdenkende herauszufordern und zu verlegen.

Nun hat die" DA3" den gutgemeinten, wenn auch unpolitischen Vorschlag gemacht, zu Ehren Hindenburgs im Flaggenstreit einen Waffenstillstand eintreten zu laffen. Darauf antwortete bie treuz Zeitung" mit einem Artikel, dessen erster Satz eigentlich schon alles sagt:

Das preußische Kabinett hat am Dienstag die feit Wochen gehegten Grörterungen über den Reichsschulgesetentwurf der Reichs­regierung abschließend beraten und einstimmig einer ganzen Reihe von Abänderungsanträgen zugestimmt. Es wurde gleichzeitig beschlossen, die Stellungnahme des preußischen Kabinetts zu dem Reichsschulgefeßentwurf in einer ausführlichen Beber gründung niederzulegen.

Zwei Berliner   Bilder.

Bon Gerdland.

Lutschte.

Da ist in der großen Stadt irgendwo, ganz abseits, ganz per foren, ein Rummelplah. Und da tummeln sich die Menschen, die Arbeit wollen und feine haben und jene, die ihren Leib für dreckige Groschen hergeben und doch Mensch sind. Doch nicht Tier sind, wie diverse Krafeeler es wollen. Mensch mię du. Da ist nun eine Nacht voll erdrückender Schwüle, mit vorbeifahrender Stadtbahn, fauren Burten, Leierfaften und Geschrei. Die fleinen unfeufchen Mägdelein harren der Kerle, die da Moos haben, die Anreißer fauchen: Soeben ist Anfang und Beginn, irgendwo aber fauert Lutschke. Armer, miferabler Lutschte. Alle stoßen ihn, treten ihn, denn sie verstehen es hier nicht besser und wer bringt ihnen Mitleid entgegen Die Mägdelein, die mit den entheiligten Leibern, fliehen ihn, die Männer hänseln ihn, und Ich liebe Dia" piepft Lutschke auf dem Kehrichthaufen, mit dem alten Strohhut auf dem Kopf, dem Regen­schirm in der Hand. Lutschte ist dreißig Jahre alt, Lutschte ist

Einmal

gelernter Koch. Da kam denn... Mein nicht doch wird Butschke nicht mehr hier sein. Dann wird er im Asyl all derer fein, die hinauszogen mit den Hoffnungen und den Süchten wie auch ihr. Sie aber sind gestrandet am Leben, an unserer Art zu vers urteilen, an vermaledeiter Seuche und der Liebe. O, Liebe. Butschke, armer, kleiner Lutschke, der du auf dem Kehrichthausen figeft, auf dem Kehrichthaufen am Rummelplah irgendeiner beliebigen großen Stadt, irgendwo, ganz abseits, ganz verloren..

Die Nacht am Bülowbogen. Wenn der Morgen graut, ist alles vergessen, ist der Spuf vorbei, rattern die Bahnen, hupen die Autos. Doch nachts. Dann erwachen hier die Süchte, regt sich der ani­malische Trieb, tortelt Ede, stelzt der Bourgeois, lockt Li, die rote, die Kaiserin der Dirnen, sind die Lokale geöffnet den Gästen, reichen, perversen Gästen. Sommernächtlich, wenn der Mond hernieder blaft, und die miserablen Knäblein den Lüften sich opfern, wenn die gang armseligen Eckensteherinnen, Leidensläuferinnen harren, dann bahnt Satanas sich seinen Weg zu diesen Miserablen. Fünf Minuten enta Coctail und Jazzbanden, mit Seide und Perlen und blinkender Mädchenhaut. Zwei Minuten entfernt ist die große Straße zur City. Und hier ist Tierheit, Lust und Fron, Elend und Bergessen. Tollheit, Stumpfheit und Instinkt. Hier, ach hier, sind die Caféhäuser nicht wie am Boulevard, die der Heuchelei, nicht wie in der Mulackstraße, die der realen Draftit, hier sind es die Caféhäuser, Lokale, Kaschemmen der Tünche, Schminke, der wüsten aber verborgenen Gemeinheit. Ach, wenn die Laternen ihr funzelndes Licht verbreiten, dann stehen die Leiber und doch Menschen, Murweiber und doch hungrige Seelen, stehen sie nicht wie am Boulevard die lüftezaubern­den Damen, nicht wie an der Mulachstraße die offenkundigen Dirnen, dann stehen sie am Bülowbogen, mit Tünche auf den nackten Seelen. und grauenvoll zwiespältig.

