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Str. 480 44. Jahrgang

Ausgabe A fr. 244

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292–297.

Dienstag, den 11. Oftober 1927

Streik der Hochbahner.

Beginn heute 5 Uhr morgens.

Bon 5405 Abstimmungsberechtigten beteiligten sich an der Urabstimmung der Hochbahner über den Schieds­fpruch 5015. Davon ftimmten 4428 für Streit, 571 für Annahme des Schiedsspruchs, 16 Stimmen waren ungültig.

Es haben also rund 80 Prozent der Abstimmungsberech figten und rund 88 Prozent der Abstimmenden für Streit gestimmt. Gestern abend trafen noch die Funktionäre der Hochbahner zujammen, um zur Durchführung dieses Be­fchluffes Stellung zu nehmen.

Die

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., Berlin SW. 68, Lindenstr.3 Boftichedtonto: Berlin 37 536 Bankfongs: Bant der Arbeiter, Angeftelten nab Beamien. Wallftr. 65: Distonto- Gesellschaft. Depektentaffe Lindenstr. 3.

Labours Parteitag.

Die Festigung der englischen Arbeiterbewegung. E. W. London , den 9. Oktober. Der Kongreß der Arbeiterpartei in Blackpool hat meniger dramatische Auseinandersetzungen, erregte Szenen und unerwartete Abstimmungsergebnisse erlebt als irgendeiner seiner Borgänger feit 1918. Die britische Arbeiterbewegung steht im Zeichen der Konsolidierung und der Borbereitung. Der Konsolidierung nach dem Generalstreif und den unendlich tiefen Wunden, die er der auf die nächsten Neuwahlen die normalerweise für britischen Arbeiterbewegung geschlagen hat; der Vorbereitung Herbst 1928 zu erwarten find.

glieder durchgeführt worden. Es haben fich mehr als 96 Pro3. aller abgegebenen Stimmen für den Streit ausgesprochen. Damit ist der. Kampf für den Abschluß eines Lohnabkommens auf der Grundlage der aufgestellten Forderungen beschlossen. In einigen Betrieben mit etwa 1300 Beschäftigten ist es bereits zu Arbeitsniederlegungen gelommen. übrigen Betriebe werden die Beschlüffe der am Donnerstag in den Andreas- Festfälen fagenden Funktionärversammlung abwarten. Die Unternehmerverbände beider Richtungen haben ihre Mit­glieder angewiesen, die von ihnen gemachten Lohnangebote auszu­zahlen, um damit die Unzufriedenheit abzudämmen. Daß fie mit dieser Tattif die Arbeiterschaft nicht beruhigt haben, ist ihnen durch die Einmütigkeit des Streitbeschlusses bewiesen. Im Laufe des gestrigen Nachmittags erhielt die Berliner Ber­4 Stimmen beschlossen, sofort in den Streit 3u/ waltung des Deutschen Holzarbeiterverbandes die Mitteilung, daß leisteten, hat die Erekutive den forporativen Ausschluß aus um eine Vermittlung des treten. Der Streit beginnt für das gesamte Personal der Schlichtungsausschusses nachgesucht haben. Gewerberat Hochbahn heute früh um 5 Uhr. Die Nofftandsarbeiten körner will versuchen, die Parteien ohne Schlichtungs­werden von dem Personal ausgeführt.

Nach einer ausführlichen Diskussion, in der das Für und wider reiflich erwogen wurde, und in der die Gewerkschafts­vertreter auf die Konsequenzen eines Hochbahnerstreits hin­miesen, wurde in

fammer näherzubringen. Ob es ihm gelingen wird, eine die Arbeiterschaft befriedigende Löfung zu finden, ist sehr zweifelhaft. Die Holzarbeiter find nicht gewillt, von ihren gerechten Forderun gen Abstand zu nehmen und werden den ihnen aufgezwungenen Sampf zu führen wiffen.

Der Lohnkampf in der Holzindustrie. 96 Prozent für Streif. 1300 hereits im Ausstand. Die notwendigen Borbereitungen, die für die Funktionärver­Die von der Berliner Verwaltung des Deutschen Holzarbeiter- fammlung zu treffen sind, werden in einer am heutigen Abend um verbandes vorgenommene Urabstimmung ist unter starter 7 Uhr in Boeters Festsälen, Weberstraße 17, stattfindenden Ber­Beteiligung der für diese Bewegung in Frage kommenden Mit- waltungsfißung festgelegt werden.

Marx hat das Wort!

Wird er Herrn v. Tresckow die Ehrenerklärung abgeben, die er ihm schuldig ist?

