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imstande war, feine Dittatur zu begründen. Aus dem ein- 1 Demütigung der Gegner betrifft, fo schrantenlos fachen Grunde, weil es leichter ist, mit dem Strom zu fein Müfchen gefühlt, wie Mussolini . Er wirft leicht und schwimmen als gegen ihn. Die eben zum Klaffenbewußtsein ohne Zögern seine Freunde über Bord, aber von seinen erwachte, ja, von dem bolichemistischen Gespenst und der Widersachern hat er feinen vergessen und feinen geschont. blöden bolichemistischen Taftit zum Klassen- Nicht Matteotti , nicht Amendola, die ermordet bewußtsein aufgepäppelte Bourgeoisie Italiens fand in wurden, nicht Massarenti, nicht den Großmeister Mussolini ihren Mann, dem sie vertrauensvoll die ganze Torrigiani, nicht den Republikaner Morea, die im Reaktion in Pacht gab. Die Geschicklichkeit Mussolinis liegt 3wangsdomizil sind, nicht den Sieger von Görk", den Ge­darin, fich von dieser Bourgeoisie das Geld, von ihren Re- neral Capello, nicht den Abgeordneten 3 aniboni, die gierungsorganen die Waffen und die Straffreiheit zu 30 Jahren Zuchthaus verurteilt wurden. Selbst fleine verschafft und sie dann geprellt zu haben, um an Stelle lokale Parteidifferenzen finden heute ihr Nachspiel, wie die der bisher herrschenden Clique se ine Clique zu setzen. An Verhaftung der über siebzigjährigen franken Marquise solcher Geschicklichkeit fann man ein ästhetisches Gefallen Rambelli beweist, die einst in der Partei gegen Musso­haben. Da es aber unserm Empfinden widerspricht, die Ge- lini Stellung genommen hat und unlängst unter einem schichte lebendiger Menschen als einen Gladiatorenkampf zu ftupiden Vorwand verhaftet wurde. Wer so jeder Laune genießen, find derartig rein ästhetische Urteile über Ge- nach eigener Macht und fremder Vernichtung, nach eigener Er­schehnisse, die viele ethische Elemente enthalten, dem Urteiler höhung und fremder Erniedrigung, nach eignem Besitz und abträglich. fremder Berarmung frönen fonnte, von dem darf man nicht sagen, daß er feinen persönlichen Vorteil davontrug. Sonft hören die Worte auf, Sinn zu haben.

Gewiß fann Shaw antworten: Ich sehe nicht auf ethische Werte; ich sehe auf den Erfo lg. Wer, sei es auch mit gemeinen und schuftigen Mitteln, ein Bolt zu Macht und Wohlstand führt, ist für mich ein großer Mann, denn unzählige andere, die ebensoviel Gemeinheit und Schuf­tigkeit haben, bringen das nicht fertig." Das ist ein Stand­punkt, wenn auch ein diskutierbarer. Aber wir brauchen ihn gar nicht zu diskutieren, aus dem einfachen Grunde, weil die Annahme für unsern Fall nicht zutrifft. Italien hat Fortschritte gemacht, wie jedes Land der Welt seit der ersten Nachkriegszeit Fortschritte gemacht hat, es hat sie tr o des Faschismus gemacht. Auch in anderen Ländern haben die seinerzeit von Mussolini verherrlichten Fabrikbelegungen und derartige Mostowiter Niederschläge aufgehört; auch in anderen Ländern konsolidieren sich die Staatsfinanzen. Wenn Italien unter den Großmächten Europas heute mehr zählt als früher, so ist das dem Krieg zuzuschreiben, nicht dem Faschismus. Wenn Italien fich heute England gegenüber in politischer und Nordamerika gegenüber in finanzieller Botmäßigkeit befindet, so fann es fich dafür bei Mussolini bedanken, der in dem Wahn lebt, England prellen zu fönnen, wie er die italienische Bour: geoisie geprellt hat. Wie die Macht, so der Wohlstand. Warum hat sich Shaw nicht das Leben der italienischen Landleute angesehen, in den ungezählten Dörfern, die weder Wasserleitung noch Kanalisation haben? Warum hat er sich nicht durch Anschauung von der Lebenshaltung des italienischen Fabritarbeiters überzeugt? Dann hätte ihm die vom faschistischen Parteivorstand beschlossene Ver­kürzung aller Löhne um 10 bis 20 Proz. doch etwas gesagt, und dieses Etwas hätte taum wie Wohlstand geflungen. Das Ziel, das den Weg rechtfertigen sollte, ift also gar nicht er­reicht. Die Wege der Gewalttat, der Rechtsbeugung, der feigen Rohheit sind Tatsache; das Ziel ist Bluff.