Nachts, wenn Li, die rote, lockt und die Hochbahn über den Bülowbogen rattert, bahnt sich Satanas feinen Weg, doch wenn der Morgen graut, ist alles pergessen, ist der Sput vorbei...

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Die Geschichte des Denkmalfahrstuhls.

Oder: Was ist nationale Gesinnung? Das Berliner   Tageblati" hat von einem Industriellen­verband eine Zuschrift erhalten, die für die wahrhaft nationale Einstellung der Erbpächter deutscher   Belange bezeichnend ist. Es handelt sich nämlich um den Fahrstuhl im Tannenberg denkmal, mit dem die Besucher auf die Zinnen getragen werden, um die umliegenden Schlachtfelder zu überschauen. Dieser Aufzug ist ein Geschenk an den Tannenberg- Nationaldenkmalverein. Die spendende Aufzugsfirma aber gehört einem Lande an, das im Kriege gegen das deutsche Heer gefochten hat. Das B. T."

meldet:

Das Verhalten der Firma( 3weigfabrik in Deutschland  , aber völlig in ausländischem Besitz) gibt keine Rätsel auf; denn sie war sich bei Angebot des Geschenkes klar, daß ihr eine solche Spende für das deutsche Nationaldenkmal sehr gut dazu dienen könnte, über ihren ausländischen Charakter hinwegzutäuschen. Wohl aber muß es aufs stärkste befremden, daß der Tannen= berg Nationaldentmalperein diese Spende angenom Selbst men hat, obwohl ihm die Verhältnisse bekannt waren. wenn im Falle der Ablehnung die Besucher das Denkmal zu Fuß hätten ersteigen müssen, wäre eine höfliche Zurückweisung der ausländischen Stiftung ein Gebot nationaler Würde gewesen. Ganz unbegreiflich aber muß die Annahme der Spende erscheinen, wenn man hört, daß deutsche Aufzugsfirmen eben­falls die gefchentweise Lieferung des Aufzuges an geboten hatten.

Nach den Informationen des demokratischen Blattes hat die ausländische Firma, um die es sich handelt, ihren Hauptsiz in New Vort. Der Denkmalsausschuß soll zunächst mit ihr über einen Ankauf verhandelt haben, und als er darauf aufmerksam ge­macht wurde, daß es doch auch deutsche Aufzugsfirmen gebe, soll die New- Yorker Firma erklärt haben, daß sie den Fahrstuhl für das Tannenbergdenkmal als Geschenk stifte. Darauf iſt dem Ausschuß von den deutschen   Firmen mitgeteilt worden, daß er auf Wunsch auch einen Aufzug deutscher Erzeugung erhalten könne, aber er gab dem ausländischen Angebot den Vorzug.... Man sieht aljo aus dieser Geschichte wieder einmal, wie schwer es ist, festzustellen, was wirklich nationalist! Nach der Auf­fassung der Herren vom Tannenberg- Nationaldenkmalverein muß man, um hasenrein national zu sein, Nationaldenkmäler errichten, bei denen man sich das Material vom feindlichen Aus= land" schenken läßt.

Der Mensch lernt eben niemals aus! Aber dennoch drängt sich die Frage auf: Wie würden Deutsche Zeitung"," Kreuz- Zeitung  " und ihre Kumpane um Hugenberg über infamen Internationalis­banner Schwarz Rot Gold sich das Material für ein mus" schimpfen und zetern, menn beispielsweise das Reichs= Ebert, Rathenau  . oder Erzberger- Denfmal im feindlichen Ausland" schnorren würde?

teien absolut nicht in Betracht! Aber so etwas fommt natürlich bei den antinationalen" Bar.

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Die Mietsteigerung im Oktober.

