Nr. 466 44. Jahrgang
5. Beilage des Vorwärts
Sonntag, 2. Oktober 1927
schaften und die nur zu oft versagende Lehrlingsfürsorge der Lebenswege. All ihre Arbeit leisten sie aber immer im
Oesterreichs Arbeiterkammern. Behörden. In 80 bis 90 Broz. aller Klage-, Beschwerde- und Einvernehmen mit den Gewerkschaften und
Eine Errungenschaft des Umsturzes.
Bis zum Umsturz hat es in Desterreich nur Kammern für Handel, Gewerbe und Industrie( kurz Handelskammern), also Interessenvertretungen der Unternehmer gegeben. Diese Kammern nahmen das Recht für sich in Anspruch, als Vertretungen der Gesamtheit der Berufsangehörigen zu sprechen, als ob es in der Wirtschaft nicht auch Arbeiter geben würde. Die Arbeiter- und Angestelltenschaft hatte weder irgendeinen Einfluß auf diese Institute, noch eine gleichwertige öffentlichrechtliche Einrichtung aufzuweisen. Der Umsturz fonnte nicht vorübergehen, ohne Sicherungen für einen Einfluß der Arbeiter und Angestellten auf Fragen des Wirtschaftslebens, auf die wirtschaftliche Gesetzgebung u. a. schon im Vorbe ratungsstadium zu bringen. Der erste Minister für soziale Verwaltung der Republik , der leider schon lange tote, aber unvergessene Genosse Ferdinand Hanusch , ließ sich durch das Gesetz vom 26. Februar 1920 bzw. 1. Oftober 1920 damit beauftragen, für jedes Bundesland eine Rammer für Arbeiter und Angestellte"( Arbeiterkammer ) zu errichten. Diese bilden nun ein Gegengewicht gegen die Handelskammern der Unternehmer und ihre gesetzlichen Aufgaben sind: den Behörden und gefeßgebenden Körperschaften Berichte, Gut achten und Vorschläge über sozialpolitische Angelegen heiten im weitesten Sinne, über sozialpolitische Gesezentwürfe, behördliche Vorschriften und über die Einrichtungen und Anstalten zur Förderung des Gewerbes, der Industrie, des Handels und des Verkehrs usw. zu erstatten, an der Gemerbe- und Wirtschaftsverwaltung, an Statistiken und Erhebungen über die Lage der Arbeiter mitzuwirken, Ein= richtungen und Anstalten auf den verschiedensten Gebieten zur hebung der Lage der Arbeiter und Angestellten ins Leben zu rufen, zu verwalten oder daran mitzuwirken. Die Ministerien und Landesregierungen find verpflichtet, einschlägige GesetzGesetz entwürfe und besonders wichtige Verordnungen im Borberatungsstadium den Arbeiterkammern zur Begutachtung zu übermitteln. Die Behörden, Handelskammern, die öffentlichrechtlichen Gewerbeorganisationen, Sozialversicherungsan ftalten, Gewerkschaftsorganisationen und die Betriebsräte find zur Auskunftserteilung und und unter stüzung verpflichtet. Zur Bestreitung ihres Aufwandes wurde den Kammern das Recht gegeben, um lagen vom Lohn zu erheben.
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Diese Mitwirkung der Arbeiterkammern an Gesetzgebung und Verwaltung gibt ihnen Einfluß auf die Gesamtwirtschaft. Betriebsräte, Gewerkschaften und Arbeiterfammern ergänzen sich gegenseitig in der harmonischsten Weise, arbeiten nicht gegen- oder nebeneinander, sondern im besten Einvernehmen zusammen.
