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SonnabenS 15. Oktober 1927

Unterhaltung unö �Vissen

Seilage ües vorwärts

Erlösung. ,, von Ctuno Eastellc. Diese Skizze, geschrieben vor li> Jahren, fand sich unter den Papiere» eines Artillerieleutnants, der kurz vor dem Wafsenstill- stand in Frankreich von einer Fliegerbombe zerrissen wurde. Man sagt, Rumänien sei ein schönes Land. Aber es ist damit dasselbe wie mit den Häusern, den schmucken weißen Häusern, die in der Ferne fröhlich und heiter in der Sonne blinken. Kommst du aber näher, so siehst du, daß es schmutzige Lehmhütten sind, wo die Farbe zum Teil abbröckelt, und das mit Maisstroh gedeckte Dach undicht ist und der Witterung nicht mehr standhält. Und wie sieht es drinnen aus! Ein paar klein« Swben mit einer großen baufälligen Pritsche, aus der die ganz« Familie schläft, und die Küche mit ausgerissenem Steinboden, mit der Feuerstelle, wo der eiserne Kessel hängt; ein paar kleine niedrige Sitze sind da und dann wieder Schmutz und Dreck. Es ist dasselbe mit den Bauern, die du von weitem in die Kirche gehen siehst. Wie glänzt ihre blumenbestickt« Weste und wie rein und sauber erscheint das Schaffell, das sie auf den Schultern tragen! Aber komm ihnen nicht zu nahe, dann siehst du, wie ärmlich alles zusammengestückt ist und wie ihr Schuhwerk kaum mehr dem steinigen Boden wider- steht. Oder sieh, wie die Weiber mit den Kindern und dem Pelz- werk halb sitzen und halb liegen und das Ungezieser absuchen, ab- wechselnd einmal aus den Haaren des Kindes, dos wie besesien schreit, und dann aus dem Schaffell. Wenn man nur flüchtig in das Land hineinblickt, ja, dann ist es schön! Viel bester ist es hier als in der Heimat mit dem kümmer, lichen, sandigen Kartosfelboden und den verkrüppelten Fsthten. Hier gibt es Weizen, der meterhoch steht, hier gibt es auch Felder von gelbem Mais, soweit das Auge sehen kann, und grüne Wiesen mit großen Viehherden. Das sieht man, wenn man nur einen schnellen Blick um sich wirst und dann wieder auf die jammervolle Land- strahe blickt, vorwärts, vorwärts, als ob sich das Ziel herbei- zaubern läßt. Aber die schwarzen Flecke, die auf den Wiesen sind, und da, wo der Weizen zerstampft ist und die groben Maisstengel umgeknickt sind? Das ist wohl frische Erde, die man herausgeschaufelt hat, oder ist es Mist, den der Bauer herfuhr? Glaube das, beruhig« dich damit, sieh nicht weiter hin! Steig« nicht ab von deinem Pferd! Vorwärts! Aber vorn auf der Chaussee sind ja auch die Flecke! Und sie sind ja gar nicht schmalz, wie wir näherkommen. Sie sind blau und grau, und braun ist dqzwischen. Das Braune, das sind die Gesichter und die Hände der gefallenen Feinde, und dos Blaue und Graue, das ist ihre Uniform. Ja, nun muß man aufblicken, wenn man es bisher nicht getan hat, und nun sieht man das Elend. Run sieht man, daß Rumänien häßlich ist, häßlich schwarz wie die Nacht ohne Sterne. Da liegen sie, einzeln und paarweis«, zu Dutzenden und in Rudeln, wie tolle Hund«, die man abgeschossen hat. Ganz still liegen sie, sie bewegen sich nicht. Aber es sieht so aus, als wenn sie keinen Frieden hätten. Die Augen sind aufgerissen, und das Gesicht ist erstarrt in surchtbarem Schreck. Und ab und zu, da ragt eine Hand aus dem Haufen heraus, die ist geballt, und wieder eine, die scheint zu schwören, und eine dritte, die scheint zu beten. Aber noch schlimmer ist es, wenn eine Hand abseits liegt, drei, vier Meter von einem Verstümmelten. Di« schwört nicht, die betet nicht, die zeigt nur das Verderben, in das wir alle hineingehen. Weiter zieht die Kolonne. Ernste Gesichter, voller Anklage gegen den Führer. Der möchte sich umdrehen und halten lasten und beten für die taten Menschen und weinen. Aber er ist hier kein Mensch, er ist Soldat. Und er haut auf seinen Rappen ein. Im Trab geht es weiter. Da muß man aufpassen. Hier ein Graben, dort ein Granatloch, etwas weiter«in