Aufmerksamkeit der Deffentlichkeit gesucht. Als Folge hat| des in dem Bertrag vorgesehenen Schiedsgerichts nicht unwahrschein| rung mit diesem förmlichen Rüdzuge Rafomffis begnügen wollte,
Bayerns Defizitwirtschaft. Neue Forderungen an das Reich.
sich, nicht nur in den Reihen der Anhänger der Arbeiter- lich ist. Insbesondere die Anrechnung der seit 1919 den bewegung selbst, eine gewisse Unsicherheit über Ziele und Hohenzollern gezahlten Vorschüsse stößt bei dem ehe Aufgaben der Partei eingestellt, sondern dieser 3ustand hat maligen Königshause auf Widerstand, ebenso beansprucht es noch insbesondere dazu geführt, daß die bürgerliche Presse in Vermögenswerte, die im Vertrage nicht ausdrücklich geregelt find, politisch gespannten Augenblicken und während der Wahl- wie das Gebäude des Hausarchivs in Charlottenburg , den Bauhof fämpfe die Deffentlichkeit über die wahren Ziele der Arbeiter in Potsdam und anderes mehr. Man versucht jetzt also, auf den partei, unter Hinweis auf unautorisierte Aeußerungen pro- verschiedensten Umwegen das Bolt noch mehr zu betrügen, als grammatischen Charakters, nur allzu leicht irreführen tonnte. I es schon betrogen wurde... Im 3eichen des Bürger. Im engeren Sinne wird dies Wahlprogramm natur blods! gemäß nur dann zum Aktionsprogramm, wenn es der Arbeiterpartei nach geschlagener Schlacht möglich sein sollte, eine Mehrheit im Unterhaus zu mustern. Es soll dann die Regierung der Arbeiterschaft beileibe nicht in eine Zwangsjacke schnüren, die sie jeder Bewegungsfreiheit beraubt. Aber es soll den Vertretern der Arbeiterschaft in der Regierung einen Plan geben, den sie schrittweise, aus eigener Berantwortlichkeit heraus zu verwirklichen haben. Jebesmal," so stellte Macdonald bei der Erörterung des Charakters diefes Programmes feft ,,, fobald wir eine gewiffe Etappe verwirklicht haben, werden wir auf den Plan hinweisen und feststellen können, was wir bereits geleistet haben und mas nunmehr in Angriff genommen werden muß; zuletzt wird die Arbeiterpartei an der Regierung ihre Versprechen eingelöst haben und die Nationen, nicht nur unsere eigene, sondern auch andere Nationen werden uns dafür segnen, daß wir unsere Idee der Gerechtigkeit in Gesez und sozialen Umbau verwandelt haben."
Es ist unverkennbar, daß die Regierung Baldwin eine Art von„ lleberfalls wahlen" auszuschreiben gedenkt, falls und sobald sie einen taktisch günstigen Augenblick zu entdecken vermag. Die Arbeiterpartei wird das nicht schrecken; sie ist weder organisatorisch noch geistig unvorbereitet. Unter welcher Augenblickstonstellation die Regierung immer zu kämpfen gedenkt, Labour Party wird mit dem ganzen Gemichte eines ernsten Arbeitsprogramms vor die Wähler treten. Das mag taktische Nachteile haben, den Sieg der Arbeiter erschweren. Aber die Führer der Partei sind sich bewußt, daß ein Zufallssieg, aus der Laune des Augenblicks
und eines überaus fragwürdigen Wahlsystems geboren, fchlimmer wäre als eine Niederlage. Die Spuren schrecken. Bom Augenblicke ihrer Geburt an hatte die gegenwärtige Regierung Baldwin darunter zu leiden, daß sie ihre Mehr heit einem Wahlmanöver verdankt. Die Arbeiterpartei aber braucht eine Mehrheit, die aus dem Bekenntnis der Nation zum Sozialismus geboren ist. Das ist der tiefere Sinn und Zweck des Programmbeschlusses von Blackpool ,
Die Abfindung der Standesherren.
Das Reich sabotiert Preußen.
