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Nr. 481 44. Jahrgang Ausgabe B Nr. 238

Bezugsbedingungen und Anzeigenpreife find in der Morgenausgabe angegeben Redaffion: S. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292- 29% Fel- Moreffe: Sozialdemokrat Berlin

10 Pfennta

Dienstag

11. Oktober 1927

Vorwärts=

Berliner Volksblaff

Berlag und Anzeigenabteilung: Geschäftszeit 8% bis 5 Uhr Berleger: Vorwärts- Berlag GmbH. Berlin Sm. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-29

Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Der Hochbahnstreik in Gang.

Schwere Beeinträchtigung des Verkehrs.

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Kampf um den Achtstundentag.

Heute Verhandlungen vor dem Schlichter.

Der Hochbahnerstreit hat heute morgen 5 Uhr begonnen. Biele Zehntausende famen zu spät zur Arbeit, die Straßenbahnen und Autobusse wurden gestürmt. Der Streif bedeutet eine schwere Be­einträchtigung des Berliner Verkehrs.( Siehe auch 3. Seite.)

Die Hochbahnangestellten kämpfen um den Achtstunden tag. Der Schiedsspruch läßt für das Fahrpersonal eine durchschnittlich neunftündige Arbeitszeit zu.

Eingreifen des Schlichters.

Auf Grund des von der Hochbahndirektion gestellten Antrages auf Berbindlichkeitserklärung des Schieds­spruchs hat der Schlichter für Groß- Berlin beide Parteien für heute nachmittag 2 Uhr zu Berhandlungen über diesen Antrag geladen.

Ein Aufruf der Streikleitung.

Die Zentralftreifleitung wendet sich in einem Aufruf an die Be­völkerung Berlins . Darin wird ausgeführt, daß die Hochbahner bereits im Jahre 1924 gegen die neunffündige Arbeitszeit gefämpft haben. Am 11. November 1924 war der letzte Streit wegen der Das Fahrpersonal fordert die achtstündige Arbeitszeit und will

Arbeitszeit.

Der Wahlsieg in Polen . Vormarsch der Sozialdemokratie.

Warschau , 11. Oftober.( Eigenbericht.) Der Erfolg der Sozialisten bei den polnischen Gemeindewahlen am Sonntag stellt sich als noch größer heraus, als er bei den ersten Ziffern erschien. Die polnischen Sozia­listen haben in Lodz ihre Stimmen gegenüber der letzten Gemeinde­wahl fast verdreifacht. Sie stehen jetzt mit 56 000 Stimmen zum erstenmal als stärtste Partei im Industriezentrum da.

Die Kommunisten erhielten 41 000 Stimmen, die aber von der Regierung durchweg für ungültig erflärt wurden. Die polnischen Rechtsparteien find fast von der Bildfläche verschwun

den.

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Aufgaben der Werbewoche.

Wie gewinnen wir die Jugend?

Bon Mag Westphal.

Die Sozialdemokratie war stets die Vorkämpferin für das Wahlrecht der Jugend. Wenn heute den Zwanzig­auch in sozialer Beziehung den übrigen städtischen Arbeitern gleich- jährigen das Wahlrecht durch die Verfassung der Republik gestellt werden. verbürgt ist, so haben sie das allein der Sozialdemokratie zu danken, die in der verfassunggebenden Nationalversammlung in Weimar ihre Forderung gegen mancherlei Widerstände durchsetzte.

Wir sind städtische Arbeiter und wollen als folche behandelt werden", heißt es in dem Aufruf. Der gefällte Schiedspruch bringt anstatt Berbesserung Verschlechterung Eine Bersammlung der streifenden Hochbahner ist zu morgen 10 Uhr in den Saalbau Friedrichshain einberufen.

des bestehenden Bertrages."

Eile mit Weile!

Der Wortlaut des Schiedsspruches ist den beteiligten Organisationen erst heute morgen nach Ausbruch des Streits zugestellt worden. Der Schiedsspruch ist am Sonnabend abend 6 Uhr gefällt worden. Er ist schon nach.64 Stunden schrift lich ausgefertigt bei den Parteien eingetroffen. Es ist deshalb noch nicht möglich, den Wortlaut des Schiedsspruches der Deffentlichkeit mitzuteilen.