Toter, nun eine stehen- gelassene Kanone, auch«in zerschossener Wagen, wieber grundlos tiefe Löcher, viele Blindgänger. Da oergißt man an andere Sachen zu denken als an den Weg und an das Ziel, und man wird auch gar nicht erbittert, man wird nur müde. So fährt man eine halbe Stunde. Dann wieder im Schritt. Jetzt sind die Flecke verschwunden, die häßlichen Flecke. Jetzt ist alles dunkel. In das Dunkel hinein poltert die Ko'onne. Jetzt kommt ein Dorf. Aber es ist nicht das Ziel. Der Führer. der seine Leute ansieht, schaut in Gesichter, in denen Hoffnung auf- blitzt. Er möchte ihnen so gern eine Freude machen und sie aus- ruhen lasten, aber er darf es nicht. Und er befiehlt, heiser, rauh, gebieterisch, ohne jedes Erbarmen klingt es:Weiter!" Der Bursche des Führers reitet auf ein Gehö't zu, abseits vom Dorfe. Ein Lichtstrahl dringt von dort auf den Weg. Seit langer Zeit hat er nichts gegessen. Er reitet zu dem Gebäude, bindet sein Pferd an einen Pflock und geht in das Haus hinein. Was macht er da drinnen? Di« Kolonne fährt weiter, hinein in das Dunkel, vor- wärts zum Ziel. Der Führer wird unruhig. Er hat es wohl ge- merkt, wie sich sein Bursche entfernte. Aber er hat es nicht sehen wollen. Cr zittert, daß ihm etwas passiert sein könnte. Aber er darf ja nickt zittern: Weiter! Schweißbedeckt und schäumend saust ein einzelnes Pferd durch die Nacht der Kolonne nach. Der es reitet, der Bursche, lächelt, als wenn er eine Vision gehabt hat. Er sieht nicht auf den Weg, er fürchtet nicht die noch herumstreifenden Nachzügler des Feindes. Aber das Pferd wittert Gefahr. Es findet den Weg allein. Der Bursche ist wieder bei seinem Herrn. Der schweigt. Lange. Als wenn er nichts zu sagen wüßte. Aber der Bursche wartet auf eine Frage. Er kennt ihn, seinen Herrn, er kennt ihn als Menschen. Und dann ist der Bursche auch gar nicht mehr so froh wie er war, als er der Kolonne nachritt. Er zittert. Schweiß tritt-ms sein« Stirn, er atmet schwer. Da wendet der Führer den Kopf:Nun?" Hastig erzählt der Bursche. Ueberstürzend, plump. Aber der Hxrr versteht ihn. Ja. er hat sich entfernt. Man wird doch hungrig. Und von den anderen ha» es schon keiner gemerkt. Nur ein Stückchen Mai?- brot sür ihn, den Herrn. Aber Der rumänische Bauer in der Hütte macht ein geheimnisvolles Zeichen. Er deutet aus das Zimmer neben der Küche. Der Bursche geht hinein. Im Zimmer ist es dunkel. Man sieht nichts. Aber man hört. Hört, wie es stöhnt und wimmert und jammert und klagt. Der Bauer kommt mit einer Kerze: Auf dem Bett, aus einem Soldatenmantel liegt ein Soldat. Ein Deutscher. Zerfallen ist das Gesicht, und die Augen blicken starr. Ober sie verdrehen sich im Schmerz. Neben dem Bett liegen bunte Lappen, die der Bauer mitleidsvoll gebracht hat. Der Todkranke kann sich nicht bedecken. Sein Rock ist aufgeknöpft, von seiner Hose sind nur noch Fetzen da. Mit den Händen hält er seinen Leib. Als ob er ihn zusammenpressen wollte. Durch seine

Finger quillt Blut. Blut sickert aus den Rock, auf das Bett, auf den Boden. Und doch preßt er feine Hände härter und härter auf die Wunde, auf das große Loch, den klaffenden Spalt, den das Geschoß gerissen hat. Eingeweide quellen aus der Wunde. Grausig, entsetzlich. Und dazu Stöhnen und Jammern. Der Verwundete hat den Burschen bemerkt. Er will sprechen. Aber er kann es nicht. Ein einziger, flehender Blick. Der Bursche versteht diesen Blick. Er sieht, daß er nur so helfen kann: Seinen Revolver setzt er an die Schläfe des Leidenden, wendet sich, drückt ab. Und slieht entsetzt aus dem Gemach. Aber er kehrt noch ein- mal zurück und leuchtet mit der Kerze in das Gesicht des Toten und sieht, was darin steht: Erlösung und Ruhe und Frieden. Leise redet der Bursche. Stumm hört es der Führer. UnHeim- liche Stille vorn, hinten das Poltern der Wagen. Unheimlich wird's dem Burschen.Tat ich unrecht?" Schweigen. Der Führer ist in

Aweite Instanz.