Es verstärkt sich immer mehr der Eindruck, daß die Frage der Abfindung der Standesherren vom Reich auch weiter hin auf die lange Bank geschoben werden soll. Schon in der legten Juliwo che sind die preußischen Bedenken zu der vorgeschlagenen reichsgefeßlichen Regelung dem Reichstanzler von dem preußischen Ministerpräsidenten übermittelt worden. Nad dem Breußen feit zwei Monaten ohne Antwort blieb, erfolgte am 21. September eine dringliche Mahnung, die gefeß liche Regelung schleunigft. in Angriff zu nehmen. Darüber sind auch schon wieder fast 3 Wochen perflossen, ohne daß vom Reich ernstliche Anstalten zur Verwirklichung der preußischen Forde rungen getroffen werden. Wird die reichsgefeßliche Regelung noch meiter hinausgeschoben, so muß Preußen am 1. Januar 1928 wiederum für nichts und wieder nichts die Summe von mehr als 160 000 m. an die Standesherren zahlen. Aber das scheint die Herren vom Bürgerblod menig zu fümmern.
Auch die Hohenzollern wittern Morgenluft. Sie machen hinsichtlich der Auslegung des Vertrages zwischen Preußen und der Bermögensverwaltung allerlei Schwierigkeiten, so daß die Anrufung
Schutz vor den Kulturschützern!
Bon Hans Bauer.
Eine Reihe Nürnberger Organisationen, die nun entweder un gezügelt einer schwarzweißroten Weltanschauung frönen, wie der Ortsverband Nürnberg der Vereinigten Vaterländischen Verbände Bayerns und der Ring Schwarzweißrot, oder Kunstspießertum treiben, wie der Albrecht Dürer- Berein, oder so undurchfichtigen Zielen nachstreben, wie der Begnesische Blumenorden" und der ,, Industrie- und Kulturverein", Nürnberg ( wieso Kultur? wird man hier fragen dürfen), hat einen geharnischten Protest gegen den Film ,, Der Meister von Nürnberg" losgelaffen, der das deutscheste Wert Wagners mißbrauche" und folgendes Gesetz vorgeschlagen: Werke, die eine allgemeine Bedeutung für die Kunst, die Bildung oder die Erbauung der Bevölkerung haben, dürfen nach dem Tode des Ur hebers nicht derart geändert oder bearbeitet werden, daß dies offenbar ihr Ansehen oder ihren Wert beeinträchtigen würde." Hieran fällt zunächst einmal, wie häufig bei Formulierungen solcher Deutschmänner, das mangelhafte Deutsch des letzten Sagdrittels auf. Dann aber ist zu sagen: die deutsche Kultur möge in Gnaden davor bewahrt bleiben, daß diese Sorte Kulturträger hierzulande einmal zu diftieren haben. Es sei dahingestellt, denn es ist dies im Rahmen dieser Betrachtung völlig unerheblich, ob der angegriffene Film gut oder schlecht, ein Meisterstück oder ein Schmarren ist. Darüber mögen fich die Filmkritik und der Zuschauer ein Urteil bilden und je nach ihrer Ueberzeugung das Werk über den grünen Klee loben oder nach Herzensluft verreißen: heilig aber, wie das Recht auf Leben, muß unter allen Umständen das Recht auf die Leistung, auch auf die dümmfte und unfähigste bleiben. Man mag die dumme und unfähige Leistung verlachen und verhöhnen, ablehnen und boykot. unfähige Leistung verlachen und verhöhmen, ablehnen und boykot. tieren. Das alles ist eine Sache für sich. Aber sofern sie nicht in
ein Rechtsgut Dritter eingreift, barf man ihr nicht das Recht auf den Versuch bestreiten, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen.
Es ist unzweifelhaft schon bitter an deutschen Geiftesheroen gefündigt worden. Viele Dialektparodien auf Gedichte von Goethe und Schiller sind schandbar blöd. Während des Krieges wimmelten die nationalen Blätter von stupidesten Berballhornungen Pfaffischer Zitate, die den Zwed erfüllen sollten, dichterische Vergangenheit in den Dienst kriegswütiger Gegenwart zu stellen. Eines unfäglichen Attentates auf Goethe erinnere ich mich zum Beispiel noch heute: Unter allen Wassern ist U./ Bon Englands Flotte spürest Du/ Kaum einen Hauch/ Das Schiff zersprang, daß es knallte/ Warte nur balde Zerknallst Du auch.