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Schwerin, 20. September.  ( MTB.) Die Regierung teilte im Hauptausschuß des Landtages mit, daß beabsichtige, den zehnprozentigen Miet­erhöhungen ab 1. Oktober den Hausbesitzern sechs Prozent, für den Hausbau zwei und für den allgemeinen Finanzbedarf des Staates ebenfalls zwei Prozent zur Verfügung zu stellen. Die zwei Prozent für den allgemeinen Finanzbedarf des Staates bedeuten 500 000 m., somit für das gegenwärtige Rechnungsjahr noch 250 000 Mart. Diese Summe müsse der Stat für sich in Anspruch nehmen, teilungsvorschlag wurden von den verschiedenen Parteien Anträge gestellt und Wünsche geäußert. Der Mietervertreter stellte mit den mehr als vier Prozent zuzugestehen. Dieser Antrag gelangte Sozialdemokraten den Antrag, dem Hausbefig nicht burch die Mehrheit der Regierungsparteien und der Kommunisten zur Annahme.

In der Deutschen Allgemeinen Zeitung" wird der Vorschlag gemacht, anläßlich des 80. Geburtstages des Generalfeldmarschalls| meil vermehrte Ausgaben in Aussicht ständen. Zu diesem Ver von Hindenburg   einen Waffenstillstand zwischen den Flaggen Schwarzweißrot und Schwarzrot gelb zu schließen.

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stillstand" nicht abgelehnt werden. Wir stehen nicht an, diesen Satz Man muß zugeben, in prägnanterer Form tonnte der Waffen­Kreuz- Beitung" als ein wahres Meisterstüd journa listischer Lausbüberei zu bezeichnen.

Musikanten.

Es war spät geworden. Zu lange hatten wir mit Landsleuten in Santa Margherita beim perlenden Chianti gesessen, als daß wir noch die letzte Bahn nach Rapallo   erreicht. hätten. Es tat uns nicht leid. Die Straße von Santa Margherita nach Rapallo   führt dem Meer entlang und durch Orangenhaine. Der Mond stand am stahl. blanken Himmel. Und die Nacht war schön.

Wir wanderten. Hohl flangen unsere Schritte auf dem Straßen­pflaster. Irgendwo brannte ein einsames Licht. Alles schlief, ruhte, mete Frieden. Steil wölbte sich die Straße über dem Meer, das leise und vertraulich gegen das Ufer plätscherte und das Mondlicht auffog. Schlanke Pinien erzählten sich flüsternd seltsame Geheimnisse. Aus der Dunkelheit ertönten Schritte. Sie famen näher und näher. Und jetzt standen sie vor uns, die vier Mufitanten, der eine aus Napoli, der andere aus Bologna  , der dritte aus Tarent   und der vierte ein versprengter Desterreicher aus Fiume. Schon früher einmal hatten wir sie getroffen, als sie in einem Rapallefer Grand­hotel blafierten Gents um einen Hundelohn zum Tanz aufspielten. und damals hatten wir sie bedauert, weil wir den Zwang fühlten, mit dem sie ihre acht Stunden absolvierten.

Der Geiger nahm die Geige und legte seinen Geigenfasten in den Straßengraben, so sorgsam wie eine Mutter in die Wiege ihr Wiegenfind. Der Harfer entfernte das Wachstuch von seiner Harfe und setzte sich bereit an den Straßenrand. Der Cellospieler rieb seinen Bogen geschmeidig und der Sänger recte den Kopf hoch und fah ftelz wie ein König hinweg über das feuerglizernde Meer. Und während die Brandung ihr ewiges Lied rauschte und in den Zitronenhainen Myriaden von fleinen Leuchttierchen schwärmten, rang sich eine Melodie durch die Welt, flagend und einsam, rührend und zitternd, eindringlich und klar.

Dann wechselte der Rhythmus. Heftig und ungestüm führte die Geige. Drohend und dumpf wie ein fernes Gewitter rollte das Cello. Hart flang die Harfe wie brechendes Glas. Und dann tobte er los, der todmunde Heimwehschrei des Sängers, der durch die Weft irren muß und nirgends zu Hause ist, dessen Nachtlager die Goffe bedeutet, auf den von den Mitmenschen der Hund geheizt wird, und der zu seinem Vater im Himmel fleht: Warum hast du mir das getan?

Doch durch die Nacht spannt sich Sternentlarheit und aus tausend Blüten duftet Sommer und Luft. Die jagenden Diffa nanzen erlösen sich in Harmonien und die gärende Vielheit wird zu einer alles umfassenden Einheit. In einem jähen Jubel zerflieht die Musik.

Lautlos packten die pier Musikanten ihre Instrumente ein. Auf den Behenspihen tappten fie davon, um den Frieden nicht zu stören, der von oben gekommen ist. Der Mond tritt hinter eine Wolfenwand. Und in der Ferne fündet ein lichter Streifen das Gideon Gössele. Nahen eines neuen Tages.