Verhandlungen bei der Aboag.

Die Berhandlungen bei der Aboag haben zu feiner Einigung geführt. Der Schlichtungsausschuß hat von Amts wegen für Mittwoch vormittag zu Berhandlungen geladen, in deren Verlauf, falls feine direkte Verständigung erzielt werden kann, ein Schiedsspruch gefällt werden dürfte.

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Das Wahlrecht der Jugend ist also ein Erfolg der Sozial­demokratie; es muß aber weit mehr als bisher die Sozial­demokratie zu Erfolgen führen. Es sind zwar keinerlei sichere Feststellungen über die Wahlbeteiligung der Jungwähler vor­handen, aber ihre verhältnismäßig geringe Beteili gung am politischen Leben zwischen den Wahlen läßt die Vermutung aufkommen, daß es auch bei der Wahl­beteiligung hapert. Wir müssen also in stärkerem Maße als bisher die wahlberechtigte Jugend für die Partei gewinnen, sie im politischen Leben aktiv machen eine Aufgabe, die in der Werbewoche, in der wir die Partei für die kommenden Wahlen stärken wollen, mit zur Lösung gestellt ist.

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Die politische Werbung unter der Jugend setzt mehr noch als bei den Erwachsenen eine längere Vorarbeit voraus. Dec Erwachsene ist im allgemeinen schon durch seine Lebenserfah­rungen politischen Dingen näher gebracht. Der Anruf in der Werbewoche bringt ihn meistens lediglich zur Ausführung dessen, was er stimmungsmäßig schon längere Zeit beab­sichtigte. Der Anschauungsunterricht des Lebens hat ihn für die Partei gewonnen, was er von der Partei erwartet, find weniger ideale Zukunftsdinge, sondern mehr gegenwärtige Lebenserleichterungen. Das ist bei der Jugend nicht so. Es find bei ihr die Lebenserfahrungen, aus denen sie ihre Schluß­Geständnis des folgerungen zieht, die sie dann veranlassen, sich zur Partei zu bekennen. Bei ihr will der junge, ins Leben, in die Zukunft drängende Wille erfaßt sein, das Ideale zieht sie an, vor allem aber eine flar geftellte Aufgabe und die Möglichkeit dafür, sich selbst und anderen sichtbar, etwas zu tun. Das ist uns deutlich vor Augen getreten z. B. in dem großen Erfolg, den das Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold und, von der anderen Seite gesehen, die nationalistischen Kampfverbände, wie übrigens auch der Rot- Front- Kämpfer- Bund, gerade unter der Jugend hatten. Hier war allen die Aufgabe ohne schwie­riges Studium erkenntlich und sichtbar, und was vielleicht mehr bedeutet, die Gegner standen sich immer aufreizend nahe gegenüber.

Mazedonische Unruhestiftung. Diesmal an der griechischen Grenze. bulgarischen Attentäters. Belgrad , 11. Oktober. ( Eigenbericht.) Eine amtliche Meldung befagt, daß der am Sonntag verhaftete mutmaßliche Miturheber des Attentats von Schtip ein volles Geständnis über seine Beteiligung abgelegt hat. Er soll ge standen haben, daß er und seine Komplicen auf Anordnung des Zentralfomitees der revolutionären mazedonischen Organisation handelten...

Die einst in Lodz führende Nationale Arbeiterpartei ist von 20 Mandaten auf 5 Mandate gesunken. Die Chriftlich- Demokraten haben statt 9 Mandate 5, und die unseren Deutschnationalen entnehmer an dem Ueberfall zogen sich nach verlorenem Kampf auf sprechenden Nationaldemokraten sogar von 14 Mandaten nur 3 bulgarisches Gebiet zurüd.

gerettet.

Die beiden deutschen Listen haben noch günstiger abge­fdjmitten als bereits gemeldet. Von zusammen über 24 000 deutschen Stimmen haben die deutschen Sozialisten fast 17 000, die Deutsch- Bürgerlichen über 7000. Die deutschen Sozialisten erhalten 7 an Stelle von 5 Mandaten, die Deutsch - Bürgerlichen 3 an Stelle Don 2 Mandaten.

heit gesichert.