Die läppische Verfilmung einer Oper fann nicht weniger, als die Publizierung solcher Geschmadlosigkeiten es ist, ein Gradmesser geiftiger Hohlheit sein. Gewiß. Aber es darf niemandem genommen werden, fich als ein Narr zu dokumentieren. Noch viel weniger
München , 10. Ottober.( Eigenbericht.) Der bayerische Finanzminister hielt im bayerischen Land: tag, der am Montag zu seiner legten Seffion zusammentrat, eine längere Rede, wobei ihm die Berhandlungen während der legten Wochen mit dem Reichsfinanzminister als Grundlage dienten. Nach den Darlegungen des Ministers hat Bayern zurzeit eine Staatsschuld von 335 Millionen Mark, für die es ab 1929 pro Jahr 34 Millionen Mart 3injen zu zahlen hat. Dazu tommt jekt noch durch die Besoldungserhöhungen ein jähr. licher Mehrbedarf im Etat von 58 Millionen Mark. Darüber hinaus werden die bayerischen Gemeinden mit 36 Millionen Mart belastet. Da die Einnahmen des bayerischen Staates sich nicht mehr erhöhen lassen, sondern im Gegenteil Steuerausfälle zu befürchten sind und über die Mehrzuweisung an der Biersteuer für Bayern infolge des preußischen Einspruchs erst noch der Staatsgerichtshof zu entscheiden hat, bleibt nur eine Drosselung der Ausgaben übrig. Trotzdem bleibt ein Fehlbetrag, dessen Deckung nur auf dem Bege möglich ist, daß das Reich dem Lande neue Einnahmen eröffnet. Die bayerische Regierung hat daher im Reichsrat neuerdings eine Aenderung des Finanzausgleichs beantragt, die dahin geht, den Anteil der Länder an der Einkommen- und Körper schaftssteuer von 75 auf 80 Prozent zu erhöhen und gleichzeitig den sogenannten Entbehrungsfaktor(§ 35 des Finanzausgleichsgesetzes) von 20 auf 10 Prozent herabzusetzen.
Der Fall Rakowski.
Echte Entrüftung, Wahlmache oder Petroleumintereffen? Am Freitag abend hat der französische Botschafter in Mostau Jean Serbette in Mostau die Note überreicht, durch die die fran zösische Regierung nunmehr offiziell zum Ausdrud gebracht hat, daß die Person des russischen Botschafters in Paris , Ratowski, ihr nicht mehr genehm sei. Mit anderen Worten: Frankreich verlangt Ratomitis 2b berufung und Ersetzung.
Dieser Schritt tommt insofern überraschend, als seine Bor geschichte volle sechs Wochen alt ist und inzwischen es den Anschein hatte, als pürde sie nicht weiter verfolgt werden. Es handelte fich ursprünglich um folgenden Zwischenfall: Ratomiti hatte zusammen mit anderen sowjetrussischen Politikern seine Unterschrift unter ein Manifest gefeßt, in dem es unter anderem
hieß, die Soldaten der Armee tapitalistischer Staaten hätten die Pflicht, im Falle eines Konflittes ihres Landes mit Sowjetrußland Partei für Rußland zu ergreifen. Es ist ganz unbestreitbar, daß es im höchsten Grade ungehörig ist, daß ein aftiver Botschafter ein Dokument mit unterschreibt, das eine glatte Aufforderung zur Meuteret und Deferiton an die Heeresangehörigen fremder Länder bar ftellt. Sicher ist, daß sich Sowjetrußland so etwas von einem in Mostau aftreditierten Diplomaten auf feinen Fall gefallen laffen würde. Einige Pariser Blätter, vor allem der Matin" und der Figaro" griffen den Borfall auf und verlangten die Abberufung Ratowitis. Sofort ließ Ratomiti ausbrüdlich erklären, daß er mit seiner Unterschrift selbstverständlich niemals daran gedacht hätte, die Soldaten der französischen Armee zur Meuterei aufzufordern; jene Kundgebung habe einen ganz allgemeinen Charakter gehabt, und beziehe sich nur auf solche Länder, die in einen Krieg mit Sowjetrußland vermidelt werden könnten, was natürlich bei Frankreich nicht der Fall sei.