Thomas Mann   über Harry Dometa. Thomas Mann   hat an den Malit- Verlag, der das Domela- Buch herausgibt, folgende Zeilen gerichtet: Für die freundliche Uebersendung der Memoiren von Domela dante ich bestens. Es leitete Sie ein ganz richtiger Instinkt, als Sie glaubten, mich besonders auf das Buch hinweisen zu müssen, Ich hatte es längst getauft und mit außerordentlichem Interesse und

Bergnügen gelesen. Die Figur dieses trügerischen Harry überragt an Geist und Wiz, an bewußt satirischer Kraft diejenige des Haupt­manns von Köpenick bei weitem. Seine Spielleistung, als solche höchst respektabel, besonders wenn man die Bescheidenheit des Appa­rates in Betracht zieht, gewinnt soziale Würde, jedoch das un­geheure Maß von Albernheit, das ihm zu enthüllen gelang und feine oft überraschende literarische Ausdrucksfähigkeit sichert ihm einige Unsterblichkeit. Die milde und anmutige Rache, die hier ein Vernachlässigter, Ausgestoßener, durch jedes Elend Gegangener an einer grausamen und knechtischen Gesellschaft nimmt, ist ein er­freuliches Schauspiel und man muß den Richtern Dank wissen, die den Jungen glimpflich behandelten und seine Gefangenschaft kaum über die Frist hinausdehnten, die ihm erlaubte, diese Erinnerungen zu schreiben. Sollte ihre Milde einer unbewußten Nachwirkung feiner Prinzenrolle in ihren Mannesherzen zuzuschreiben sein?"

Die moderne Regie als Lehrzweig der philosophischen Wiffen­schaft. Die philosophische Fakultät der Kölner   Universität wird im fommenden Semester das ihr angegliederte Institut für Theaterwissenschaft bedeutend erweitern. Im Institut werden Vor­träge über moderne Regie gehalten werden und praktische Arbeiten in der Behandlung dieser Regieprobleme durchgeführt werden. Da bei wird besonderes Gewicht auf die geschichtliche Entwicklung der Theaterregie gelegt werden. Als Lehrmittel ist das von dem künst­lerischen Beirat der Dresdener Staatstheater, Adolf Mahnke, hergestellte Modell einer Spiralbühne, die die bisherige Kastenform des Bühnenraumes auflöst, erworben worden. Zu Gastvorträgen werden bekanntere neuere Bühnentechniker und Bühnenregisseure herangezogen werden.

Das Faffimile- Telegramm. Der frühere englische   Generalpoft meister und jezige Direktor der Marconi  - Gesellschaft erklärte in einem Vortrag in Chelmsford  , nach seiner Ueberzeugung sei die heutige Methode des Telegraphierens veraltet und im Brinzip die Beit des Faksimile- Telegramms gekommen. Die Technik der draht­lofen Bildübermittelung werde binnen furzem so ausgebildet sein, daß alle Telegramme, bei denen es aus rechtlichen oder kauf­männischen Gründen auf die Feststellung der Identität ankommt, bald in der Originalniederschrift des Absenders drahtlos übermittelt

werden würde.

Oktoberrevolution soll in Leningrad   ein Museum und Pantheon   er­Gründung eines ruffischen Pantheons. Zur Zehnjahrseler der öffnet werden, in dem die Gehirne hervorragender Persönlichkeiten der Wissenschaft, Kunst und des öffentlichen Lebens aufbewahrt wer den follen. Einer Aeußerung des Mitgliedes der Akademie der Wissenschaften, Prof. Bechterow, zufolge, wird das neue Museum ein doppeltes Ziel anstreben: die Verewigung des Andenkens hervor­ragender Persönlichkeiten und die Erforschung ihres Gehirns. In erster Reihe wird dem Museum das Gehirn des Chemikers Mende­ lejew  , des Komponisten Rubinstein, des Schriftstellers Saltykow Schtschedrin   übergeben werden.

Prof. Franz Benzoldt, der langjährige Leiter der Medizinischen Klinik in Gilangen, ift, 78 Jahre alt, gestorben.

Der Maler Michael Ancher   ist in seinem Stagener Heim verstorben. Ancher erreichte ein Alter von 78 Jahren.