Moskau hat keine Eile. Paris muß auf die Antwort warten.

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neue

Paris , 11. Oktober. ( Havas.)

In der Nacht vom Sonntag zum Montag tam es zwischen einer Abteilung griechischer Gendarmerie und einer Truppe bulga rische Komitatschis an der griechisch bulgarischen Grenze wiederum zu einem Zusammenstoß. Im Verlauf eines Da aber die Aufgabe der Partei weit größer und schwie­Feuergefechtes wurden zwei Bulgaren getötet. Die anderen Teil- riger ist als die unserer republikanischen Schußorganisation und also nicht in so verhältnismäßig einfacher Form vor das Auge gestellt werden kann, da auch das Bewußtsein des Im Kampf- Stehens aus der Parteiarbeit nicht so leicht erwachsen fann wie z. B. aus dem Dienst im Reichs banner, und da schließlich auch die Lebenserfahrungen noch

Der Weltgerichtshof unzuständig.

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mit 7: 4 Stimmen lehnt er den Mavromatis- Fall zu nicht in dem Maße wirken fönnen wie beim Erwachsenen entscheiden ab.

Haag, 11. Oktober.

Ein internationales Zolltarifschema. Der Ausschuß zur Angleichung der Zolltarife.

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so hängt also der Erfolg der Werbung unter der Jugend tat­tächlich von einer viel eingehenderen Vorarbeit ab. Die Der ständige Internationale Gerichtshof veröffentlichte sein Ur- Sozialdemokratie muß schon möglichst frühzeitig eine feſte Die eigentliche Pilsudski . Bartei der sogenannten teil in dem griechisch- englischen Mavromatis- Streitfall. Die grie- innere Verbindung zur heranwachsenden Jugend suchen. Die Sanierungsliste errang nicht mehr als ein einziges Mandat. chische Regierung hatte von der englischen Regierung in ihrer Jugend muß in die Partei hineinwachsen, weil sie weiß, Da auch von den jüdischen Parteien nur die Sozialisten vor Eigenschaft als Mandatsmacht über Palästina eine Schadenersatz- daß das die Organisation ist, wo für die Ideale gekämpft allem der sogenannte Bund" mit über 14 000 Stimmen Mandate dazugewonnen haben, ist die sozialistische Mehr den griechischen Staatsangehörigen Mavromatis in der Ausübung nicht, dann wird es weiter vorwiegend so sein wie bisher, Mehrleistung in Höhe von 270 000 Pfund Sterling gefordert, weil sie wird, auf die der junge Geist eingestellt ist. Geschieht das Da Bolen ebenso wie Deutschland auf Grund des Liftenwahl. wichtiger ihm in Palästina zustehenden Konzeffionen rechtswidrig daß nämlich erst der Erwachsene durch seine Lebensnöte in rechts teine parlamentarischen Ersazwahlen kennt, wird dieses Wahl- perhindert habe. Gegenüber dieser Forderung hatte die englische die Partei geleitet wird. Regierung die Einrede der Unzuständigkeit des Internatio­Eine erfolgreichere politische Werbung unter der Jugend ergebnis allgemein als Stimmungsbarometer angesehen und man nalen Gerichtshofes erhoben. In der heutigen Entscheidung ersetzt also voraus eine starke Förderung, einen viel weiteren erwartet politische Folgen davon. Die sozialistenfeindlichen klärte sich der Gerichtshof im Sinne des englischen Antrags für un- Ausbau der Kinderfreunde- und Arbeiter­Blätter haben ihre Töne bereits auffällig geändert. zuständig. Die Entscheidung wurde mit sieben gegen vier Stimmen jugend- Organisation. Es fann nicht durch eine große gefällt; unter den der Minderheit angehörenden Richtern befindet Statistik bewiesen, wohl aber auf Grund allgemeiner Beob= fich u. a. auch der griechische internationale Richter Caloyanni. achtungen behauptet werden, daß die Zahl der jugendlichen Parteimitglieder in den meisten Fällen in einem bestimmten Berhältnis steht zur Mitgliederzahl der örtlich bestehenden sozialistischen Jugendgruppen und zu den organisatorischen und ideellen Beziehungen zwischen der Partei- und Jugend­organisation. Daß es daran in vielen Orten fehlt, steht leider fest. Wie oft kommt es doch vor, daß man, nachdem auf beiden Seiten viel über mangelnde Zusammenarbeit geklagt worden ist, sich entschließt, eine gemeinsame Versammlung der Partei­und SAJ.- Mitgliedschaft einzuberufen, um die Bahn für ein engeres Zusammenleben zu ebnen und Freundschaft zu schließen. Der Erfolg? Es ist z. B. in mehreren größeren Städten so gewesen, daß solche Versammlungen dann zu 90 Proz. von der Jugend( die fast vollzählig erschienen mar) und nur zu 10 Prog. von der Parteimitgliedschaft besucht war. Die beabsichtigte Wirkung fonnte natürlich unter solchen Um­ftänden nicht erzielt werden; eher wurde das Gegenteil er­reicht. Eine ständige organisatorische Förderung der Kinder­freunde- und Jugendbewegung an jedem Orte, die Unter­haltung fortlaufender persönlicher Beziehungen zu diesen Or­ganisationen, das dürfte aber die fruchtbarste politische Werbe­arbeit unter der Jugend für die Partei sein. Das werden die Parteigruppen bestätigen, die in diesem Sinne handeln. Es soll hierbei nicht vergessen werden zu erwähnen, daß am diesjährigen 1. Mai in einer Anzahl Orte von der Partei­organisation veranstaltete Parteiweihen" stattfanden, in denen die aus der Jugendorganisation entwachsenen Ge­nossinnen und Genossen feierlich in die Partei aufgenommen

