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Nr. 460 44. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Anderer Kurs für Auslandsanleihen!

Verantwortung des Reichsbankpräsidenten.

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Donnerstag, 29. September 1927

Ausnuzung der Erzeugungsmöglichkeiten des eigenen Landes und durch enge Zusammenarbeit mit den Gaswerken benachbarter Länder soll auch ein einheitliches Borgehen gegenüber den Fern­versorgungsplänen von Kohlengebieten aus sichergestellt werden. Ein besonderer Ausschuß wurde mit der Aufstellung und Durch­

Weg mit der Beratungsstelle! führung eines einheitlichen Planes für die Gassernversor­

Die zweite Frage, die den Reichsbantpräsidenten angeht, ist schwieriger; denn grundsätzlich ist der Reichsbankpräsident in seinen Meinungsäußerungen frei. Dennoch würden selbstverständlich Schritte der in Frage kommenden amtlichen Stellen auch bei ihm ihren Eindruck nicht verfehlen. Anlaß dazu besteht übergenug und Gelegenheiten sind dazu um so mehr gegeben, als das Amt des Reichsbankpräsidenten fein Amt auf Lebenszeit sein muß.

Die Schwierigkeiten, die sich jetzt in New Dort bei der Auf-| des Reichsfinanzministeriums und ihrer gefeßlichen Grundlage an­legung einer Anleihe von 30 Mill. Dollar des Freistaates schließen wird. Preußen gezeigt haben, werfen eine Reihe von grundsätzlichen Fragen auf. Nach einer Meldung der United Preß aus Amerifa betonen amerikanische Finanzkreise, die der amerikanischen Re­gierung nahestehen, daß die abwartende Haltung der Regierung gegenüber der Preußenanleihe durch aus der Ansicht führender deutscher Wirtschafts politifer entspräche. Diese, wie z. B. der Reichsbank präsident seien der Ansicht, daß die ausländischen Kredite am zweck­mäßigsten der Privat wirtschaft, insbesondere der Industrie, zu­geführt werden sollten, und daß bei der Aufnahme von Staats-, Provinzial- und Gemeindeanleihen vielfach schon zu weitherzig vor gegangen worden sei. Die hier gewonnenen Mittel seien in manchen Fällen direkt oder indirekt nicht produttiven Zweden zugeführt worden. Diese Meldung deckt sich in der Tat mit Mitteilungen, die noch dem letzten

amerikanischen Aufenthalt Dr. Schachts

von drüben tamen. Anscheinend ist es Schacht gelungen, dort für seine bekannte Auffassung über die Aufnahme von Auslands­anleihen durch deutsche öffentliche Körperschaften Anhänger zu finden. Als diese Meldungen tamen, betonten wir bereits, daß damit die Schachtsche Propaganda gegen öffentliche Auslands­anleihen zu einer Kreditschädigung der deutschen Länder und Ge­meinden zu werden drohe. Unsere Voraussage scheint sich jetzt im

Falle der preußischen Anleihe zu bestätigen.

Wie die angeführte Meldung zeigt, hat besonders die Auffassung Dr. Schachts von der mangelnden Produktivität der

Auslandsanleihen öffentlicher Körperschaften in Amerika Eindrud gemacht. Wie steht es damit? Was ist pro­duffiv? Nach der üblichen Auffassung der Boltswirtschaftslehre ist produktiv, was andere dadurch als produktiv anerkennen, daß sie dafür zu bezahlen bereit sind. Dr. Schacht meint aber, pro­duktiv sei nur, was zur Verbesserung der Handelsbilanz bei= trägt. Das fönne man aber nur von solchen Anleihen sagen, deren Berwendung entweder zu einer Exportsteigerung oder zu einer Importersparnis führe. Unproduktiv erscheint ihm die Anleihe für den Bau einer Badeanstalt, obwohl durch ihre Bemuzung evtl. Arbeitskraft gesund erhalten werden kann, die zur Herstellung von Erportwaren verwendet werden kann; produktiv erscheint ihm dagegen eine Anleihe für landwirtschaftliche 3wede, obwohl die aus ihr stammenden Beträge möglicherweise nur dazu dienen, unfähigen Landwirten das Durchhalten zu ermöglichen. Golche Gefichtspunkte sind oberflächlich. Dennoch hat man es über zwei Jahre lang geduldet, daß nach solchen Unterscheidungsmerk