Naturgemäß hat sich auch unter den Kammern wieder eine Art Arbeitsteilung herausgebildet. Die großen gemein famen Fragen werden von den Arbeiterlammer tagen, der Vereinigung der Borstände aller Kammern behandelt, mit deren Geschäftsführung die Wiener Rammer betraut ist. Die größte Bedeutung kommt neben der Wiener wohl der Grazer Kammer zu, die die zweitgrößte im Staat ist. Mit alleiniger Ausnahme der Vorarlberger Rammer werden alle Kammern von einer freigemertschaft lichen Mehrheit verwaltet. Die Konstituierung der Kammern fiel in die Zeit der Inflation. Die fämpfenden Gewert schaften konnten die Statistik nicht so pflegen, daß sie den internehmerverbänden gegenüber stets mit dem nötigen Ziffernmaterial gerüstet sind. Es war daher eine geradezu zwingende Notwendigkeit, daß die Arbeiterkammern vor allem Abteilungen für Statistik einrichteten, bte die besonders die Lohnstatistik zu pflegen haben. erfaßt nunmehr periodisch die Gesamtindustrie einschließlich des Bergbaues. Die Arbeit wurde allmählich auf die Beobachtung der Wirtschaft überhaupt ausgedehnt. Die Wirtschaftsberichte der Kammern, die annähernd vierteljährlich erscheinen, geben auch Konjunktur betrachtungen, halten Inderberechnungen und veränderungen der einzelnen Gewerkschaften fest, um so die Preisentwicklung und das Verhältnis der Löhne hierzu aufzuzeigen. Um die Ergebnisse zu veranschaulichen, wurde die Form graphi scher Darstellung gewählt. Auch für Ausstellungen werden solche Arbeiten angefertigt. Alljährlich erscheint das Wirtschaftsstatistische Jahrbuch" der Wiener Kammer, das auch Material der anderen Kammern enthält.
Die Lehrlingsschußstellen der Arbeiterfam mern ergänzen wirksam den Lehrlingsschutz der Gewerk
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Leipziger Straße 97 an der Charlottenstraße und Königstraße 30 an d. Neuen Friedrichstr.
Vermittlungsfälle fonnte ein Erfolg erzielt werden.
der Partei. Gerade deshalb ist ihre Arbeit eine für das Großen Umfang hat die Bildungsarbeit der Proletariat fruchtbare. Wenn es auch in vielen Fällen beKammern angenommen. Durch Schulung der Vertrauens scheidene, den großen Massen unsichtbare Kleinarbeit ist, so ist männer und Betriebsräte die sozialpolitische Schutzgesetz- sie darum nicht minder unentbehrlich geworden, wie die Argebung wirksam zu machen, das Bildungsniveau der Arbeit der Gewerkschaften oder der Partei. Immer mehr wird beiterschaft allgemein zu heben, das Verständnis für die der Wert der von der Kammer geleisteten Arbeit auch den Fragen der Zeit zu vertiefen, das sind die Leitgedanken, Massen bewußt. die durch Abhaltung von Kursen verfolgt werden. Auch Kurse für fremde Sprachen und medizinisch- hygienische wie naturwissenschaftliche Kurse werden veranstaltet. Die fünft lerisch- kulturelle Bildungsarbeit der Arbeiterfammern wird nicht vernachlässigt. Mit besonderer Sorgfalt werden die Feste der Arbeiterschaft, 1. Mai und 12. No vember( Republikfeiertag) künstlerisch gestaltet. Die Arbeiterfammern unterstügen daneben noch die Bildungsarbeit
Bezirksausschuß für Arbeiterwohlfahrt
Montag, den 3. Oktober, 20 Uhr, im Berliner Rathaus, Zimmer 109, Königstraße
Wohlfahrtskonferenz
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Thema: Die Mitarbeit der Jugend in der Wohlfahrtspflege und Jugendfürsorge Referent: Genoffe Prof. Dr. Honigsheim- Köln. ane beruflich oder ehrenamtlich in der Fürsorge tätigen sowie alle intereffierten Genossen und Genossinnen sind herzlich eingeladen. Um zahl reiches Erscheinen wird gebeten.
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anderer Arbeiterorganisationen, zum Teil durch Zuwendung von Geld und durch Arbeitsgemeinschaften mit ihnen. Die eigene Bildungsarbeit der Kammern wird im engsten Einvernehmen vor allem mit den Gewerkschaften, aber Einvernehmen vor allem mit den Gewerkschaften, aber auch mit den übrigen Organisationen der Arbeiterschaft durchgeführt.
Eigene Arbeiterrechtsstellen der Kammern erfüllen etwa die Aufgaben der Arbeiterfefretariate in Deutsch land. Bezirks-( Amts-) und Gewerbegerichte verlangen in strittigen arbeitsrechtlichen Fragen Gutachten von der Arbeiterrechtsstelle, denen entscheidende Bedeutung zuerfannt wird. Wichtig und umfangreich ist auch die Tätigkeit der Mietauskunftsstellen.