Die Erklärung, daß Mussolini seine Diktatur errichtet hat ohne einen einzigen persönlichen Vorteil", möchte ich am liebsten für einen Fehler der mir vorliegenden italieni­ schen Uebersetzung halten. so verblüffend sie ist. Wir glauben nicht, das in modernen Zeiten je ein Minister, ja ein Allein­herrscher so gut für sich und die Seinen zu sorgen verstanden hat, wie Mussolini . Kein Thron Europas ist von ähnlichem Brunk und Zeremoniell umgeben, wie Mussolinis; fein Herrscher nimmt jo ununterbrochen Geschente entgegen, roie er. Das mag selbstverständlich sein und aus der Schwer fraft der Tatsachen, aus der Biegsamkeit der Menschen folgen. Man kann auch antworten: welche Genugtuung fann diefem Manne die Anhäufung großer Reichtümer bringen. Wir glauben, daß er für diese Dinge sehr empfindlich ist, wie für Brunt, Zeremoniell, Adel und Titel, denen gegenüber er nicht den Mann aus dem Volte darstellt, sondern den Par­venu, mit der tiefen Ranküne. Aber, wir wollen annehmen, für Muffolini wäre diese Aeußerlichkeit kein Gewinn. Auch dann tommt der Mann auf seine Rechnung, denn noch nie hat ein Machthaber in allem, was die Bernichtung und

Nun sagt Shaw, daß die Mussolinis Regierung zuge­schriebenen leden nicht spezifisch faschistische und nicht spezi fisch italienisch sind: es sind Flecken der menschlichen Natur". Das leugnen wir feinen Augenblid. Mussolini überschreitet in nichts die menschlichen Maße. Allezeit haben Leute, die Macht hatten, ihre Gegner beseitigen lassen und ihre Klientel gefördert; allezeit hat man es versucht, das Verbrecherische im Menschen zu fördern und zu nüßen. Die Geschichte ist übervoll von Beispielen, auch von solchen ganz anderen Ka libers als denen unserer politischen Verbrecherchronit. Wenn Shaw, als Dank für die ihm in Strefa gebotene Gastfreund schaft, dem Faschismus das Zeugnis ausstellen will, daß man auch vor ihm mit verbrecherischen Mitteln regiert hat, so sind wir darin ganz mit ihm einverstanden. Glaubt er aber, man hätte mit diesen Mitteln das Bolf Italiens zu Würde und Wohlstand geführt, so irrt er sich: irrt sich im Einzelfall, denn diese Würde und dieser Wohlstand existieren nicht; irrt sich im allgemeinen, denn man fann ein Volk nicht der Freiheit berauben, ohne ihm die Würde zu nehmen. Es mag Bohlstond geben, ohne Freiheit, wie es volle Krippen gibt im Stalle. Was aber den ethischen Wert eines Volkes betrifft, so kann die Freiheit für ihn das Bibel­wort variieren: niemand gelangt zur Würde, denn durch mich."

Eine erwünschte Niederlage? Regierungskünfte des Rechtsblocks und ihre Auslegung. Der Schacher um das Reichsschulgesek. Ein Bunder ist geschehen: Der Rechtsblod hat im Reichsrat mit seiner Schulvorlage eine schwere Nieder­lage erlitten. Die ganzen Vorarbeiten zu dem umfang reichen Gesez sind durch den Widerstand der Länder ent­wertet. Die Rechtspresse aber jubelt: Die Ablehnung des Reichsschulgesetzes sei für die Regierung eine Erleichte rung! Denn jegt brauchen die Marg und Keudell wenig ftens feine Doppelvorlage zu machen. Sie können dem Reichstag dieselbe Borlage auftischen, die von den Länder vertretern abgelehnt wurde.

nicht aber ben Geist ber Berfaffung achtet, wit durch intelzüge das Schulgefeß erzwingen.