malen eine

praktische Diktatur der Reichsbank

über die Aufnahme von Auslandsanleihen durch Deutschlands öffentliche Körperschaften ausgeübt wurde. Darüber hinaus hat man es zugelassen, daß Dr. Schacht selbst noch im In- und Auslande insbesondere die fommunale Finanzpolitit durch un­begründete Anschuldigungen in Mißkredit gebracht hat, während

ursprünglich das Ausland mit Recht gerade den deutschen Gemein­den das größte Vertrauen entgegenbrachte und sie allgemein als besonders kreditwürdig ansah. Den deutschen Kommunen hat die Redetätigkeit des Reichsbankpräsidenten bisher noch nicht fehr gefchadet; aber Preußen scheint jetzt ihre Folgen spüren zu sollen.

Deffentlicher Kredit und Steuerpolitif.

Außerdem aber zeigt sich von neuem, daß die Ordnung unserer Finanzpolitit überlebt ist. Das Reich kann nicht gut den anderen öffentlichen Körperschaften ausschließlich in der Anleihe politik Vorschriften machen, die tief in ihre gesamte Finanzpolitit ein greifen, wenn es nicht gewillt ist, auch sonst die Verantwortung für ihre Finanzpolitik weitgehend mitzutragen. Das hat das Reich abgelehnt, und die Anfäße, die das Steuervereinheitlichungsgesetz in dieser Richtung zunächst enthielt, sind auf Veranlassung Bayerns mieder beseitigt worden. Sperrt man Ländern und Gemeinden den ausländischen Kapitalmarkt, so werden sie entweder im Inlande teurere Anleihen aufnehmen müffen mit der Folge erhöhter Lasten für ihre Steuerzahler, oder sie werden aus anderen Ein­nahmen ihre Ausgaben bestreiten müssen, also die Steuer­schraube anziehen. Beides liegt nicht im Interesse der deutschen Wirtschaft und führt nur zu einer weiteren Verschärfung der finanzpolitischen Situation.

Auch diese Konsequenzen der bisherigen Anleihe politit müssen bedacht werden. Ob man diese selbst dann noch als produktiv ansehen will, ist nicht mehr Geschmacksache, sondern Sache des gesunden Menschenverstandes. Sie ist teuer und unproduttiv. Ueberflüssige Verwaltungsarbeit und Schädigung des deutschen Kredits, Erhöhung des Steuerdrucks für Gegenwart und Zukunft, das sind die Folgen der Auslandsanleihepolitik, die wir bisher betrieben haben. Die Schwierigkeiten der Preußen­anleihe an einem Anleihemarkt, der schlechteren Schuldnern bereit­millig offen steht, zeigen, wohin wir treiben, wenn wir nicht schlenigst auf diesem Gebiet einen Kurs wechsel vornehmer.

Aktive Gaspolitik der Gemeinden. Gruppenversorgung in Mitteldeutschland und Württemberg . Mißerfolge der Ruhr.

Die Initiative der Kommunen und Länder in der Frage der Ferngasversorgung ist erfreulich lebhaft geworden. Als Grundlage für die mitteldeutsche Ferngasversorgung ist vor kurzer Zeit die Großgaswert Erfurt A.-G. gegründet worden. Jetzt er­der Provinz Sachsen sowie unter Mitwirkung der staatlichen A.- G folgte unter Führung der Stadt Erfurt , des Provinzialverbandes Thüringische Werke Weimar und der privaten Thüringer Gasge­sellschaft, Leipzig , die Gründung einer Gasfernversor gung 2. G. Erfurt mit einem Kapital von vorläufig 500 000 m. Die neue Gesellschaft soll die Versorgung der Bevölkerung und der Industrie mit Gas sowie die Errichtung und den Betrieb der dazu erforderlichen Anlagen durchführen. Den ersten Borstand bil. den ein Erfurter Stadtbaurat und ein Vertreter der Thüringer Gasgesellschaft Leipzig . Die Thüringer Gasgesellschaft ist bekanntlich eine der größten privaten Gasgesellschaften Deutsch­