Es hatte zunächst den Anschein, als ob sich die französische Regie
geht es an, daß ein paar überflüssige Vereinsmeier mit dem Begriff des Kunstdenfmals" und dem des Mißbrauches historischer Ber gangenheit ein einfältiges Spiel treiben. Das fehlt uns nach dem Schmutz- und Schundgesetz und einer häufig engstirnigen Filmzensur gerade noch, daß irgendwelche an sich vielleicht sehr wichtige und gerade noch, daß irgendwelche an sich vielleicht sehr wichtige und weihepolle Geisteswerte von Unberufenen nun einfach willkürlich zu Nationalheiligtümern erklärt werden und unantastbar sein sollen. Als vor dem Kriege eine ganz luftige Operette Die lustigen Nibelungen" auf dem Theatermarkt erschien, setzte Bayreuth Himmel und Hölle in Bewegung, daß die Aufführung untersagt werde. Erfreulicherweise waren die Anstrengungen vergebens. Es ist der fanatisch- humorlofe, fulturreaktionäre Lokalpatriotenstandpunkt des Hauses Bayreuth , der aus dem Berlangen nach Abschnürung der Parodier- und Bariierfreude spricht. Wie immer man zu Wagner oder denen stehe, die die unerbetenen Kulturteutonen mit ihren bayerischen Bierbäuchen vermutlich schüßen möchten: dazu find diefe Dichter und Denker denn nun wohl doch zu groß, als daß zu befürchten stände, ihr Wert könnte durch Verfilmungen, und feien es die minderwertigsten, beschädigt werden. Sogar die Diskreditierung durch ihre Beschützer werden sie überdauern.
Ortsverwaltung Berlin hatte für das erste Konzert dieser Saison Beba- Palast- Konzert des Deutschen Musikerverbandes. Die tas tüchtige Rundfunkorchester unter Bruno Seidler Wintler, als Solisten Konzertmeister v. Spanowski, Karl Jöken und Cornelius Bronsgeeft verpflichtet. Auch auf der offenen Bühne des ein flein wenig unterafuftischen Beba Balast- Saales bewährte fich das Rundfunkorchester in allen seinen Darbietungen als erit tlaffige Störperschaft, die von Seidler- Winkler fo trefflich diszipliniert ist, daß er mit den denkbar einfachsten Bewegungen alle gewollten Wirkungen herausholt. Nur müßten die Streicher in polyphonen Durchführungsteilen etwas mehr zu präziserer Tonentfaltung an gehalten werden. Die Unterordnung der einzelnen Instrumentalgruppen und das Zusammenspiel ist sonst mustergültig. Der Glanz punkt der Matinee war Straußens Meisterwert Till Eulenspiegels punti der Matinee war Straußens Meisterwert„ Till Eulenspiegels luftige Streiche". Boran ging die Oberon"-Ouverture, die in ihrem Einleitungsteil etwas zu steif geriet, aber nachher die ganze wunder fame Webersche Romantik brachte. Eine seltene Ausgrabung war Svendsens Legende 3orahanda", die sich ihrer hübschen, spielerisch Inhalt für die große finfonische Form nicht ausreicht. Doorafs unterhaltsamen Musik halber durchaus verlohnte, wenn auch der raffiger Carneval" bildete den Beschluß der sinfonischen Bortragsfolge. Auch die Begleitungen der Solisten waren vortrefflich. Franz v. Spanowiti war im ersten Sag der Laloschen„ Sinfonie espagnol" noch nicht ganz auf der Höhe, spielte aber dann das Andante fehr feelenvoll und tonschön und das rhythmisch- pitante Rondo mit feinster Delikatesse. Ganz hervorragend brachte er die Soli im ,, Till Eulenspiegel " und der" Legende". Karl Jöten fämpft noch immer gegen Atemhemmnisse und die Schwierigkeiten der Berbindung zwischen Tonansag und Lippendarstellung, so daß bei hohen Stellen manche übermäßigen rhythmischen Dehnungen mit in den Kauf genommen werden müssen. Aber fein großzügiges