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So ist denn in der Tat der Schacher in vollem Gange. Während die Regierung dem Reichstag das Gesez vorlegen läßt, versichert sie durch die ihr nahestehende Bresse, wie Lokal- Anzeiger", D. A. 3." usw., sie glaube selbst nicht an die Durchführung des Gesezes in dieser Form. Man arbeitet auf ein neues Rompromiß hin, das wenn die Reichsregierung auf forrettes Arbeiten Gewicht legte­vor der Vorlegung des Entwurfs hätte fertiggestellt sein müssen. Jetzt erst soll die Einigung mit der Volkspartei über die Simultanschule erfolgen, obwohl diese Partet ja im Ka­binett vertreten ist. Jezt erst will man auch die Kosten­frage flären, von der Keudell im Reichsrat verlangt hat, sie folle bis nach der Durchführung des Geseges vertagt werden. Die Kostenfrage ist deshalb beim Schulgesetz besonders peinlich für die Regierung, weil die Gefahr besteht, daß der Reichs rat auch nach Annahme des abgeänderten Schul­gefeßes feinen Einspruch aufrechterhält und dann in jedem Falle eine 3 weidrittelmehrheit des Reichstags für das Gesetz erforderlich ist. Diese tommt natürlich nie zus stande. Nun ist im Reichsrat Bayern der einzige Frei Staat, der das Schulgesetz nur wegen der Kostenfrage ab­lehnt. Interessant ist nun, daß die Regierung offenbar auch hier schon vorbaut. Der sonst so zugeknöpfte Reichsfinanz­minister Röhler will wenn man der Rechtspreffe Glauben schenken darfjekt nachgeben. Daher zeigt der Rechtsblod nun auch in dieser Frage einige Verständigungs­bereitschaft.

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Wie man sieht, ist der Kulturreaktion jedes Mittel recht, um zu ihrem Ziele zu gelangen. Die Sozialdemo­fratie wird mit aller Kraft dagegen anfämpfen, daß das Schulgesetz nach den Wünschen der Rechtsreaktion zum Gesez erhoben wird.

Verleumder Fridericus".

1000 Mart Geldstrafe für seinen Redakteur. Herr Holz, der Schriftleiter des berüchtigten nationalen Standalblättchens Fridericus", hatte heute morgen wieder einmal mit seiner sehr werten Person das Gericht zu beschäftigen das Amtsgericht Berlin- Mitte . Ihm zur Seite stand Rechtsanwalt Bloch. Diesmal hat es dem Herrn Holz der badische Innenminister

Genosse Remmele angetan.

Eines Tages tam in die Redaktion der Fridericus" ein Brief von dem Gernsbacher Weinhändler Müller geflogen. Er stellte sich als Bezieher des Blattes, und als Parteifreund vor und machte eine ,, interessante" Mitteilung. Bas es mit der Mitteilung auf sich hatte,

fonnte man in der Nummer 5 des Fridericus" lesen. Es hieß da,

daß der Bürgermeister von Gernsbach Menges der Untreue im Amte beschuldigt war, daß gegen ihn ein Straf- und Disziplinar verfahren geschwebt habe, daß er selbstverständlich vorläufig seines Amtes enthoben, aber natürlich nur auf einen Tag. Wie fonnte das geschehen sein? fragt der famose Fridericus"- Die Antwort könne der Innenminister Remmele geben, der mit dem Bürgermeister Menges befreundet sei.

Später mußte Holz auf Grund von Berichtigungen zugeben,

daß Remmele selbst das Disziplinarverfahren gegen den Bürgera meister veranlaßt habe und diesen auch gar nicht befreundet fei. Der Staatsanwalt beantragte angesichts der vielen Vorstrafen des Herrn Holz eine Geldstrafe in Höhe von 1000 Mart.