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lands, die mit 12 Gaswerfen, darunter drei Ferngaswerken, und ihren Kraftwerken Ende vorigen Jahres 1764 Stadt- und Landge­meinden mit Wärme und Kraft belieferte. Sie hat ein Kapital von 30,82 Millionen M. und unter den Aktiven sehr zahlreiche Beteili­gungen mit 14,74 Millionen M. Die A.-G. Thüringische Werte in Weimar ist eine staatliche Holding- Gesellschaft der thürin­gischen Kraftwerke mit einem Kapital von 8 Millionen M.

Konsequenzen für die Beratungsstelle. Wahrscheinlich wird Preußen schließlich seine Anleihe doch er­halten. Aber die grundsätzliche Frage bleibt offen, ob erstens die unsinnige Kontrolle der Auslandsanleihen öffentlicher Körperschaften in der heutigen Form noch weiter bestehen bleiben soll und ob zweitens es weiterhin erlaubt werden darf, grundlos die Anleihe­gebarung öffentlicher Körperschaften im In- und Auslande zu In Stuttgart wurde am 27. September in einer stark besuchten diskreditieren. Die erste Frage ist von der Sozialdemokratie längst Versammlung der württembergischen Gemeinden mit eigenen Gas­dahin beantwortet worden, daß die Kontrolle der öffentlichen Aus- werken der Landesverband württembergischer Gas­landsanleihen unzweckmäßig und schädlich ist. Auch namhafte merke gegründet, zu dessen Vorsitzendem der Leiter des Stuttgarter Bertreter der deutschen Industrie haben sich diesem Standpunkt Gaswerkes Dr. Nübling gewählt wurde, ein führender Gasfach. inzwischen angeschlossen. Der Augenblic scheint uns gekommen zu mann, der bekanntlich energisch die kommunale Gruppenferngasver­sein, wo mit dieser Einrichtung endgültig zu brechen ist, und wir sorgung fördert. Dasselbe gilt für den Geschäftsführer Dr. Ströling­hoffen, daß auch der preußische Finanzminister fich Stuttgart . Die gemeinnügige Gasversorgung Württembergs nunmehr energisch für die Erfüllung der alten sozialdemokratischen und die gegenseitige Beratung der Mitglieder beim Betrieb Forderung auf Beseitigung der sogenannten Beratungsstelle ihrer Gasmerke ist der Zweck der Gründung. Durch wirtschaftlichste

gung Württembergs beauftragt, dessen besonderer Zweck die Ver­hütung unnötiger Kapitalaufwendungen einzelner Gemeinden ist. Der Verband umfaßt 95 Proz. der gesamten Gaserzeugung BWürttembergs.

Auf der anderen Seite lassen Mitteilungen aus Hessen und aus Westfalen deutlich erkennen, daß die Erfolge der Ruhrindu. strie noch geringer sind als es bisher schien. In der Kasse­ler Post" wird von berufener Seite bestätigt, daß man trotz des von der Ruhrindustrie ausgeübten Druckes nicht daran denke, sich die Entscheidungen vorschreiben zu lassen. Ob die Städte Heffens fich für selbständige Gruppengasversorgung oder den Anschluß an die Ruhrfernversorgung entschließen werden, darüber bedürfe man teinerlei Belehrung, selbst wenn fie von versteckten Drohungen begleitet sein sollte. Die frühere Meldung aus Westfalen, daß die Provinz sämtliche Wege der A.-G. für Rohleverwertung in Effen zur Durchführung der Ferngasversorgung zur Verfügung gestellt habe, erweist sich als falsch. Tatsächlich wurde nur jener Teil der Wege, der in erster Linie für eine Leitung nach Plettenberg zur Versorgung der Vereinigten Stahl. werte(!) erforderlich ist, der A.-G. für Kohleverwertung freigegeben.