v. S e u d e l l: Da haben wir de« Salat! Marx: Den TresSow-Prozeh da gehen wir an die zweite Instanz. v.& en d e l l: Aber nein, der Relchsrat hat die Schul- vorläge abgelehnt. Marx: Da gehen wir auch an die zweite Instanz. ..... sich zusammengesunken.Tat ich unrecht?" Der Bursche spricht es hastig, aufgeregt. Sein Herr muß ihn verstehen. Cr muß es hören, daß seine Tat gut war. von ihm, dem Führer.Tat ich unrecht?" Das war verzweifelt und beinahe heulend herausgeschrien. Der Führer blickt seinen Burschen lang« an; in diesem Blick liegt ein Urleil.Nein," sagt er. Trotzdem er weih, daß es nicht recht war. Was soll man aber hier tun? Die Aerzte sind weit, die Feinde sind nah. Und immer noch besser durch Freundeshand... Nein," sagt er nochmals, fest, bewußt. Er weih genau, der Führer, daß es nicht recht war. Aber er sagt:Nein". Weswegen? Er kennt das Leiden, das harte Leiden, die Kämpfe der Seele, die ebenso schwer sind«wie die des Körpers, oder schlimmer. Er kennt die verzehrende Sehnsucht nach Erlösung, nach einem anderen, schmerzensreien Leben. Und er denkt im stillen: Warum lag i ch nicht da?" Ein zweites Dorf. Dar Ziel. Fluchen, Befehle. Haß auf allen Gesichtern, die ihn anblicken.Warum lag i ch nicht da?"

Das Erdbeben in der Krim . Eindrücke eines Augenzeugen. Am Tage vor dem Erdbeben, am 12. September, bemerkten die Badenden am Strande von Ialta eine sehr ungewohnte Erscheinung: der dortige Strand besteht nämlich aus ziemlich großen Steinen, zwischen denen man nur schwer auch nur ein Sandtörnchen finden kann. An diesem Tage aber war der Strand ganz von seinem Sand bedeckt, der durch die nächtliche Brandung angespült worden war. Einige der Badenden entwickelten eineTheorie" der Herkunst dieses Sandes. Ihrer Meinung nach hatten in den Meeres- tiefen Verschiebungen der Bergmasscn stattgefunden, wodurch neue Sandschichten bloßgelegt worden waren, die dann ans Ufer geworfen wurden. Diese hausbackenen Theoretiker behaupteten darum, daß als Folge dieser Verschiebungen ein Zunehmen der Erdrutsche und «in allmähliches Abrollen der Crdküste ins Meer eintreten würde. Andere wieder behaupteten, daß die Verlagerungen auf dem Meeres- grund in den Hohlräumen, die sich unter dem Bergrücken der Küste befinden, Einstürze hervorrufen würden, was unfehlbar zur Zer- ftörung der Südküste führen würde. Von der Möglichkeit einer Erschütterung des Erdbodens aber, von einem Erdbeben sprach man nur mit größter Vorsicht, als fürchtete man sich, die Natur heraus- zufordern. Der 12. September war ein warmer und sonniger Tag. Die Brandung war schwach Gegend Abend rückte von Nordosten«in Gewitter heran. Es setzte ein heftiger Regen«in, der von grellen Blitzen durchzuck» war Etwa gegen y> Uhr hörte der Regen aus. Die Lust war kühl und feucht geworden. Die Kurgäste verstreuten sich in die Häuser. Der laute Strand wurde leer. Kurz nach Mitternacht ertönte aus der Richtung des Meeres ein dumpfes Rollen Gleichzeitig erklirrten die Fensterscheiben. Das alles erinnerte an das dröhnende Geräusch, wie es von einem schwer- beladenen. durch die Straßen fahrenden Lastauto hervorgerufen wird. Ein Krachen und Dröhnen brach nun über die Häuser herein, drang durch die geöffneten Fenster und vermischte sich mit dem Poltern der umfallenden Möbel, der von den Wänden fallenden Bilder, dem Klirren zerbrechender Scheiben und dem Krachen des abbröckelnden Verputzes. Ein Erdbeben! Von unaufhaltsamer Panik getrieben, stürzten aus den Zimmern des 5?atels halbentkleidete Menschen, rannten ein- ander über den Hausen und rasten die Treppen zum Ausgang hin- unter. Das Hotel, das noch vor einigen Sekunden so still und friedlich war, hatte sich in eine Hölle verwandelt.