Seit Freitag hat der französische Botschafter in Moskau den Volkskommissar Tschitscherin noch nicht wiedergesehen. In Paris versichert man, daß auf Mittwoch eine Sigung des Präsidiums des Zentralegefutiofomitees in Mosfau einberufen fei, um über den Fall des Sowjetbotschafters in Paris zu beraten. Man fügt jedoch hinzu, daß eine Entscheidung nicht vor Ende der Woche fallen werde.

Keine Marokkoräumung durch Spanien . Primo dementiert sein Interview.

Madrid , 11. Oktober.

In einer offiziösen, der Presse übermittelten Note demen tierte General Primo de Rivera kategorisch die Aeußerungen, die ihm in einem phantastischen" Interview des Ror respondenten der Sunday Times" in Madrid zugeschrieben würden. Die Mitteilung erklärt, daß Primo de Rivera und Cham­berlain nicht die Gibraltarfrage angeschnitten hätten, daß sie auch nicht die Räumung Maroffos durch Spanien ins Auge gefaßt hätten. Primo de Rivera bestätigte die Erklärungen Chamberlains über die von Spanien gestellten Forderungen für eine Tanger konferenz, namentlich, daß man Spanien not­wendige Garantien gebe, damit weder Tanger noch sein Hinterland ein Berjchwörungsneft für Schmuggler bleibe.

Genf , 11. Oktober. Am Dienstag tritt der Sachverständigenausschuß zur Prüfung der Frage der Vereinheitlichung der Zolltarifeinteilung unter dem Vorsitz von Fighiera, Direttor im französischen Handelsministerium, in Genf zu feiner zweiten Tagung zusammen. Der Ausschuß soll einen allgemeinen Rahmen für einen einheitlichen 3011­tarif ausarbeiten. In seiner ersten Tagung hat der Ausschuß wertvolle Borarbeit geleistet. In der Zwischenzeit sind die bereits ausgearbeiteten Borschläge in verschiedenen Ländern geprüft worden. Der Ausschuß wird in seiner jezigen Tagung besonders die Frage der Einteilung der Waren in die verschiedenen Kategorien prüfen.

Vereinfachungsversuch auch in Amerika .

Washington , 11. Oftober. Staatssekretär Kellogg eröffnete heute eine panameri fanische Konsulartonferenz, auf der 21 Staaten ver­treten find. Der 3wed der Tagung ist. eine Bereinfachung der tonfularischen Ursprungszeugnisse herbeizu­führen. Das Ergebnis der Besprechungen wird im Januar 1928 dem in Havanna tagenden 6. Panamerikanischen Kongreß zur Ge­nehmigung vorgelegt werden.

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