-

Um den Reichsinnenminister v. Keudell zu decken, der den Boykott gegen den Gutsbesizer Haffo v. Tres dow mitgemacht hatte, hat der Reichskanzler Marg im Reichs­tag behauptet, Herr v. Trescow habe sich eines groben Bertrauensbruches" schuldig gemacht. Die Bemeisaufnahme in der gerichtlichen Verhandlung am Sonnabend hat er­geben, worin dieser grobe Bertrauensbruch" bestand. Tresdom war im vorigen Jahre aufgefordert worden, Mann schaften des Jungdeutschen Ordens zur Bildung von Putsch formationen zur Verfügung zu stellen. Es war ihm gesagt worden, daß die Bildung dieser illegalen Truppen auf Wunsch der Reichswehr erfolge. Da Treschow an der Richtigkeit dieser Behauptung wie sich nachträglich her­ausstellte, mit Recht zweifelte, zog er durch seinen militärischen Verbindungsmann General Salzenberg Erkundigungen bei der Reichswehr ein. Durch die Weiter: gabe der vertraulichen Nachricht an den General und an die Reichswehr , sollte v. Trescow nun den, groben Vertrauens bruch" begangen haben, wegen dessen er von den Guts besizern unter Mithilfe v. Keudells!- boykottiert wurde. Auf Grund dieses Ergebnisses mußte natürlich das Gericht die beiden erreichbaren Angeklagten, v. Soden­stern und Badide, wegen Beleidigung v. Trescows ver­urteilen. Die megen ihrer Immunität unerreichbar gebliebe­nen wirklichen Angeklagten waren jedoch die Minister Marr und v. Keudell.

Nun teilt der Jungdeutsche Orden durch seine Tages­zeitung mit, daß er den Reichskanzler, noch bevor er seine Erklärung im Reichstag abgegeben hatte, von dem wirklichen Sachverhalt unterrichtet habe. Er gibt den Brief wieder, den er damals an ihn schrieb, und man ersieht daraus, daß dort schon alles das flar und wahrheitsgetreu dargelegt murde, was jezt vom Gericht festgestellt worden ist.

Nachdem Marr trotzdem seine Erklärung abgegeben hatte, richtete der Orden einen zweiten Brief an ihn. Inhalt: Da der Kanzler trotz vorhergehender Aufklärung öffentlich den Vorwurf des groben Vertrauensbruchs" gegen v. Tresdom erhoben habe, müsse er dies auf Grund einer anderen Darstellung des Sachverhalts getan haben. Man bitte also um gefällige Mitteilung, welcher Tat bestand der Behauptung. Herr v. Tresckow habe sich eines groben Bertrauensbruchs schuldig gemacht, zugrunde liegt". Beide Briefe ließ der Reichstargler un beantwortet! Nachdem nun durch das Gericht der wirkliche Tatbestand festgestellt ist, mirb Herr Marg aus jungbeutschen Streifen

telegraphisch bestürmt, er möge seinen Vorwurf gegen v. Trescom öffentlich zurückziehen. In einem dieser Telegramme heißt es:

Herr Reichskanzler! Das höchste Gut eines jeden Deut schen ist die Ehre. Sie haben gegen unseren Bruder, v. Trestom im Reichstag den Vorwurf groben Bertrauensbruches erhoben und damit feine Ehre aufs schärfste angegriffen. Wir erwarten von Ihnen, daß Sie nunmehr diesen Vorwurf öffentlich zurücknehmen und den Beamten, der Sie falsch unter richtet hat, 3ur Rechenschaft ziehen."

"

Der Reichsdienst der deutschen Presse" will wissen, daß der Reichskanzler beabsichtige ,,, bei der nächsten Gelegen­heit" eine Erklärung zum Fall Trescow abzugeben. Aller­dings sei es natürlich nicht ausgeschlossen, daß man zu nächst abwarten wird, ob gegen das Gerichtsurteil Revision eingelegt wird oder nicht".

Ein solches Abmarten wäre nichts anderes als eine un­männliche Flucht hinter juristische Formalitäten.

Wenn Herr Marr auch jetzt noch nicht weiß, was er zu tun hat, so wird es wohl notwendig werden, ihm i'm Reichs­ tag das zu sagen.

Reichstagsbeginn: 18. Oktober.

anderer Beratungsgegenstände.

Auf das vergangene Jahr zurückblickend kann die Labour Party , was die innere Konsolidierung und organisatorische Entwicklung anbelangt, durchweg zufrieden sein. Die Organisationen in Stadt und Land haben den Liverpooler Beschlüssen über den Ausschluß der Kommunisten feinerlei ernsten Widerstand entgegengesetzt; gegenüber den wenigen Ortsgruppen, die dem Parteitagsbeschlusse nicht Folge dort, wo eine Ortsgruppe losgetrennt werden mußte, eine der Partei angeordnet. Gleichzeitig hat die Partei überall neue Organisation ins Leben gerufen und io den loyalen Mitgliedern der ausgeschlossenen Gruppen Gelegenheit ge­geben, sich von der Gemeinschaft mit den Kommunisten los zusagen. Alles in allem genommen fann man sagen, daß das innere Ringen mit den Kommunisten im Schoße der Arbeiterpartei für den Augenblick zumindest als ab= gefchloffen gelten fann. 3war ist es einzeinen Kommu nisten noch immer möglich, als Delegierte ihrer Gewerf fchaften auf den Kongreffen der Arbeiterpartei zu erscheinen, aber sie bilden feinerlei Gefahr mehr. Der Elan der fommu­nistischen Bewegung Großbritanniens ist seit dem Zusam menbruch des Generalstreits gebrochen. Hand in Hand mit dieser Ueberwindung des kommunistischen Einflusses don innen heraus geht eine gewisse geistige Annäherung zwischen den verschiedenen Richtungen sozialistischen Denkens und fozialistischer Tattif im Schoße der Bewegung selbst.