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und vor allem Briand war bestrebt, den Zwischenfall als erledigt zu betrachten. Er fuhr von Genf auf einen Tag nach Paris , um auf den Ministerrat in diesem Sinne einzuwirken, und man hatte den Eindrud, als ob er mit seinem maßvollen Standpunkt durchgedrungen wäre. Nach seiner endgültigen Rückkehr aus Genf setzte jedoch der Feldzug eines Teiles der Pariser Presse heftiger denn je ein, und da einige Mitglieder des Rabinetts, insbesondere der Justizminister Barthou und der Innenminister Sarraut , start antibolschemistisch eingestellt sind, mußte Briand schließlich nachgeben. Der Botschafter Herbette, der augenscheinlich versucht hatte, die Angelegenheit bilatorisch zu behandeln, um genügend Zeit bis zu einer Beruhigung der Gemüter zu gewinnen, ist jetzt veranlaßt worden, den Abberufungsschritt offiziell zu vollziehen. Vielleicht ist das nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß Tschitscherin mehrmals oftentatio erklärte, Rußland werde Ratomsti nicht fallen lassen. Hätte der Boltskommissar etwas mehr zurückhaltung gezeigt, dann wäre möglicherweise die Angelegenheit tatsächlich eingeschlafen. Eine nachträgliche Rechtfertigung für ihr Verlangen hat die französische Regierung darin gefunden, daß Ratowski die Vorschläge seiner Regierung zugunsten der französischen Gläubiger der Vorfriegsanleihen veröffentlichte, ohne dazu die Zustimmung der Bariser Regierung zu haben. Dieser Versuch, unmittelbar auf die Interessenten einer sowjet- französischen Verständigung zu wirken, ist ihren Gegnern so peinlich gewesen, daß sie daraus einen neuen Vorwand für die Abberufung Ratowskis gemacht haben.
Aber es gibt noch andere Ursachen, die offenbar zur Bufpigung des Ronflittes beigetragen haben. Einmal die sich in Frankreich häufenden antimilitaristischen Zwischenfälle, die von der kommunistischen Presse maßlos aufgebauscht und verherrlicht werden und die infolgedessen der Reaktion das Spiel erleichtern. Der Nationale Blod braucht eine Wahlparole. Im Jahre 1919 hat die Parole der„ bolschewistischen Gefahr" den durchschlagenden Erfolg der Rechtsparteien ermöglicht. Diese hoffen nun, die jeßigen antimilitaristischen Kundgebungen in Berbindung mit dem Fall Ratowski als neue Wahlparole bis zum Frühjahr benutzen zu können. Ob sie damit Glück haben merden, läßt sich noch nicht sagen, aber es zeigt sich wieder einmal, daß der Kommunismus durch seine Kraftmeiereien der beste 3u
treiber der Reaktion ist
Indessen ist die Angelegenheit damit noch nicht erschöpft. In den linksgerichteten Pariser Blättern( nicht nur in der fommunistischen Sumanité") wird angedeutet, daß der Feldzug des Matin", des Figaro" und der gesamten Rechtspreise vor allem darauf zurückzuführen fei, daß die britisch holländische Petroleumgruppe( Royal Dutch), die durch die sowjetrussischen Enteignungsmaßnahmen am Kaspischen Meer und im Kaukasus große Verluste erlitten hatten, hinter diesem sowjetfeindlichen Feldzug stehe und daß ihr Aufsichtsratsvorsitzender, der holländer Deterbing, besonders nach Paris gefahren wäre, um jene Blätter für diesen Feldzug zu fubventionieren. Nach den französischen Prefseunfitten zu urteilen, wäre diese Lesart gar nicht von der Hand zu weisen, indeffen hat der Matin" die Humanité" bereits auf Schadenersag megen Berleumbung verflagt
Die Lints presse hat sich bis zulegt gegen dieses Treiben ge wehrt. Das geschah vor allem wegen der Persönlichteit Ratomitis, der in französischen demokratischen Kreifen sehr populär ist. Er ist ein halber Franzose, hat in Frankreich studiert und seinen Doftor der Medizin an der Universität Montpellier gemacht. Er verkehrt als Botschafter ständig in Pariser Lite rafenfaffeehäusern, und das gefällt ben demokratischen Franzosen sehr gut. Außerdem foll er sich tatsächlich bemüht haben, bei den ruffisch- französischen Schuldenausgleichsverhandlungen den Intereffen der fleinen Sparer geredyt zu sein. Der franzöfifche Borsigende der Schuldentonumiffion, der frühere Minister de Monzie, hat sich erft vor wenigen Tagen ausdrücklich für die franzosenfreundliche Gesinnung Ralowstis verbürgt. Wenn nun trotzdem jene Partei im französischen Kabinett die Oberhand gewonnen hat, die Ratowskis Abberufung verlangte, so ist das ein Beweis dafür, daß eben der Druck eines Teiles der Presse, gleichviel, ob ihre Entrüftung echt oder finanziert war, so start wurde, daß sogar Briand ihm wider Willen weichen mußte.