Eine Sekunde nach dem ersten Stoß erfolgte ein zweiter, der 32 Sekunden dauerte. Die Wucht dieser Erschütterung war so groß, daß selbst Erwachsene, die durch das oberste Stockwerk liefen, wie Spielbälle von Wand zu Wand geschleudert wurden. Der daraus- folgende dritte Stoß war bedeutend schwächer. Die Straßen. Boulevards und Plätze füllten sich schnell mit halbentkleideten Menschen, die sich in einem fast unzurechnungs- fähigen Zustand befanden In der Panik hatten sie ganz unnötige Dinge mitgenommen. Vor dem Hotel stand auf der Straße«ine junge Frau, die ganz nackt war. Neben ihr ein älterer Herr, der ebenfalls fast nichts anhatte, doch die neuesten Zeitungen unter dem Arm« hielt. In der Menge befanden sich nicht wenige hysterische Schreier. Jene, die zum Meere eilten, um sich vor den Steinen, zu retten, die von den Häusern herabfielen,warnten" diese Schreier, indem sie versicherten, daß das Meer au� den Ufern treten und die ganze Küste jortschwemmezi werde. Andere wieder warnten vor der Nähe der Berge, die jeden Augenblick auf sie herabstürzen könnten. So rannten die durch Nervenerschütterung erschöpften Menschen hilflos hin und her. Die große Geschwindigkeit, mit der die Ortsbehörden den Sicher- heits- und Rettungsdienst organisierten, begann die Menge allmählich etwas zu beruhigen. Binnen zehn Minuten wurden vor dem Ge- bäude der GPU. die Krim -Omnibuste, die Miliz und die Feuerwehr zusammengezogen, wodurch auch in den Massen die Selbstdisziplin geweckt wurde. Die Panik ließ schnell nach. Zwei Uhr nachts. Ein neues Krachen,«in neues Dröhnen aus der Rjchtunq des Meeres. Wieder das Klirren zerbrechender Fenster- scheiden, fallend« Stein«, einstürzend« Mauern. Die Zerstörungs- tättgkeit des Erdbebens dauert fort: im Hafen ist das Gebäude der Seeagentur und das Zollamt zerstört. Hie Mole ist geborsten und hat sich gesenkt. In der Altstadt sind ganze Häuser eingestürzt. Autos rasen durch die Straßen, transportieren Verletzte und Tote. Die Panik, die schon wieder zu beginnen droht«, läßt nadh. Aber die Erde beruhigt sich nicht. Sie bebt. Alle erwarten m nervöser Anspannung den nächsten Stoß. Es begfrint Tag zu werden. Das Bild der Zerstörung wird dadurch noch drückender. Fünf Uhr morgens. Ein neuer Stoß. Häuser, die schon vorher Äiss« bekommen hatten öder ins Wanken geraten waren, stürzen endgültig ein. Es ist kein Ende dieses Unglücks abzusehen. UnZer den Trümmern der Häuser lagen viele Tote begraben. Vor Entsetzen von Sinnen geraten, sprangen viele aus dem zweiten oder dritten Stock, um bestenfalls mit schweren Verletzungen davonzukommen.' Jedermann ist nur von dem einen Gedanken besessen nur fort, fortfahren! Vor der Kaste der Sowjet-Handelsllotte stehen um sechs Uhr morgens die Menschen in endlos langer Reihe an. Von Mund zu Mund geht die freudige Nachricht:Um 11 Uhr kommt der Lliitsch'l" Das ist der größte Dampfer des Schwarzen Meeres . Die Angestellten der Seeagentur suchen auf die Wartenden be< ruhigend einzureden Der.Lljitsch" werde ISOO Personen mitnehmen. Außerdem werde dieFeodofia" einlaufen, nach Rostow fahren und 300 Personen mitnehmen. Gegen Mittag würden noch zwei weitere Dampfer erwartet. Die grelle warm« Sonne stimmt die Fliehenden wiederum optimistisch. Viele beginnen unschlüssig zu werden. Aber die ÜN- unterbrochenen Erdstöße, das Zittern des Bodens erinnert sie an hie furchtbar«, grausame Wirklichkeit. ": Da ist'ja auch schon der.Jlsitsch"., Im Hafen herrscht, eine' regelrechte babylonische Sprachenverwirrung.