Die Kammern haben vom Anbeginn alle Bestre bungen der Arbeitertlasse moralisch und finanziell unterstüßt, die eine Hebung ihrer Lage zum Ziele hatten. Bedeutendes ist für die Kinder freunde"- Bewegung geleistet worden; manches Kinderheim fonnte nur dadurch entstehen, daß die Kammer hilfreich beistand. Als eine Selbstverständlichkeit wurde es immer wieder betrachtet, alle jene Attionen zu unterstützen, die den Massen der Arbeitslosen das Leben erleichtern sollen, und auch bedeutende finanzielle Aufwendungen für eigene Rotstandshilfen werden nicht gescheut. Der Ar= beitersport, zum Massensport geworden, wird von den Rammern unter Aufwendung beträchtlicher Mittel tatkräftig unterſtüßt. So hat die Kammer in Graz einen Sportplay errichtet, der zu den schönsten im Staate zählt. Dieje Rammer hat übrigens im Eisenerzrevier Leoben- Donawiz eine Zweigstelle errichtet, die sehr stark benutzt wird.
So umfassen die Aufgaben und die Hilfe der Arbeiterfammern die Arbeiter- und Angestelltenschaft auf dem ganzen
Funkwinkel.
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Dr. Helmuth Falkenfeld schloß seinen Zyklus Was bedeutet uns Wilhelm Raabe ?" mit dem Thema„ Raabe, der Weise." Dieser weitaus lebendigste Abschnitt der Vortragsreihe war in Inhalt und Darstellungsweise wirklich dem Verständnis der Zuhörer angepaßt. Der Vortragende charakterisierte den Philosophen Raabe an Hand seiner Werke und faßte das Ergebnis seiner Betrachtungen in den treffenden Satz zusammen: Der Dichter besitzt eine Weltanschauung, aber er mißbraucht sie nicht. Dieser Raabe, Künstler wahrhafter Weltanschauung im kleinen, stiller, lächelnder und wissender Bhilosoph, könnte wirklich manchem Gehegten in unserer Zeit wieder Freund werden. Ueber das Schneidergewerbe sprach im Rahmen der Vortragsreihe„ Das deutsche Handwerk" sehr eingehend, mit technischen und fulturpolitischen Erläuterungen, Theodor Res ling. Der Abend brachte ein Blasorchesterkonzert des Symphonischen Blasorchesters Groß- Berlin unter Kapellmeister Artur Jander. Besonders erfreulich dürfte vielen Funfhörern die Mitwirtung Refi Langers an diesem Abend gewesen sein. Ganz richtig fann man diese Berliner Vortragskünstlerin zwar erst würdigen, wenn man sie auch vor sich sieht. Doch auch so war es genußreich, den schauderösen Balladen von Friedrich Wilhelm Schulze, von Estimo und Estimaid und den anderen schönen Dinçen wieder einmal zuzuhören, die sie mit so viel Schmiß vorzutragen weiß. Ihr getreuer Komponist und Begleiter Stephan Meisel saß auch diesmal am Flügel.
tes.
Nachtflugverkehr Berlin - Hannover .
Ausbau der Bodenorganisation.
Als erste Teilstrede des innerdeutschen Luftverkehrsneßes soll die Linie Berlin - Hannover mit Leuchtfeuern gefennzeichnet werden. Zu diesem Zweck sollen leuchtende Wegweiser, die von vorhandenen Starkstromleitungen gespeist werden oder mit flüffigem Gas gefüllt sind, dergestalt auf der ganzen Strede angeordnet werden, daß der Flieger, sobald er das hinter ihm liegende Licht aus den Augen verliert, das nächste Leuchtfeuer schon wahrnehmen kann. Durch Aufstellung dieser Wegweiser wäre auch eine einwandfreie Führung des Flugzeuges während des Nachtflugverkehrs gewährleistet. Für eine etwa notwendig werdende Notlandung follen einige Pläge mit freisendem Licht eingerichtet werden. Mit Beginn des Winterflugverkehrs am 15. Oktober soll bereits eine Strecke des Luftweges Berlin - Hannover mit solchen Leuchtsignalen ausgerüstet werden, während der restliche Teil im Laufe des Winters fertiggestellt werden soll. Die Vorteile, die sich für den Flugverkehr aus dieser Einrichtung ergeben werden, dürften die kostspieligen Anlagen der Beleuchtung auf einer so ausgedehnten Flugstrecke bald aufwiegen. Sollte sich der Nachtflugverfehr durch Errichtung solcher leuchtenden Wegweiser bewähren, so sollen auch die anderen Hauptlinien des deutschen Luftverkehrs mit Leuchtfignalen ausgerüstet werden.