Folgen der Ueberproduktion. Preisrückgänge an den Metallmärkten. Obwohl die Metallindustrie in England und besonders in

Deutschland seit Monaten schon recht gut beschäftigt ist und daher

größere Mengen Kupfer, Blei, 3ink und 3inn aufnehmen kann, hat sich das Metallgeschäft, das bis zum Ende des vergangenen Monats noch ziemlich lebhaft war, wieder verschlechtert. Die Preise sind, weise, besonders bei Zinn , erheblich gefallen. wie man aus nachstehender Gegenüberstellung ersehen fann, teil­11. Aug. 22. Aug. 2. Gept. 23. Sept. 27 127 127

100 Rilo fofteten am Elektrolytfupfer Hüttenweichblei

Zint Zinn

"

126, 126

M.

48

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M

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605

595

589

555

lich, wenn man sich vor Augen führt, daß die Welthüttenerzeugung Die Preisentwidlung von Kupfer, Blei und Zint ist verständ nach den jezt veröffentlichten Zusammenstellungen der Metallgesell­schaft in Frankfurt a. M. für Blei um 39 Proz., für Kupfer um 55 Proz. und für 3ink um 38 Proz. seit dem Jahre 1913 ge= stiegen ist. Im vergangenen Jahre war bereits bei 3in? und auch bei Blei die Erzeugung größer als der Verbrauch, so daß infolge dieses Mißverhältnisses schon an und für sich eine Herab­jezzung der Preise erfolgen mußte. Die Vorkriegspreise sind aber bei Blei und Zink noch nicht unterschritten, während Kupfer im lich, daß die Kupferhersteller durch Verbilligung der Produktions­Preise unter dem Friedensdurchschnitt liegt. Hierbet ist mesent­methoden den Elektrolytfupferpreis, der im Jahre 1918 ungefähr 14,50 Cents je amerikanisches Pfund mit 454 Gramm betrug, bis zum 1. Juli 1927 ctwa cuf 7,50 Cents oder 70 m. je 100 Kilo fenfen konnten.

Die geringen Verkäufe, die an den Hauptbörsen in London auf den Konjunkturriagang in den Vereinigten und in New York in den letzten Wochen zu beobachten waren, find Staaten zurückzuführen. Der Anteil Amerikas am Berbrauch von Kupfer, Blei, Zink und Zinn ist so bedeutend, daß eine Konjunktur­veränderung, wie sie zweifellos im legten Vierteljahr eingetreten ift, fich auch auf die Metallmärkte auswirken muß

Die stark gesteigerte Einfuhr Deutschlands fann bei der herrschenden Uebererzeugung einen Ausgleich nicht schaffen. Auf der anderen Seite ist für die deutsche Wirtschaft die Preis­entwicklung, soweit die Hüttenerzeugung in Frage fommt, von unter­als in Deutschland hergestellt wird. So wurden im Inlande im geordneter Bedeutung, da die Industrie wesentlich mehr verbraucht Jahre 1926 etwa 168 000 Tonnen Rohtupfer verbraucht, während sich die Hüttenerzeugung auf ungefähr 46 000 Tonnen stellt. Der Blei­und Zinfverbrauch ist ebenfalls größer als die eigene Erzeugung. In diesem Jahre kommt das noch viel mehr zum Ausdruck, da die deutsche Einfuhr in den ersten 7 Monaten dieses Jahres eine außerordentliche Steigerung gegenüber derselben Zeit des vergangenen Jahres erfahren hat. Es famen an Kupfer 124 132 Tonnen statt 74 265 Tonnen, an Blet 82 136 ſtatt 8618 statt 4879 Tonnen zur Einfuhr. 44 030 Tonnen, an 3int 81 970 statt 47 335 Tonnen und an Zinn

Aus der Entwicklung des deutschen Verbrauchs ergibt fich deutlich, daß ein großer Teil der metallverarbeitenden Industrie, insbesondere die Kabel- und Elektroindustrie, ausgezeichnet beschäftigt sind. Deutschland steht wieder an der Spizze der Kupfer einführenden Länder und gehört überhaupt zu den bedeu­tendsten Metallverbrauchern der Welt. Aud, diese Steigerung des

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