-.i-Won ollen,"Enden Jaltas und aus den anliegenden Kurorten Gursuf , Livadia , Mißchora. Dülber, Charakso, Alupka treffen auf Wagen und in Booten immer neue Leute ein, die mitfahren wollen. Die an der Küste entlangführende Straße Nach Sebastopol ist zerstört. Private Automobilgesellschäiten fordern sür die Fahrt nach Simferopol (etwa 50 Kilometer landeinwärts) tOO Rubel für den Platz, und sie werde» gezahlt, um nur möglichst schnell fortzukommen. Auf der Fahrt von Ialta nach Sebastopol sieht man vom Meer au» durch den Feldstecher eingestürzte Häuser und die zerstörten weltberühmten Schlösser Um S Uhr nachmittags beobachteten die Passagier« desJlsitsch", wie von zwei neuen Stößen in der Gegend von Baydar und des Berges Aija grandiose Felsblöcke sich losrissen und mit rasercher Geschwindigkeit ins Meer rollten. Diese zwei Erdstöße sind der Südküste teuer zu stehen gekommen. Auch hier aus dem Dampfer befinden sich nicht wenige hysterische Schreier, die unsinnige Gerüchte unter den Mitfahrenden verbreiten. Das Publikum wird nervös. Die meisten haben keine Fahrkarte Und jeder denkt darüber nach, wie er wohl von Sebastopol aus nach dem Norden Rußlands gelangen könne. Eine maßlose Angst be- herrscht die Passagiere, daß sie in Sebastopol oielletcht noch eine solche Nacht wie jene in Ialta erleben kannten... »' S p c c t a t o r. Weltrekord einer stillenden wulter. Ueber die Fähigkeiten der Frauen, ihre Kinder zu stillen, herrschen im allgemeinen unklare Vorstellungen. Es wird darum interessieren, einige wissenschaftliche Feststellungen kennenzulernen, die sogar einen Weltrekord verbuchen konnten. Im allgemeinen lassen sich naturgemäß feste Normen über die Stillsähigkeit dir Mütter nicht ausstellen, da diese von der ge- sundheitlichen und körperlichen Beschaffenheit der Mütter ebenso ob- hängig ist. wie von ihrer Ernährung. Es sind darum in vielen Ländern Maßnahmen getroffen- worden, um armen Müttern durch kräftige Speisung die Möglichkeit zu geben, ihre Säuglinge selbst zu nähren, da bekanntlich die Säuglingssterblichkeit sehr stark davon abhängig ist, ob die Säuglinge Brustkinder oder Flaschenkinder sind. Die Natur hat in den meisten Fällen dafür gesorgt, daß junge Mütter soviel Milch haben, wie der Säugling am Tag« braucht. Es kommen aher auch Fälle vor, in denen die Mütter Imstande sind, mehrere Säuglinge am Taae zu nähren. Nach demArchiv sür Kinderheilkunde" hat den Weltrekord«ine 23jährige deutsche Mutter inne, die am Tage nicht weniger als S8SV Gramm Milch halte und imstande war, an jedem Tage bis zu fünf Kinder zu stillen. Den Höchstweri der Stillsähigkeit hatte sie aw 62. Tage erlangt, und sie war imstande,?2 Wochen mehrere Kinder Zu er- nähren. Im Zusammenhang damit werden Erfahrungen inter - essieren, die in Dublim gemacht worden sind. Hier wurde von einem Verein der Kinderfreunde in der Nähe der Fabriken«inGasthaus für stillende Mülter" gegründet. In diesem Gasthaus erhalten Ar- beiterinnen, die ihre Kinder selbst nähren, unentgeltlich warmes Mittagbrot. Es wurde festgestellt, daß die Ernährungsmöglichkeit durch dies« kräftige Milch- und Flcischnahrung um 4t> Proz. bei den meisten Frauen gesteigert wurde. Frauen, die bis dahin nur einmal des Tones imstande waren, ihr Kind zu nähren, konnten nunmehr ihren Verpflichtungen vollauf nachkommen, da die Milchmenge durch die gute Nahrung fast verdoppelt war. llnterhallungslcklüre in U. S. A- weniger gefragt. Es ist eine sehr bezeichnende Erscheinung» daß in den Vereinigten Staaten , die Nachfrage nach Unterhaltungslektüre in ständiger Abnahme begriffen ist. Dies wurde jetzt auf der Internationalen Buchhändlertagung in Cambridge von verschiedenen Seiten festgestellt. Dagegen ist' die Nachtrage nach Reisebeschrcibungen und Biographien gestiegen. Sogar weltwirtschaftliche Bücher werden viel mehr als früher ge- kaust. Den größten Bedarf an- Unterholtungslektüre. Romanen, Novellen hat. England, an zweiter Stelle steht dann dicht dahinter Frankreich .