Die Straßenbahnbetriebsgesellschaft teilt mit: Zur Erleichterung des Verkehrs am Monatswechsel find fünftig Bertmarfen für Straßenbahnmonatsfarten und Uebergangsmonatsfarten von der Straßenbahn zur Hochbahn am ersten und legten Werktage jedes Monats auf allen Straßenbahnhöfen bis 20 Uhr erhältlich, sonst werktäglich von 8 bis 16 Uhr und am zweiten und vorletzten Werktage im Monat von 8 bis 18 Uhr. Schüler
monatstarten werden von Monat Oftober d. 3. ab an Schüler und Schülerinnen erteilt, die nachweislich eine öffentliche Schule be= fuchen und das 18. Lebensjahr noch nicht überschritten haben. Nach dem vollendeten 18. Lebensjahre wird die Fahrpreisermäßigung nicht mehr gewährt. Diese Karten berechtigen nicht zu Fahrten zum Besuche von Fach- und Fortbildungsschulen. Berechtigungsich eine zur Fahrpreisermäßigung für Jugendliche werden auf den Betriebsbahnhöfen merktäglich von 9 bis 16 1hr, am ersten, zweiten, vorletzten und letzten Werktage im Monat von 9 bis 18 Uhr neu ausgestellt und erneuert. In der Hauptausgabestelle, Leipziger Plaz 14, merden vom 27. bis zum 4. des folgenden Monats Anträge auf Ausstellung oder Erneuerung von Berechtigungsscheinen nicht angenommen.
Für Tischler, Drechsler, Beizer und Bolierer ist in der Berliner Tischleischule( Städt. höhere Fachschule), Straßmainstraße 6, ein neuer Abendkursus unter Leitung eines Spezialfachmannes im Beizen, Bolieren und Farbenmischen ab 3. Oktober wöchentlich zwei oder vier Stunden eingerichtet worden. Es ist hiermit jedem Tischler ufw. Gelegenheit gegeben, sein fachliches Wissen unter besonderer Berücksichtigung der modernen Farb- und Beiztechnik bedeutend zu
erweitern.
Sport.
Rennen zu Hoppegarten am Sonnabend, dem 1. Oktober 1927
1. Rennen. 1. Mulatte( Böhlfe), 2. Bineta( Vinzenz), 3. Portland ( Grahl), Toto: 19: 10. Blat: 18, 17, 31: 10. Ferner tiefen: Efeu, San
Marco, Ruwenzori , Tarnhelm. Trieberg , Alfter luft.
2. Rennen. 1. Farinelli ( Varga). 2. Teukros( Grabsch), 3. LiederIranz( B. Tarras). Toto: 15: 10. Plat: 13, 24:10. Ferner liefen: Narcig. Jrmin.
3. Rennen. 1. Altenberg ( Grabsch), 2. Palamedes( Ebert), 3. Driginal( Barga ). Toto: 57: 10. Blaz: 22, 23, 23: 10. Ferner liefen: Pom pejus , Hurone, Pharisaer, Amenophis , Pers, Maravedis, Drthos.
4. Rennen. 1. Favorit( Böhlte), 2. Graue Theorie( M. Schmidt), 3. Leiblüraffier( Schönfisch). Toto: 62:10. Blag 18, 14, 29: 10. Ferner liefen: Domfalle, Jilam, Bardar, Heros de Legende, Gherarda delle Notti, Kiferifi II, Madame Pompadour .
5. Rennen. 1. Palü( Bleuler), 2. Aurelius( D. Schmidt), 3. Serapis ( Grabsch). Toto: 434: 10. Blag: 88, 19, 19:10 Ferner liefen: Banderer, Eisentangler, Fodenbach. Hödur, Fürstenbrauch. Olympier.
6. Rennen. 1. Mallorfa( Schmidt), 2. Lotos( Tarras), 3. Lykaste ( Behmisch). Toto: 49:10. Blay 16, 25, 25:10. Ferner liefen: Selecta, Tasna, Ferrara . 7. Rennen. 1. Avec Dieur, 2. Himalaya , 3. La Piave. Toto: 69:10. Blaz 22, 18, 28: 10. Ferner liefen: Borgia, Bonheur, Lindwurm, Rädsicht,
Ban Robert, Gradatim, Dtavi.
Sozialistische Arbeiterjugend Groß- Berlin.
Montag, 3. Oktober:
Werbebezirk Brenzlauer Berg: Fortsetzung der Funktionärkonferenz vom 26. September, 220 Uhr, in der Schule Greifenhagener Str. 58. Tages.. ordnung: Der Reichsausschuß Deutscher Jugendverbände" und die Ausstellung Das junge Deutschland ". Sämtliche Funktionäre müssen erscheinen.
Ly- Feder
KRZ.
ON
4th
PREUSSENGOLD
EDELCIGARETTEN PHANOMEN
Kurhaus
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