Der Rechtsblod ist sehr bescheiden geworden. Zwar ist Das Urteil lautete entsprechend dem Antrag des Staatsanwalts: es seinen Freunden nie allzu schwer gewesen, Niederlagen Herr Holz, hätte sich über die Glaubwürdigkeit seines Gewährs in Siege umzudichten, wie die ruhmreiche Tätigkeit des Herr Holz hätte sich über die Glaubwürdigkeit seines Gewährs­mannes vorher erfundigen sollen; die Absicht, dem Minister Remmele Kriegspresseamts Jahre hindurch bewies. Aber daß die Er­eins auszuwischen, unterliege gar keinem Zweifel. Es wurde Ge­schwerung der parlamentarischen Situation auf höheren Be- nosse Remmele außerdem die Befugnis zugesprochen, das Urteil fehl zu einer politischen Erleichterung geftempelt wird, das nach Eintritt der Rechtskraft im Karlsruher Volksfreund", im läßt die Vermutung offen, dem Rechtsblock seien derartige Lokal- Anzeiger", im Borwärts" und im Fridericus" zu ver­Niederlagen zuweilen sogar erwünscht. Die um Keudell und öffentlichen. Schiele jedenfalls werden dadurch neue Vorwände finden, dem Parlament a baulisten, was sie im offenen Kampfe nicht Der Femeausschuß des Reichstages ist zum nächsten Donnerstag. erreichen. Der Rechtsblock, von dem ein großer Teil die dem 20. Oftober, einberufen worden. Es soll eine Aussprache über Demokratie nur gezwungen und richtlinienmäßig anerkennt, I den weiteren Gang der Verhandlungen stattfinden.

Schinderhannes " von Carl Zuckmayer. anstatt auf die Guillotine. Klöpfers Schinderhannes ist kein

( Ceffing- Theater.)

Ich will es öfter jagen, Damit ihr's alle wißt, die ihr mich tönntet fragen, wie schön das Leben ist. ( Gedichte von Zuckmaner.)

Der Schinderhannes ist ein sympathischer Räuberhauptmann. Als er zum Schafott geht, läuten jämtliche Kirchenglocken von Mainz . Schinderhannes schwört auch, daß seine Hände keinen Tropfen Blut

vergossen haben. Er erleichterte nur einige Geldsäcke, damit die armen Leute ein Stück Wurst und einen Schnaps mehr haven. Das Mädeb gar, das ihm nachläuft, das ihm einen Sohn schenkt und hernach bei der Herikersmahlzeit rührend und heldenhaft mit ihm zu Tische fügt, fiel ihm zu, weil er der Beste, der Klügste, der Tapferste, jogar der Edelste unter all seinen Mitbürgern war. Der Dichter tat alles, damit sein Schinderhannes zu Ehren tommt. Er dichtete ihm ein Volksstück. Warum der Schinderhannes ein Räuberhauptmann wurde, warum die Kumpane ihm Fell und Seele begeistert ver tauften, warum er endlich im ganzen Mainzerland hochberühmt wurde, davon fommt faum etwas an den Tag. Es ist also das Psychologische und Soziale des Stückes vernachlässigt. Es werden nur ein paar Bilder aus dem Leben des Schinderhannes sichtbar. Diese Bilder sind allerdings so bunt, bewegt und bühnenwirksam, daß der Rummel an sich famós einschlägt. Zuckmayer versteht sich mit Raffinement auf solche primitive Wirkung. Nichts ist zum Denken, alles ist zum Staunen. Jeder bewährte Bühnenkniff gelangt zu feinem Rechte. Derbheit und Sentimentalität, Hintertreppenedelmut, Indianer- und Mondscheinromantif, alles wird instinktiv durchein ander gemischt. Szenen im Wirtshaus und auf der Wiese, in der Gefängniszelle und auf dem Dorfmarkt und besonders die Soldaten­werbung! Diese Szene ist luftig und sogar tieffinnig. Die ge­meinften Gesinnungslumpen werden von dem großschnäuzigen Werber fürs Militär gehamstert. Dann gehen sie noch schleunigst zum schlampigen Weib, um die letzte Liebesattacke zu reiten, bepor fie in die Drillzwiebelung genommen werden. Der Schweinehund von Feldwebel, der sich selber einen Schweinhund im Dienst, aber einen Ehrenmann im Zivil tituliert, das ist eine prächtige Bolkstype. Fürwahr, alles ist ba prächtig, schlagfertig und gesund, auch in der frafeelenden Phrase, angepact.