| Temperament und fein reiches Innenleben gestalteten ,, Walthers Breislied" und die Auftrittsarie Basco de Gamas troßdem zu echt Herrn Kammerfänger und Direktor fünstlerischen Leistungen. Bronsgeest dagegen fann man nur mit aller Deutlichkeit anraten, feine Konzerttätigkeit endgültig zu beschließen. Die fenile Müdigkeit, mit der er den wunderbaren, funkensprühenden ,, Botans Abschied" portrug, die Ausdruckslosigkeit, mit der er die herrlichen, tief ergreifenden tragischen Gedanken Botans faum rein äußerlich dem Berständnis der Hörer näherbrachte, waren peinlich. In zwei Duetten mit Jöten zusammen bewährte er sich als routinierter H. M. Ensemblesänger.
Wo flammen die Meteorsteine her? Der Meteorologe G. T. Prior vom Naturwissenschaftlichen Museum in London stellte die Resultate zusammen, die sich bei der Untersuchung von 849 Meteo= festgestellt, während man auf Grund neuerer geophysikalischer Arriten ergaben. Dabei wurde als Verhältnis von Eisen zu Stein 2,5 beiten für das Verhältnis von Eisen zu Stein in der Zusammenfegung der Erde 4,5 annimmt. Hieraus ist zu folgern, daß die Körper, aus denen die Meteoriten stammen, den dichteren Planeten unseres Sonnensystems nicht ähnlich sein können. Der Prager Geologe Robert Schwinner vertritt auf Grund seiner Untersuchungen die teilweise noch bestrittene Ansicht, daß die Meteorsteine von einer fleinen erfalteten und zerplaßten Sonne stammen.
Ein ruffisches Pompeji . Am linken Ufer des Dnjefter sind nach Ruinen einer alten griechischen Kolonie entdeckt worden. Man hat den Berichten Moskauer Blätter in der Nähe des Dorfes Sturti die ganze Straßenzüge freigelegt sowie Häuser, deren Mauern noch mit alten Fresken bedeckt find, öffentliche Denkmäler, Statuen und eine Fülle interessanter Funde. Die Berichte sprechen daher von einem ruffifchen Pompeji", aber es fehlt leider an Geld, um diese wichtigen Grabungen methodisch durchzuführen.
10 Milliarden Eier. Der Welthandel in Eiern weist für 1926 die runde Ziffer von 10 Milliarden auf. Dabei sind nur diejenigen find. Der Wert dieser Eier wird in der internationalen Statistit Eier gezählt worden, die auf dem Wasserwege verfrachtet worder mit 200 millionen Dollar angegeben. Intereſſant ist, daß in der Beltverschiffung erstmalig die Borfriegszahlen annähernd erreicht
worden sind.
Emma und Irma Gramatica werden ihr Gastspiel im Renaissance. Theater bis zum 14. d. m. verlängern. Zur Aufführung gelangen: Dienstag: bedda Gabler", Mittwoch und Donnerstag:„ Der Echatten", Freitag: „ Die Kameliendame".
Jm Komödienhause findet Sonnabend, abends 11, Uhr, eine Schau faffen der Bühnengenossenschaft statt. Billettverlauf nur im Bezirksverband pieler Nachtvorstellung von Hotus- Polus für die Wohlfahrts. ber Genossenschaft, Zimmer 10.
Jm Leffingmuseum hält am 13., 20 Uhr. Prof. Minde Bouet den Feitvortrag zur Feier des 150. Geburtstages von Heinrich v. Kleift. Aus den Werken des Dichters spricht Emil übne. Ru Beginn fingt Anni Schattschneider mit dem Berliner Männerchor „ Germania an ihre Kinder". Der Eintritt ist frei. Kulturverfeinerung oder Snobismus? Der norwegische Verlag Gyldendal beabsichtigt, anläßlich des hundertjährigen Geburtstages von Henrik Ibsen eine Gedächtnisausgabe feiner Berte herauszugeben, die in nur 1000 Eremplaren mit allen Feinheiten der Buchdruderkunst gebrudt werden und von der jedes Eremplar 1000 Stronen fosten soll.