Die Auffassungen der Gemertschaftsvorstände und der Erefutive der Arbeiterpartei haben sich einander stärker angenähert als das noch vor drei, vor zwei Jahren möglich scheinen konnte. Man braucht nur die

beiben programmatischen Reden, mit denen die Kongreffe der Gewerkschaften und der Arbeiterpartei eingeleitet wurden, miteinander zu vergleichen, um diese Behauptung bestätigt zu finden. Fügt man hinzu, daß das vergangene Geschäfts­jahr eine, früher völlig undenkbare Annäherung und Ver­bindung zwischen der politischen Arbeiterbewegung und der Genossenschaftsbewegung gebracht hat, so wird mit der Behauptung nicht zu weit gehen, daß die britische Arbeiterbewegung zu Ende 1927 geschlossener und gefestigter dasteht als dies jemals der Fall gewesen ist und sein konnte. Auch organisatorisch kann die Bartei mit dem abgelaufenen Geschäftsjahr zufrieden sein. Der Bericht der Erefutive an den Kongreß weist eine Vermehrung der Ortsgruppen und angeschloffenen Organisationen um einhundert und eine Ber­mehrung der Mitgliedschaft um vierzehnhundert neue Mit­glieder auf. Daß dieser Zuwachs im wesentlichen einem Fortschritt in den ländlichen Distrikten zuzuschreiben ist, fann als besonders hoffnungsvolles Zeichen gelten hängt doch das gesamte politisch- parlamentarische Schicksal der Arbeiterpartei von der Eroberung des ländlichen England ab.

Ungebrochen durch die verheerenden Folgen des General­streits, entschlossen, den niedrigen Angriff, den Baldwin in seinem Gewerkschaftsgeseh gegen die Parteikasse der Arbeiter­partei führt, zu begegnen, hat die Partei nunmehr in Block­pool die geistige Vorbereitung des Wahlkampfes in Angriff genommen. Der Parteitag hat selbst teilweise schon das Der Reichstagspräsident wird den Reichstag zum Dienstag, Attionsprogramm einer zukünftigen Arbeiterregierung fest­dem 18. Oktober, nachmittags 3 Uhr, einberufen. Auf der gelegt. In den einzelnen Resolutionen zur Lage im Bergbau, Tagesordnung steht als erster Beratungsgegenstand die Schulzur Arbeitslosenversicherung, zur Erziehungspolitik, zum Gewerkschaftsgeseß, zur Finanzpolitik wird man bereits orlage. Außerdem enthält die Tagesordnung noch eine Reihe einzelne fefte Brogrammpunkte finden können. Im übrigen aber hat die Exekutive die Partei beauftragt, in Gemeinschaft mit der Fraktion der Arbeiterpartei im Unterhause ein geschlos= fenes Programm auszuarbeiten. Dieser Auftrag hat eine zmiefache Bedeutung und bezweckt die Schaffung eines und Wahlprogramms Attionspro gramms für eine zu fünftige Arbeiterregie­rung. Wie notwendig eine solche programmatische Fest­legung der Forderungen der Arbeiterpartei geworden ist, haben mährend der legten Neuwahlen und seither anläßlich von Nachwahlen zahllose Einzelfälle bewiesen. Die große Meinungsfreiheit, die die britische Arbeiterbewegung tradi­tionell ihren Funktionären einräumt, hat zu einer weit­gehenden Berroirrung der Begriffe geführt. Private Mei­nungen wurden, innerhalb und außerhalb des Barlaments, von Kandidaten und Abgeordneten als Forderungen der Bartei proflamiert und einzelne Gruppen und Konventife! haben mit privaten Attions- und Wahlprogrammen die

Der Reichsrat tagt. Besoldungsvorlage und Reichsschulgeset.

Die vereinigten Ausschüsse des Reichsrats haben am Gannabend die erfte Lesung der Beamten befoldungsvorlage abge schloffen. Die zweite Lesung soll am Mittwoch vorgenommen werden, so daß schon in der Bollygung des Reichsrats am Donnerstag die Vorlage som Reichsrat verabschiedet werden kann. Diese Reichsratsvolfizung ist für Donnerstag 18 Uhr anberaumt worden. Die zweite Lejung des Reich sichuigelegentwurfs in den Reichsratsausschüssen foll gleichfalls am Mittwoch beginnen und dann am Donnerstag fortgelegt werden. Für die endgültige Verabschiedung dieses Gesetzes durch den Reichsrat ift eine Reichsratsvollzung auf Freitag 11 hr vormittags einberufen morben.

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