Mag Liebermann hat die Bühne ausgemalt, wie der Natur­bursche Zuckmayer es nicht besser wünschen kann. Das Wirtshaus, die Armesünderzelle und das Pritschenbett darin, der Bauernplatz und das Ufer am Strom, alles das strogt von luftiger Realistit. Nichts ist mit erzwungener und zerquetschter Phantasie ergrübelt. Es steht

da und wirkt momenton.

Eugen Klöpfer spielt den Schinderhannes. Er ist von Anfang an der anständigste Biedermann, fogar ein Edelmann unter den

Banditen. Man müßte ihn auf eine schöne Bauernflitsche schicken, Sternicet, er fühlt vielmehr als Wilhelm Tell . Allerdings spielt er nur das Genre des edlen Räubers, und es fehlt das wohlgezimmerte Fundament des Moralischen und gar des Sozialpolitischen . Zud mayers Banditenstück wird zum Kinderspiel, weil es tein richtiges Besinnungsspiel ist. So entzückend gibt sich diesem Kavalier sein Schatz hin, so treu, so sonnig und unbedingt, daß nur die Natur von Käte Dorsch davor geschützt ist, die überzuderte Ganghofer­Süßigkeit der Banditenbraut zu mildern. Es werden in dem Stücke Diele Chargen gebraucht, Dialektsprecher, die zufällig in die Gescheh nisse hineinspritzen und dann eine furiose Menschenspezie reprä­fentieren. Ein paar sind da, Ebelsbacher, Manfred Fürst , Sternberg, Dohnberg, Ferdinand Hardt, die sprachlich und mimisch ihren kleinen Rollen gewachsen sind. Andere schablonieren und übertreiben. Es ist eben ein Bolfsstück von einem Manne aufzuführen, der literarisch von vielen Seiten angesteckt war, und der sich erst zum Naturburschen entwickelt, nachdem er die scheußliche Literaturtrife überwunden hat. Jegt will er die Schlichtheit durch Raffinement erreichen. Das ist fein leichtes Stück Arbeit. Doch Zuckmayer durchläuft die Etappen seiner Entwicklung mit Macht. Bald wird er ohne Bose sagen fönnen, was jetzt noch durch seine Verse wie ein geheuchelter Optimismus flingt: wie schön das Leben ist! Max Hochdorf .

Wilhelm v. Scholz lieff. Die Reihe seiner diesjährigen Dichter: abende eröffnete der Verband deutscher Erzähler mit einer Vorlesung des Dichters Wilhelm von Scholz . Aus den drei Novellen, die der Vortragende las, ergab sich das Bild eines der Gegenwart abgefehrten Grüblers und Romantikers, der verwandte Züge mit E. Th. A. Hoffmann aufweist. Das Gerücht, eine Er­zählung, die im alten Rom spielt, erinnert in der geisterhaften Er­scheinung eines Reiters, durch den zweimal eine Giegesnachricht verbreitet wird, an den aus der romantischen deutschen Dichtung bekannten Doppelgänger. Das anfängliche Befremden, das diefe Er zählung hervorrief, verwandelte sich in warme Anteilnahme bei der zweiten Novelle, die an der Gestalt Michelangelos die seelische Ge­bundenheit des Genies, eines Sflaven feines Wollens, zeigte. Aeuße res Symbol für innere Vorgänge war auch die dritte Erzählung aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges: Das Inwendige". Scholz ist Mystiker und steht dem eigenen Ich fremd und erstaunt gegen. über, wie in ähnlicher Weise Pirandello. Er ist sprachlich und pinchologisch Kleinmaler. Die Feinarbeit seiner Brosa tam auch in den Gedichten zum Ausdruck, von denen Scholz mehrere las. Auch hier ist alles Aeußere nur ein fast gespenstisches Symbol für feelische Borgänge. Ebenso wie bei den früheren deutschen Romantifern leuchtet bisweilen ein grotester Humor auf, wie in dem Gedicht, in dem durch das grelle Lichtergewirr der Großstadt der Mond fich ängstlich durchstiehlt: Ein armer Provinzler". Lebhaften Beifall rief ein Gedicht hervor: Die Lehrer", worin das Wiedersehen des gereisten Schülers mit dem altgewordenen Lehrer, der nur noch ein warmes Plätzchen auf der Sonnenbant jucht, geschildert wird. War

das der Sinn der Lehre?" läßt der Dichter mit leisem Bedauern den Schüler fragen. Frage, Zweifel, ironische Wehmut, Angst vor dem dunklen Schicksal ist das Wesen dieses Spätromantikers und Weg­P. G. fuchers in ein neues Land der Poesie.

Frankfurt feiert kleifts 150. Geburtstag. Den Auftakt für die Feierlichkeiten zum 150. Geburtstag von Heinrich von Kleist , der am 18. Oftober 1777 in Frankfurt an der Oder geboren wurde, bildete Freitag ein Begrüßungsabend, den die Stadt­verwaltung für ihre Gäste veranstaltete. Während im Stadttheater eine wohlgelungene Inszenierung von Robert Guiscart geboten wurde, sprach im Rathaussaal Dr. Bernstein( Dresden ) eine der Kleiſtschen Novellen und einige Anekdoten des berühmten Sohnes der Oberstadt. Die Begrüßungsansprache hielt Oberbürgermeister Dr. Kinne, den der Präsident der Goethe- Gesellschaft , Prof. Petersen, namens der Gäste erwiderte. Sonnabend finden im Anschluß an eine Mitgliederversammlung der Kleist- Gesellschaft Kranznieder. legungen am Kleist- Denimal und am Grabe seiner Schwester statt. Abends dirigiert im Stadttheater Hans Pfitzner mit dem Berliner Mufiforchester die Musik zu Käthchen von Heilbronn " und Beethovens 6. Sinfonie.

Staatshilfe für die russischen Schriftsteller und Künstler. Die Sowjetregierung hat anläßlich der bevorstehenden Feier des 10. Jahrestages der Oktoberrevolution eine Reihe Maßnahmen er­griffen, um die russischen Schriftsteller und Künstler materiell zu unterstützen. Der Föderation der Sowjetschriftsteller wurden 200 000 Rubel für Verlagszwecke und 100 000 Rubel für den Hilfs­fonds überwiesen. Durch ein Defret sind die Schriftsteller in bezug auf die Höhe der Wohnungsmiete und auf den Schulbesuch ihrer Kinder den Arbeitern gleichgestellt worden. Den bildenden Künstlern wurde ein Anrecht auf zufäßliche Räume für die Ausübung ihrer Kunst zuerkannt.

Erffaufführungen der Wote. Dienst. Deutsches Theater: Dorotbea Angerman 1. Mittw. Th. i. d. Klosterstraße: Stabale und Liebe." Freit. Boltsbühne: Peer Gynt Sonnab. Städt. Oper:" Drpheus und Eurydike."

Die Bödlin- Ausstellung der Nationalgalerie ist vom Sonnabend ab all­gemein zugänglich. Da die Koften ber Beranstaltung sehr erhebliche find, mußte der Eintrittspreis an Wochentagen auf 2 M. festgelegt werden, an Sonntagen auf 1 M. Für Künstler, Studierende und Schüler beträgt er ( gegen Ausweis und möglichst Wochentags) 50 Bi

Mag Reinhardt begibt sich mit einer größeren Anzahl erfter Darsteller Anfang November nach New Port, um dort das erste deutsche Gesamt Gastspiel nach dem Kriege zu absolvieren. Die Premiere findet am 17. Nos vember im Century- Theater, dem größten amerikanischen Schauspielbaus, italt. Zur Aufführung gelangen: Statespeares Sommernachisti aum", Schillers Kabale und Liebe ", Büchners Dantons Tod", Hofmannsthals Jedermann ", Goldonis Diener zweier Herren, Lolitois Lebender Leich nam", Langers Peripherie" und voraussichtlich Maughams Bittoria".

Die mohemmedanischen Jerufalemerinnen gegen den Schleier. Trop des Einspruchs der Regierung von Damastus hat die Agitation der mohammedanischen Frauen für die Ablegung des Schleiers in feiner Weise nachgelassen. Fünfhundert Wobammebanerinnen baben beschlossen, eine Delegation an den französischen Oberfommissar in Beirut zu schicken, damit er ihnen die Erlaubnis erwirte, ohne Schleier auf die Straße zu gehen.